Juli 29th, 2023

Backlash – Die neue Gewalt gegen Frauen, Susanne Kaiser

Posted in bücher by Dolf

Klett-Cotta/Tropen Verlag, Rothebühlstraße 77, 70178 Stuttgart, www.klett-cotta.de

Gutes Buch zu einer sehr erschreckenden Tendenz, leider ist die nicht ganz neu, sondern kehrt nur wieder, aber wahrscheinlich wäre der Untertitel mit „Die wiederkehrende Gewalt gegen Frauen“ nur verwirrend. Aber das nur am Rande.
Im Kern geht es hier um das „feministische Paradox“, was bedeutet, je stärker die Frauen werden, desto größer wird der Hass auf sie. Und da ja die letzten Jahrzehnte in Sachen Gleichberechtigung einiges erreicht wurde, zum Glück, zieht das leider auch mehr Hass auf die Frauen nach sich. Warum das so ist, wie es dazu kommt und wie dies überwunden werden könnte, analysiert die Autorin privat, politisch und gesellschaftlich.

Sie beschreibt anhand von vielen Beispielen wie die unterschiedliche Gewalt gegen Frauen konkret aussieht. Das ist immer verstörend, egal ob es sich um physische oder psychische Gewalt handelt. Und klar ist, die Gleichberechtigung der Frauen (und nicht nur der) muss weitergehen und es muss gegen die Gewalt vorgegangen werden oder noch besser, sie muss aufhören. Hier steht viel richtiges, aber auch widersprüchliches und vor allem misst die Autorin mit verschiedenen Maßen. Wenn sie zum Beispiel zurecht anprangert das der Internetkonsum von Jugendlichen deren Verhalten und Einstellungen beeinflusst – was nur logisch ist, da er ja in der prägenden Phase stattfindet. Das wird auf der einen Seite kritisiert auf der anderen befürwortet. Oder wenn zurecht festgestellt wird das vieles nur soziale Konstrukte sind, dabei aber dann übersehen wird, das vermeintliche Veränderungen an diesen oder gar die Abschaffung oder Erweiterung auch nur genau das gleiche sind. Oder das unterstellt wird das Verhalten oder Gegenverhalten immer nach rationalen Denkmustern geschieht und das ausgeklammert wird das sich viele Menschen eben so verhalten, wie sie sich verhalten ohne groß darüber nach zu denken – und das viele, auch wenn sie darüber nachdenken, sich nicht anders verhalten können. Zurecht wird kritisiert das dieses toxische Verhalten oftmals den gesellschaftlichen Umständen zuzuschreiben ist, welche geändert gehören, aber nichts an der Vergangenheit lässt sich ändern. Oder die Gleichsetzung von Beziehungstat und Femizid. Und was hier völlig übersehen wird ist das Distinktionsbedürfnis von Männern und Frauen oder einfach von allen Menschen, das darf heutzutage bei diesen Debatten einfach nicht fehlen, weil es eben sehr wichtig ist – also eigentlich nicht – aber es ist eben einfach da und lässt sich nicht ausklammern. Das Internet wird natürlich nicht ausgeklammert und klar berichtet wie es den Frauenhass befeuert, das ist natürlich nicht nur bei den Frauen so, sondern bei vielem anderen auch. Was hier fehlt, ist die Kritik an Religion wo ja eigentlich immer Frauen unterdrückt werden – aber vielleicht hätte das auch zu weit geführt, beziehungsweise ist das ein eigenes Buch. Zusammenfassend muss man leider sagen, das Gleichberechtigung eben keine lineare Fortsetzungsgeschichte in die richtige Richtung ist, auch nicht bei Demokratie und anderen guten Ideen. Sondern das Pendel kann auch immer wieder zurück schwingen und leider sieht es so aus das wir jetzt in so einer Phase sind, wo vieles in die falsche Richtung geht. So oder so, gutes und erschreckendes Buch das einem mal wieder vor Augen führt, das man nie aufhören braucht mit dem Einsatz für die richtige Einstellung. Wenn man es historisch betrachtet ging es schon immer hin und her, bleibt zu hoffen das für die Zukunft eine Änderung eintritt – auch wenn ich ehrlich gesagt keine Lösung sehe, aber ich hoffe ich habe unrecht. 221 Seiten, gebunden, 22,00 Euro (dolf)

Isbn 978-3608501728

[Trust # 220 Juni 2023]

Both comments and pings are currently closed. RSS 2.0