Cold (#217/Dezember 2022/Januar 2023)
COLD
Hey, schön dass ihr euch Zeit genommen habt! Ihr habt letztes Jahr euer Debütalbum auf Kidnap Music veröffentlicht und – soweit ich das überblicke – durchweg zurecht sehr positive Reaktionen bekommen, auch hier. Jetzt mit mittlerweile etwas zeitlichem Abstand: Wie blickt ihr auf euer Debüt zurück? Gibt es vielleicht sogar Dinge, die euch beim eigenen hören auffallen, die ihr beim nächsten Mal doch anders machen würdet?
Hannah: Lieben Dank! Für mich persönlich ist das Album genau so wie es sein soll und ich würde nichts daran ändern wollen. Was nicht heißen soll, dass das nächste Album genauso klingen muss. Es wird sicher anders klingen, aber der Entstehungsprozess war schon sehr harmonisch und hat gut funktioniert.
Simon: Ich würde es beim nächsten Album wieder so oder so ähnlich aufnehmen wie beim Debüt. Mir gefällt nach wie vor die Lebendigkeit durch die Live-Aufnahme und auch den Sound finde ich nach wie vor sehr charmant. Ich denke das nächste Album wird dennoch anders klingen als das erste, da wir uns als Band ja weiterentwickelt haben und auch bestehende Songs live gespielt schon jetzt etwas anders klingen als auf Platte. Ich bin selber gespannt wie wir klingen werden!
Sebastian: Ich habe das Album jetzt schon einige Zeit nicht mehr gehört. Aber gerade am Anfang sehr häufig. Ich bin auf jeden Fall noch sehr zufrieden. Wir spielen ja auch bis heute das komplette Album live. Ich würde mir auch für die Zukunft eine ähnliche spontane Aufnahme wünschen.
Hinzu kamen zuletzt einige Supportshows für Bands wie Düsenjäger, Turbostaat – was ja leider ausgefallen ist –, The Baboon Show und Akne Kid Joe. Wie kamen da die Kontakte zustande? Ist es für euch eine bewusste Entscheidung, viele Supportshows zu spielen? Was macht dabei den Reiz aus?
Simon: Wir hatten dieses Jahr großes Glück von so vielen tollen Bands angefragt worden zu sein. Wir mussten nur in die Kalender schauen und dann zusagen. Bewusst dafür entschieden, viele Support-Shows zu spielen haben wir uns nicht. Wir haben eher dankbar alles angenommen, was uns angeboten wurde. Da waren wirklich tolle Konzerte in tollen Locations mit sehr vielen Leuten dabei. Diese Erfahrung hätten wir ohne die genannten Bands als Zugpferde nicht machen können, wofür wir sehr dankbar sind!
Hannah: Es ist natürlich ein schönes Gefühl und vor allem ein großes Kompliment wenn Bands auf einen zukommen und durch ihre Anfragen ja auch irgendwie ausdrücken dass sie den Kram den man so macht gut finden. Wir haben uns sehr geärgert, dass die Gigs mit Turbostaat und AKJ krankheitsbedingt ausfallen mussten. <3 Es ist sicherlich super schön eigene Touren zu spielen, aber ich sehe das wie Simon und bin super froh und dankbar, dass wir diese Chancen bekommen haben. Wir haben echt unvergessliche Erinnerungen sammeln können.
Sebastian: Die Menschen von Duesenjaeger kennen wir schon länger. Da gab es schon ganz früh die Idee mal ein paar Konzerte zusammen zu spielen. Mit Akne Kid Joe haben wir kurz vor der Corona-Pandemie auch schon einmal zusammengespielt. Der Kontakt zu der Baboon Show kam wahrscheinlich über unser gemeinsames Label zustande. In diesem Fall haben die großen Clubs schon einen besonderen Reiz ausgemacht. Vor allem, weil wir vorher erst 10 Konzerte spielen konnten.
