November 29th, 2019

NO GAMES INVOLVED (#108, 2004)

Posted in interview by Thorsten

Wenn man in New York unterwegs ist, kommt es nicht gerade selten vor, dass einem irgend jemand irgend etwas andrehen will. Meist geschieht dies in der u-bahn. „batteries one dollar – batteries one dollar“ klirrt es einem ungefähr alle 15 minuten mit schrillem asiatischen akzent in den ohren. 5 minuten vorher sind meist die kids da, um mit ihren dollar candies noch ein weiteres, tausendstes schulbasketball team auf die beine zu stellen. Manchmal trifft man auch schreiberlinge, die ihr neustes poetry werk feil bieten, selbstverständlich mit widmung, dass wahre schönheit und wirklicher sprachwitz nur in der u-bahn zu finden seien – fuck bowery ballroom. Tja, also batterien brauche ich nicht und für candy bin ich mittlerweile auch zu fett. Mit anderen worten: mit mir ist kein sonderlich guter schein zu machen. Und das eine mal, als ich weich wurde und ein buch gekauft habe, kam, oh überraschung, nur dünnes dabei heraus. Nicht wirklich dünnes natürlich, aber poetry ist ganz einfach nicht meine baustelle. Die konsequenz daraus ist einfach: spricht mich jemand an, höre ich meist weg oder tue demonstrativ desinteressiert. Glücklicherweise jedoch hatte ich die tage einen schwachen moment. Auf höhe von Tower Records, auf dem Broadway entlang schlendernd, sprach es mich aus heiterem himmel an: „Do you like Hip Hop?“ Total verdutzt stammelte ich was von: „Ähm ja, kommt drauf an.“ Tja, da war´s um meine kühle distanz geschehen, ich war schneller in ein gespräch verwickelt als ich gucken konnte. Progressiv sollte das also sein, was man mir dort anbot. Hip Hop fernab von klisches, echte Poetry. Da standen wir natürlich vor einem problem, denn wie bereits erwähnt gefällt mir poetry nicht besonders, progressivität hingegen schon. Auf bohrende nachfragen zur art der progressivität erhielt ich nur ausweichendes bis universell gültiges. Eines jedoch war jetzt schon erreicht, meine neugierde wurde erfolgreich geweckt. 5 dollar für eine CD erschienen mir zudem ein durchaus kalkulierbares risiko. Lange rede kurzer sinn – das ding war gekauft. Zuhause angekommen, kam dann die überraschung. Von progressivität wie ich sie verstehe keine spur. Dafür drangen allerdings reihenweise hüftschwung orientierte tunes aus den boxen, die, hm, irgendwie absolut alles toppen, was einem dieser tage so an schwarzer radio lala geboten wird. Klar, das ist konventionell, nicht revolutionär. Hip Hop eben mit viel melodischem pop verständnis sowie groovenden dancehall anleihen, nicht zu vergessen die etwas straighteren roughen nummern, gerne auch mal mit dem ein oder anderen gitarren riff garniert. Ein wenig erinnerte mich das an NAS, mit dem unterschied, dass dieser silberling keinerlei ghetto-slang zu beinhalten schien. Poetry, ja da war was, etwas angenehm anderes. Ganz zu schweigen vom hit faktor der ersten 7 stücke. Und nun das beste, all dies ist komplett DIY, kein label kein gar nichts, underground pur. Kurzum: ich war und bin begeistert. Derart begeistert übrigens, dass sofort eine story her musste. Glücklicherweise hatte ich in einem lichten moment noch dafür sorge getragen, dass mir ´strassen-arbeiter´ Logan P. McCoy seine E-Mail adresse zusteckt. Sofort feuer und flamme bezüglich meiner interview anfrage, dauerte es dann auch nicht lange, bis die antworten zurück kamen. So erfuhr ich zum beispiel, dass ich kein album von Nogamesinvolved gekauft hatte, sondern eines von Logan P. McCoy, der derzeit als teil besagten hip hop formation für seine produktions firma 3rd Message auf solo pfaden wandelt. Das prinzip ist nicht neu, wir kennen es auf einem anderen, ghetto orientierteren qualitätslevel schon von Jay-Z´s Ruff Ryders clique. Ein künstlerpool bestehend aus einer wohl dosierten mischung weiblicher und männlicher sprachartisten versucht durch sein geballtes und in einander verwobenes auftreten so etwas wie eine selbstläuferische eigendynamik zu schaffen, die irgend wann einmal einen oberbegriff etabliert, den man unabhängig von einzelnen künstlern sofort mit einer bestimmten produktionsqualität verbindet.

