Dezember 31st, 2022

No Spirit Fanzine (#208, 2021)

Posted in interview by Thorsten

Es ist tatsächlich schon sieben Jahre her, dass mir die Debutausgabe des No Spirit Fanzines in die Hände flatterte. Ein schnodderiges, wütendes und doch motivierendes A5 Heft direkt aus dem Kopierer irgendwo in Hamburg. Ich verschlang diese Debutnummer, wie auch die nachfolgenden Hefte, die zeitlich recht dicht getaktet, vom Umfang aber auch meistens „nur“ für einen Tag den Arbeitsweg versüßten. Es lebe der ÖPNV, wo man nicht lenken oder denken muss. Und im schlimmsten Fall mit dem No Spirit Zine in der Hand dann die eine Station, die man zu weit gefahren ist, wieder umdreht. Sind so gesehen ja auch fünf Minuten mehr zum Lesen!

Später fingen Pan und Karsten an, einen Mailorder und ein Label zu betreiben. Zu Beginn verknüpfte ich No Spirit eng mit Tape (Compilations und Releases), die immer wieder den Weg in die Stereoanlage fanden und finden. Und vor einem phantastischen Frankie Stubbs Konzert im Hamburger Hafenklang haben wir uns auch mal in einer Eckkneipe in Altona getroffen. Leider habe ich es noch nie auf ein Konzert der Bands der beiden geschafft, aber hoffentlich ändert sich das nach der Pandemie.

Was mich an beiden begeistert ist der Spirit den sie – trotz des Namens – verbreiten. Sowohl Fanzine als auch Veröffentlichungen verbreiten einen Elan, etwas, mit dem ich Positives assoziiere. Vielleicht ist es auch der konsequente DIY-Ansatz, der mir imponiert. Lange Rede kurzer Sinn, Pan und Karsten gehören in einem Zine, wie dem Trust, interviewt und vorgestellt.

Die klassische Bandfrage ist ja immer, „stellt euch mal vor, wer spielt welches Instrument“. Ihr spielt zwar auch in Bands in verschiedenen Rollen, aber hier soll es ja um Label und Zine gehen und da wird es schon schwerer. Also an Euch, stellt Euch mal vor: Wer macht bei Euch Design / Layout, Bandauswahl, Kommunikation mit anderen Labels und Presswerk, Druckerei/Kopierer, Verschickung, Vertrieb und Werbung?

Beide: Hallo, wir sind Karsten und Pan aus Hamburg und haben 2014 gemeinsam die erste Ausgabe vom No Spirit Fanzine veröffentlicht. Seitdem folgten bisher fünf weitere Ausgaben. Zu unserem vierten Heft (das verwirrenderweise die #3 trug, weil wir zwischendurch noch eine #2,5 eingeschoben haben) im Jahr 2017 gab es dann zusätzlich eine auf 100 Stück limitierte Compilation auf Tape optional dazu. Das war gleichzeitig auch der Startschuss für unser Label, das wir seitdem unter dem gleichen Namen betreiben.

Wir machen und entscheiden nach wie vor alles zu zweit, wobei sich mit den Jahren natürlich eine Aufgabenverteilung nach Präferenzen etabliert hat. Karsten macht mittlerweile das Allermeiste, was in den organisatorischen Bereich fällt, wie Kommunikation mit Labels und Presswerk sowie Werbung, Versand und Vertrieb. Pan übernimmt dafür mehr Aufgaben aus dem schriftlichen Bereich wie beispielsweise das Verfassen und Korrigieren von Beschreibungen und Texten. Dinge wie Heftinhalte, Design und Layout sowie die Bandauswahl für Interviews und Veröffentlichungen entscheiden wir nach wie vor komplett gemeinsam. Unsere fertigen Hefte haben wir bisher immer gemeinsam aus dem lokalen Copyshop abgeholt. Immerhin ist es doch jedes Mal wieder spannend, das fertige Heft dann endlich in den Händen halten zu können. Wobei wir fairerweise zugeben müssen, dass die letzte Ausgabe vom Fanzine mittlerweile auch schon von 2018 ist.

