März 14th, 2019

Kolumnen (#66, 1997)

Posted in kolumne by Thorsten

4 Bier später…

Festivals. Sommer Sonne Herzinfarkt. Jetzt muß man mir ja nicht zumuten, daß ich ein Bizarrefestival oder so einen Scheiß mir anschaue, obwohl, einmal war ich da auch (selbst-outing), war wegen Sonic Youth, sorry. Na also das erste war das Ox-Fest in Essen. Merkwürdige Angelegenheit, die Ruhrpottler sind wirklich verwöhnt mit ihrem Konzertangebot, da waren vielleicht 300 oder 400 Leute – obwohl 200 Bands gespielt haben. Hierbei brillierten die Fixtures und Scared of Chaka, die absolut abgingen, während Devil in Mrs. Jones zwar eine klasse Band sind, der Sound mir aber irgendwie nicht gefallen hat. Draußen hat es geregnet, drinnen gab es Bier, das eigens aus Halbliterflaschen in Plastikbecher gefüllt worden ist, die mit Ox.Schriftzug versehen waren (wg Bruch etc.). Aha, Herzer/Hiller wissen schon, wo man werben muß! Tja, und um 12 oder 1 mußte alles dicht sein, also, für die Festivalwertung erteile ich eine 4-. Setzen. (Mir ist durchaus bekannt, daß es eben in diesem Laden nicht anders geht, aber das macht trotzdem keinen Spaß!). Die hohe Qualität der drei oben genannten Bands hat mit der 4- nix zu tun – die Stimmung war eben auch mau – ganz im Gegensatz zur After Show Party bei Herrn Johannknecht (Blurr).

Das nächste Fest, was war das denn, ja, das Au-Fest in Frankfurt. 1500 Leute oder so, das Bier ging entweder gar nicht aus, gab aber nur noch Export, oder ging dann doch aus, weiß nicht mehr so genau, ich war jedenfalls anwesend. Bei strahlendem Sonnenschein und so weiter, wobei Dackelblut o.k. kamen, die Psychos von Mad Sin eine gute Bühnenpräsenz vorzuweisen hatten, also wilde Blicke, Tattoos, Feuerspucken, naja, eben diese ganze Nummer. Dass Steakknife zufälligerweise mal wieder Gott waren, nun, das wisst Ihr doch schon – sehr hübsch auch noch Al’s Zusammenstoß d.h. der seine Augenbraue mit der metallischen Bühnenkante, spritz spritz und so weiter (und das in den Zeiten von Aids, naja, reichlich verantwortungslos, auf der anderen Seite stand im Aufnahmezettel vom Krankenhaus `Patient sprang von Bühne in Publikum’, was so jetzt nicht stimmt – offensichtlich war Al unter starkem Schock ???). Es gab ansonsten ne Menge Spaß, viele Leute, die man eben sonst nur einmal im Jahr sieht, exzellente musikalische Unterhaltung und daher die 1-.

Das erste Sommer-skate-festival, dem ich beiwohnte, fand im Nieselregen in Wiesbaden statt – der Schlachthof feierte sich vollkommen zurecht selbst – viel wurde ausgebaut etc. mit diesem Fest sollte wohl auch ein wenig Knete für weitere Sachen gesammelt werden. Das Wetter war natürlich der Strich durch die Rechnung, dazu kam, daß ich erst diese Peinlich-PC-Kanadier von Painted Thin ertragen mußte (obwohl’s gute Mucke war – aber diese Predigten von der Bühne von denen sind einfach nur peinlich, weil zu einfach und parolenhaft). Ich habe mit den Jungens ja zwei Tage später noch ein Inti gemacht, was kurz vor ner Schlägerei endete, da ich mich nicht auf ihre Schwarz / Weiß-Seherei bezüglich `Vergewaltigung’ einlassen wollte – das Problem ist zu komplex, um mit einfachen Floskeln und Schaubildern allgemeingültige Aussagen zu treffen, und dann wollten sie auch noch so tun, als ob ihre Musik an ihnen unwichtig sei, wo ich meinte, warum schreibt ihr kein Fanzine und so ging es reichlich hin und her. Letztlich muß ich ja auch nicht immer die gleiche Meinung wie Carsten / Blurr haben, der die Jungs spitzennett fand, aber dafür um so mehr auf Lagwaggon schimpfte. Die spielten dort nämlich auch, und daß die Sell-out betreiben ist auch klar, aber das ist ihre Entscheidung. Es ist die Entscheidung der Clubs, sie zu buchen, oder zu lassen. Nachdem diesbezüglich einige Gerüchte die Reihe machten, fragte ich neulich bei den Verantwortlichen des Schlachthofs nach, die diese insofern widerlegten, als daß L. zwar eine bretthohe (und meiner Meinung nach vollkommen unverdiente) Gage bekamen (8 Mille), aber sich `aufführten wie jede zweite andere US-Band auch’, und die Labelleute wegen des schwachen Umsatzes noch deutlich mit der Gage runtergingen – das heißt nicht viel, aber das sind die Fakten und nichts anderes sollte bei Grabenkriegen präsentiert werden. Daß ich die sowieso nie wieder sehen will, hat andere Gründe… mir einfach egal. Terrorgruppe machten Spiele mit den Kids, und in der Räucherkammer gab’s dann noch Gluecifer und Turbonegro – wobei erstere mir an DIESEM Abend besser gefielen. Das Fest war für die Veranstalter eher ein Flop, aber nett fand ich es dennoch 2- altogether.

