Juli 27th, 2024

Wie stoisch ist der stoische Weise? – Antike Philosophie als Lebensweisheit, Andreas Becke

Posted in bücher by Dolf

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Auch vor über 2000 Jahren strebten die meisten Leute nach Geld und Ruhm und nur wenige nach dem glückseligen Leben. Dieses wird hier beschrieben als Eudaimonie – was ein glückliches, gelingendes, blühendes und wohl fließendes Leben heißt. Danach suchten sie also, die Philosophen. Und der Autor hatte die gute Idee die Geschichte der hellenistischen Philosophie mit ihren lebenspraktischen Einsichten mal mit ihren Philosophen nachzuzeichnen. Beginnend bei Sokrates und Platon über Aristoteles, Diogenes (und die Kyriker), Epikur (und die Epikureer) und die Skeptiker (Pyrron) bis zu den Stoikern (Zenon, Seneca, Epiktet und Marc Aurel) werden deren Denken und Auffassungen anschaulich untersucht, analysiert und zum Teil auch einfach nur wiedergegeben.

Auch schön wenn der Autor den ein oder anderen Philosophen zu sich sprechen lässt um herauszufinden was denn jetzt für ihn tatsächlich funktioniert. Und natürlich war das eine große Szene damals, hieß nur noch nicht so, man sprach eher von Philosophenschule. Aber auch die Philosophen haben natürlich voneinander gelernt und sich gegenseitig beeinflusst beziehungsweise absichtlich abweichende Ideen geboren. Denn, auch damals schon, hatten die Menschen Distinktionsbedürfnis und das der Philosophen war sicher nicht so leicht zu befriedigen. Und, das muss man hier mal ganz klar sagen, die Herren und es waren nur Männer, haben damals schon ziemlich kluge Gedanken gehabt, die teilweise auch heute noch Gültigkeit haben – aber genauso klar muss man sagen, das auch viel Quatsch dabei ist, der vielleicht zu jener Zeit Sinn gemacht hat, aber heute sicher nicht mehr. Aber gut – man muss das ja nicht eins zu eins übernehmen. Wichtig ist das sich keiner der Philosophen als „fertiger Weiser“ gefühlt hat, dieser war immer nur ein Ideal, und der Weg dorthin eben das philosophieren. Vielen war wichtig ihre Affekte, wir würden heute wohl Emotionen sagen, unter Kontrolle zu halten, also vor allem eigentlich schwer steuerbare Regungen wie Hass, Wut, Zorn, Mitleid, Neid, Missgunst, und auch Kummer und Sorgen. Anscheinend dachten die Jungs tatsächlich das die Vernunft über die Affekte siegen kann. Sicher, durch üben kann man bestimmte Emotionen natürlich unter Kontrolle bringen, aber wie weit – das sollen die Fachleute klären. Wichtig auch, das es nicht darum ging „apathisch“ zu werden, also Gefühlslos im negativen Sinne, aber sich eben nicht von Emotionen kontrollieren zu lassen. Im letzten Kapitel schreibt der Autor, (eigentlich ist das ganze Buch an ihn selbst geschrieben, mehr oder weniger) zusammenfassend darüber welcher Philosoph ihm mit welchen Überlegungen in seinem Leben weitergeholfen hat – ist das heute in einer völlig veränderten Welt überhaupt möglich? Andreas Becke meint das es das auf jeden Fall ist und ich würde ihm da zustimmen, wenn man eben den Quatsch weglässt. Zum Beispiel sprechen fast alle darüber das der Weise den Sexualtrieb zu unterdrücken hat – klar, kann man machen wenn man das will. Dann aber zu „bestimmen“ was wer zu machen hat um die Weisheit zu erlangen ist halt, das was ich meine: Distinktionsquatsch. Aber gut das war damals so und ist heute nicht anders, den der Mensch hat sich ja eigentlich kaum geändert. Geschenkt. Ok, der Mensch hat sich schon ein wenig geändert, aber eben nicht in seiner Funktion. Das einige der Typen ziemlich bis sehr, sehr wohlhabend waren, machte es für sie natürlich ziemlich einfach über das Leben zu philosophieren anstatt zum Beispiel nach Reichtum zu streben, der war ja schon da. Auch da hat sich wenig geändert, Menschen die jeden Tag um ihr Essen und Überleben kämpfen müssen haben eben nicht die Muße sich über Lebensweisheiten Gedanken zu machen. Mir persönlich hat das Buch nur bedingt weitergeholfen, aber es war auf jeden Fall interessant die verschiedenen Philosophen und Denkrichtungen mal auf diese Art und Weise vorgestellt zu bekommen. Wer an alten philosophischen Ideen interessiert ist, kann hier zulangen. Sonst ist es eher ein Jein. Obwohl es natürlich nicht schadet nochmal nachzulesen warum stoische Gelassenheit grade in diesen Zeiten sehr wichtig für uns alle ist. Und zu verstehen das man sich über Dinge die man nicht beeinflussen kann auch nicht aufregen zu braucht ist auch hilfreich, wenn auch keine neue Erkenntnis. Aber, es sind halt auch sehr alte Gedanken, die heute immer noch viel Sinn machen, ich wiederhole mich, also belasse ich es dabei. 238 Seiten, Paperback, 20,00 Euro, (dolf)

Isbn 978-3865693815

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