Mir seid ihr zuerst mit dem Fanzine aufgefallen. Ein schönes, neues, rotziges A5er. Das muss so irgendwann im Sommer 2014 gewesen sein. Was hat Euch damals motiviert? Was war für Euch Auslöser das Zine zu machen? Was war Euer Ziel mit Zine?

Pan: Ja genau, die erste Ausgabe gab es im September 2014. Angefangen hat das Ganze aber schon im Jahr 2013, als ich mit Mitte 20 entschieden habe, dass es allerhöchste Zeit für mich war, endlich mal ein eigenes Heft auf die Beine zu stellen. Vorher hatte ich über die Jahre schon verschiedenste Hefte gelesen, die ich insbesondere auf Konzerten und im Umfeld der FC St. Pauli-Fanszene so bekommen habe. Und ohne jetzt irgendwem zu nahe treten zu wollen: Da gab es teilweise echt starke qualitative Unterschiede. Als ich dann irgendwann mal sonntags verkatert durch ein Heft blätterte, das ich mir am Vorabend im Suff hatte andrehen lassen, dachte ich: Das kann ich auch! Und vielleicht sogar besser! Ich hatte bis dahin schon regelmäßig bei dem norddeutschen Online-Zine dremufuestias.de mitgeschrieben und hatte große Lust, endlich mal mein eigenes gedrucktes Heft in den Händen zu halten.

Also habe ich in meinem Umfeld rumgefragt, ob nicht jemand Lust hätte, mit mir zusammen ein Print-Fanzine zu starten. So kam ich mit Karsten ins Gespräch, der vorher schon mal ein Fanzine mitherausgebracht hatte und tatsächlich Bock auf ein neues Projekt hatte. Und dann hat es ja auch nur noch bis 2014 gedauert, bis wir die erste Ausgabe veröffentlicht haben.

Karsten: Ich hatte ein paar Jahre vorher bereits ein Heft zusammen mit einem Kumpel gemacht. Vom „Zero Zine“ gab es 2 Ausgaben mit je 100 Exemplaren, die wir gratis abgegeben haben. Als Pan mich dann darauf ansprach, ob ich Bock hätte, gemeinsam ein neues Fanzine zu starten, fand ich die Idee ziemlich gut. Meine damalige Band BENT CROSS hatte sich kurz vorher aufgelöst und ich hatte dementsprechend genug Zeit dafür, neben meiner damaligen Konzertgruppe noch ein neues Projekt in Angriff zu nehmen.

Und ein Print-Fanzine ist auf seine Art einfach etwas Besonderes. Natürlich verflucht man den Moment, in dem man mit Schere und Kleber auf dem Boden sitzt und versucht, den einen Schnipsel, den man gerade aufkleben will, wiederzufinden. Aber gleichzeitig macht auch genau das den Reiz aus. Wir können uns kreativ voll austoben, niemand kann uns reinreden und es ist einfach ein tolles Gefühl, wenn das fertige Heft dann lesbar aus dem Kopierer kommt. Ein konkretes Ziel haben wir eigentlich nie explizit verfolgt, uns war es einfach wichtig, etwas zu machen, worauf wir beide Lust haben. In Bezug auf Bands fanden und finden wir es bis heute am wichtigsten, dass diese uns zuallererst einmal gefallen. Und wenn sie auch noch nicht in jedem anderen Fanzine interviewt wurden: umso besser. Niemand braucht das dreißigste Interview mit derselben, gerade angesagten, Band.

Ihr habt bisher ja leider nur sechs Ausgaben gemacht. Das Zine ist dann ja irgendwann zu Gunsten des Labels und des Mailorders nahezu eingeschlafen – kann ich das so sagen? Oder gibt es das Zine noch und ihr seid da was am planen dran?

