Ancst (#222, 2023)
Ancst auf Skandinavien-Tour – Zwischen Tankstellenhotdogs und Vögeln in Windschutzscheiben
Interview und Auszüge aus dem Tourtagebuch der Skandinavien-Tour von Ancst 2023
Ancst ist eine der umtriebigsten Bands in ihrem Metier. Die Musiker haben inzwischen über 23 Veröffentlichungen. Angesichts der 12-jährigen Bandgeschichte heißt das im Schnitt jedes Jahr zwei Releases. Daran merkt man, dass extrem viel Energie in diese Band investiert wird. Sie haben einen wiedererkennbaren Sound erschaffen, eine musikalische Dampfwalze, die dich mit aggressiven Gitarren, Blastbeatsalven und wütenden Vocals überrollt. Dabei schaffen sie es, Atmosphäre und Melodie mit brachialer Härte zu verbinden. Während sich Ancst anfangs soundtechnisch im Black Metal bewegt, dann einige Ausflüge in den Ambient gemacht haben, würde man sie heute vielleicht eher im melodischen Death Metal verorten. Dabei ist Ancst v.a. eines: Eine Hardcoreband. Weil es nämlich nicht nur stilistisch ganz klar zu hören ist, dass die Ancstmitglieder im Hardcore sozialisiert sind, sondern weil es um mehr geht als nur um Musik. Sie positionieren sich ganz klar antifaschistisch. In ihren Texten setzen sie sich mit politischen Themen auseinander: Gesellschaftliche Missstände, soziale Ungerechtigkeit, psychische Erkrankungen. Und sie haben eine klare DIY-Attitüde. Ihre Releases nehmen sie weitestgehend selbst in die Hand, bzw. v.a. Tom, der Sänger der Band. Er ist es auch, der mit der Hilfe von Freunden die Auftritte plant und sich darum kümmert, dass alles organisiert ist, als sie im Mai 2023 aufbrechen, um durch Skandinavien zu touren.
Ich habe die Band zuletzt im Kirchweyher Trafo gesehen, wo ich mich während deren Sets fast mit einem Typen prügelte. Anschließend konnte ich meine Wut über misogynes Arschlochverhalten durch Faust recken und moshen loswerden. Dazu lieferten Ancst den perfekten Soundtrack. Ihre Live-Auftritte sind ebenso intensiv wie ihre Studioaufnahmen. Die Band stürmt die Bühne mit einer ungezügelten Energie. Die Ansagen des Sängers Tom machen die Shows zu einem Ventil für Frustration und eine gemeinschaftliche Erfahrung des Widerstands.
Ich kaufte mir an dem Abend die “Summits of Despondency” (deutsch: Gipfel der Verzweiflung) auf Vinyl und hörte sie am nächsten Tag rauf und runter. Als ich von ihrer Skandinavien-Tour erfuhr, beschloss ich, Tom um ein Interview zu bitten. Er stellt mir auch Auszüge aus seinem Tourtagebuch zur Verfügung. Aber lest selbst.
Tag 0
“In echter DIY-Manier recherchierten wir nach Spielorten, verschickten Hunderte von E-Mails und überzeugten Leute, Shows für uns zu veranstalten. Es hat eine Weile gebraucht und eine Menge schlafloser Nächte gekostet, aber wir haben es geschafft und im März 2023 hatten wir ein Routing und die Tour nahm Gestalt an.[…] Als die Tour näher rückte, stieg mein Stresslevel und ich wachte mehrmals mitten in der Nacht auf und schrie, ich müsse Oslo anrufen, weil der Van verunglückt war.”
Wie kam es zu eurer Skandinavientour?
