Januar 28th, 2024

Bleibefreiheit – Eva von Redecker

Posted in bücher by Dolf

S.Fischer Verlag, Hedderichstr. 114, 60596 Frankfurt, www.fischerverlage.de

Hab ich den Gedanken schon mal vor Jahren in einer meiner Kolumnen verarbeitet oder ihn nur gedacht? Wie auch immer, ganz grundsätzlich kann man sagen das der klassische touristische Urlaub eingeführt wurde damit zum einen die Arbeitenden sich auch mal erholen können, damit sie dann weiterarbeiten, und natürlich um mit dem Tourismus Geld zu verdienen. Deshalb denken heute alle hier, das sie ständig verreisen müssten, je öfter und weiter weg, desto besser (dabei wäre es an der Zeit, Fernweh einzudämmen und durch Nahweh zu ersetzen). Dem entgegengesetzt ist dann eben die Bleibefreiheit – denn schließlich gibt es ja viele Reisende (die dann Flüchtende genannt werden – wobei hier die einen mit den anderen nicht verglichen oder gar gleichgesetzt sein sollen!) die sehr gern eine Bleibefreiheit genießen würden.

Andererseits, sind die Reisenden die das freiwillig machen eigentlich auch Flüchtende, oftmals flüchten sie nämlich vor dem grauen, langweiligen und vor allem Wiederkehrendem Alltag oder ihrem Leben – und hier knüpfe ich wieder an meinen vor langer Zeit gehabten Gedanken an. Warum richten sie die Menschen ihren täglichen Alltag nicht so ein, das sie sich wohlfühlen und erst gar nicht das Bedürfnis verspüren zu verreisen? Und um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, Reisen ist gut, es kommt halt drauf an ob die Reise einen Zweck hat oder Zweck ist. Aber konzentrieren wir uns auf das vorliegende Buch der Philosophin, die sich hier mit dem grundsätzlichen Freiheitsverständnis beschäftigt, das viele Menschen zu haben scheinen. Also was genau ist Freiheit? Ist es nur eine räumliche oder sollte man auf eine zeitliche umschwenken? Das die meisten Menschen hier Freiheit in erster Linie mit maßlosem Konsum verwechseln ist das eine, das andere ist das diese Freiheit die zukünftige Freiheit von Lebewesen die jetzt bereits leben oder dann leben werden, einschränkt. Hierum kreisen die Gedanken der Autorin, hin und wieder hat man auch den Eindruck sie verarbeitet menschliche Verluste aus ihrer Familie. Tod hat natürlich auch mit dem Ende der Bleibefreiheit zu tun. Eva von Redecker lässt ihren Gedanken freien Lauf und sinniert vor sich hin und her…. Das ist im günstigsten Fall ziemliche erhellend, aber oftmals auch viel zu viel an philosophischer Wortakrobatik ohne einen wirklich klar erkennbar roten Faden – wenn man mal vom Freiheitsbegriff absieht. Das geschriebene kommt oft auch in schöner Sprache und sehr kreativ daher, was sicher gut ist für Leute die so was gern lesen. Andererseits wäre es wahrscheinlich auch nüchterner gegangen, was aber ja nicht gewollt war, sonst wäre es das ja. Hier nutzt die Autorin ihre Freiheit so zu schreiben wie sie das gern will. Das ist doch gut. Mir ist es in Teilen zu verschachtelt und zu unstrukturiert, auch wenn das was sie meint in dem Wortedickicht eigentlich gut zu erkennen ist. Die Gesellschaft muss sich darüber klar werden das sie mit der bisherigen Definition des Freiheitsbegriffs nicht mehr sehr viel weiter kommen wird. Dieses Bewusstsein zu vermitteln ist vielleicht noch zu schaffen, ob aber das damit einhergehende Verhalten eintreffen wird – wenn überhaupt – ist zu bezweifeln. Deshalb bleibt hier ein Buch das ich eigentlich nicht schlecht fand, aber nicht wirklich empfehlen will, aber definitiv auch nicht abraten. Allein den Begriff in dieser Form in die Welt gesetzt zu haben ist schon großartig – danke! 159 Seiten, gebunden, 22,00 Euro (dolf)

Isbn 978-3103974997

[Trust # 223 Dezember 2023]

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