Pan: Puh, da triffst du einen wunden Punkt… Einerseits wollen wir schon seit Längerem eine neue Ausgabe veröffentlichen und haben auch seit 2019 immer mal wieder neues Material dafür zusammengetragen. Andererseits habe ich 2019 angefangen, mit BAD AFFAIR die ersten Konzerte zu spielen und neben meinem Vollzeit-Job endlich mal mein Studium abzuschließen. Da ist das Heft dann leider zwischendurch komplett auf der Strecke geblieben. Da das Studium aber inzwischen abgeschlossen ist und Band und Job bei mir Corona-bedingt gerade sehr stark eingeschränkt sind, wäre jetzt eigentlich ein guter Zeitpunkt, endlich mal eine neue Ausgabe anzufangen.

Karsten: Label und Mailorder sind mit den Jahren wirklich stark gewachsen und entsprechend zeit- und arbeitsintensiver geworden. Ab 2018 haben wir angefangen, regelmäßig Tapes und Platten zu veröffentlichen, was mir persönlich eigentlich auch am meisten Spa? macht. Zudem standen auch bei mir ab 2018/2019 ein paar Konzerte mit ASOCIAL DISTORTION an, was den Fokus noch mehr vom Heft weggelenkt hat. Ganz begraben haben wir das Heft gedanklich aber nie. Mal sehen, ob deine Frage jetzt wirklich den letzten Ansto? für eine neue Ausgabe gegeben hat.

2017 habt ihr dann Label und Mailorder gestartet und seitdem knapp 25 Veröffentlichungen herausgebracht. Platten, Tapes, Splits, ziemlich Querbeet. Wie kommt man als Band auf No Spirit Records? Was muss eine Band haben / können oder wie muss sie klingen, dass sie euch gefällt?

Karsten: Auf einen bestimmten Sound würden wir uns nicht unbedingt festlegen, wobei eine gewisse Vorliebe für Hardcore-Punk und Artverwandtes sich bei uns ja definitiv nicht bestreiten lässt. Alle bisherigen Veröffentlichungen sind aber eigentlich immer auf persönliche Kontakte der einen oder anderen Art zurückzuführen. Das kann bedeuten, dass wir Menschen in einer Band sowieso persönlich kennen oder Freund_innen/Bekannte eine neue Band starten, die wir dann veröffentlichen. Viele Kontakte ergeben sich auch noch aus der Zeit, als wir regelmäßig Konzerte veranstaltet haben. Und die guten Verbindungen nach Zagreb haben wir, seit wir dort vor ein paar Jahren Aki und Ivana von THE CELETOIDS besucht haben und diese uns in ein paar langen Sommernächten mit Dosenbier im Stadtpark mit einem Großteil der lokalen Szene bekannt gemacht haben. So kamen dann auch die gemeinsamen Veröffentlichungen der beiden JARADA LPs (HC-Punk aus Israel) zusammen mit dem Label DOOMTOWN RECORDS aus Zagreb zustande.

Über die persönlichen Kontakte können wir dann auch einigermaßen sicher sein, dass wir nicht irgendwann mal versehentlich an Bands geraten, die zu grundlegenden Themen wie Sexismus, Rassismus, Homophobie etc. eine komplett andere Auffassung als wir vertreten.

Pan: Nicht zu vergessen auch, dass wir schamlos die Bands, in denen wir selbst aktiv sind, veröffentlichen 🙂 Und ansonsten wie Karsten schon sagte: Sexismus, Anti-Feminismus, Homo- und Transphobie, Rassismus, Verschwörungstheorien, Querdenker_innen-Gedankengut und anderen Mist lehnen wir persönlich ab und möchten diesen Dingen auch keine Plattform auf unserem Label und in unserem Heft geben.

No Spirit als Label veröffentlicht ja Bands, die zumindest ich nicht sofort auf dem Schirm habe. Neben lokalen Bands aus Hamburg sind es zum Teil ja auch Hardcore-Acts aus Zagreb, Israel oder Tschechien. Wie wichtig ist Euch die internationale Ausrichtung? Wie ist die Rückmeldung auf diese Bands in Mitteleuropa?