Ich hatte da ehrlich gesagt schon immer Bock drauf. Ich habe viele tolle Kindheitserinnerungen an Schweden, Norwegen und Dänemark und ich bin seitdem auch großer Fan der Landschaft und der Leute da. Dazu kommt natürlich auch, dass die skandinavische Musiklandschaft mich in meiner musikalischen Sozialisation sehr geprägt hat. Ich habe früh mit Black und Death Metal angefangen und später dann den ganzen Scandi Crust / Käng und Grindcore für mich entdeckt. Ich hatte vor dieser Tour bereits mehrfach versucht, eine Tour für uns dort zu buchen, bin aber leider immer gescheitert. Mit der Hilfe von Filip von Hexis, mit dem ich Ghosttrail Booking zusammen mit Gabbo von Implore mache, hat es dann aber endlich geklappt, auch wenn es weiterhin nicht einfach war, die ganze Tour zu buchen.
Tag 8 – Tampere
“Wir fuhren eine Weile und trafen uns mit dem Typen, der uns an diesem Abend beherbergen würde. Er stand vor seinem Haus, als wir in seiner Einfahrt parkten, ganz barfuß im Regen und mit einem dicken Doobie im Mund. Er erzählte uns, dass ihm vor ein paar Stunden eingefallen sei, dass wir bei ihm übernachten. Als wir sein Haus betreten wollten, zeigte er auf eine kleine Kellertür und sagte uns, wir würden dort unten schlafen. Er sagte auch, dass wir in den Garten pinkeln könnten und dass wir, „wenn wir voll Höhlenmensch sein wollen“, auch in den Garten kacken könnten. Na ja, danke, schätze ich.”
Ist Touren für Euch eher Arbeit oder eher Vergnügen?
Das kommt ganz auf die Perspektive an. Also grundsätzlich kann niemand von uns von Musik leben. Wir arbeiten alle ganz normale Jobs und machen das quasi in unserem Urlaub. Tour ist natürlich auch Arbeit, nicht alles ist pures Vergnügen. Aber wir haben diese Tour in erster Linie gemacht, weil wir mal wieder Lust hatten auf neue Eindrücke und ein wenig Abenteuer. Wir touren jedes Jahr mindestens einmal und die vergangenen Touren gingen immer wieder in uns bekannte Gefilde. In Skandinavien waren wir noch nie zuvor.
Wie lässt sich Touren mit dem Arbeitsleben bzw. Alltag für Euch vereinbaren?
Das ist auch sehr unterschiedlich. Ich kümmere mich um Musik, Artworks und unser Booking, arbeite aber auch nur 20 Stunden als Sozialarbeiter nebenbei. Das heißt, ich habe grundsätzlich mehr Zeit und muss bei kleineren Touren nicht mal Urlaub nehmen. Der Rest ist an das normale Arbeitsleben gebunden und muss normal Urlaub nehmen. Eine oder maximal zwei Touren im Jahr kriegen wir hin, aber mehr schaffen wir auch leider nicht. Die meisten von uns haben ein oder zwei Tage Pause nach der Tour und müssen dann wieder zurück ins normale Leben. Wir spielen sogar manchmal in kleineren Line Ups, wenn es nicht anders geht. Manchmal spielen wir zu dritt, zu viert oder halt in voller Besetzung. Wir haben unser Live Setup technisch an unsere Bedürfnisse angepasst und sind dadurch flexibler geworden. Es ist auf jeden Fall nicht einfacher geworden, Konzerte zu spielen, jetzt, wo wir alle ein bisschen älter sind.
Tag 8 – Tampere
“Leider haben wir auf dieser Tour kaum Zeit für Besichtigungen. Der Zeitplan ist zu eng und wir sehen nur die vorbeiziehende Landschaft und die Clubs selbst. Irgendwie traurig, denn wir alle würden gerne mehr sehen, aber bei einer Tour, die 6000 km mit sich bringt, muss man sich die Mühe machen. Finnland sieht anders aus als Skandinavien und man kann hier und da einen eher osteuropäischen Architekturstil erkennen und dazwischen immer noch ein paar dieser roten Häuser. Wir dürfen auch schneller fahren, was Robert anscheinend glücklich macht.”
Was ist anders auf dieser Tour im Vergleich zu anderen Touren?
