Dezember 31st, 2024

Barry D’Alive Ward RKL Teil I (#222/Oktober/November 2023)

Posted in interview by Jan

Aus der Reihe „Nerd at Work“ – we proudly present:

Jan: Should we make a test or just start with the video-interview?
Barry: Up to you Jan, you are the man!
Jan: I am the Jan?! Ok Barry, can you share a few stories about the forming of RKL in Montecito in 1982, like…

The Story of RICH KIDS ON LSD: Interview mit Barry D´Alive Ward (TeiI I)
Wir alle haben unsere ganz persönliche Hit-Band, die wir einfach lieben. Musik, Plattencover, das Personal und die Storys drumherum. RKL aka Rich Kids on LSD ist eine dieser Bands für mich. Die Erfinder des südkalifornischen Skate-HC in den 80er Jahren. Demnächst soll eine zweite Video-Dokumentation über RKL aus Santa Barbara (circa 100 Meilen im Nord-Westen von Los Angeles) erscheinen (Sänger Jason Sears kam ursprünglich aus dem benachbarten Montecito und war vor RKL bei den „Montecito Rats“). Ein Freund der Band in ihrer Heimatstadt will nochmal ran. 1997 erschien die erste VHS-Dokumentation auf Epitaph Records und 2002 nochmal als „Directors Cut“-DVD auf Malt Soda Records. Verantwortlich für beide Werke zeichnete RKL-Gitarrist Barry, er kommt aus San Francisco. Es geht geografisch bei RKL bunt gemischt zu: die Band lebte immer in zwei Städten, Santa Barbara (die „kalifornische Riviera“, es ist schlimm, wie schön es da ist, links Pazifik, rechts Berge, dazwischen eben der legendäre Pacific Coast Highway 1, der dort tatsächlich atemberaubend ist) und eben San Francisco. Und just jenem Barry begegnete ich vor Monaten durch Zufall in meiner Stammkneipe in Frankfurt am Main.

„Still flailing after all these beers“ (Titel der ersten Doku)
Barry hielt sich in Frankfurt auf, weil er einflog, um mit Scheisse Minnelli einige Gigs zu spielen. Die Tour sollte in der Au in Frankfurt starten. Barry wohnte bei Dudel, dem Scheisse Minnelli-Trommler in Frankfurt, dieser wiederum befindet sich zehn Minuten fußläufig von meiner Casa weg. Und ziemlich dazwischen liegt die Rock-Kneipe Zappbar im Frankfurter Nordend. Barry als Zappa-Fan musste rein, da saß ich schon und es dauerte etwas, bis wir uns wieder erkannten, was dann zu sehr großer Freude führte. Ich interviewte Barry 2007 für das RKL-Memorial-Special im Trust und einige Jahre später nochmal wegen seiner damaligen Band in San Francisco, The Crosstops (beide Male per E-Mail). 1 (siehe Fussnoten am Ende des Interviews).

Auf der Crosstops-BRD-Tour 2012 lernte ich Barry live in Berlin und Frankfurt kennen, vor einigen Jahren war er wieder in der BRD, um bei Scheisse Minnelli zu zocken, da sagte man sich auch beim Gig in der Frankfurter Au „Hallo“, aber es war Alkohol im Spiel und viel wusste ich nicht mehr von den Treffen, aber eins weiß ich ganz genau: RKL haben nie aufgehört, mich zu faszinieren und Barry ist echt ne Legende für mich. Heute spielt er auch u.a. bei MDC, wohnt nicht mehr in San Francisco, sondern mit seinem Sohn in Portland.

„RocknRoll Nightmare: The Story of RKL“ (Titel der geplanten zweiten Doku)
Barry schlug nach unserem Wiedersehen in der Zappbar später vor, ob ich ihn nicht als RKL-Fan interviewen möchte für die geplante zweite Doku, weil immer, wenn wir uns sehen, fragte ich ihn ja doch viel über RKL. Er wäre bald wieder in Frankfurt einige Monate später, um bei Scheisse Minnelli deren zwei Wochen-BRD Tour mit den Rykers zu spielen. Ich zierte mich erst etwas, weil vor Kamera auf Englisch sprechen ist nicht gerade meine Stärke. Schlussendlich überzeugte mich aber sein süßer Spruch „You are part of the RKL-family, get un-camera-shy“. Er schlug als Drehlocation wieder die „Zappbar“ vor, die gefiel ihm, er würde nach der Scheisse Minnelli-BRD-Tour ein bisschen nach Portugal fliegen und wäre dann zurück in Frankfurt. Und dann machten wir das Interview in der Zappbar.