Karsten: Die internationale Ausrichtung ist nichts, was wir gezielt verfolgen. Vielmehr hat es sich einfach aus den eigenen musikalischen Interessen und den vorhandenen Kontakten so ergeben. Gute Bands gibt es ja auch weltweit und für mein Verständnis ist gerade Hardcore schon seit jeher eine internationale Szene. Die Rückmeldungen auf die Bands waren bisher insgesamt positiv. JARADA hatten für 2020 eigentlich auch eine Europa-Tour geplant und hätten im April auch in Hamburg spielen sollen. Leider kam Corona dazwischen und die Tour musste bis auf weiteres komplett abgesagt werden.

Wie zuvor schon angedeutet veröffentlicht ihr ja auch viele Bands aus Hamburg und Umgebung. Ihr seid ja über No Spirit hinaus vielschichtig aktiv. Seht ihr No Spirit auch als Beitrag zur lokalen Szene?

Karsten: Jein. Nachdem sich unsere letzte Konzertgruppe irgendwann aufgelöst hatte, haben wir teilweise auch Konzerte unter dem Namen No Spirit veranstaltet. Einiges lief dann auch zusammen mit anderen Konzertgruppen oder wir haben Bands an andere Veranstaltende weitervermittelt und bei der Konzertdurchführung geholfen. Wir sehen da aber weniger No Spirit als Beitrag zur lokalen Szene, sondern fühlen uns eher als Einzelpersonen in der Szene verwurzelt.

Pan: Würde ich auch so sagen. No Spirit ist vielleicht eher das Resultat unserer persönlichen Interessen und der Name, unter dem wir unsere gemeinsamen Szene-Aktivitäten zusammenfassen. Um also deine Frage einigermaßen zu beantworten: einerseits ist No Spirit durch das, was wir so machen, vermutlich schon ein Beitrag zur lokalen Szene und andererseits sollen gerade die Label-Veröffentlichungen und das Fanzine gern auch außerhalb Hamburgs auf Interesse stoßen.

Welche Bands würdet ihr euch noch auf Eurem Label wünschen?

Karsten: Einen kleinen Wunsch konnten wir uns bereits damit erfüllen, dass wir im Sommer die „Demo 2020“ von CHAIN WHIP aus Vancouver, Kanada auf Vinyl veröffentlichen werden. Diese Aufnahmen hat die Band bereits im letzten Jahr im Juli auf Bandcamp veröffentlicht und es gab auch eine kleine Auflage auf Tape. Die Songs finden wir so wahnsinnig gut, dass Pan und ich einfach bei der Band nachfragen mussten, ob wir eine Vinyl-Version davon veröffentlichen könnten. Tatsächlich handelt es sich hierbei um die erste Band auf unserem Label, zu der wir vorher noch keinen persönlichen Kontakt hatten. Musikalisch hatten wir CHAIN WHIP aber schon länger auf dem Schirm und hatten uns eigentlich auch schon darauf gefreut, diese auf ihrer geplanten Europa-Tour live zu sehen. Leider musste auch diese wegen Corona abgesagt werden. Dafür freut es uns nun aber umso mehr, dass wir zumindest deren 2020er Demo auf unserem Label rausbringen dürfen.

Bei den Bands, die ihr veröffentlicht, ist der Nicht-Männer-Anteil ja im Szenedurchschnitt. Zwar mit Bad Affair, Nueva Generacion und Miley Silence drei großartige Ausnahmen. Ist das ein Thema, dass ihr diskutiert und/oder worauf ihr angesprochen werdet?