Markus hat das Album selber gemixt und gemastert. Was sind für euch die Vorteile und Herausforderungen, wenn solche Prozesse bandintern bleiben?
Sebastian: Für mich liegt der Vorteil auf jeden Fall bei dem kurzen Kommunikationsweg. Wenn Markus einen Track fertig gemixt hatte, konnten wir als Band direkt reinhören. Der einzige Nachteil ist für mich gewesen, dass man mit der Zeit schon extrem betriebsblind geworden ist.
Simon: Ich würde sagen Fluch und Segen dabei ist die Zeit. Wir haben keinen Stress, keine Deadlines nach denen wir uns richten müssen und können uns somit viel Zeit lassen, so lange bis wir zufrieden sind. Das sorgt dann aber gleichzeitig dafür, dass der Prozess sich lange hinzieht, da wir keine besonders entscheidungsfreudige Band sind.
Euer Album habt ihr nicht nur komplett an einem Tag eingespielt, sondern auch live. Würdet ihr letzteres so auch nochmal tun wenn ihr mehr Studiozeit habt? Und würdet ihr das generell eher empfehlen? Gefühlt klingt vieles ja mittlerweile doch recht glattgebügelt und ich würde mal die These aufstellen, dass das v.a. an einem sehr „technischen“ Vorgehen im Studio liegt. Also fein säuberlich auf Klick alles nacheinander eingespielt wird.
Hannah: Auf jeden Fall. Wir haben uns ja bewusst für diese kurze Studiozeit entschieden. Zu dem Zeitpunkt der Aufnahmen waren wir schon sehr gut eingespielt und wussten genau was wir wollten. Uns war wichtig dass wir so klingen wie wir klingen, ohne großen Schnickschnack.
Sebastian: Ich würde auch das nächste Album gerne wieder live einspielen. Unabhängig von der Zeit die man im Studio hat. Diese Methode hat auf jeden Fall den Vorteil, dass man alle Punkte die du angesprochen hast umgehen kann. Viele Platten klingen heutzutage sehr steril und es wird mit unendlich vielen Gitarrenspuren gearbeitet. Aus diesem Grund gibt es auf dem Debüt auch kaum
Overdubs.
Wie kamt ihr auf die Idee, euer Album auch auf Tape herauszubringen und wie kam es in dem Zuge zur Zusammenarbeit mit Tape or die?
Hannah: Die Anfrage kam von Tape Or Die. Ich habe vorher bereits mit Matze
zusammengearbeitet. Er hat eine Split von Minenfeld und meinem Soloprojekt Noir über sein anderes Tapelabel Blacktapes rausgebracht, da kam der Kontakt zustande. Er ist echt ein superlieber Typ und wir haben dankend angenommen!
Sebastian: Tape or die hat uns angeschrieben, nachdem unsere Platte auf Vinyl erschienen ist. Die Idee das Album dann nochmal auf Tape zu veröffentlichen hat uns gefallen, da wir sowieso ein Tape Release geplant hatten.
Euren Stil beschreibt ihr als „Dark Pop Punk“. Findet ihr, gerade das Element des Pop ist oft zu Unrecht verschrien in der Punkszene?
Simon: Ich persönlich habe überhaupt nichts gegen Pop. Ganz im Gegenteil! Und wenn es so ist, das Pop in der Punkszene verschrien ist, dann tut es mir leid für alle, die sich vor Popmusik verschließen. Ihr verpasst was!
Sebastian: Wenn es um handgemachte Popmusik geht, habe ich mit dem Begriff überhaupt kein Problem. Punkmusik funktioniert ja auch häufig nach ganz klassischen Strukturen des Pop. Unsere Musik „Dark Pop Punk“ zu nennen, war aber eine bewusste Entscheidung. Einmal um die düstere Seite der Musik zu benennen und sicherlich auch um sich von dem abzugrenzen, was heutzutage
unter dem Begriff „Pop Punk“ zu finden ist.
Interview: Nils Dornhauser