Noch kurz etwas zum folgenden interview:
In einem einmaligen anflug von faulheit habe ich von einer übersetzung abgesehen, denn ihr könnt eh alle besser englisch als ich. Nee, natürlich alles quatsch, vor allem, dass ihr besser englisch und so (ja, an dieser stelle grinse ich)… Es ist einfach so, dass einige teile der antworten schlecht zu übersetzen sind, da der sprachflow des englischen so nicht ins deutsche übertragbar wäre. Insofern habe ich mich dazu entschlossen alle antworten im original zu belassen, um ein höchstmaß an authentizität zu gewährleisten. Wem das nicht schmeckt, darf mich wieder bei Dolf beschimpfen (er grinst schon wieder der tipper, jaja). Genug der faselei. Zu den fakten!:

Wäre super, wenn du mir ein bisschen über deinen/euren persönlichen und künstlerischen background erzählen könntest. Woher kommt ihr, wohin geht ihr… eigentlich wollte ich das ja auf eurer website selbst recherchieren, aber die dortigen infos wären alles in allem doch eher mager.

My partners (Sdaerd and Jr. Wonder) and myself (Logan P. McCoy), joined forces in 1998, after being introduced to eachother through a mutual friend, who at the time was working with us individually. We’d all been doing for a while without much progress. As a result, we decided to start recording music for the purpose of distributing on the streets. That being the only way we knew to effectively amass an audience while earning a decent wage, we put all our efforts into making and distributing our music. Five years and ten albums later, here we are.

Wann immer im hip hop die intelligenz einzug hält, scheint diese fest in der middle class verankert zu sein, oder besser gesagt, aus ihr zu kommen. die Fugies sind da wohl das beste beispiel. Verhält sich das bei euch ähnlich? Seht ihr euch als teil der etablierten mittelklasse, oder sind eure ursprünge doch eher working class natur?

It would seem that way right? We are working class people. We live in what is called the ghetto. Believe it or not, there’s really not much difference. Just Education. The Upper-ups tend to value education more so than the poor. The poor sadly so are oppressed through a lack of education, thus placing value in ephemeral things as hip hop tends to epitomize. The reason hip hop is so big is because it is the voice of the poor. If you look at history, poor people always make the largest uproars put the rich capitalize on that uproar. Being that hip hop is from the ‚hood‘ the ghetto, it has to be ghetto in order to reach it’s critical appeal thus bringing in more dollars. More dollars, more labels, more nonsense. IT SELLS. People buy it. For the poor artist, cornforming can mean millions these days. I think hip hop reflects that societal ill.

Wie du ja weißt, bin ich das erste mal auf dich und No Games Involved aufmerksam geworden, als du mir vorm New Yorker Tower Records auf dem Broadway dein neues solo album Power Of Suggestion ´angedreht´hast. Als ich mir das album dann zu hause mit zugegebenerweise ziemlich geringen erwartungen anhörte, war ich doch recht überrascht. Deine musik hat ein ziemlich hohen produktionsstandard, man könnte auch sagen, sie klingt fett. Doch nicht nur das. Darüber hinaus nennt sie auch einen catchy pop appeal ihr eigen, den man nicht an jeder straßenecke findet. Meine verlobte fand weiterhin, dass die stücke wesentlich besser seien, als der ganze müll im radio. Einen major deal jedoch gibt es nicht. Wie kann das angehen? Sind die alle taub auf den ohren oder steckt eine tiefer verankerte DIY ethik hinter euren distributions methoden.?