Pan: Haha, also wir haben jetzt tatsächlich mal nachgezählt… Die Compilations mal ausgenommen, sind wir bei unseren regulären Veröffentlichungen auf einen Anteil von einem Drittel an Bands ohne reine Cis-Männer-Beteiligung gekommen. Und nachdem wir bei unserer allerersten Compilation nur einen Anteil von zwei aus neun Bands ohne reine Cis-Männer-Beteiligung hatten, haben wir bei den folgenden Compilations auch gezielt darauf geachtet, die Zahl zu erhöhen. Es ist also auf jeden Fall ein Thema, das wir diskutieren und das wir auch im Blick haben. Wir setzen uns da aber selbst keine Quote. So ist beispielsweise eigentlich schon seit einem Jahr das erste BAD AFFAIR Album geplant. Wegen Corona haben wir aber gleichzeitig seit einem Jahr nicht mehr geprobt und dementsprechend zieht sich da gerade alles. Wenn wir deshalb als Label nun Bands wie KLEYMO oder NAILED IN absagen würden, weil eigentlich gerade eine Band ohne reine Cis-Männer-Beteiligung „dran“ wäre, wäre das in unseren Augen ziemlich unsinnig. Gerade bei NAILED IN ist es so, dass wir denen schon vor zwei Jahren zugesagt haben, das Album mit zu veröffentlichen. Dass es am Ende dann noch so lange dauert, hätte natürlich niemand gedacht und jetzt freuen wir uns einfach, dass die Platte endlich da ist. Angesprochen wurden wir auf das Thema ansonsten bisher noch nicht.

Ihr habt es in einigen Antworten schon angedeutet – Proben, Live-Spielen und ganze Touren liegen momentan ja wegen Corona auf Eis. Wie kommt ihr durch die Zeit? Merkt ihr das als kleiner Mailorder / Label?

Karsten: Die Freizeitgestaltung hat sich natürlich seit Beginn der Pandemie grundlegend geändert. Proben, Konzerte besuchen und ähnliches. haben vorher einen großen Teil meiner Freizeit ausgemacht. Dazu kommen dann noch die allgemeinen Kontaktbeschränkungen. Dementsprechend sind wir nun schon deutlich mehr zuhause als vorher und nutzen die Zeit anders. Ich habe zum Beispiel den Hype um „Game of Thrones“ vorher nie verstanden, im ersten Lockdown haben wir dann aber alle Staffeln innerhalb sehr kurzer Zeit geguckt. Insgesamt hat die Nutzung von Streamingdiensten bei mir seit dem letzten Jahr sowieso deutlich zugenommen, ob es nun zum Filme und Serien schauen oder zum Musik hören ist. Gerade Bandcamp nutze ich inzwischen noch viel häufiger als vorher.

Bezüglich unserer Label-Veröffentlichungen habe ich den Eindruck, dass es etwas schwieriger ist, wenn die Bands keine Konzerte spielen können. Eigentlich verkauft sich ein Großteil der Platten meistens direkt über die Bands, insbesondere auf Konzerten. Zum ersten Lockdown war bei mir die Sorge groß, dass die Leute lieber ihr Geld zusammenhalten anstatt es in die eigene Vinylsammlung zu investieren. Das hat sich zum Glßck so nicht bewahrheitet. Es werden auch weiterhin Platten bestellt, was mich sehr freut, da mein Nebenjob Corona-bedingt weggefallen ist.

Pan: Besonders die ersten Monate der Pandemie habe ich persönlich als sehr belastend erlebt, da bei mir zusätzlich zum Wegfall aller Freizeitaktivitäten auch die Sorge um Familie und Freund_innen sehr groß war. Und da ich in einer Branche arbeite, die sehr stark von Corona betroffen ist, hat sich dank Kurzarbeit auch meine finanzielle Situation schlagartig verändert. Mittlerweile habe ich mich mit dieser „neuen Normalität“ weitestgehend arrangiert. Ich habe die neugewonnene Zeit genutzt, um mein Studium final abzuschließen und lese endlich all die Bücher in meinem Regal, für die mir vorher immer die Zeit fehlte. Und ich habe angefangen, gezielt und regelmäig Sport zu treiben und merke, dass mir insbesondere das nicht nur körperlich, sondern auch mental sehr gut tut.