Bei anderen Touren waren die Strecken meistens kürzer. Es passiert natürlich, dass das Wunsch-Routing manchmal nicht so klappt, wie man es gern hätte und man ab und an mal eine längere Fahrt hat, aber hier oben ist alles so dünn besiedelt und die Länder an sich aber so groß, dass wir jeden Tag 6 bis 9 Stunden im Van sitzen. Dazu kommt, dass wir uns in Deutschland sowie in angrenzenden Ländern mittlerweile eine gute Base erspielt haben, die Shows sind fast immer gut bis sehr gut besucht. Auf dieser Tour ist das quasi wie als wir angefangen haben Musik zu spielen oder auf unseren ersten Touren. Es sind nicht mehr als 50 Leute auf den Shows. Was natürlich auch dem Fakt geschuldet ist, dass es hier weniger Menschen gibt und dadurch kleinere Szenen, aber natürlich auch weil wir das erste Mal in diesen Ländern sind und uns einfach niemand kennt, bis auf ein paar Hardliner.
Tag 5 – Östersund
“Wir spielten und die Stimmung ist komisch. Es sind ein paar Metalheads in der ersten Reihe, aber der Rest des Publikums hält Abstand. […] Meine Reden zwischen den Songs werden größtenteils mit absoluter Stille beantwortet, also fasse ich mich kurz. Nach der Show ändert sich mein Urteil über den Abend. Die Leute sind super freundlich und sagen uns, dass ihnen die Show gefallen hätte. Meine Stimmung bessert sich. Die Leute im Publikum erklären uns, dass die Menschen in Nordschweden ruhigere Leute sind und wir es nicht so ernst nehmen und nicht denken sollten, dass sie uns hassen. Dass werden wir in den nächsten Tagen noch häufiger erleben, aber wir gewöhnen uns während der gesamten Tour nie richtig daran.”
Inwiefern unterscheidet es sich, Konzerte in Skandinavien zu spielen, von euren bisherigen Konzerterfahrungen?
Die Menschen hier sind ein wenig introvertierter als wir es kennen. Das ist nicht schlimm. Wir haben bisher immer Leute gefunden, die Bock hatten abzuhängen und zu quatschen. Aber es ist am Anfang natürlich seltsam, weil man denkt, niemand hat Bock auf einen. Merch verkaufen hier ist relativ ätzend, weil wir Kartoffeln da ja ganz schön hinterherhinken, was das bargeldlose Bezahlen angeht. In Schweden zahlen alle nur mit Swish, das funktioniert über das Handy. Bargeld hat niemand dabei und Paypal, was wir auf dieser Tour auch als Bezahlmethode anbieten, nutzt dort auch niemand. Eine Tankstelle zu finden, die Cash nimmt, ist auch gar nicht so einfach. Ein weiteres Ding ist natürlich, dass Alkohol eher selten bis gar nicht auf Konzerten erlaubt ist. Das hat den Vorteil, dass man aber auch Menschen aller Altersklassen auf den Konzerten findet, was wir alle total cool finden. Wir sind jetzt auch noch nie eine harte Partyband gewesen, das hat uns also alles nicht gestört.
10 Tage am Stück Touren – geht das ohne Krisen?
11 Tage sind es sogar. Ja, das geht auch ohne Krisen. Jeder hat halt mal sein Tour-Tief und manchmal bitchen wir uns auch an, aber das ist ja nicht unser erstes Rodeo. Normalerweise sind unsere Touren auch länger. Also easy peasy.
Wie ist es als politische Band, die sich im Metalbereich verortet, in Skandinavien zu touren? Gibt es da andere Herausforderungen?
Ehrlich gesagt verorten wir uns eher im Hardcore-Bereich als im Metal. Wir stehen aber zwischen den Stühlen, was das angeht. Die Übergänge sind da manchmal fließend. Was mir aufgefallen ist, ist, dass das T-Shirt-Game hier keine große Rolle spielt. Du hast Leute in Crass-Shirts neben Leuten in einem Mgla Shirt und es scheint kein großes Ding zu sein. Ich habe die Szene hier schon als sehr politisch wahrgenommen, aber weniger elitär und auf Äußerlichkeiten versteift als bei uns. Ich hatte ein bisschen Schiss, dass die Leute unsere Politansagen vielleicht Scheisse finden, aber der Zuspruch war bisher immer sehr gut und die Leute haben sich darüber eher gefreut, auch viele Metalheads.