Der nächste Skate-jam war in Bremen vor dem Schlachthof (in Koop- mit dem Blurr), wo im Pool – nebenan DJ-pult und `Bühne’ für Surfband – was will man mehr -, street, Hochsprung (Dolf schied verletzt aus – schade, das hätte ich lustig gefunden) und Slalom competed wurde. Die Bremen locals und einige Angereiste lieferten bei supersonne Tonnen geiler Tricks, es war wirklich was fürs Auge und einfach nur party pur. Abends spielten noch Free Yourself, anständig, und Painted Thin, die inzwischen wohl gut angenervt waren (von Deutschland, meiner Fresse, wasweißich), wurde doch ein armer Tänzer, der das Gleichgewicht verlor und auf die gnadenlos 40 cm hohe Bühne fiel, von denen mit übelsten Flüchen bedacht. Naja. Dennoch war das Festival an sich abslouter Killer, 1- ohne Probleme.

Als nächstes auf dem Programm war der Trustabend auf der PopKomm in der Kantine. Etwa 1000 Leuten war es wohl egal, daß das jetzt auf der PopKomm war – sie kamen nämlich, aber das hatte sicherlich mit den beiden Headlinern, Dackelblut und …but alive zu tun. Opener waren die Kick Joneses, die eines ihrer besten Sets ever hinlegten, durchtanzen war die Maxime, der Sound war brachial gut, dank des Soundmannes von but alive, dessen Namen ich leider (leider!) vergessen habe – ein Großer seines Fachs. Frank / Kick Joneses grinste das halbe set durch, wie ich gelernt habe, ein sicheres Zeichen, daß der Gig gut ist. Danach NRA aus Holland, die mit ihrem old-california-Ding letztlich weltführend sind. Aziz hat alles, was ein Sänger sich an `stage presence’ nur wünschen kann und der Rest der Band hüpft auch ganz gut. Es gab lustige `Interaktion’ mit dem Publikum, Al an der Gitarre und so, der genau danach sich bestens ausschoß… und sie haben mit In a free land aufgehört, argh, genau, auch wieder komplett durchgetanzt. Bei Dackelblut ging gar nix mehr, genauso bei but alive, deren Fans ja wie eine Front vor den Bühne stehen und mitsingen, ich weiß gar nicht, warum Markus oder Torben da überhaupt noch singen, ein ziemlich lauter Chor eben. Haben mir aber dennoch sehr gut gefallen. Eigentlich, weil rosa Brille, hätte dieser Abend und die zahlreichen Begebenheiten – der Sufforden erster Klasse am Band geht an Jürgen Bitzcore, nebenbeimal so bemerkt – die glatte Eins verdient. Aber als ich nach durchzechter Nacht mit vielen alten Bekannten so gegen 5 Uhr 30 bei Frank / Blurr / Düsseldorf / Pennplatz vor der Türe stand und klingelte, machte keiner der drei Leichen auf, was dazu führte, daß ich in einer Bauplane eingewickelt im Hauseingang Teile der Nacht verbringen mußte. Daher ist nur noch eine 2+ drin.

Das letzte Fest war so ein richtig Fettes für 10 Mark (2 Bier inkl.), nannte sich `strange noise’ und war in Dietzenbach bei Frankfurt – nowhereland. Die Descendents wurden kurzerhand vom Headliner zum 18 Uhr bis 18 Uhr 45 – Act degradiert, und in K-ruhe waren sie eh zehnmal besser, wobei sie aber tausendmal besser waren als jeder andere act – diverse Metalbands, die so grottenschlecht waren, daß Torsten nicht mehr aus dem Lachen und `heavy metal lebt’ rufen herauskam. Dann, als Letztes (doppeldeutig, Achtung!), Rollins und so. Ich hab’ den Typen seit ewig nicht mehr live gesehen und werde bis zu meinem Tod auch keine Lust mehr darauf haben. Selbst wenn man den ganzen Hickhack um diese kranke Person beiseite läßt, die Musik war super-schlecht, der Gesang hatte soviel Druck wie die letzten Tropfen beim Pinkeln… unsäglich. Daß er dazu noch seine einstudierten Posen macht, als ob er gerade die PA sprengen würde, lasse ich unkommentiert. Ansonsten fliege ich in etwa 11 Stunden in den Urlaub und von daher sind meine Gedanken schon anderswo. Kauft Euch die Steakknife, die Guts Pie Earshot, die Kick Joneses Lps und dann seit ihr bestens für alle Lebenslagen gerüstet. Over – out – fuck you – Bier auf!