„Find a way“
Zuerst wurde dazu ein Pfeifchen geschmaucht, ein bisschen Whiskey und Bier getrunken und es ging im Anschluss eine knappe Stunde über die Geschichte und das Vermächtnis von RKL aus Barry´s Perspektive. Nach kurzer Pause gab es noch ne circa halbstündige Signing-Session von ihm hinsichtlich all meinen RKL-Platten, CDs, Tapes und DVDs, d.h. von denen, auf denen Barry mitspielte. Er kam Mitte der 80er in die Band, die ursprünglich 1982 begann, ich zeigte ihm noch mein „Keep Laughing“- bzw. das RKL-Mystic-Records-Sampler-Vinyl, er war da aber eben noch nicht bei der Band, aber selbst wenn, er würde nie Mystic-Platten signieren. Und derweil Barry alles gut gelaunt unterschrieb, stellte ich noch weitere Fragen zu den Plattencovern. 2 Beide Interviews wurden gefilmt, später schnitt Barry das erste Interview kürzer zusammen in neun Teile. Was wie genau bzw. ob überhaupt etwas in der Dokumentation kommt ist nicht klar, Barry meinte nach dem Interview, dass es das beste Interview wäre, was er jemals machte und er wurde wirklich, vor allen in den 80er Jahren, mehrmals wegen RKL interviewt. Und er war dann später wieder in Frankfurt in der Au mit MDC auf Tour, ich fragte ihn, weil ich die zwei Interviews als Audio-Backup auch aufnahm, ob ich diese auf Deutsch im Trust verwenden könnte, kommt ja eh nicht alles in die DVD bzw. auch wenn, es ist im Trust ja auch Deutsch. War kein Thema. Ich persönlich hab durch diese beiden Interviews sehr viel neues bezüglich RKL erfahren, er hat sich auch große Mühe gegeben, authentisch die Story von RKL zu erzählen.

„We are back, we are pissed“
Und die Geschichte von RKL ist halt super tragisch: die Typen waren die technisch besten Musiker im HC-Punk, sie hätten als Erfinder des südkalifornischen Skate-Punks (zusammen mit Aggression und Ill Repute aus dem 40 Meilen von Santa Barbara entferntem Oxnard 3) Punk-“Superstars“ (ähnlich wie NOFX) in den 90ern werden müssen, RKL waren schon Ende der 80er auf dem Sprung dazu, aber kurz vorher ging dann alles schief. Sänger Jason Sears war Heroin-Junkie, es gab Zerwürfnisse von ihm mit Trommler Bomber, 1990 lösten sich RKL zum ersten Mal auf. Es kam 1993 eine komische RKL-Platte namens „Reactivate“ raus, bei der Bomber sang, dann die echte Comeback-Platte „Riches to Rags“ mit Jason 1994, man war nun auf Epitaph Records, tourte wieder, kam nach Europa und das hätte es jetzt ja werden müssen, doch dann wurde es wieder still um RKL. Ende der 90er fragte die Stadt Santa Barbara, ob RKL zur Eröffnung eines Skate-Parks spielen würden, das Konzert machte allen großen Spaß und so spielte man wieder mit Jason live, hauptsächlich an der Westküste, aber auch mal in Las Vegas. 4 2004 sah ich RKL in Santa Barbara live. Es gab auch schon tolles neues Material… 2005 und 2006 starben drei RKL-Mitglieder innerhalb von zehn Monaten und die Band gab es nun wirklich nicht mehr. Als 2014 ihr guter Freund „Ded“ Ted Townsend auch starb, kam es zu einem RKL-Tribute-Gig der noch lebenden RKL-People in Santa Barbara. Diese Version spielte später auf einem Festival in Spanien und wieder in Kalifornien, Barry und ich reden im Interview auch darüber. Nichtsdestotrotz kann ich RKL nie vergessen. 5 Vielleicht ist bei Erscheinen dieser zeitlosen Interviews die Doku schon raus, dann genießt die originalen Interviews (sofern sie drin sind) und falls die Dokumentation noch nicht erschienen ist, dann freut euch drauf und versteht dieses Interview als Appetizer! Big Thx an alten Homie Ö., er kannte RKL schon vor mir damals Anfang der 90er, war mit mir in Santa Barbara 2004, prägte diesen coolen Spruch „RKL: Like Jimi Hendrix Covers Slayer“ in dem Trust-RKL-Memorial-Special, digitalisierte und stellte Anfang 2022 mein Jason Sears-Interview auf Youtube und korrigierte dieses Interview, nichtsdestotrotz gehen alle Mystakes auf meine Kappe.