Neben den schon erwähnten Aktivitäten spielt ihr auch noch in den Bands Bad Affair und Asocial Distortion. Was genießt ihr mehr, das Leben auf der Bühne oder das Organisieren im Hintergrund?

Karsten: Im Großen und Ganzen gefällt es mir etwas besser, ein Konzert zu organisieren als es selbst zu spielen. Ich empfinde es im direkten Vergleich zwar auch als stressiger, aber gerade bei Bands, die ich selbst unbedingt live sehen möchte, ist es die Mühe und den Aufwand am Ende auch jedes Mal wieder wert. Konzerte zu spielen macht natürlich auch Spaß, aber generell stehe ich einfach nicht so gern im Rampenlicht.

Pan: BAD AFFAIR ist ja meine erste Band, weshalb ich es nach Jahren der Konzertorganisation tatsächlich als erfreuliche Abwechslung empfinde, auch mal die andere Seite kennenzulernen. Außerdem ist es super, nach einem Konzert endlich mal nicht die Klos putzen zu müssen! Aber im Ernst: Ich mag beides, wobei Konzerte spielen für mich gerade noch Vorrang hat, da es noch neuer und deshalb etwas aufregender ist. Also, sofern das irgendwannberhaupt wieder gehen wird.

Wie viele Tourtage hintereinander haltet ihr Nudeln bzw. Pasta durch? Und was dürfte Euch in der Zeit zwischen zwei Nudel-Tour-Tagen kredenzt werden?

Pan: Nudeln gehen immer! Zumindest so lange sie nicht verkocht sind oder ausschließlich mit Ketchup kredenzt werden. Ansonsten ist nach einer langen Nudeldiät jede Form von frischem Grünzeug eine willkommene Abwechslung.

Karsten: Ich würde auch sagen, dass Nudeln eigentlich immer gehen. Ansonsten bin ich aber auch Fan von Gerichten mit Reis. Für zwischendurch gibt’s auf der Fahrt dann eh Möhren oder Ingwer für etwas Abwechslung. Und abends Salzstangen am Tresen. Mit ausgewogener, abwechslungsreicher Ernährung kenne ich mich aus.

Wenn wir alle wieder Konzerte spielen und schauen dürfen, auf welche Läden brennt ihr mit euren Bands am meisten und warum?

Pan: Auf jeden Fall möchte ich dann unser BAD AFFAIR Konzert im Störte nachholen! Das hätte Mitte März 2020 dort stattfinden sollen und wurde dann wegen der vermehrt auftretenden Corona-Fälle in Deutschland abgesagt. Wenn es dann also irgendwann (hoffentlich bald) wieder möglich sein sollte, Konzerte zu besuchen und zu spielen, freue ich mich besonders darauf, diesen abgesagten Termin nachzuholen. Das Störte ist einfach ein cooler DIY-Laden, der von tollen Menschen mit viel Herzblut am Leben erhalten wird und das ist sowohl als Besucher_in als auch als Band zu spüren.

Karsten: Zusätzlich zum Störte ergänze ich noch das Hafenklang. Das Booking dort ist sehr breit gefächert und viele der dort stattfindenden Konzerte treffen meinen Musikgeschmack sehr gut. Zudem merkt man, dass der DIY-Bezug bei den Menschen dort nach wie vor vorhanden ist und diese ebenfalls mit viel Herzblut bei der Sache sind. Gerade für Bands und Konzertgänger_innen aus dem Punk/Hardcore/Garage-Bereich ist das Hafenklang eine große Bereicherung.

Was ist Feminist Kitchen? Woher kommen die Motivideen? Habt ihr eine Vorstellung der Kundinnen und was mit dem Porzellan geschieht? Eher wenn die Eltern mal die WG besuchen oder Ausstellungsstücke?

