März 20th, 2020

PEACOCKS aus #76, 1999

Posted in interview by Jan

Peacocks
Kurze Songs, langer Weg

Bands aus der Schweiz haben es schwerer. Ohne einen Herkunftsort der mit „San“ beginnt oder auf „City“ endet, nähert sich die Chance über Nacht berühmt zu werden dem Nullpunkt. Endlose Jahre als Vorband müssen durchgerackert werden, bevor Anerkennung in Deutschland oder den USA überhaupt drinliegt. Die Peacocks sind aus Winterthur und Schaffhausen in der Schweiz. Das Trio – Gitarre, Kontrabass, Schlagzeug – spielt eine grundeigene Mischung aus Punkrock und Ska.

Auch das Rockabilly-Gaspedal wird mal getreten. Das Resultat sind kurze, schnelle Songs mit schnörkellos schönen Melodien, furztrockenem Gesang und einer guten Portion „Fuck You!“ Kleinere Tours haben die Peacocks schon durch Europa und in die USA gebracht. Nun geht’s mit neuer Platte im Gepäck wieder los. Höchste Zeit also, um Simon, dem Bassisten, noch ein paar Fragen zu stellen.

Was habt Ihr für Pläne für die kommende Zeit?
S: Wir waren grade, in der letzten Aprilwoche, auf einer kleineren Deutschlandtour, mit einigen Daten auch in der Schweiz. Im Herbst sollte es wieder in die USA gehen, da weiss ich aber noch nichts Konkretes.

Ist auf Tour zu sein wirklich das ultimative Erlebnis, von dem alle träumen?
Jetzt irgendwelche Geschichten über wilde Backstagesaufparties mit Groupies zu berichten, wäre mir zu privat. Auf Tour ist vieles Routine. Allerdings passiert auch immer etwas Neues, ob gut oder schlecht. Oft fehlt es an Schlaf und wenn man dauernd betrunken ist, hält man es nicht lange durch.

Wie lange gibt es euch eigentlich?
Seit etwa acht Jahren. Jedenfalls hatte ich damals mein erstes Konzert mit den Peacocks. Mein Bruder Hasu hatte schon in der Schule zusammen mit Adi, unserem ersten Schlagzeuger musiziert. Ich hab mir dann einen Kontrabass gekauft, in der Hoffnung ich könnte mit ihnen mitspielen. Seit 1997 sitzt Toni am Schlagzeug, weil Adi aus beruflichen Gründen keine Zeit mehr hatte. Hasu hat mal noch in einer Rockabilly-Band gespielt und ist als Gitarrist noch bei der Punkcombo „Wicked“ tätig.

Eure neue Platte heisst „in without knockin'“. Der Titel passt wunderschön zu Eurer unanständigen Musik. Wie sieht es an Euren Konzerten aus, punkto Anstand?
Wenn die Halle voll ist, wird oft vom ersten Ton an auf Pogo gemacht. Dabei kann halt auch mal eine Nase blutig geschlagen werden. Böse meint es sicher niemand, andernfalls würden wir reagieren. Die Musik eignet sich halt dazu, um ausgelassen zu sein. Party kann bei uns eigentlich jeder haben, falls er möchte und kein Arschloch ist. – Eigentlich würde ich auch mal gerne selbst im Publikum stehen, um zu schauen wie es so ist.

Ihr habt Punk und Ska miteinander vermischt schon bevor das trendy wurde. Wie trendy seid ihr eigentlich?
Ich weiss nicht wie „trendy“ wir sind, denn das wird nicht von uns gesteuert. Wir haben schon immer unser eigenes Ding gemacht und ich wüsste keine Szene in die wir wirklich passen. Allerdings ist schon ein wachsendes Interesse an Ska und Punk erkennbar. Das nützt uns auch. Da wir uns jedoch von den „typischen” Bands dieser Richtungen unterscheiden, habe ich nie das Gefühl auf einem Trend mitzuschwimmen. Wenn wir „trendy“ wären, dann als Band und nicht wegen dem Stil. Wir hatten schon vor dem Aufkommen der neuen Skawelle gewisse Songs im Skagewand gebracht. So gibt es sicher einige Leute, die durch uns zum Ska gekommen sind. Das ist schon recht eigenartig, aber anderseits auch schön.

Wer sind Eure Vorbilder?
Zu Vorbildern kommt mir meist wenig in den Sinn. Nicht weil ich leugnen will, dass wir beeinflusst werden, denn jeder wird beeinflusst. Für die Band als Ganzes gibt es aber keine Vorbilder. Jeder von uns hat andere Vorlieben. Ich finde, man sollte so spielen wie man fühlt, dann kommt es am besten. Nacheifern kann man am Anfang aber irgendwann sollte man eigenständig werden. Insofern sind alle Bands, die einen eigenen Stil haben Vorbilder.

Wie ist die Schweiz als „Heimat“ für Eure Musik?
Da die Schweiz schlichtweg zu klein ist für Alternative Musik, ist man gezwungen ins Ausland zu gehen. Zwar wird man dort als Schweizerband nicht so ernst genommen, doch so ist der Überraschungseffekt auch grösser, wenn man überzeugen kann. Was mir in der Schweiz gefällt ist die Tatsache, dass es keine klar abgegrenzten Szenen gibt. Für die Entfaltung einer Band ist das sicher gut. Da kommen die Leute, die beispielsweise Ska hören aus verschiedenen musikalischen Ecken. Das hört man auch den Bands an. Die CH-Szene ist im Skabereich viel vielseitiger und interessanter als anderswo, weil das Szenetypische eher fehlt. Aber für Bands, die keinen “Szenensound” machen, ist es dann auch schwieriger, ins Ausland zu gehen.

Ihr habt den wichtigen Schritt aus der CH hinaus auf ein deutsches Label geschafft.
Ich finde auch, dass es ein wichtiger Schritt war, die Platte in Deutschland rauszubringen. In der Schweiz bräuchte man gar kein Label, weil sie eh zu klein ist. So können wir vermehrt spielen und mehr Leute erreichen. Sonst ändert sich nicht viel. Wir müssen uns wieder neu ein Publikum erspielen, da sich unsere Bekanntheit eher auf Konzerte als Medien stützt. Ich finde es gleichermassen interessant, vor Leuten zu spielen, die uns noch nie oder schon oft gesehen haben.

Dann wünsche ich mal viel Glück.
Danke.

Peacocks Discographie
-Peacocks, in without knockin‘, 1998 Elmo Records.LP & CD
-Peacocks, come with us, 1995 Tudor Records. LP & CD
-Div. Samplerbeiträge (SKAmpler, Misfits of Ska, It came from Hell (mit Exlusivtrack))
-3 Singles, nicht mehr erhältlich

Interview: Martin Schrader

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