In der Social Media Falle – Wie wir unsere digitale Freiheit retten, Björn Staschen
Hirzel Verlag, Birkenwaldstraße 44, 70191 Stuttgart, www.hirzel.de
Hier wird in zehn Kapitel noch einmal zusammengefasst was mit dem Internet, beziehungsweise konkreter, mit den „Plattformen“ schief läuft. Da ist jetzt nicht viel wirklich neues – aber ein paar Fakten schon – dabei, aber in dieser Komplettheit wiedergegeben liest sich das schon nochmal alles ganz gut und macht natürlich Angst. Auch wenn Staschen noch daran glaubt das sich das Ruder herumreissen lässt, was bewundernswert, aber auch ziemlich naiv ist – gut, er hat Nachwuchs, also muss er eher optimistisch denken. Was ich überhaupt nicht verstehe ist eine Fußnote zu Peter Thiel wo es heißt: „Eine Ausnahme bildet Philosophiestudent Peter Thiel, der sich anschicken sollte, das Wertgerüst vieler Mitglieder dieser Techelite mit seiner eigenen Geisteshaltung zu prägen.“ Äh, er ist konservativer Trump Unterstützer, rechts libertär, Privatstadt Befürworter….???
Aber kommen wir zum Inhalt des Buches. In der Einführung zeichnet der Autor zwei Szenarien – das eine wäre deutlich besser für die Menschheit, als das andere. Und gleich im ersten Kapitel wird beschrieben was mit uns geschieht: „Sie machen uns krank. Sie machen uns abhängig. Sie sind Drogen für das Volk.“ Es geht natürlich um die Plattformen, die ja eigentlich erst seit sehr kurzer Zeit Teil unseres Lebens sind und dennoch sind die Menschen schlimmer abhängig davon als früher von Zigaretten, was auch kein Wunder ist, denn die Plattformen haben es auf unsere Gewohnheiten abgesehen. Gleichzeitig leugnen, vertuschen und ignorieren sie Fakten und machen Forschung an ihnen selbst nahezu unmöglich. „ Sie helfen den Unterdrückern. Sie behindern freie Meinungsäußerung. Sie verzerren demokratische Prozesse.“ Hier wird erklärt warum wer (auch) gutes tut, nicht automatisch gut ist. Denn die größte Suchmaschine der Welt ist eben auch eine Zensurmaschine und die sogenannte „Facebook-Revolution“ wird als Mär enttarnt. Twitter bzw. X sitzt natürlich auch mit im Boot und warum in erster Linie Hass verbreitet wird ist ja bekannt. Weiter geht es mit dem dritten Kapitel wo es unter anderem um die Personalisierung geht. „Geniale Gründer. Egomanen. Eine Klasse für sich.“ das war, für mich, fast das interessanteste Kapitel da hier nochmal aufgezeigt wird, das es sich bei den neuen digitalen Weltherrschern letztendlich um die neuen Mafioso handelt – die G-Mafia, die Paypal-Mafia oder anders gesagt um – oftmals – frauenfeindliche, weiße Geeks die eigentlich nur wollen das alle so denken wie sie und natürlich so viel Geld wie möglich scheffeln. Hier werden Namen genannt und Verbindungen aufgezeigt. Auch das praktisch alle die im Silicon Valley mega erfolgreich sind von den gleichen paar Universitäten kommen. Erschreckend. Ab dem fünften Kapitel merkt man das der Autor Journalist bei den öffentlich-rechtlichen ist, denn hier wird, zurecht, zugunsten der öffentlich-rechtlichen argumentiert. Das sie besondere Regeln einhalten müssen während das eben im Internet für die Plattformen nicht gilt. Was dies bedeutet wird dann im sechsten Kapitel klar: „ Publikum futsch. Werbung futsch. Unabhängigkeit futsch.“ Und nicht nur das, da sich praktisch alle an die Riesenplattformen hängen um nicht völlig unterzugehen, leidet auch noch der Journalismus inhaltlich, weil er sich an die Plattformgesetze halten muss um sichtbar zu bleiben. Ein großes Dilemma. Im folgendenn Kapitel wird dann erörtert das wir alle mit diesen egoistischen Giganten in einer toxischen Beziehung sind. Das nächste Kapitel beschäftigt sich damit was jeder einzelne, theoretisch, tun könnte und welche Alternativen da draußen sind – das ist gut zu wissen und wird nochmal vertieft. Es werden verschiedene alternative Plattformen vorgestellt, die viel dezentraler und transparenter sind und da hat der Autor völlig meine Zustimmung, man müsste die nutzen und stärken – wird aber sicher nicht klappen. Dann, zum Ende hin, gibt es noch 21 Ideen für mehr Meinungsvielfalt was zu tun ist und den nochmaligen Aufruf das alle ran müssen. Das ist richtig, gut gemeint, wird aber leider nichts bringen beziehungsweise wird es nicht geschehen und ich würde mir wirklich wünschen das ich hier falsch liege und es anders kommt. Aber, das werden wir noch in der Zukunft sehen und die Zeichen dafür sind in der Gegenwart schon sehr sichtbar. Trotz allem, gute Zusammenfassung der digitalen Plattformproblematik, spannend zu lesen und gut recherchiert. 221 Seiten, Gebunden, 24,00 Euro, (dolf)
Isbn 978-3777633893
[Trust # 224 Februar 2024]