Thank you and your fiancee for the compliment. We have tried countless times with our previous releases and were always told that our music isn’t commercially appealing enough for major backing. At the time it made sense because we purposely made music that bore not resemblance to that found in the marketplace. This is actually the first real release that a label might consider. However, at this point in the game, we’ve come to learn a lot about the business of music. At this point the DIY approach is the most rewarding, both artistically and financially. Don’t get me wrong, if we were offered a deal we deemed fair we’d take it. This deal we know can’t happen because we don’t have enough leverage yet. We can’t prove that we’ve done what we’ve done on the streets. We left no paper trail. We know it. We do it everyday. With the right amount of capital, we could expose ourselves on a greater scale to reap rewards no label could afford. We are in the process of building that capital on our own. In the meantime, we’re doing the music we want to do. That’s rewarding enough.

fällt es euch schwer durch das fehlende major label backing radio airplay und gute club shows zu bekommen? Ich meine, eure musik ist ja nun definitiv heavy rotation kompatibel. Auf der anderen seite dürfte es ohne die manipulative einflußnahme finanzkräftiger label recht komplex sein, in das fein säuberlich abgeschottete airplay monopol hinein zu stoßen, oder?!

Thanks again for the compliment. You’re right. Major backing would only make our lives easier. We haven’t been able to get their attention for a long time, so we gave up to seek our own route. The traditional means of getting a song played is monopolized by the Majors. The indies with larger capital than us have cornered the underground market. We are now determined to create our own means. A near impossible task but hey, we’ve started.

ich kann mich noch an die zeit erinnern, wo hip hop für mehr stand als frauen flachzulegen, arsch teure sportwagen zu fahren und beknackte millionen juwelen duch die luft zu schwingen. Eine zeit, wo hip hop wirklich etwas zu sagen hatte. Public Enemy kommen mir da spontan in den sinn, genau so wie Paris natürlich und nicht zu vergessen BDP. Wenngleich ich nicht immer mit allen inhalten konform ging, hatte und habe ich doch gehobenen respekt vor dem tiefer gehenden anspruch jener tage. Ist dem hip hop der gegenwart dieser druckvolle aspekt mittlerweile gänzlich abhanden gekommen, oder hat sich das so sehr in den underground zurückgezogen, dass der normale durchschnittsbüddel auf der straße einfach nicht mehr darüber stolpert?

Hip hop has always been about expression. It still is. The difference today is that the prospects of gain are greater when doing pop, and hip hop has grown into pop stature. In the early days, hip hop wasn’t yet pop so the prospect of making millions in sales on one album was unheard of. As a result, the labels decided to experiment to see which formula would take hip hop to pop heights. Now that the formula is etched in stone, most labels, which are business to begin with, go with that which makes most money. Artists, who can now make more money just by writing different songs do it, and that becomes the norm. The less popular stuff still exists, it’s just less popular because less labels find it a worthy investment.

Gibt es eine regionale oder nationale underground struktur im hip hop von der ihr profitiert?

for us and what we do, we haven’t joined or connected with any underground organization that is designed to help the unknown artist. We’ve tried in the past, only to learn that there is too much competition for attention even within such groups. Our goal therefore has been to create a community around our sound and solely that. Much like The Grateful Dead have done. No at it’s best yet, but it’s developing.

wir hatten auf der straße ja schon ein kurzes gespräch über die begrenzten möglichkeiten elektronischer musik. Du hast dabei erwähnt, dass NoGamesInvolved keine samples benutzen. Wieso das? Verschließt ihr euch auf diese weise nicht einer vielzahl von soundtechnischen möglichkeiten? Denn ehrlich gesagt bin ich ja der überzeugung, dass, wenn überhaupt ein musikalisches betätigungsfeld frei von grenzen und behinderungen ist, es das elektronische ist. nimm da zum beispiel nur mal Daelek. Ich weiß nicht, ob du mit dem output der truppe aus New Jersey vertraut bist, aber deren hip hop derivat ist mal definitiv derart progressiv, dass mir jedes Mal die ohren spitz nach oben schnellen.