PS.: – Das Plastic Bomb hat unser Kontaktanzeigenkonzept übernommen, aber Swen und Micha & Co. waren so nett, immerhin zu sagen, woher es kommt. Ich hoffe, daß es bei Ihnen besser klappt als bei uns, und will an dieser Stelle mich noch bei denen entschuldigen, die Anzeigen aufgaben, ohne Antwort zu bekommen, und denen, die Antworten schrieben, ohne zum `Kontakt’ zu kommen – ich weiß, daß es nicht an uns lag, aber ihr rult trotzdem!
(Daniel)

Frank’s Private Collection

Endlich habe ich geschafft. Alle Prüfungen liegen hinter mir. Jetzt ist mal wieder Zeit für Parties und Konzerte. Das Substage macht auch bald wieder auf, dann kann man auch dort wieder abhängen. Über die Sommerpause hatten wir wenigstens das Vergnügen zwei Konzerte zu veranstalten, wobei bei BLUMFELD im Gegensatz zu den DESCENDENTS von Vergnügen keine Rede sein konnte. Da standen sie nun, die von mir wegen ihren Platten geschätzten Hamburger und boten eine traurige Vorstellung. Das Konzert war ganz einfach erbärmlich. Dieser Meinung war auch der Kollege Kleiber, wobei es mich ohnehin überraschte, den Stefan bei solch einem Konzert zu treffen. Doch zurück zu den Mannen aus HH. Für die zählt anscheinend nur noch Kohle. Wie sonst soll man diese Tour im Frühjahr 97 ohne neue Platte sehen? Nicht das ich es einer Band nicht zugestehe, mal ein Tour ohne ein neues Release zu machen, aber die letzte BLUMFELD-Platte liegt jetzt glaube ich drei Jahre zurück. So gesehen, habe ich eigentlich einige neue Songs erwartet. Die Ausbeute in diese Richtung ging aber gegen Null. Dafür spielte die Combo munter eine Coverversion nach der anderen. Kein einziger neuer Song in zwei Stunden, dafür gab es unnötig lange Pausendialoge auf der Bühne. Hätte ich Eintritt bezahlt, wäre ich mir ganz schön verarscht vorgekommen. „In it for the money“, fällt mir dazu nur ein.

Lustig ging es auch auf der Popkomm zu. Zwar war das Musikprogramm im Gegensatz zu den letzten Jahren eher bescheiden, aber man konnte trotzdem einiges sehen. In diesem Zusammenhang kann ich euch nur THE VALENTINE SIX an’s Herz legen. Die sind so kühl, daß man sich beim Konzert glatt einen Schnupfen einfangen kann. Unbedingt live ansehen! Gut gerockt haben auch SAMIAM, die ich zum Glück, in diesem Herbst gleich zweimal sehen konnte. Die Messe war genau so unnötig wie jedes Jahr. Der totale Handy-Overkill. Sicher habe ich mir bei der ganzen elektromagnetischen Strahlung einen Tumor eingefangen. Man sollte ein Gesetz einführen, nach dem Handys nur eingesetzt werden dürfen, wenn sich keine anderen Personen im Umkreis von 5 Metern befindet. Das ist schließlich fast genauso schlimm wie passiv Rauchen. Bei so einer Veranstaltung wie der Popkomm steigt die ausgestoßene elektromagnetische Leistung bestimmt in den Gigawatt-Bereich. Das Schlimmste ist natürlich, daß die ganzen Handyuser gar nicht über uns arme Schweine nachdenken. Einen Gehirntumor sollen sie alle bekommen. Das nächste Mal muß ich eine Wünschelrute mitnehmen, um den strahlungsärmsten Platz für den Truststand zu finden. Ist ja auch unverantwortlich von Dolf, daß unser Stand mitten drin im Getümmel ist. Hier sollte sich der Chef mal mehr Gedanken, über die Gesundheit seiner Mitarbeiter machen. Außerdem wird Bier schlecht, wenn es ständig elektromagnetischer Strahlung ausgesetzt ist. Dies alleine sollte Anlaß genug sein, um den Truststand eine Handy-freie Zone von 10m Radius einzuführen. „Put your Handy down!“
(frank)

I got my power

Genau, dann war ich also in Dresden und Prag und… keine Angst ich mache nicht dort weiter wo ich das letzte mal aufgehört habe – ganz was anderes. Wenn man Auto fährt macht man sich ja so seine Gedanken – zum Glück fahr ich ja nicht so viel Auto. Wer da jetzt meint, die logische Schlußfolgerung wäre: „Der denkt auch nicht viel“ liegt falsch. Wie auch immer, ich dachte mir: „Komisch, eine Firma wie McDonalds macht diese seltsamen Aktionen, wie z.B. „Los Wochos“. Obwohl eigentlich doch jeder den Laden kennen müßte, der existiert seit ewig, hat immer die gleichen Farben und eigentlich immer das gleiche Essen.Und die sind ja schon durch ihre Existenz alleine permanent präsent und ihre ’normale‘ „Werbung“. So, das hat mich jetzt an unser Heft erinnert – nein, das Trust ist nicht so scheisse wie McD. dann schon eher so groß – aber laßt mich weiter machen. Ganz im Gegensatz zu der Fast-Food-Kette bietet das Trust auch schon seit langem (und 11 Jahre sind lang, glaubt mir das) Qualität – will sagen wenn man das Heft kennt, dann weiss man, was man bekommt. Man mag das dann entweder oder eben nicht. Das kann ja jeder selbst entscheiden – auf jeden Fall ist es einfach eine Konstante. Deshalb hat sich für das Heft auch nie wirklich die „Aktionstage“ Frage gestellt. So nach dem Motto, wir müssen jetzt – um mehr Leute zu erreichen – mal was machen, eine Cd beilegen, oder auf Farbe umsteigen oder was man sich sonst noch so ausdenken kann. Ich mein – das mexikanische Trust wär ja auch nicht das wahre – obwohl gewisse mexikanische Speisen – aber lassen wir das.