Barry, schön, dass du in Frankfurt bist, willkommen in der Zappar. Könntest du zu Beginn erzählen, warum Chris und Bomber 1982 die Band in Montecito gegründet haben, beide kannten sich schon als Kids oder?
Hey, wir waren wie die anderen Kids, die von all den Punkbands der damaligen Zeit beeinflusst wurden. Und Chris und Bomber hatten ihre eigene Art, es dann zu tun, es stellte sich bald heraus, dass es etwas Einzigartiges und irgendwie Originelles war. Und sie haben dann weiter mitgemacht.

Was war zuerst da, die Band oder die Drogen? (lacht)

Das ist eine gute Frage. Denn für Jason waren es wahrscheinlich die Drogen, ganz sicher. Wenn man Alkohol oder Drogen in Betracht zieht… Jason hatte diese Geschichte, in der er mit Josh Brolin befreundet war, also wo Jason mit seinem besten Freund Josh abhängt, der später ein berühmter Fernseh-Schauspieler wurde, in dessen Haus hingen auch wegen Joshs Vater schon immer Prominente ab, Clint Eastwood und so.

Ja, Josh sagte ja auch mal, dass er bei RKL mitzockte früher?

Nein, Jason und Josh sind nur zusammen aufgewachsen und Jason ging dann mal zu Joshs Haus rüber. Clint Eastwood saß dort und sagte: „Jungs, wir trinken jetzt was“. Also gaben sie den Jungs ein paar Schnäpse. Und von da an ging es für Jason bergab. Jetzt geht es Josh schon gut, glaube ich. Und nein, er war nie ein offizielles Mitglied bei RKL. Er hat das mal in einem Fernsehinterview gesagt, dass er es doch war, dass er der Band den Namen gegeben hat. Aber was passiert ist war, dass er mit Jason aufgewachsen ist und mit ihm in einer Punkband Schlagzeug gespielt hat, irgendwie so war das, jedenfalls: als er das in dem Interview sagte, an dem Tag ist mein Telefon einfach explodiert: „Was Barry, Josh Brolin war bei RKL?“! (lacht) Zumindest weiß ich davon nichts, ich war einmal auf einer Party in Montecito damals, da war er auch, aber ich habe nie mit dem Kerl gejammt oder so.

Was waren die musikalischen Einflüsse von RKL am Anfang, wart ihr so „Kinder des Classic-Rocks der 70er“?
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Ja, ich stimme dir irgendwie zu, aber es war doch hauptsächlich Punk. Ich glaube, die Generation, die wirklich auf Punk steht, 1977 und 1978. Klar, beide liebten Iron Maiden und Bands wie AC/DC natürlich auch. Aber beide waren wirklich ein Produkt von Südkalifornien und den Punkrock-Einflüssen dieser Ära. Du weißt schon, Circle Jerks und all die anderen Bands, die zu dieser Zeit die Gemüter erhitzten, Dead Kennedys und natürlich alle anderen Bands wie Bad Brains und Minor Threat. Tatsächlich wurde RKL anfangs beschuldigt, einige Riffs von Minor Threat und den Bad Brains geklaut zu haben, was ehrlich gesagt nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt ist. (lacht) Aber man sagt ja, die beste Form der Schmeichelei wäre das Plagiat. Wie auch immer.

