Februar 19th, 2020

Scheisse Minnelli Tourbericht aus #145, 2010

Posted in artikel by Jan

Tourbericht Scheisse Minnelli „Ach Du Scheisse -Tour 2010”

„Ach Du Scheisse” war nicht nur das Motto der zweiwöchigen Tour von SCHEISSE MINNELLI Ende April / Anfang Mai 2010, sondern wahrscheinlich auch der erste Gedanke von Sänger Sam, als er kurz vor Tourbeginn in einem vollen Club durch geschicktes Rutschen auf einem Treppengeländer schneller unten ankommen wollte. Angekommen ist er, nur halt mit den Eiern auf dem Geländer gelandet, diese sind dann angeschwollen bis auf die Größe zweier Grapefruits, es war wohl kurz in der Überlegung, bei der OP einen Hoden abzunehmen, unangenehm für den nun Windel tragenden Sam. So wurde die Bühnenaction etwas erschwert, es mussten Schmerzmittel genommen werden, generell ließ der Schmerz den Alkohol schneller fließen…

Die Musik von Scheisse Minnelli (Gründungskonzert in Zwingenberg 2003 auf der Abrissparty von Sams alter Wohnung) geht Richtung „frühe Rich Kids on LSD treffen INFEST”. Für RKL der „Rock´n´Roll Nightmare”-Phase ist die Band zu schnell, für INFEST zu variantenreich, aber so in der Mitte liegt etwa der Sound. Nach einigen Singles und zwei Platten („Exist to get piss´t” und „The Crime has come”, letztere auf Destiny) und zwei USA-Touren plus dem dritten Wechsel an der Gitarre (für den neuen, Cräck, war’s auch die erste richtige Tour mit den Jungs) ist die Band noch mal geiler geworden. Cräck spielte angenehm smoother (im Vergleich zu Felix, der alles übertönte), so dass ich zum ersten Mal bemerkte, wie geil der Basser Däsch eigentlich zockt (ohne Pleck!), nämlich in ähnlichen Sphären wie RKL´s LIL JOE, wie schnell aber auch wie präzise Dudel trommelt und wie gut Sam eigentlich singt. Eben jener Sam zog aus Aschaffenburg, dem Hometurf der Band, vor einiger Zeit nach Frankfurt, die Trustleser erinnern sich evt. an unser Interview und Sam fragte mich im März bei einem Konzert in der Au, ob ich nicht angesichts erhöhter Tagesfreizeit mit auf die Tour will… Klar, auf Tour war ich noch nie, super gerne, yeah!

Die Band absolvierte vorher noch eine zwei Wochen Osteuropa-Tour und war noch 10 Tage in Spanien unterwegs, diese „Ach du Scheisse” Tour mit einem Auftritt in Holland und 13 in ganz Deutschland (ich fuhr nur die Hälfte mit, Trust Obligations und so) ging am Mi, 28.04., in Prag los. 30 Zahlende, okayes Essen, hörte ich von der Band später, ich stieß erst am Do, den 29.04., in Berlin im Cortina Bob hinzu, dort spielte Scheisse Minelli Support für Victims Family.

Vorher traf ich noch Trust-Benni, auch Trust-Dietmar und -Jobst waren anwesend, die Destiny Records Familie ebenfalls, so dass ich VF nur kurz sah (waren aber geil!), dafür aber meinen ersten Tour-Gig von Scheisse Minelli total abfeierte, es war auch das erste Mal, dass ich die Band mit ihrem neuem Gitarristen (ebenfalls wohnhaft in Frankfurt, dort auch schon mal kennengelernt, totales Arschloch, nee, super Typ!), Hammer! Trotz einem sehr schlechten Sound kam das RKL-Cover super und Scheisse Minnelli spielen immer exakt richtig “lange“, d.h. nach 30 Minuten war Schluss (als Headliner geht’s genau 45 Minuten, für die Art von Hurrikane-HC 1a richtig!).

Archie von Destiny – der auch als Pennplatz fungierte – führte uns nach dem Konzert noch in die Jailbar, dort wurde sich dann zum finalen Blackout getrunken. Dort lernte ich auch Max kennen. Die Band nahm ihn spontan mit als Mercher, als Max bei Konzerten in München und in der Schweiz zugegen war und die erste Person darstellte, die ein Tatto der Band hat – außer einigen Bandleuten selber.