Kann Musik unpolitisch sein?
Das ist glaube ich eine Frage, die dir jeder anders beantworten wird. Grundsätzlich ist ja alles irgendwie politisch. Ob über Zombies, Drachen und Elfen und so Kram zu singen jetzt politisch ist, würde ich anzweifeln, auch wenn du sicher auch da mit genug Analyse einen politischen Kontext finden kannst. Ich hätte da früher eher mit einem Nein geantwortet, heute würde ich dir ein Ja geben.
Wie nehmt ihr die skandinavischen Musikszenen, in denen ihr Euch bislang bewegt habt, so in Bezug auf Diversität wahr?
Also grundsätzlich setzt sich unser Publikum schon zum Großteil aus männlich gelesenen Personen zusammen. Das hat sich in den Ländern, die wir auf dieser Tour bespielt haben, auch nicht großartig geändert. Der Anteil von weiblich gelesenen Menschen und FLINTAs ist bei uns über die Jahre größer geworden und hier gibt es auch auf dieser Tour keine großen Unterschiede zu Shows in Schland oder angrenzenden Ländern.
Wie hat sich das in deiner Wahrnehmung in den letzten Jahren entwickelt: Gerade Blackmetalstilelemente haben in jüngster Zeit vermehrt in den Hardcore Einzug gehalten, ist eine antifaschistische Positionierung im Gegenzug auch im Black Metal verbreiteter als noch vor sagen wir mal 10-15 Jahren?
Ja, ich denke, dass die Metalszene weltweit viel sensibler geworden ist, wenn es um Politik geht. Ich glaube, es ist den Leuten heutzutage viel wichtiger, sich deutlich zu positionieren bzw. abzugrenzen. Das liegt natürlich auch daran, dass viele Hardcore-Kids die Turnschuhe gegen Lederjacken und lange Haare eingetauscht haben und ihre Politsozialisation mit in die neue vogue Black Metal-Welle einfließen lassen.
Wo würdet ihr noch gerne touren? Gibt es da irgendwelche Wünsche?
Wir haben vor einigen Tagen darüber im Bus gesprochen. Unsere Meinungen gehen da auseinander. Es gibt Leute bei uns, die Bock auf USA haben, andere wollen Südamerika sehen, Japan, Australien und Neuseeland. Grundsätzlich würden wir, glaube ich, alles machen wollen. Wir haben bloß nicht die Zeit, die Kontakte und das Geld, um vieles davon beizeiten zu realisieren.
Geilster Ort bis jetzt auf Tour?
Wir sind noch nicht am Ende, aber die beste Show bisher war in Skövde, in Südschweden. Das war ein Last-Minute-Booking und wir sind da mit relativ niedrigen Erwartungen rangegangen, weil das eine sehr kleine Stadt ist. Wir wurden aber schnell eines besseren belehrt. Die Leute hatten unglaublich Bock auf uns und es gab richtig Action vor der Bühne. Hüpfen, Headbanging, richtig geiler Bier-Stiefel-Pogo und es ist das erste Mal seit Jahren, dass wir mal wieder nen Two-Step gesehen haben. Die Leute waren fantastisch dort. Sehr freundlich und sehr, sehr dankbar.
Oslo war auch super schön. Das Vaterland (benannt nach dem Stadtviertel) war ein Hammer-Venue. Unten Bar und Pizzeria und oben ein kleiner Konzertspot mit guter PA. Die Leute vor Ort waren super nett und zuvorkommend. Turku in Finnland war auch echt toll, leider mussten wir direkt nachdem wir gespielt haben fahren um unsere Fähre zu kriegen aber der Vibe und die Leute waren super nett und der DIY-Spirit war hier auf jeden Fall stark. Landschaftlich waren Norwegen und Nordschweden absoluter Eye-Candy. Auf einer unserer längsten Fahrten ging es 9,5 Stunden durch die Wildnis, vorbei an Bergen, reißenden Flüssen, vereisten Seen und Wald, solange das Auge reicht.
