Oktober 9th, 2019

ISIS (#141, 2010)

Posted in interview by Thorsten

Keine Aufklärung
Schwankend, nicht strahlend

Es ist ja nicht so, dass wir hier nicht auch mal intern debattierten, bevor ein Thema ins Heft kommt. Bei Isis zum Beispiel (Wolves In The Throne Room wären ein anderes). Die sind gewissermaßen Stammgäste im Trust. Allerdings: Es gab diesmal Einwände. Oder besser: den Hinweis, es gebe da unselige Verflechtungen, die nicht recht zum heftinternen Konsens passen wollten. Aaron Turner nämlich, Gitarrist und Sänger von Isis sowie Gründer des Labels Hydra Head Records, „spielt in einem Band-Projekt namens Twilight zusammen mit einem Herren von der NS-Black Metal Band Krieg, der sich Lord Imperial nennt und in einem Interview seinem Wunsch Ausdruck verleiht, Mitglied in der NSDAP zu sein, da er mit dieser in vielem übereinstimme“, so habe eine Recherche ergeben. Derartige Verflechtungen sind nun grundsätzlich auch nicht neu. Dass Neurosis gelegentlich nicht nur durch ihre Musik, sondern auch mit – wohlwollend formuliert – etwas einfältigen Äußerungen von sich reden machen, dürfte vielleicht bekannt sein.
Als ich auf die genannten Sachverhalte aufmerksam gemacht wurde, hatte ich das Interview allerdings schon hinter mir. Zudem stand mir als Gesprächspartner Bryant Clifford Meyer zur Verfügung, der auch nach den vorliegenden Informationen unverdächtig ist (auch wenn er natürlich mit einem Musiker in einer Band spielt, der mit einem Musiker in einer Band spielt, der…). Vor allem aber muss ich gestehen: Auch wenn ich gern für Ideologiekritik zu haben bin, habe ich meine Probleme mit derartigen Fahndungen, die derart über Bande spielen. Dazu kommt: So sehr es mir aufstößt, Gedankengut aus faschistischer oder anderer unappetitlicher Ecke in Musik vorzufinden, nehme ich doch lieber Abstand davon, meine Hörvorlieben vor allem nach diesem Kriterium zu sortieren.

Das jüngste Isis-Album „Wavering Radiant“, im vergangenen April erschienen, bietet da allerdings wenig Angriffsfläche. Bandkopf Aaron Turner, der sich ansonsten weigerte, das dem Werk zugrunde liegende Konzept zu kommentieren, wird mit den Worten zitiert, es handele von einem „path of exploration“, Bassist Jeff Caxide ließ durchblicken, Carl Jung habe einen wesentlichen Einfluss auf Konzept und Texte gehabt. Auch wenn es einst Gerüchte gab, Jung habe mit den Nationalsozialisten sympathisiert, und auch einige seiner Ideen nicht eben das sind, was ich so für richtig halte, ist das Konzept von „Wavering Radiant“ unterm Strich kaum greifbar. Und das ist Absicht, wie mich Brant Clifford Meyer informiert:

„In der Vergangenheit haben wir über die Konzepte geredet, und die Leute nahmen das irgendwann viel zu ernst. Diesmal haben wir unsere Vorstellung, wovon das Album handelt, und dem Hörer ist selbst überlassen, was er damit anfängt. Es ist jedenfalls ziemlich abstrakt und niemand kann wirklich falsch liegen, soviel ist sicher“, sagt er und lacht.

Der lyrischen Unzugänglichkeit steht eine wachsende musikalische Zugänglichkeit gegenüber. Dass sich die Band diesmal Joe Barresi als Produzenten ausgesucht hatte, der in der Vergangenheit Bad Religion, Tool, Queens Of The Stone Age, die Melvins und viele andere betreute, scheint eine gut Wahl gewesen zu sein, denn laut Meyer habe er es verstanden, die melodischeren Aspekte der Musik von Isis klanglich herauszumodellieren. Dass Isis mittlerweile von Fans zu Freunden von Tool wurden, mit denen sie auch auf Konzertreise waren, könnte daraufhin hindeuten, dass diese Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Was dann von den auch auf „Wavering Radiant“ noch immer vorhandenen schweren Riff-Gebirgen wird, bleibt abzuwarten. Bislang gefallen mir die Ergebnisse. Allerdings kann ich auch nicht verhehlen, dass ich diese Band zwar nach wie vor gern höre, mich jede weitere Beschäftigung damit, mit dem Konzept und vermeintlich oder tatsächlich problematischen politischen Gedankengängen allerdings kalt lässt.

Text: Stone

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