März 7th, 2019

MONGREL BITCH (#66, 1997)

Posted in interview by Thorsten

Für dieses Interview könnt ihr euch bei der Frau meines Vertrauens bedanken. Eigentlich sollte sich meine geschätzte Vitamalzplautze Anfang Juni nämlich in Australien bräunen. Da die Chefin aber einen stressigen Umzug nach Frankfurt dem Supadupaerlebnisurlaub unter australischer Sonne vorzog, konnte auch ich mal wieder meiner Lieblingstätigkeit Nr.1 nachgehen, dem Umziehen, alles 3 Stockwerke runter und wieder rauf, na Prima… Aber da der Terminkalendar nun wieder frei von Urlaubsplänen und anderen Interview Hindernissen war, konnten Mongrel Bitch aus New York doch tatsächlich noch zu dem ein oder anderen Thema befragt werden.

Wie gesagt kommen Mongrel Bitch aus Hartseinnewyork, und trashern in bester Garagen-Grrrl-Glam-Punk-Rock Manier drauf los. Das heißt, eigentlich kommen sie wohl vom Dogstar Sirius und sind in New York nur bruchgelandet. So zumindest will es uns der Promozettel weiß machen. Beteiligt an dieser Bruchlandung waren Lisa (Sängerin), Charlotte (Gitarrerin), Laura (Basserin) und Ivanna (Schlagzeugerin). Irgendwo zwischen dem Aufschlagsort ihres Ufo’s und dem CBGB’s ist Ivanna aber auf der Strecke geblieben und wurde durch einen männlich ausschauenden Androiden ersetzt. Ob ihm der Sprachchip fehlte, oder ob er für den anstehenden Gig seine Batterien aufladen mußte, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Fakt aber ist, daß das Interview vor der Hannoverschen Glocksee nur mit Lisa, Charlotte und Laura statt fand. Und das ging so…

Alles klar, it’s Introduction Time.

Li: Oh, ich mag deine Socken

Du magst meine Socken, was ist so toll daran? (Da der Interviewer früh merkt, daß Frau sich nicht vorstellen will, nimmt er schlauerweise Abstand von dieser Frage und läßt den Dingen seinen Lauf)

La: Sie sind Ska, Ska Socks, die haben Stil.
Li: Ja, wie Cheap Trick.

Wie, ihr steht auf so Sachen wie Cheap Trick und Kiss?Alle: Oh Yeahhh, yes!!
Lustig, ich habe Kiss letztes Wochenende in Hamburg gesehen. War ein Super Spaß.

Li: Ich habe Kiss am Neujahr gesehen. Hast Du Gene Simmons gesehen, wie der geflogen ist. War das nicht cool?
La: Schau, eines Tages wird Mongrel Bitch auch so eine Bühnen Show haben, Charlotte wird fliegen, ich spucke Feuer und Lisa…
Li: Ja, und ich werde dazu tierisch laut furzen.
La: Genau, Wunderkerzen und Feuerwerke werden aus unseren Ärschen schießen.
Ch: Yeah, die Mongrel Bitch Stage Show.

Wie? Warum warten, warum nicht jetzt damit anfangen. Bietet den Leuten etwas!

La: Nee, wir haben keine Kohle. Daher fangen wir klein an, aber das mit Lisas Fürzen klappt schon ganz gut.
Ch: Und wenn das Publikum dann dazu kotzt, ist das erstens ’ne gute Show und zweitens billig. Nee mal ehrlich was willst Du wissen.

Der Band Name Mongrel Bitch…

Ch: Mongrel bedeutet Mischling und in kombiniert mit Bitch ist das ein Slang Ausdruck für einen weiblichen Mischlingshund. Und wir hassen dumme Männer.
La: Nicht alle Männer, nur dumme Männer.

Definier‘ mal „Dumme Männer“?

Li: Hmm, zum Beispiel die Sorte Männer, die Frauen in Bars mit ’nem Bier in der Hand anmachen. So von wegen, hey sexy gimme your beer. Ich hasse das, und das passiert ständig.
La: Die meißten Polizisten zählen dazu.
Li: Ja genau, Bullen. Viele von denen schlagen ihre Frauen.
La: Politiker gehören ebenfalls dazu.
Ch: Im Wesentlichen sind das Männer, die meinen, du könntest als Frau nicht das machen was dir Spaß macht, zum Beispiel Schlagzeug spielen. Der einzige Grund für diese Meinung ist ihre eigene Unfähigkeit, weil sie selbst einfach zu blöd dazu sind. Die sind eben nur destruktiv durch ihre Blödheit.