Tag 5 – Östersund
“Auf der Fahrt ist eigentlich nichts passiert. Wir blicken einfach in die Wildnis, während es durch die skandinavischen Wälder geht. Ich will mich nicht beschweren, denn genau deshalb wollte ich die Reise machen. Wir fahren an riesigen Seen vorbei und überall liegen riesige moosbedeckte Steine. Je weiter wir komen, desto wilder wird es. Plötzlich sind Schneeflecken neben den Straßen und im Wald zu sehen. Die Seen sind immer noch mit Eis bedeckt. Ehrlich gesagt will ich nie wieder nach Deutschland zurück. Absolut magisch.”
Mit welchen Bands habt ihr auf dieser Tour gespielt?
Das ist eine ganze Menge. In Kiel haben wir mit Morbific und Galvanizer aus Finnland gespielt. Einmal OSDM und einmal Death Grind der alten Schule. Beides auf jeden Fall ordentlich Fön. War echt gut. In Kopenhagen haben Afdöd mit uns gespielt. Sehr junge Kids, die richtig geilen Death Metal spielen. Das war ne richtig gute Show. Die hatten ihre komplette Crew dabei und die haben vor der Bühne, komplett high von Energy-Drinks, einen ziemlichen Abriss veranstaltet. In Oslo waren Uuar Support. Ich würde das unter Blackened Crust verbuchen. Große Gesten von der Bühne und ein arsch-tightes Set.
Myteri haben mit uns in Skövde gespielt und die waren sau gut, wie immer. Schöner emotionaler Scandi-Crust. In Umea waren Left Hand of Darkness und Misantropic am Start. Beides auch richtig guter Crust / D-Beat mit angepissten Sängerinnen. In Tampere haben wir mit einer Menge guter Bands gespielt – Sunniva spielten richtig guten Doom/Sludge, Domerunner haben ein wirklich sau gutes Industrial Metal Set gespielt – hier gab es fiesen Godflesh-Worship und Bloated mit Leuten von Rotten Sound haben komplett wahnwitzigen Überschall-Grindcore gespielt. Auch hier, krasse Sets. In Malmö waren Bastard Grave mit am Start. Die hatten leider, wie wir auch, nicht den besten Sound, aber waren trotzdem richtig gut. Langsamer Höhlenmenschen-Death Metal war das. Echt cool.
Wie sieht es dort mit Venues aus, gibt es dort autonome Zentren oder spielt ihr eher in Kneipen/Bars?
Das ist von Land zu Land unterschiedlich. In Schweden waren es Kulturhäuser, die sind aber nicht mit unseren AJZ’s vergleichbar. Sehr cleane Community-Zentren, wo alles Mögliche veranstaltet wird und wo man auch den städtischen Griff spürt. Hier und da gibt es die üblichen DIY-Venues, die von Kollektiven betrieben werden, die in der internen Organisation schon den AJZ’s und JUZI’s hierzulande ähneln. Ein paar Bars waren auch dabei, teilweise sind die Übergänge da aber auch fließend.
Welche Bands hört ihr im Tourbus?
Oh, schwer zu beantworten. Es läuft eine wilde Mischung aus Death Metal, Hip Hop, Classic Heavy Metal, Meme Stuff und skandinavischer Pop Musik. Bei vielen läuft Rektor aus Norwegen grad auf den Kopfhörern. Mid West Emo aber mit norwegischen Texten. Wir haben Kvinne, deren Nebenprojekt das ist, in Oslo kennen gelernt und pumpen das seitdem. Kann ich sehr empfehlen. Ansonsten hier in keiner bestimmten Reihenfolge noch eine paar Namen: Loather, No Cure, Sayyadina, Amalie Holt Kleive, Kalandra, Zola Jesus, Mansur, Gold Panda, Pixies, Housemartins, Raised Fist, Carter Family, Judas Priest, Suffocation, Hatebreed.