Pan: Feminist Kitchen ist mein Projekt, mit dem ich 2017 angefangen habe. Ich habe zunächst nur Wandteller von Hand bemalt. Inzwischen gibt es aber auch handbemalte Tassen sowie Glitzertassen, die ich maschinell mit Motiven, die ich vorher digital von Hand gezeichnet habe, bedrucken lasse. Der Einfachheit halber biete ich all diese Dinge ebenfalls unter www.nospiritmailorder.de mit an. Mein Instagram-Account, auf dem es eigentlich am Meisten zu sehen gibt, ist zu finden unter @feministkitchen.

Die Motivideen ergeben sich tatsächlich meistens direkt aus dem, was mich gerade so beschäftigt. Am Anfang habe ich viel mit Tabus gespielt und verschiedene Genitalien, blutige Tampons und ähnliches gemalt und möglichst ausschließlich sexpositive und empowernde Botschaften formuliert. Inzwischen verewige ich auch andere Leidenschaften von mir, wie z.B. Kaffee und Pizza, auf den Tellern. Da ich die Teller bisher ausschließlich als (Wand-)Deko inkl. Halterung verkaufe, da die Farbe leider nicht lebensmittelecht ist, hoffe ich natürlich, dass jedes verkaufte Teil ein Ausstellungsstück wird – unabhängig davon, wer zu Besuch kommt 🙂 Mein Eindruck der Kund_innen ist zudem, dass es überwiegend weibliche Personen sind, von denen einige auch schon echte Stammkundinnen geworden sind. Darüber freue mich natürlich immer besonders, weil es mir zeigt, dass sich auch andere Menschen mit meiner Kunst und damit gewissermaßen auch mit meinen Empfindungen und Gedanken identifizieren können.

Nachdem Pan im Brot ja die fünf besten Saufsongs gepriesen hat, würde mich interessieren, welche 5 Songs ihr verkatert am nächsten Tag auf der Couch oder im Bett hört?

Pan: Hm, der letzte Kater ist echt schon ganz schön lange her. Was übrigens auch erst den Auslöser dafür gab, dass die BROT-Redaktion und ich es für eine gute Idee hielten, dass ich den Text schreibe. Sollte ich aber jemals wieder in die Verlegenheit kommen, einen Kater auskurieren zu müssen, dann wohl eher mit entspannter Musik wie dem NEW MODEL ARMY Album „No Rest For The Wicked“. Für eine ausgefeilte Playlist hätte ich wahrscheinlich eh einen viel zu schweren Dröhnschädel.

Karsten: Um den Kater am nächsten Tag dann auch so richtig zu bereuen, würden von mir wahrscheinlich ein paar sXe Bands wie ATARI, UNIFORM CHOICE, IN MY EYES oder TURNING POINT aufgelegt werden. Aber ganz ehrlich…der letzte Kater ist bei mir, genau wie bei Pan, auch wirklich schon sehr lange her.

Habt ihr eine heimliche Deutschpunk Leidenschaft?

Pan: Ich muss tatsächlich zugeben, dass ich als Punk-Teenie in der norddeutschen Kleinstadt ein paar Jahre lang wirklich viel Deutschpunk gehört habe. Die Phase ist aber auch schon lange vorbei und vieles davon kann ich mir heute auch beim besten Willen nicht mehr anhören. Gleichzeitig haben sich ein paar unsterbliche Hits wie z. B. KNOCHENFABRIKs „Filmriss“ für immer in mein Hirn eingebrannt und ich könnte dir das komplette Lied immer noch zu jeder Tages- und Nachtzeit aus dem Stehgreif vorgröhlen. Und ein paar Klassiker wie zum Beispiel TOXOPLASMA höre ich auch heute noch ganz gern.

Karsten: Von Leidenschaft würde ich jetzt nicht sprechen. Deutschpunk ist ja auch ein weites Feld. Frühe deutschsprachige Hardcore-Punkbands wie INFERNO, CHAOS-Z oder TOXOPLASMA habe ich von jeher gern gehört. Viele Veröffentlichungen, gerade aus den späten 90er Jahren, befinden sich musikalisch und inhaltlich in meinen Augen aber näher am Schlager als am Punk. Absolut unhörbarer Kernschrott!