I’m sorry if I mis-spoke. I meant there are no samples on this album. I didn’t tell you about the hidden tracks. But we do use samples, sparingly. At the same time, hip-hop music isn’t recognized for it’s musicianship. We try to expand our sonic pallete by integrating original compositions not derived from pre-exsisting material. It shows the progress hip hop has made into becoming it’s own genre of music. Just as Jazz comes from the blues and transcends into be-bop and avant garde, so is hip hop growing.

Bei den meisten New Yorker Hip Hop aktiven dreht sich alles ausschließlich ums repräsentieren, ganz gleich ob es meine neighborhood, meine posse oder was auch immer ist. ich mag das auf Power Of Suggestion einfach nur überhört haben, aber soweit ich das beurteilen kann, ist die scheibe frei von jeglicher “my homies – my borough – my streets“ gülle…

Hip hop is so big now, we feel that we are speaking to the world and not only the people of today, but posterity as well. I personally try not to encapsulate ideas that might be transient. I would like to have my children listen to my music sixty years from now and it still be relevant to them. My neighborhood has changed in the short timespan that I’ve lived there. How much more in Sixty years?

dann ist mir noch bei euren lyrics aufgefallen, dass das N-wort nicht ein einziges mal fällt. Sehr ungewöhnlich, wenn man mal einen blick in die derzeitige hip hop landschaft wirft.

I always wondered, if hip hop was never written in slang but standard english, would the proliferation of non-sense so permeate the air-waves. Would adults still consider the cry of disenfranchised and impoverished youth just noise? Would not the genius of young urban writters be seen more clearly as in the Harlem Rennaisance? Vulgarity isn’t what this is about. It’s about getting closed minded people who don’t speak slang, to understand what the slang speaking public is actually feeling and saying. We try to not give these same people any reason to close their minds.

Im song “What we do“ gibt es die zeile „I don´t have a Jah I don´t have a car”. Kann ich also davon ausgehen, dass ihr 2 der 3 heiligen hip hop kühe nicht anbetet? Teure autos und gott? Frauen spielen aber auf der anderen seite auch bei euch eine große textliche rolle. wobei auch dies eher respektierlich passiert, weit ab vom frischfleisch niveau anderer ´künstler´. In einer zeile des stücks “Pretty Lady“ heißt es da zum beispiel „I want to cook food with you“…

The line is I don’t have a Job! Not Jah! Infact I believe in Haile Selassie I. I am a Rasta. I know, I don’t have locks. Listen closely to the second verse.

Was ist das beknackteste, dass hip hop in den letzten 15 passiert ist?

Not signing NOGAMESINVOLVED.

Was wäre das beste, das hip hop in naher zukunft passieren könnte?

I wish I had an answer. Then I’d have reached my GODHEAD.

Wer ist schwerer? King Kong oder Godzilla?

Depends on the scale you weigh them on. Made in Japan, or made in America.

Discography

The 3rd Message – A Compilation
The 3rd Message – Second Mission
Sdaerd – The Unexpected
Junior Wonder – Black Water
NoGamesInvolved – McCoy´s Brain Candy
NoGamesInvolved – A Hustler´s Guide To Prosperity
NoGamesInvolved – The Year Of The Underdogs
NoGamesInvolved – Drive
Logan P. McCoy – Power Of Suggestion

Interview & Text Kommando Friesische Wiese

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