November 29th, 2023

Zwischen Dürre und Flut – Deutschland vor dem Wassernotstand: Was jetzt passieren muss, Uwe Ritzer

Posted in bücher by Dolf

Penguin/Random House, Neumarkter Str. 28, 81673 München, www.penguin.de

Es freut mich zu sehen das der Autor in dem Untertitel optimistisch „muss“ schreibt auch wenn es realistisch, wie immer, auf ein „müsste“ hinauslaufen wird. Und das wird es tun, wenn man sich ansieht, wie die Menschheit bei ähnlichen Themen in der Vergangenheit – nicht – reagiert hat. Das Buch ist in fünf Hauptkapitel eingeteilt: Prolog, Hotspots überall, Der Verteilungskampf beginnt, Die Gier der großen Schlucker und Was getan werden muss. Der Prolog und das erste Kapitel befassen sich mit dem Thema eher allgemein, was sehr interessant ist und natürlich auch sehr bedenklich. Denn, vereinfacht gesagt, werden wir hier in Deutschland beziehungsweise Europa in einigen Jahrzehnten einen Mangel an Wasser haben, so wie man es heute schon aus vielen anderen Gegenden der Welt kennt.

Da wir aber bisher, in der Tat, Wasser ohne Ende zur Verfügung haben, haben wir auch gelernt, und uns daran gewöhnt, entsprechend verschwenderisch damit umzugehen. Egal ob das jetzt die großen Verbraucher in der Industrie sind, die mit Trinkwasser kühlen oder der einzelne der 1 A Trinkwasser in der Toilette nutzt (das dies nicht ein Vorwurf an die Einzelnen da draußen, sondern ein strukturelles Problem ist, sollte klar sein). Die Kombination aus dem verschwenderischen Umgang und dem stetigen Rückgang von zum Teil tausende Jahre altem Tiefgrundwasser, aber auch in den Flüssen und anderen Gewässern, wird der Bevölkerung hier in der Zukunft noch Probleme bereiten die sich die meisten jetzt noch gar nicht vorstellen können. Aber da es noch ein Problem in der Zukunft ist, kann man davon ausgehen das es nicht nachhaltig angegangen werden wird. Wir werden sehen und ich hoffentlich nicht mehr. Ritzer reist durch die Lande und erzählt interessant und anschaulich, von vor Ort, was es für verschiedene Problematiken, und aus welchen Gründen, gibt. Sehr gefreut hat es mich das der Autor hier auch erwähnt das die Flutkatastrophe im Ahrtal nicht die erste war und gar nicht so sehr mit dem Klimawandel zusammenhängt wie allgemein geglaubt wird, aber das nur am Rande. Auch sonst erfährt man sehr viel interessantes zum Thema Wasser, mit vielen Zahlen untermauert und selbst auf die Verluste durch marode Leitungen wird eingegangen – wirklich allumfassend. Die nächsten beiden Kapitel sind etwas „langweilig“, aber nur für die, welche wissen das es immer der gleiche kapitalistische Scheiß ist. Ein paar wenige sogenannte Unternehmer nutzen das Allgemeingut Wasser um damit Geld zu machen. Das in Bayern dafür gar nichts bezahlt werden muss ist ein Skandal und der mickrige Wassercent den Unternehmen in einigen Bundesländern zahlen müssen ist auch mehr als ein schlechter Witz. Egal ob Tesla, Red Bull, Altmühltaler, Aldi oder auch die Agrarindustrie oder Landwirte – sie alle sorgen dafür das die Wasservorräte schwinden. Und dies wird eben sehr detailliert und faktenreich geschildert, das ist natürlich alles andere als langweilig, aber viele haben halt von derartigen „Skandalen“ die Nase voll. Denn es wird „aufgedeckt“ aber meist passiert eben nichts weiter. Gut auch, das Ritzer nochmal klar macht, warum es die Mineralwasserindustrie geschafft hat das in Deutschland, beziehungsweise Europa, so viel abgefülltes Trinkwasser konsumiert wird. Obwohl die „Leistung“ der Anbieter nur im abfüllen, transportieren und vermarkten liegt. In einem Land in dem sehr gutes Trinkwasser aus der Leitung kommt wird dennoch von sehr vielen Menschen abgepacktes Wasser zu völlig überteuerten Preisen gekauft. Getoppt wird das dann nur noch von sogenannten Edelwassern aus fernen Ländern oder ganz besonderen Quellen wo die Menschen durch geschicktes Marketing im Glauben gewogen werden ganz besonderes Wasser zu trinken und es nochmal um ein zigfaches teurer ist. Und man sollte die Mineralwasser-Industrie nicht unterschätzen, hier ein Zitat zum Thema aus dem Buch: „Eine von der Bundesregierung mitfinanzierte Studie des Vereins a tip: tap kam zu dem Ergebnis, dass Deutschland jährlich drei Millionen Tonnen CO2 einsparen würde, wenn niemand mehr Mineralwasser, sondern jeder nur noch Leitungswasser, trinken würde. Das entspräche anderthalb Mal so viel, wie durch den innerdeutschen Flugverkehr entsteht.“ Guter Investigativjournalismus mit sehr viel interessanter Information wo einem des öfteren der Kamm schwillt. Wenn man sieht das sich Privatpersonen oder die Kommunen bei Wassermangel einschränken müssen, die Industrie aber weiter fördert. Aber leider gilt halt auch hier, was nützt der beste Investigativjournalismus, wenn sich dann nichts ändert – das ist natürlich nicht das Problem des Autors, sondern eines der Gesellschaft. Am Ende sagt Ritzer das es zwar spät, aber noch nicht zu spät ist um das Problem anzugehen und liefert auch noch gleich zehn Vorschläge zur Sicherung der Wasservorräte. Die könnten helfen, würden sie umgesetzt und es bleibt zu hoffen das die Verantwortlichen und jeder Einzelne sich dran macht das es eben kein Problem wird. Dieses Buch sollte ausreichen dafür zu sorgen, gute Lektüre auch wenn es eben noch ein neues Problem zu den vielen anderen Problemen hinzufügt. 302 Seiten, Broschiert, 20,00 Euro (dolf)

Isbn 978-3328110286

[Trust # 222 Oktober 2023]

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