Ja, ich weiss, wir machen ja auch schon seit 5 Jahren dieses Konzert in Köln und seit letztem Jahr auch noch in anderen Städten. Das hat natürlich einen ähnlichen Effekt wie „Los Wochos“, aber – und nun kommt der Unterschied! Wir machen das nicht um neue Käufer zu finden, oder um alte wieder auf uns aufmerksam zu machen oder Laufkäufer zu finden. Wir machen das, weil wir da Bock drauf haben und eben nicht aus dem „marketing-grund“, das ist zwar ein nicht störender Nebeneffekt, aber eben nicht der Grund. Das hab ich dann auf besagter Autofahrt mit Fritz noch hin und herbesprochen und am Ende war ich dann ziemlich froh, dass wir keine „Los Wochos“ machen müssen. Wir machen zwar was, aber aus anderen Beweggründen, das hat zwar einen ähnlichen Effekt – ach verdammt, muß ich mich jetzt noch mehr wiederholen. Wer es bis jetzt nicht verstanden hat, versteht es auch nicht wenn ich noch 200 Zeilen mehr schreib. Aber weiter, das heißt also, dass es im Moment so aussieht, dass wir neben den 6 Heften jedes Jahr auch drei Konzerte machen. Nein! Wir haben zwei Mitarbeitertreffen und da wir gerne Konzerte besuchen, gibts da halt Konzerte und das in Köln ist ja eh einfach Spass. Ja und wenn wir das jetzt jedes Jahr machen wird das zur Routine – für uns und auch für euch. Na und dann geht es in die Konstantheit des Hefts mit ein und verliert den „Los Wochos“-Nebeneffekt?

Denkt mal weiter, genau das passiert jetzt schon mit Heften die das – durchaus lustige und lukrative – Cd-Beilege-Spiel mitmachen. Immerhin legen wir ja keine Konzerte bei sondern machen die und die Bands müssen auch nicht bezahlen um da mitzumachen, sondern bekommen natürlich Kohle. Äh, was wollt ich sagen…ach so, wir machen also 6 Hefte und 3 Konzerte pro Jahr das wird zur Gewöhnung und dann müssen (NEIN, müßten wir wenn wir McD wären) wir uns was neues überlegen. Aber das machen wir ja nicht, weil wir ja keine „Los Wochos“ machen wollen. Wenn wir dann zufällig auf was Lust haben, denkt also nicht gleich wir machen das aus den „marketing-gründen“. Soviel dazu. Jetzt aber schnell weiter. Das Konzert in Köln war klasse! Tolle Bands, wobei ich hier einfach mal sagen muß, dass ich den (für mich) bisher besten Auftritt von Dackelblut sah. 1000 Leute waren auch wieder da, es war heiss, viele Bekannte und Spass, wie wir ihn haben wollen. Mehr sag ich nicht, wird ja noch das eine oder andere Wort von den anderen Schreibern hier im Heft stehen.

Apropos die anderen Schreiber – es gibt beim Mrr (das Heft mit den meisten Kolumnisten) so eine Art ungeschriebenes Gesetz, dass die Kolumnisten über alles schreiben dürfen – nur nicht über die anderen Kolumnisten, bzw. deren Geschriebenes. So, ich fand das bisher eigentlich immer ganz sinning – aus verschiedenen Gründen. Beim Trust gab es dieses ungeschriebene Gesetz allerdings nicht mal als Ungeschriebenes, geschweige denn als Gesetz.. Neulich hat mich der gute Stone drauf aufmerksam gemacht, dass er gerne auf einige der Dinge, die da geschrieben wurden, reagieren würde. Nun, ansich ja eine gute Sache – vielleicht ja auch noch besser wenn es in der Öffentlichkeit passiert. Aber in welcher Form. In den Kolumnen selbst, oder eher in einer speziellen Rubrik „Was es zu den anderen Kolumnen noch anzumerken gäbe“ oder so. Da den Lesern ja wieder alles egal ist, habe ich hier mal nur laut nachgedacht – wir werden da für euch weiterdenken. Im Dezember ist übrigens wieder Mitarbeiter-Treffen, diesmal in Frankfurt, wenn ihr also ein gutes Konzert sehen, hören, erleben wollt – dann haltet die Augen offen – oder blättert einfach in den News nach. Erfriert mir über den Winter nicht. Prost.
(Dolf)

