Januar 27th, 2023

Ein Falsches Wort – Wie eine neue linke Ideologie aus Amerika unsere Meinungsfreiheit bedroht, René Pfister

Posted in bücher by Dolf

Deutsche Verlags Anstalt/Random House, Neumarkter Str. 28, 81637 München, www.penguinrandomhouse.de

Also so ganz neu ist die da beschriebene Ideologie nicht, sie benutzt heute zum Teil nur andere Namen, aber das nur am Rande und natürlich ist vieles daran neu. Ansonsten haben wir hier ein sehr gutes Buch welches klar analysiert was in der sogenannten „neuen progressiven Linken“ alles falsch läuft. Und das ist eine ganze Menge. Zuerst will ich mal das dritte Kapitel (Alles ist Diskurs: Die neue Sprache der Macht) kurz anschneiden, denn dort beschreibt Pfister die Geschichte dieser Ideologie und wie weit sie zurückreicht. Nämlich bis 1965, damals verfasste der während der Nazizeit in die USA migrierte deutsche Soziologe Herbert Marcuse ein Essay mit dem Titel „Repressive Toleranz“ – dieser 36-seitige Aufsatz wirkt bis heute nach.

Im folgenden wird in diesem Kapitel hervorragend beschrieben wie das Fundament weiter gelegt wurde, Foucault, Bell, Delgado, Cremshaw, Matsuda, Seidman, McIntosh, Moss, DiAngelo und Kendi haben, unter anderen, an einer abstrakten Theorie weitergearbeitet und diese ist jetzt auf die Menschen losgelassen. Anstatt die dort zu diskutieren und weiter zu denken, wo sie herkommt, nämlich aus den Elfenbeintürmen der Akademiker. Doch, dafür ist es jetzt zu spät, denn so was macht man nicht so einfach rückgängig. Pfister beschreibt an mehreren Beispielen wie integre, seriöse, etablierte Menschen von heute auf morgen in den USA ihre Arbeit verlieren, weil sie etwas „falsches“ geschrieben oder gesagt haben. Es liegt vor allem daran das ihre Arbeitgeber Angst haben vor dem (Internet) Mob mit dem man nicht mehr diskutieren kann, weil eine toxische Solidarität vertreten wird, gegen die man einfach nichts zu sagen haben hat. Das diese „Meinung“ nur von einer Minderheit und nicht der Mehrheit der Gesellschaft vertreten wird ist jetzt keine Überraschung. Aber weil diese Minderheit so laut und überzeugt von sich selbst ist, wirkt sie ganz anders, durch das Internet und erscheint groß und natürlich im Recht. In insgesamt dreizehn Kapiteln wird hier sehr umfänglich erklärt was das große Problem ist und was es in den USA bereits für Auswirkungen hat und das diese Phänomene jetzt auch hier in Europa, beziehungsweise in Deutschland, immer mehr Fuß fassen. Das ist natürlich sehr bedenklich, weil die Theorien inhaltlich zum Teil falsch sind. Und das ist das gefährliche, denn natürlich ist ja Antirassismus, Gleichberechtigung (von Geschlechtern und Gendern) und sensible Sprache gut. War gut, ist gut und soll gut bleiben. Aber eben nicht, wenn es zu einer politischen Religion verkommt wo die Hautfarbe oder das Geschlecht wichtiger ist als das Gewicht eines Argumentes. Und wenn ganz offen gefordert wird das ein Ende der Meinungsfreiheit benötigt wird, dann bekomme ich tatsächlich Gänsehaut. Hier wird sehr nüchtern und rational beschrieben was passiert (ist), sehr gut, gefällt mir. Was allerdings ein wenig fehlt, beziehungsweise Teil des Problems ist, das dieses Buch jene die dieser neuen „religiösen Politik“ bereits folgen mit dem Geschriebenen auch nicht mehr zu helfen sein wird, weil sie eben Fakten und Argumente ausblenden und nicht mehr in der Lage sind diese zu akzeptieren oder gar aufzunehmen um ihre Meinung zu ändern. Aber das ist wieder ein anderes Problem und irgendwie auch verständlich das es hier nicht behandelt wird. Was dafür behandelt wird ist das, natürlich, mit dieser neuen „linken Ideologie“ (Woke Capitalism) auch sehr viel Geld verdient wird („“…das Dorsey [Twitter-Mitbegründer] ein antirassistisches Forschungszentrum des schwarzen Historikers Ibram X. Kendi mit zehn Millionen Dollar fördert.“ „Inzwischen gibt es Hunderte Berater, die ihren Lebensunterhalt damit verdienen, Angestellten von Unternehmen dabei zu helfen, ein antirassistisches Bewusstsein zu entwickeln und Mikroagressionen zu vermeiden. Die Heldin dieser Milliardenbranche heißt Robin DiAngelo, die mit dem Buch ‚White Fragility‘ einen weltweiten Bestseller geschrieben hat. … Schon vor Jahren nahm sie laut der ‚New York Times‘ ein Redehonorar von 15.000 Dollar.) und Ausbeutung plötzlich politisch korrekt daherkommt. Auf der Rückseite vom Buch steht „..erklärt, was wir tun müssen, um die offene Gesellschaft zu verteidigen.“ Er meint wahrscheinlich mit guten Argumenten und Aufklärung dagegen angehen, dem ist natürlich zuzustimmen. Ob es helfen wird, ist eine andere Frage. So oder so, das Buch ist ein Volltreffer und wirklich empfehlenswert. Natürlich wird er auch Zustimmung aus dem rechten Lager erhalten, aber das darf kein Grund sein die Dinge nicht so zu beschreiben wie sie sind. Zwei, drei Kleinigkeiten stören mich, aber man darf ja auch nicht vergessen das der Autor der Leiter des Spiegel-Büros in Washington DC ist und kein Hardcore Punk. 😉 254 Seiten, gebunden, 22,00 Euro (dolf)

Isbn 978-3421048998
[Trust # 217 Dezember 2022]

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