September 22nd, 2021

Nichts mehr sein müssen – Lebenskunst und Anerkennungskampf, Alfred Binder

Posted in bücher by Dolf

Alibri Verlag, Postfach 100 361, 63739 Aschaffenburg, www.alibri-buecher.de

Fast am Ende schreibt der Autor: „ Ich habe die Frage, wie leben, vor dem Hintergrund des antiken Ideals des Erhabenseins über alle Wechselfälle des Lebens und, was auf das gleiche hinauskommt, des daoistischen Quietismus, des Nichts-Tuns, diskutiert.“ Das klingt in meinen Ohren irgendwie unattraktiv, aber keine Sorge – eigentlich kann man das Buch ganz gut lesen. Es geht um Anerkennung, Status, Selbstwert, Selbstachtung, Tugenden, Haltungen, Regeln und Ordnungen und wie Mensch damit umgeht beziehungsweise umgehen sollte. Denn, so wie die meisten jetzt damit umgehen ist das nicht sonderlich gesund, weder für die Menschen noch für die Umwelt.

Hier wird darauf eingegangen welche psychologischen, ethischen und politischen Dimensionen das Streben nach Anerkennung beinhaltet, was Mensch braucht und wie er durch Übungen lernen kann nicht all das zu benötigen was ihm von der Gesellschaft eingeredet wird. Auch geht es um Moral und Ethik, was das ist und warum vieles davon eben universal, also auf der ganzen Welt, gelten kann und nicht durch kulturelle Unterschiede mal so und mal so ausgelegt werden kann. Denn bestimmte Werte gelten eben überall für alle Menschen und wenn nicht, dann ist das für betroffene Personengruppen nicht gut und das kann ja nicht gewollt sein. „Auch der Trittbrettfahrer will und braucht die Moral. Der Dieb kann nicht wollen, dass er bestohlen wird, der Lügner nicht, das er belogen wird usw. Und wer anderen nicht hilft, wenn sie in Not geraten sind, setzt sich der Gefahr aus, dass auch ihm in der Not nicht geholfen wird. Die Trittbrettfahrer müssen ihr unmoralisches Verhalten so gestalten, dass es das moralische Handel der Übrigen nicht gefährdet, nur so können sie einen Vorteil aus ihm ziehen. Das ist jedoch kein Argument, welches den Trittbrettfahrer berühren müsste, es zeigt nur, dass moralische Regeln für das menschliche Zusammenleben unerlässlich sind. Es zeigt auch, dass sich nur sehr mächtige Menschen offene Amoralität erlauben können.“ Das ganze wird natürlich auch historisch betrachtet und im gesamten sehr detailliert. Das ist mit das schwerste für die Menschen, auf Anerkennung zu verzichten, beziehungsweise eben nur sehr wenig davon bekommen – aber es ist sicherlich machbar. Geeignet für alle die ein gutes Leben haben wollen und sich nicht mehr so sicher sind, ob und wie das gelingen könnte. Hier wird einem, zumindest mit der ausführlichen Erklärung der Begriffe, geholfen. Interessant war auch mal die Sichtweise aus „östlicher Sicht“ (Buddhismus, altchinesische daoistische Philosophie), zumindest für mich. Sicher kein „klassischer Ratgeber“ auch wenn es konkrete Vorschläge gibt wie mit dem Anerkennungsbegehren umzugehen ist damit alle sich ein gutes Leben gestalten können. Grade in der jetzigen Zeit eine hilfreiche Lektüre um mal das Hirn zu beruhigen. Viele meinen sie sind Weise, aber die wenigsten sind es, hier kann man überprüfen wie das gehen könnte. „Das Leben des Weisen gleicht dem Dahintreiben eines Bootes, sein Tod dem Sichbetten zur Ruhe. Er hat keine Ängste und verfolgt keine Pläne. Zhuangzi“ 198 Seiten, gebunden, 18,00 Euro (dolf)

Isbn 978-3865693266

[Trust #209 August 2021]

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