Tag 2 – Kopenhagen
“[…]Wir sammelten unsere Sachen ein, trafen die anderen draußen und machten uns auf den Weg zum nächsten Supermarkt, um etwas zum Frühstücken und Alkohol zu kaufen, weil letzteres in Skandinavien sehr teuer ist. Stefan und ich frühstückten für Champions am örtlichen Imbiss-Stand und krönten das Ganze mit etwas “Wake and Bake” und los ging es. Dänemark, wir kommen.”
Und wie sieht es mit der Tourverpflegung aus?
Wir setzen uns ja aus Veganern, Vegetariern und Alles-Essern zusammen. Das heißt, die Veganer dürfen entscheiden, wo wir halten. Da wir aber nicht viel Zeit auf dieser Tour haben und wir eigentlich immer im Stress sind, halten wir oft einfach am Supermarkt. Ein wenig Schoki, Kekse, Chips und mal nen Apfel und ansonsten viel Fast Food. Burger King und McDonald’s ist halt geil für alle, weil, geht in vegan und du kannst mal auf nen richtiges Klo. Ansonsten versuchen wir aber auch ein wenig die lokalen Fastfood-Ketten abzuchecken. Gesund leben wir auf jeden Fall nicht. Hauptsache schnell. Alkohol haben wir uns noch in Deutschland besorgt, weil das hier nicht zu bezahlen ist, aber unser Konsum hält sich sehr in Grenzen. Es ist uns wichtiger, eine gute Show zu spielen als uns jeden Abend hart einen reinzustellen.
Heißt das, ihr werdet quasi nicht bekocht in den Venues?
50/50 – Manchmal gibt es abends etwas Warmes zum Essen, aber nicht immer. Dann essen wir meistens erst nachts nach der Show, weil mit vollem Bauch spielt es sich scheisse. Um Frühstück und Mittag kümmern wir uns selber. Frühstück gab es von Veranstalter-Seite aus sehr selten.
Was macht Euch glücklich auf Tour?
Schlaf, Tankstellen-Hot Dogs, gratis Weed, Fanta Exotic, keine Black Metal-Bands als Support, keine Treppen, Steine, Koffein, vegane Wurst aus der Tube und angenehme Menschen. Ein wenig Sonne darf es auch ab und an sein.
Tag 6 – Umeå
“Wir plünderten den örtlichen Supermarkt für unsere Vorräte. Hobo-Frühstück im Van. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits süchtig nach Fanta Exotic und kaufte mir an jeder Tankstelle, an der wir vorbeikamen, einen Hot Dog, denn warum verdammt noch mal nicht? Touren macht Spaß, ist aber nicht gesund.”
Was nervt?
Lange Fahrten, Arschprobleme, Vögel in der Windschutzscheibe, Black Metal-Bands als Support, skandinavisches Spielgeld und Swish.
Vogel in der Windschutzscheibe… Ist Euch das passiert? Klingt unangenehm….
Auf dem Weg nach Finnland hat sich ein Vogel dazu entschieden Selbstmordattentäter zu werden. War wahrscheinlich sehr unangenehm für den armen Vogel. Für unseren Geldbeutel wird das allerdings auch unangenehm. 500 Euro, weil die Scheibe ist hin. Glücklicherweise können wir aber damit weiterfahren. Ein Hoch auf 3-lagiges Sicherheitsglas.
Welche Bands würdet ihr mir und den Trust-Lesenden ans Herz legen wollen?
Rektor, Housemartins, Boards of Canada, Robot Koch, Arms & Sleepers, Mansur, Norkh, Left Hand of Darkness, Misantropic.
Wie sähe das Line-Up eures absoluten Wunschfestivals aus?
Frankie Stubbs, Portishead, Undying, Slayer, Lustmord.
Interview: Claude Müller
Kontakt: ancstcollective.com
Fotos: Ancst