Okay, wenn ihr bei Deutschpunk schon so „vernünftig“ seid und Toxoplasma, Knochenfabrik und Inferno nennt, was sind denn dann Eure Guilty Pleasures?

Karsten: Gar nicht so einfach zu beantworten. Am Ehesten in diese Kategorie fällt wohl mein Faible für 2-tone Ska.

Pan: Lady Gaga und Taylor Swift. Wobei ich sagen muss, dass ich mich für meine frisch entdeckte Leidenschaft für Pop-Musik auch nicht übermäßig „guilty“ fühle – ich mag die Sachen wirklich gern hören.

Wird es nach Fanzine, Label, Mailorder auch noch nen eigenen Plattenladen geben?

Karsten: Die Vorstellung ist durchaus reizvoll, aber aktuell leider noch nicht realistisch. Vielleicht ergibt es sich ja irgendwann einmal. Gerade bin ich aber ganz zufrieden damit, dass der Mailorder gut angenommen wird.

Pan: Halb Plattenladen, halb Geschirrladen 🙂

Okay, letzte Frage: Wenn ihr das Hamburger Rathaus oder die Landungsbrücken neu streichen dürftet, welche Farbe und warum die?

Pan: Pink, pink und nochmal pink. Erstens ist es einfach eine schöne Farbe und unser beider Lieblingsfarbe. Und zweitens wird gerade pink noch viel zu häufig und von viel zu vielen Menschen negativ assoziiert. So werden der Farbe häufig vermeintlich weibliche und negativ konnotierte Eigenschaften zugesprochen. Allerhöchste Zeit also, die Leute mal großflächig damit zu konfrontieren. Vielleicht kann das dazu beitragen, dass pink irgendwann einmal einfach als geschlechtsneutrale Farbe wahrgenommen wird.

 

Discography No Spirit:

NOS#001 AS LONG AS THERE IS MUSIC – Compilation Tape sold out!

NOS#002 NO SPIRIT – Compilation Vol.II Tape sold out!

NOS#003 SEE.MORE.GLASS – Tomorrow Tape sold out!

NOS#004 JARADA – s/t LP sold out!

NOS#005 AS A DAGGER – Know Your Hate Tape

NOS#006 KRANK – Heizungskeller EP Tape sold out!

NOS#007 NO SPIRIT – Compilation Vol.III Tape sold out!

NOS#008 SCOOTER KIDS MUST DIE – Can’t Kill Enough Tape

NOS#009 BAD AFFAIR – Demo 2019 Tape sold out!

NOS#010 RULES – was it six or five shots? 7?

NOS#011 JARADA – Ma’agal Sina’a MLP

NOS#012 ASOCIAL DISTORTION – s/t LP

NOS#013 NUEVA GENERACION / BETTER OFF DEAD – Split 7?

NOS#014 BOSTON CURTIS / xSCHMUTZIGER MENSCHx – Split Tape sold out!

NOS#015 MILEY SILENCE – s/t Tape

NOS#016 SEE.MORE.GLASS – Running LP

NOS#016-1 PAROLE 80 – Demo Tape

NOS#017 BIJOU IGITT – Jetzt auch als Podcast Tape

NOS#018 OMA OKLAHOMA – Normalnull Tape

NOS#019 ANTISOCIAL SKILLS / RULES – Split LP

 

Upcoming releases:

NOS#020 NAILED IN – Shovel LP (May 2021)

NOS#021 CHAIN WHIP – Demo 2020 LP (August 2021)

NOS#022 COLD BRATS / PAKT – Split 7? (June/July 2021)

NOS#023 KPAX! – s/t LP

NOS#024 KLEYMO – 2020 Tape (May/June 2021)

Mailorder: https://nospiritmailorder.de/

Mika

Both comments and pings are currently closed. RSS 2.0