trapped?!………jobst

oasis ist die beste band der welt, das erstmal vorneweg und damit das klar ist. seit dem einundzwanzigstem august ist die neue oasis endlich da und was cooleres kann mensch sich gar nicht vorstellen. oasis rocken wie nix und sind sowieso saucool. ganz egal, was alle sagen; ganz egal, daß in england die teens und twens völlig durchdrehen; ganz egal, wie uncool es in punkkreisen ist, oasis gut zu finden. ich liebe sie. aber darum solls ja eigentlich gar nicht gehen. ist euch eigentlich schon mal aufgefallen, wie wenig leute wirklich länger als drei jahre sozusagen “in der szene” bleiben; für wie viele leute dies alles wirklich nur ein ausdruck ihrer “jugendlichen” rebellionsphase ist; wie schnell dinge, die angeblich mal so wichtig waren, völlig unwichtig werden; wie wenig leute über dreißig in dieser szene sind. ich halte mich ja eigentlich für noch nicht so extrem alt (kommt natürlich immer drauf an, in welchem umfeld ich mich befinde, aber so oder so sind 24 jahre…moment mal, oder bin ich schon 25? nee, ´73 geboren, also 24… und das ist ja noch kein besonders hohes alter), und trotzdem hab ich schon so viele leute in die “szene” kommen und gehen sehen. ich kann ja auch verstehen irgendwie an punk/hc zu frustrieren, aber, so dämlich das auch klingt, glaube ich dennoch, daß hier in dieser szene viel verändert werden kann, wenn jemand das will. und deshalb wär es für mich keine alternative einfach all dem den rücken zuzukehren. wenn mich was nervt, dann versuch ich es halt zu verändern…d.h. natürlich nicht, daß ich in jeder situation stark genug bin, das auch durchzuziehen, aber das ist gerade in punkkreisen auch stark mein eigenes problem. sicher, das liegt natürlich auch immer an bestehenden…hm, sag ich ruhig mal “strukturen”, auch auf die gefahr hin, daß sich das zu krass anhört, die es eher verhindern, daß sich dinge ändern.

gesamtgesellschaftlich sehe ich diese “strukturen” auch sehr stark, aber nicht soooo sehr in dieser “szene”. außerdem bringt es ja gar nix sich nur zu sagen, daß man/frau eh nix verändern kann, obwohl es mir vorkommt, daß das für manche immer eine gute entschuldigung ist nix zu machen, aber das ist ein anderes thema. verdammt, punk ist eben nicht nur “jugend”-subkultur, jedenfalls für mich nicht. ich habe verdammt großen respekt vor leuten, die lange (auf die eine oder andere weise) punks geblieben sind und interesse an der “szene” haben. ich bewunder das wirklich, wenn ich höre, daß bands seit 15 jahren existieren oder fanzines seit 10 jahren (um hier mal dem guten dolf ein wenig tribut zu zollen). da wird mir bewußt, das da wirklich etwas viel tiefer steckt als in so vielen jüngeren, die zwar viel und auch viel gutes zu sagen haben, aber nach 2 jahren wieder “normal” sind.

nerven tut mich tierisch, daß gerade die, die immer so hohe ansprüche an sich und insbesondere andere leute stellen und anderen immer so viel vorzuwerfen haben, komischerweise am schnellsten wieder “normal” werden. ich hab ja gar nix dagegen, sein eigenes leben für sich selbst so konsequent wie möglich zu gestalten, aber dann immer so großkotzig über andere (die halt in diesen belangen nicht so konsequent sind) herzuziehen, ist einfach widerlich. ganz extrem scheint das ja leider bei leuten zu sein, die sich straight edge oder vegan nennen. in meinem direkten umfeld kenn ich so viele, denen das soooo wichtig war und die so sehr “gepredigt” haben und die jetzt nix mehr mit all dem zu tun haben. bäh, das nervt so sehr. diese ganz idiotInnen, die so stolz mit “vegan power”, “straight edge revenge” oder wat weiß ich für t-shirts rumgelaufen sind. mir wird schlecht. alles nur teil jugendlichen aufbegehrens. und ich habs geglaubt. nicht, daß wir uns falsch verstehen, ich hab nix gegen vegane edgerInnen und ich finds auch zum kotzen, wenn andere über die herziehen, aber selbst sowohl vegan als auch straight edge zu sein gibt mir meiner meinung nach die berechtigung, kritik zu üben, hähä. ach, wo wir gerade beim thema sind: was ich noch zu straight edge loswerden will. meiner meinung nach, kann man ja von straight edge halten was man will, aber es ist das coolste, was es gibt. und edgerInnen sind halt doch die besseren menschen!!! (das mußte jetzt sein…denn jetzt regen sich wenigstens wieder ´n paar leute auf, haha, das ist so geil, wie schnell manche sowas aufregt….)

zurück zum “out of the scene”-thema. klar, kritk an inhaltslosigkeit finde ich ja auch immer berechtigt, aber zum beispiel, sich so viele jahre in “underground”-kreisen zu bewegen, hat für mich auch verdammt viel mit inhalt zu tun. verdammt, die QUEERS haben wirklich saublöde texte, aber 15 jahre zu existiern und sich dabei überhaupt kein bißchen auszuverkaufen beeindruckt mich sehr. dann können die von mir aus 1000mal “i love you” singen. dies alles beeinflußt halt auch meine einschätzung anderer leute. ätzend ist halt zu merken, daß ich teilweise jüngere engagierte nicht besonders ernst nehme und auch so ´ne arrogante art jüngeren gegenüber entwickele. mir ist halt schon klar, daß der großteil der leute, die sich jetzt für punk/hc engagieren, in kurzer zeit nicht mehr da sein wird. und deswegen fällt es mir so schwer gerade jüngere (noch) enthusiastische ernst zu nehmen, ihnen zu glauben, daß ihnen das hier wirklich etwas bedeutet. und immer wieder versuche ich den leuten zu glauben, wenn sie mir erzählen, wie wichtig ihnen das alles ist. scheiße, bei so vielen leuten stimmt es einfach nicht und es ist schwer, das zu erkennen. denn ich hab keinen bock leute nicht für voll zu nehmen, bloß weil sie noch nicht so lange in der “szene” sind wie ich (gerade wo ich selbst ja nicht mal sooo lange dabei bin).
reicht vielleicht erstmal. hab noch bock eine playlist zu machen:

1. oasis – be here now CD
2. buzzcocks – love bites LP
3. recharge – hamburg 42 LP
4. canalterror – zu spät LP
5. samiam – live
6. minor threat – live bootleg LP
7. soma/mehr wut – split 7”
8. manowar – alles, insb. “carry on”
9. beerzine
10. boston – “peace of mind” 7”
bis näxtes mal…habt spaß,
(Jobst )

DIARI DE BALEARES

Ein Mann strauchelt den Strand entlang. Eigentlich ist er ein ganz normaler Mann. Gerade hier sollte er nicht sonderlich auffallen. Er tut es trotzdem. Vielleicht, weil er darzustellen scheint, was alle anderen um ihn herum in der Summe ausmacht. Akkumuliert, pointiert, persifliert. Eine rote Schirmmütze auf einem roten Kopf, dessen Stirnseite eine grimmige Entschlossenheit ausdrückt, sich zu erholen. Aus den 27 tarifvertraglich vorgeschriebenen Urlaubstagen das letzte herauszuholen. Der Schnäuzer erzittert vor dieser Aufgabe. Aus der Schirmmütze fallen Schweißtropfen auf die Stirn. Etwas weiter unten, schräg vor den vornüberweisenden Schultern, hängt etwas traurig ein Bauch, der, könnte er denn, sich wünschen würde, er müßte jetzt nicht mit seinem Herrchen dessen Reproduktionszwang (und ein solcher ist durchaus vorhanden) ausbaden.

Scheinbar widerwillig hängt er über der roten Turnhose und gen Boden, den Gummizug mit Macht nach unten zwingend. Mit dieser Bürde befrachtet gelingt es den Füßen nicht anders als schlurfend über den heißen Sand zu schleifen in rote Sandalen gepfercht. Vorbei an der Frau, die die Pyrenäen im Maßstab 1:10.000 in den Schenkel modelliert trägt. Vorbei an dem welken Fleisch einer 45-jährigen, in zwei Wochen bereits angebräunten Schreibkraft aus Wanne-Eickel, deren Mann trostlos auf Frischeres stiert, was knapp behüllt am Wasser mit ihrem Holiday-Lover aus Warnemünde schaumstoffballt. Ein halbes Dutzend kurzbehoster Grunger stampft in Richtung Ballermann, mutmaßlich zumindest, und auf jeden Fall zum Bier, von einem massiv kinnladenen Gelhaar eingewiesen, so seltsam dümmlich wirkend, wie es eine sechsköpfige Ansammlung von Jugendkulturvertretern eben kann. Auch hier: Der bedingungslose Wille zur guten Zeit, der sich hier wie dort allerdings auf die paar Wöchelchen Urlaub im Jahr beschränkt und natürlich aufs Wochenende zu Haus, was gleichermaßen nur betrunken zu ertragen scheint (dieses nennt man Feiern), anstatt sich, zumindest gedanklich, um Möglichkeiten zu bemühen, wie man auch noch den beschissenen Alltag erträglich gestalten könnte.

Der Blick bleibt an zwei blondierten Bodybuildern hängen, weil einer von ihnen einen Eimer am Leib trägt, von dem ein Schlauch zum Mund führt, damit stete Flüssigkeitszufuhr gewährleistet ist. Maximale Optimierung des Erfrischungsprozesses. Verpfuschte Kopfformen, manche mit einem Schmuck aus verknoteten Strohhalmen versehen, säumen die Promenade, stiernackig, zellulitisch, Mäuler offen. Nordeuropäer, die zwar hier zufällig die Majorität darstellen, die Exemplare anderer Nationalspezies allerdings auch nicht sympathischer wirkend.
– Völlig klar, daß mein Anblick bei denen auch nicht gerade Zuneigung, Begeisterung oder gar spontane Euphorie erzeugt