Seht ihr euch als ein Teil dieser L7/Hole oder auch Bikini Kill Szene? Kommt ihr somit auch leichter an Gigs?

Li: Du meinst, ob wir in dieser Frauen Rock Szene stecken? Eigentlich nicht wirklich. Und Auftritte bekommen wir definitiv nicht leichter. Eben weil wir eine Frauen Band sind ist es oftmals schon sehr hart. Bei Konzerten müssen wir meißt den Opener für die Männer Bands machen. Wir werden auch sonst ganz anders behandelt als Männer Bands. Die Leute kommen zu unseren Shows und denken, ohh eine Girliee Band…
Ch: Es gibt sicher auch Momente in denen wir es vielleicht leichter haben als Frauen Band. Meißt ist es aber so, daß du als Musikerin einfach nicht respektiert wirst. Da kommt dann wieder diese Haltung „Du bist eine Frau, du kannst kein Schlagzeug spielen“ durch.

Gibt es in diesem Punkt irgendwelche Unterschiede zwischen dem europäischen und amerikanischen Publikum, oder nimmt sich das alles nicht viel?

Ch: Da ist in sofern ein Unterschied, in dem wir uns hier auf einer Tour befinden. Wenn wir in diesen ganzen Clubs spielen werden wir, außer im Knust in Hamburg…
La: Suucksss
Ch: …die haben uns abgezogen, unfair behandelt. Wir werden als Musikerinnen respektiert und bezahlt. In all diesen Clubs werden wir genau so behandelt wie alle anderen Touring-
Bands. Wir haben Verträge, die Leute behandeln uns gut, wie einen professionellen Act. Das ist hier eine ganz andere Situation als bei uns zu Hause. Da müssen wir für diesen Respekt sehr viel härter kämpfen.
La: Die ganzen Clubs, die uns noch von früher kennen, als wir gerade mit der Band angefangen hatten und wirklich schlecht waren, behandeln uns dem entsprechend. Die kommen dann so von wegen, ihr seid schlecht,  ihr verdient keinen Respekt oder gute Auftrittsmöglichkeiten, oder gar Geld. Da müssen wir dann schon etwas härter um diese Dinge kämpfen.

Was sind das für Läden in New York in denen ihr spielt? Brownie’s, CBGB’s, Wetlands?

Li: Oh, bei Brownie’s haben wir Hausverbot, cause I pissed off a lot of people that work there.
La: Aber sonst spielen wir eigentlich überall. Wir verstehen uns ganz gut mit einigen Promotern.
Li: Es gibt uns nun schon seit 4 Jahren. Langsam kennen uns die Leute. Wenn wir spielen wollen, sprechen wir mit Promotern und dann klappt das eigentlich auch immer. Meißtens spielen wir im CBGB’s. Aber im Grunde spielen wir gar nicht so gerne, oder besser gesagt häufig, in New York. Wenn du oft am selben Ort spielst, dauert es nicht lange bis du die Leute langweilst. Außerdem gibt es verdammt viele Bands in New York. Im CBGB’s spielen alleine schon 6-8 Bands pro Abend.

Und die haben immer noch Leute, die sich das angucken?

Ch: Ja, aber das ist der Grund weshalb sie jeden Abend so viele Bands haben. Die Leute kommen, saufen die ganze Nacht und gucken sich vielleicht auch die Bands an. Da kannst Du dann für eine halbe Stunde spielen. Wenn Du nicht von selbst aufhörst, ziehen sie dir den Stecker raus. Eine großartige Auswahl an anderen Clubs hast Du eigentlich auch gar nicht. In den USA gibt es keine staatliche Förderung von Kunst. In New York sind so gut wie alle Clubs Kommerzläden, ob du nun Brownies nimmst oder CBGB’s, egal. Wenn du Künstler oder Musiker bist, wirst du im Grunde wie Scheiße behandelt, es sei denn, du heißt Bon Jovi.

Wie seit ihr an euer deutsches Label gekommen? Finde ich seltsam, wenn eine recht unbekannte amerikanische Band ihr Debüt in Übersee veröffentlicht.