Nach Embryo Killers Videos und einem sonnigen Berliner Marktfrühstück später hieß das Ziel für Fr, 30.04., Kiel, Schaubude, Auftritt mit den (genialen) Locals von POWER. Dieses Mal für mich schon echtes krasses Tourfeeling, so hier mit der Band im Bus und so, nech. Alles in allem ist touren echt krass langweilig manchmal, verständlicherweise will die Band halt nen guten Auftritt spielen und erst danach so richtig saufen, verständlicherweise hab ich allerdings dazu keine Zeit und bin dann dicht, wenn die erst richtig loslegen, haha…

Auf jeden Fall, der Auftritt in Kiel stand unter sehr guten Voraussetzungen, räumte die Band bei einem Festival in der Gegend schon total ab und das sollte sich hier fortsetzen. Direkt beim ersten Song „Don´t drink the viper” sangen Leute mit, es wurde bei vollem Haus kräftig getanzt und mitgesungen, der neue Hit „Street Boozing” kam bestens an und bei der DJ-Aftershow im Anschluss blieben auch alle da, um zu Roxette, AC/DC und Bodycount zu tanzen. Klasse Abend!!! Schön auch, Flo und Philip aus Kiel kennengelernt zu haben. Gepennt wurde bei Promoter Dickie und seiner Freundin, es gab keinerlei Zwischenfälle (zumindest keine, über die ich als “embedded“ Journalist erzählen darf, obwohl, das Sam betrunken in das Zimmer von Dickie und seiner Freundin pisste, meine Güte, kann passieren, der Arme stand auch unter harten Drogen wg. den Eiern).

Dickie war auch involviert in dem Auftrittsort am Sa, 01.05., in Flensburg, Hummelseck, again mit Power. Die Kneipe feierte ihr zweijähriges Jubiläum, dazu gab’s zwei Fässer Freibier und die beiden Bands als Akustikset. Was sich bei POWER schon sehr nett anhörte, war bei Scheisse Minnelli einfach großartig. Es war krass, zu sehen, wie gut die Songs auf Akustikbass, mit Standtrommel, Sam als Las Vegas Sänger und auf der Akustikklampfe funktionieren. Klar, so was war nicht neu für die Band, so wird immer an Weihnachten in Aschaffenburg akustisch ein Gig gemacht, aber ich erlebte es zum ersten Mal, geil. „TJ Nights”, „Skate or die” und am Ende das GG ALLIN Cover “Bite it you scum”, der Abend konnte nur noch scheisse werden, wurde er aber natürlich nicht, es gab hier auch das leckerste Essen der Tour, lecker Pizza und Salat und schöne Schlafmöglichkeiten.

Der So, 02.05., in Hamburg war dann ein off-day, in der Astra-Stube wollten wir uns noch den Auftritt von Power anschauen (Bocky von der Band war auch noch Montag mit am Start), aber wenn diejenige US-Band, die die Backline dabei hat und schon im Jahr davor Kiel mit Köln und nun die Hansestadt Hamburg mit der von Bremen verwechselte … es war dann zu spät für uns und wir konnten schon einen Tag früher im Hafenklang pennen, endlich auch mal duschen.

Denn am Mo, 03.05., hieß es Supportgig für ATTITUDE ADJUSTMENT in Hamburg. Eben genau jene, mit ERIC McENTIRE an der Gitarre plus original Trommler (auch bei der ersten Machine Head und Testament am Start), insgesamt drei original Leute, Andy Anderson war auch mit an Bord. Bis hierin schon mal eine kleine Zusammenfassung der Musik im Tourbus: Fu Manchu, Method Man, Cannibal Corpse, Clutch, Death Metal und viel kalifornischer HC-Punk, z.B. die großartigen ANAL MUCUS (erste Six Weeks Records Band) und ihr Smash-Hit “Oh my god, I burnt my toast again!”. Ansonsten DVDs (GG Allin live) und 80er Jahre PC-Spiele.