– Es ist 18:45 MEZ in Arenal Keulen, Krampfadern, Wampen, schale Blicke und Geilheit. Währenddessen fließen aus den Politikseiten Blut, Tränen und Bürgersinn. Wir erinnern uns: Vor zwanzig Jahren organisierten sich in der Bundesrepublik Deutschland junge Menschen, die, und das konnte man ihnen glauben, fürs deutsche Vok nur das Beste im Sinn hatten. Daß sie dabei auch über Leichen hoher Funktionäre gingen, machte sie sogar ein bißchen sympathisch. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, scheuten sie auch nicht davor zurück, Menschen ihrer Freiheit (die ist ja bekanntlich ein unbezahlbar‘ Gut) zu berauben, und selbige bei Verweigerung bestimmter Leistungen des Staates, aus der Welt zu schaffen. Der Staat, ebenfalls sehr um sein Volk bemüht, beschloß, daß es nicht anginge, daß man sich erpressen liesse, was unter anderem zur Folge hatte, daß die Welt um einen Arbeitgeberpräsidenten ärmer wurde, dafür aber das Gewaltmonopol des zu erpressenden Staates an Durchschlagkraft gewonnen hatte. Zwanzig Jahre später nimmt die baskische Organisation ETA den 29-jährigen Lokalpolitiker Angel Blanco Garrido als Geisel und fordert die Zusammenlegung aller gefangenen ETA-Mitglieder binnen eines begrenzten Zeitraums. Solches nennt man ein Ultimatum. Der Adressat dieser Aktion läßt keinen Zweifel an seiner Reaktion. Erpresst wird nicht. Stattdessen wirft man die Propagandamaschine an. Die Regierung verteilt Flyer, auf denen steht: „Miguel, wir warten auf dich.“
Die Fernsehsender blenden eine blaue Schleife als Zeichen der Hoffnung anstelle ihrer Logos ein. Ministerpräsident Aznar demonstriert an der Spitze seines Volkes, auf daß die ETA den Mann freilasse. „Aber die Terroristen lassen sich von menschlichen Gesten nicht beeindrucken“, schreibt das Mallorca Magazin, die deutsche Zeitung auf den Balearen und verschweigt, wer in aller Welt eine unmenschliche Geste zustande bringen könnte. Das Ultimatum verstreicht. Die ETA erweist sich als zuverlässiger Verhandlungspartner und erlegt die Geisel mit einem Genickschuß. Was nun passiert, hat der spanische König völlig korrekt beschrieben: „Spanien bietet ein unvergleichliches Beispiel für Bürgersinn und Einheit.“ Eine Nation reckt wütend und betroffen die Fäuste. Der Innenminister ermahnt sein Volk, nicht gewalttätig zu werden: „Wir sind nicht wie sie“ beschreibt er die Sachlage juristisch durchaus treffend. Die Medien kündigen an, keine Kommuniqués von Herri Batsuna, dem politischen Flügel der ETA mehr zu veröffentlichen. Der Bischof von Mallorca, Teodoro Ubeda findet Worte, die das Mallorca Magazin nichts weniger als ergreifend findet.

„Was mich am meisten beeindruckt hat, war das grandiose Schweigen (!) der Menschenmengen während langer (!) Minuten.“ Ruhe und Ordnung sind schließlich nicht erst seit gestern erste Bürgerpflichten.

Und was außer dem Bürgersinn des spanischen Volkes sollte sonst Ursache dieses Verhaltens sein? Warum sonst sollten selbst auf den Balearen irgendwelche Leute auf die Straße gehen und gegen die ETA demonstrieren? Die Fotos zeigen die Freundin des Toten und dessen Schwester in Trauer, natürlich. Aber was Zehntausende von Demonstranten auf die Straße treibt, ist doch nur dann nachvollziehbar, wenn die sich mit dem angegriffenen Subjekt, das der Staat hier ist, in eins setzen. Die physische Gewalt allein kann es wohl kaum sein, der da so eindrucksvoll der Protest entgegengeschwiegen wird, da müßte man ja dauernd auf die Straße gehen. Da kennt man weder Katalanen, Mallorciner noch Galizier mehr, nur noch Spanier. Alle sind sie dabei, wenn es darum geht, die ETA moralisch zu verurteilen, weil sie es gewagt hat, das Gewaltmonopol des Staates anzu-, und sich an einem Büttel des selben zu vergreifen. Kein Wort über das, was die ETA will (ein freies Baskenland, was sich wirklich nicht besonders toll anhört), kein Wort über die Interessen, die der Staat Spanien so verfolgt (ein prima Land für Kapitalisten zu sein, wo die möglichst erfolgreich unter Einsatz der ansässigen Besitzlosen wirtschaften können sollen).

Mit solchen Hymnen auf den spanischen Nationalismus lassen sich sieben Seiten des Mallorca Magazins füllen. Mit den Bläck Föös immerhin eine, auf der angekündigt wird, daß die Band jetzt doch noch für ein Freikonzert auf die Insel kommt. Happy News For Happy People. Die Oder bricht währenddessen im Oderbruch, wo eine Tante von mir mal geboren und aufgewachsen ist, um später dann Geheimnisträgerin des falschen deutschen Staates zu werden, aber das ist definitiv eine andere Geschichte.

Nun noch kurz zu einer Band mit deren Gitarristen ich eigentlich ein Interview hatte machen wollen. DINOSAUR JR. Die kamen zwar, der Mann gedachte indes, nicht zu sprechen. Haben wir uns eben nur das Konzert angeschaut, und das war wieder mal besser als irgendwelches Gelaber. Laut war es vor allem. Erhaben laut. Da stand also dieser J Mascis vor drei Marshall-Türmen und erging sich in einem Lärm, der natürlich an Neil Young gemahnte, manchmal aber auch nicht sehr weit vom Fiepen und Heulen von Jimi Hendrix entfernt war. Undifferenziert, alles zudeckend mit Tönen und Geräuschen. Und dann, mitten in ‚I’m Alone‘, müssen ihm einige Leute, die vorn am Bühnenrand saßen, bedeutet haben, man könne den Gesang nicht richtig hören, da ging er, mitten im Song, nach vorn und erklärte diesen Leuten, daß sie sich vor die PA-Boxen stellen müßten, wenn sie mehr Gesang haben wollten, weil die Gitarre auf der Bühne schließlich sehr laut sei, und da sei es natürlich kein Wunder und so weiter, das sollten sie sich mal überlegen, erklärte er so in aller Seelenruhe und ging dann wieder hinter sein Mikro, um das Stück heimzubringen. Unglaublich, der Mann. Exquisite Songauswahl, nebenbei bemerkt, aber es gehörte wohl auch schon ein gerüttelt Maß an Tölpelhaftigkeit dazu, aus dem Repertoire dieser Band ein Konzertprogramm zusammenzuschustern, daß nicht mindestens gut ist. Großartiges Konzert, um es mal auf den Punkt zu bringen.