Ch: Sie waren ganz einfach die Ersten, die an unseren Sachen Interesse gezeigt haben.
La: Wir sind sehr verrückt und hartnäckig. Wir wollten nach Europa und einige Shows spielen. Also haben wir das gemacht, kein Manager, kein Label, gar nichts. Wir sind einfach rüber geflogen und haben einen Bus gemietet.

Ach komm, irgendwer muß euch die Shows gebucht haben.

Li: Bert, Bert von Manic Music war das. Heute ist er unser Manager.
La: Zu dem Zeitpunkt war er allerdings nur der Freund eines Freundes. Wir hatten Freunde in Holland und Österreich aber niemanden in Deutschland. Ja, und er hat dieses Loch gestopft. Er mochte das was wir tun und so hat alles seinen Lauf genommen.
Li: Wir haben die Aufnahmen für’s Album in New York gemacht und bezahlt und dann an Noiseworks zusammen mit dem Cover Artwork geschickt.
La: Im Nachhinein hat Noisework uns dann die ganzen Produktionskosten erstattet. Sie haben aber keine Rechte an uns. It’s a one off, you know.

Das Musikerinnenleben ist sicher ganz nett, aber wie sieht’s bei euch mit der Finanzierung dieses Spaßes aus?

Li: Ich bin Bar Tender.
Ch: Wir sind alle Bar Tender
La: Ich bin arbeitsloser Bar Tender.

Wollt ihr euer ganzes Leben so weiter machen wie jetzt, oder habt ihr eine bestimmte Karriere als Mongrel Bitch vor Augen? Irgendwelche Ziele, die ihr in den nächsten Jahren erreichen wollt?

La: Karriere, welch ein häßliches häßliches Wort
Li: Keine Ahnung
Ch: Ich denke, wir versuchen nur unser Leben zu leben, Spaß zu haben und vor allem die Kontrolle darüber nicht zu verlieren. Wir arbeiten lieber für uns selbst, machen diese Musik und haben Spaß dabei. So sieht es zumindest im Augenblick aus. Wohin auch immer uns das Ganze führen wird, wichtig ist, daß wir nicht die Kontrolle darüber verlieren und Spaß haben.

Ihr könnt mir nicht erzählen, daß ihr ein x-Millionen Dollar Angebot der Sony Music ausschlagen würdet. Das würdet ihr doch wohl annehmen, oder?

Ch: Wir würden es wahrscheinlich tun. Aber bevor überhaupt etwas passieren würde, hätten die uns längst wieder gedroppt, weil wir denen zu verrückt und fordernd wären. Wir würden uns nicht reinreden lassen.
Li: Jeder, der uns unter Vertrag nimmt muß sich darüber im Klaren sein, daß er mit uns fertig werden muß, nicht wir mit ihm. Eine Menge Leute, die ich kenne sind zu Major Labels gegangen und fast alle sind gedroppt worden, weil sie in den Augen des Labels nicht hart genug gearbeitet haben. Es macht Spaß in einer Band zu sein, oder auf Tour zu gehen und Platten zu veröffentlichen. Wir wollen das auch alles machen, aber nicht in dem wir unsere Identität aufgeben, die wollen wir behalten.
Ch: Wir haben schon sehr genaue Vorstellungen von dem was wir sind und was wir wollen.
La: Klar wäre es gut wenn jemand für die ganze Tour im Voraus bezahlt. Aber damit würde er sich in unsere künstlerische Freiheit einkaufen. Und Niemand sagt uns was wir zu tun haben. Wir wollen und werden uns nicht in irgendwelche Abhängigkeiten begeben.
Ch: Wir haben diese Band nicht gegründet, damit uns jemand reinreden kann, sondern um das zu tun was WIR wollen.

Bekommt ihr die Kosten bei einer Tour wie dieser eigentlich wieder herein, oder ist das ein Draufzahlgeschäft?

Li: Ja, gerade so, mehr aber auch nicht. Da bleibt nicht viel über.
La: Ich kann dir genau sagen was ein Bus, Benzin und Flug Tickets kosten. Und dann kommen so beschissene Läden wie das Knust in Hamburg, die dir weder zu Essen geben noch Geld um dir welches zu kaufen.
Ch: Gar nichts haben die uns gegeben, gar nichts. Nicht mal einen Platz zum schlafen. Die übelsten Läden in New York behandeln dich besser, und wenn es nur 40 Dollar sind, die sie dir geben. Im Knust haben sie uns dann erzählt, daß das in Hamburg so läuft.
La: The Knust is Scum!
Li: Scheiß Laden mit scheiß Lauten die Bands abziehen. Haben sich von der Kohle warscheinlich ’ne Linie Koks reingezogen. In New York wären wir hingegangen und hätten um unser Geld gekämpft. Aber das ist auch eine andere Situation. Zu hause kennen wir genügend Leute. Hier weißt du nicht was passiert, wenn du dich mit jemandem anlegst. Da können dann plötzlich 20 Leute um dich herumstehen und aus. Also haben wir unsere Sachen genommen und fuck you gesagt, Knust sucks!