Ein Bekannter aus Hamburg meinte vor der Tour, dass mir bestimmt der Adrenalin-Kick des Auftretens fehlen wird, das stimmte, aber es gab ja immer wieder den Kick, neue (Trust-) Leute zu treffen, so war Trust-Christian am Start. In Hamburg gilt die alte Regel, aus eigener Erfahrung bekannt: Schuhe an und einpennen wegen zu viel gesoffen, anmalen rules okay! Hakenkreuze etc. sie wissen schon, oder Sam, ha ha (ich sagte es ja, es kommt in den Bericht). Attitude Adjustement spielten 30 Songs in einer Stunde, 12 Zahlende an einem Montag waren nicht gerechtfertigt, denn es war klasse, zwei tolle Bands.

Noch was zum Scheisse Minelli Set: von der kommenden Split wurde immer ein Song gespielt, vier von der neuen LP auf Destiny Ende 2010, das neue RKL Cover „Just a lie” (statt früher „Why”) plus die bekannten Hits der ersten und zweiten Platte („Skateboard the freeway”, „Skateaholic”). Im Anschluss ging es mit alle Mann auf die Reeperbahn, in die Herbertstrasse und in Kneipen. Warum hier unnötig die Geschichte breittreten, dass der zweite Gitarrist von AA „zum Zuge kommen wollte”, er jedoch – als Mexikaner – von der Bordsteinschwalbe abgelehnt wurde mit den Worten „Sorry, no black people”, worauf er sie dann mit „Fuck you, you Nazi Hooker” korrekt beschimpfte, ein Hallo gab das?!

Di, 04.05., Arnhem / Holland, es war schon mein letzter Auftritt mit der Band, die sich beinahe an mein Schnarchen gewöhnte. Toller Auftritt, wieder mal eine pure Freude, die Band live zu erleben, dieses Mal zwischen zwei Pop-Punk-Emo-Bands gepackt, so kam Sams Ansage „We are here to liberate you” gut an. Gepennt wurde 15 Busminuten weiter weg bei Basser Rodey von Bratpack, der coolerweise über einer netten Punkkneipe wohnte. Rekord an diesem Tag: zwei Mal Polizeikontrolle.

Hat es was mit dem auf dem Bus hinten draufgehalten LSD TOURS zu tun? Auf dem Weg von Holland zu den nächsten Auftritten in Nürnberg, Stuttgart, Mülheim an der Ruhr und dem Tourfinale im Bla in Bonn mit Idle Hands ließen mich die sympathicos am Frankfurter Flughafen raus. Wenn ihr das hier lest, hat die Band schon in Frankfurt mit Jello Biafra und in Amsterdam mit NOFX gespielt.

Mitte des Jahres kommt die Split-10” mit Nervous Breakdown aus Münster (zum ersten Mal die neuen Aufnahmen mit Gitarrist Crack) und Ende des Jahres die dritte LP, wieder auf Destiny Records, namens “The Fight against Reality” inkl. 100 Seiten Buch über das Leben von Sam, wie er als gebürtiger Bay Area – (West Oakland) Einwohner die USA nicht ganz freiwillig verließ, um in Deutschland eine Punkband zu gründen… Die dritte US-Tour mit Auftritten auf Hawaii und beim BOB in Oakland kommt im Mai 2011.
Was bleibt? Scheisse Minnelli sind zurzeit einfach nicht zu toppen und sensationell gut.

Sams US-Heimat macht klarweise den Gesang cooler, durch den neuen Gitarristen entsteht ein gleichberechtigter Sound von ausnahmslos guten Musikern und die neuen Songs sind echte Ripper, baby. Nur Sniffing Glue kommen zurzeit in Deutschland noch an Scheisse Minelli heran und beide sollten unbedingt mal zusammen auf Tour gehen! Über das Touren an sich gibt es viele Mythen – Ramones mit ihrem “Touring is never boing” oder Lagwagon mit “Hurry up and wait” – letzteres trifft es, glaube ich, ganz gut, nichtsdestotrotz hat es super Spaß gemacht, danke!

Zum Schluss ein persönliches Wort an die Band und Mercher Max: Dudel, melde dich mal wg. Black Train Jack CD, Cräck, wann geht’s in die Gute Stute, Däsch, komm ma rum, Sam, ich hasse dich, dass du Rancid in einem Wohnzimmer in Bay Area live gesehen hast und: Max, bis zum nächsten Mal, ich mach dann mehr (Merch) Arbeiten, versprochen!

Text: Jan Röhlk

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