Und dann möchte ich noch, um bei den Themen zu bleiben, auf eine Band verweisen, die erstens aus Spanien kommt, woher ich mir eine Platte von ihnen mitbrachte, und zweitens nicht nur so ähnlich heißt wie Dinosaur jr., sondern auch so ähnlich klingt. ELIMINATOR JR. Ich weiß nicht, ob es die noch gibt, ich weiß vielmehr eigentlich gar nichts über die, außer, daß sie eben wie die alten Platten von Dinosaur jr. klingen, als zwei Herren namens Barlow und Murph noch da spielten, und das kann ja eigentlich gar nix schlechtes sein, findet, wie immer nicht völlig der eurige,
(Stone)

Fritz sagt: Hasso fass!

Also: Stell Dir vor, Du stehst am Morgen auf, holst die Zeitung rein und stellst fest, daß sie nicht von heute ist. Sondern von morgen. Was machst du? Den Börsenteil aufschlagen, Aktien kaufen und reich werden? Oder aufgeregt die Seiten durchblättern, auf denen kleine Kinder abgebildet sind, die unschuldig einen Unfall erlitten haben? Unglücke und Katastrophen, die in letzter Minute hätten verhindert wedern können? Tatsächlich ist das keiner von meinen blöden Einfällen, mit welchen ich Euch, geliebte Leser, regelmäßig zu traktieren pflege, sondern der Plot einer neuen TV-Serie. Allein gegen die Zukunft. Soso. Ich zieh mir sowas ja gerne rein, bin überzeugter Dauerseher von Akte X, halte Mulder und Scully für gute Menschen und hab sogar diesen Chance Harper in Strange Luck ganz gut ertragen. Mit anderen Worten: ich bin das geborene Opfer für Dutzende neuer Mystery-Serien auf zweitrangigen Privatsendern. Mein Problem bei der Sache ist: ich stelle das Denken nicht rechtzeitig ein. So gibt es meiner Ansicht nach selbst bei den X-Files, bei allem Respekt, richtig schlechte Folgen.

Dieser neue Angriff auf unsere Urteilsfähigkeit, von dem ich vorhin sprach, in dem der junge Held sich mit dem täglichen Vorauswissen herumschlagen muß, hält sich weniger mit den lustigen Seiten eines solchen Zeitloopings auf, sondern springt kopfüber in die Moraldiskussion. Ich mußte also mitansehen, wie der Sympathieträger sich zwischen dem Retten eines verunfallten (Amtsdeutsch) kleinen Mädchens und dem Verhindern eines 200 Opfer schweren Flugzeugabsturzes entscheiden mußte. Wollte er natürlich nicht, sondern alles gut machen. Jetzt fragen wir uns mal, wo das Problem liegt. Wir, also die schlauen Punks, haben schon längst begriffen, daß alles, was wir anfangen, sich im Rückblick als falsch herausstellen kann. Weil nämlich keiner von uns alles weiß und deswegen eine in bester Absicht gefällte Entscheidung letztendlich in völliger Scheiße enden kann. Und außerdem wissen wir, daß in der Vergangenheit, und ich meine gerade unseren Kulturstandort Deutschland, unerträglich viel Scheiße passiert ist, daß viele Leute viele Fehler begangen haben, die nie wieder vorkommen sollten. Trotzdem fehlt mir diese US-TV-Schuldfreudigkeit. Wenn mir das passiert, oder euch, und man sich zwischen Kind und Flugzeug entscheiden muß, wo liegt dann das Problem? Eins von beiden. Und am anderen ist man dann nicht mitschuld. Ich weiß, daß das alles recht hart formuliert ist, aber ich habe den Verdacht, daß eine solche Moraldiskussion in einer deutschen TV-Produktion nicht in der selben Weise stattfinden könnte. Warum dann in Amiland? Sind da etwa nicht eine Million Vietnamesen völlig beknackterweise zu Tode gebombt worden? Sehe ich das falsch, oder ist in Gods own country noch nicht allgemein bekannt, daß die Welt nicht nur aus Gut und Böse besteht? Leute, ich fahre mit dem Auto herum, ob zur Arbeit oder aus Spaß, aber ich fühle mich nicht schuldig. Ich bin nicht schuld am Ende der Regenwälder. Das Problem liegt auch hier woanders. Autos sollten weniger Sprit verbrauchen, wir sollten nicht so oft in den Urlaub fliegen und öfter E-Mailen als Postkarten schicken. Und wenn wir wollen, daß sich die Dinge in dieser Richtung entwickeln, müssen wir eben dafür eintreten. Aber nie schuld sein. Sich schuldig und schlecht fühlen ist eine Art, Verantwortung abzugeben. Und das machen echte Punks nicht, oder? Lieber zugeben, daß man zum Teil Mist macht. Aber nicht lügen und nicht jammern. Was haltet ihr davon? Bin ich gut oder böse? Oder beides? Oder keins von beiden?
(Fritz)

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