Spielt ihr auf dieser Tour nur in Clubs oder auch in besetzten Häusern?

La: (genervt) ja, in besetzten Häusern haben wir auch gespielt. Aber dazu muß ich sagen, daß das nichts heißen muß. Das kann eine gut organisierte Show sein, wie in der Roten Fabrik in Zürich, wo sich die Leute um dich kümmern, wo alles prima klappt und überhaupt professionell gearbeitet wird. Auf der anderen Seite gibt es besetzte Häuser, wo alles total chaotisch abläuft. Du kommst an, der 14 jährige Mischer liegt besoffen in der Ecke, und wenn du nach etwas zu essen fragst gucken die dich nur groß an und fragen, wie, ihr wollt essen?
Li: Aber die Leute waren sehr nett in … Die waren halt alle nur völlig unorganisiert und besoffen. Trotzdem hat’s sehr viel Spaß gemacht.
Ch: Da haben wir auch diesen Cover Song aus den 60ern zum ersten Mal gespielt. Großer Amerikanischer Schlagerhit, und die Leute haben uns angesehen, als kämen wir vom Mars. Egal, wir mögen den Song.

Habt ihr auch Kiss Cover Stücke in Program?

Li: Noooooo
Ch: Wir covern die Stooges und die Ramones
Li: (fängt an zu Singen) you really like my limosine,… like the way the wheels roll, you like my seven inch never … and all the money honey that I make. but, do you love me… (grandioser Kiss a capella Vortrag!!)

Man erzählt sich, daß ihr ganz gerne mal einen trinkt. Alles nur Gerüchte?

Li: Oh ja, wir lieben Trinken, Jägermeister und Bier.
Und wer von euch trinkt die Anderen regelmäßig unter den Tisch?
Li: Ich, oh man ich trinke wirklich viel und kann eine Menge vertragen.

Der geneigte Leser bemerkt einen Schwenk fort von der Musik, hin zu anderen Freuden. Nach dem gegenseitigen anerkennenden Bestaunen der Bier oder auch Vitamalzbäuche, betrat Manager Bert die Szenerie und entführte meine Gesprächspartnerinnen ins Jägermeister Universum, aus dem sie aber gerade noch rechtzeitig zum Showbeginn wieder eintrafen. War wohl auch so eine Art Erlösung für sie, hatte die Band doch vorher schon einem anderen Fanziner eine gute Stunde Rede und Antwort gestanden. Auch an den anderen Tagen sind wohl schon etliche Interview Sachen gelaufen. Da stellt sich natürlich die Frage, ob einem das als Band nicht irgendwann tierisch auf den Sack geht. Gerade als ich in dieses Thema einsteigen wollte, kam aber wie gesagt Herr Bert und irgendwie war’s dann gelaufen. Keine Ahnung ob es von Bedeutung ist, aber dieses Interview bestand nicht aus schlauen, vorher ausgedachten und vorbereiteten Fragen. Ganz im Gegenteil, es war eine lockere Plauderei, in der sich die Dinge halt so entwickelt haben, wie ihr sie gelesen habt. Ich weiß auch gar nicht, ob es anders gelaufen wäre, wenn ich vorher die Zeit gehabt hätte, über schlaue Fragen zu sinieren. Wahrscheinlich nicht. Wenn jetzt also mal wieder jemand meint, über ein weiteres belangloses Interview mosern zu müssen, bitte nur zu. Habe ich überhaupt kein Problem damit. Dann geht nächstes mal selbst zu der Band und sprecht mit ihnen. Macht eh mehr Sinn, als das Zeug zu glauben welches Leute wie ich euch vorkauen. Und das Fazit? Dem Schlußsatz Lisas kann nicht widersprochen werden. Sie kann VIEL vertragen.

Interview: Torsten Meyer
Photos: DJ Pogo

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