Du bist Mitte der 80er Jahre in die Band gekommen. Hattest du vorher irgendeine Art von Gitarrenhelden oder Vorbilder für deine Art, Gitarre zu spielen, Angus Young oder eher Frank Zappa, vermute ich?
Ich liebe die Gitarre, das war schon immer so. Ich habe RKL Ende 1984 kennengelernt, ich glaube, nachdem ich von meinen damaligen Deutschland- und Europatrips zurückkam. Und ich hörte von dieser Band, die im Keller dieses Proberaums namens The Vats in San Francisco probte, die Typen, die da unten im Keller dieser alten Brauerei, die auch eine bekannte Punk-Location war, Krach machte und dass die „White Out“ nahmen, um high zu werden. Dieses Zeug, das man damals auf ein Stück Papier gibt, um Wörter zu korrigieren, es wirkt wie Klebstoff, nur stärker und du warst echt total breit davon (Anm. Jan: Tipp-Ex schnüffeln). Das war eines der ersten Dinge, von denen ich hörte bezüglich RKL, dass sie im Keller von The Vats eben „White Out“ schnüffelten. The Vats, das war ein ziemlich dunkler und verrückter Ort. Es hat eine Menge Spaß gemacht. Und dann hatte der Bassist von RKL, der dann aus der Band ausgestiegen ist, anscheinend versehentlich oder vielleicht absichtlich eines der Studios dort in Brand gesetzt. Das verursachte ein großes Feuer und der Ort wurde eh ziemlich hässlich. Und ich wurde Jahre später darauf aufmerksam gemacht, dass einer der Band-Jungs für dieses Feuer verantwortlich gewesen war oder sein sollte. Aber was soll’s, ich glaube, wir legten überall „sprichwörtlich“ Feuer. (lacht)

Ich liebe auch das frühe RKL-Material von Anfang der 80er, das Mystic Records-Zeug, das ist ja noch ein bisschen rauer. Aber dann mit dir 1985 und 1986, da muss etwas Magisches passiert sein, als ihr die Songs, die später zur „Rock’n’Roll Nightmare“-Platte 1987 wurden, erschaffen habt, diese wunderschöne und wegweisende Platte. Lag es an Bombers Genie oder war es eine Arbeit der kompletten Band? 7
Es war Bomber. Er war ein Genie, da ist echt etwas dran. Er war besessen von Musik. Er hatte einfach diese Magie. Und diese Besessenheit und diese unaufhörliche Kraft, etwas zu schaffen und zu spielen. Und er konnte so ziemlich jedes Instrument spielen. Später hat er sogar Klavier gelernt. 8 Aber er war ein einziges „Powerhouse“, sozusagen. Und er schrieb die Songs. Er nahm Riffs für mich und Chris und wen auch immer auf und baute sie dann in seine Songs ein. Er war also die treibende Kraft. Und es war sehr erstaunlich. Denn zu der Zeit dachte ich, ich wäre ein ziemlich guter Gitarrist, so „Ich konnte mich selbst behaupten“, weißt du, und ich landete wie durch ein Wunder beim Jammen bei RKL. Aber ich wusste damals nicht, dass ich einfach nur zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, gut, ich war geduldig genug, um mit einem Haufen Verrückter umzugehen, denn Bomber war auch ziemlich abgefahren. Er war ein ziemlich exzentrischer Charakter, manchmal war er sehr anstrengend. Aber ich fand ihn großartig, denn seine musikalischen Fähigkeiten und seine Verbindung zum Kosmos und zur musikalischen Welt-Atmosphäre… die waren einfach großartig. Wir saßen da und übten stundenlang, und ich dachte, ich konnte den Song schon gut, aber er schrie mich an, super aggressiv, so „Nein, du kannst es nicht, du musst mehr an der Dynamik und dem Raum zwischen uns arbeiten, du hast es noch nicht drauf“! (lacht) Und dann war schließlich die Erkenntnis immer und immer wieder, dass er einfach recht hatte. Ich hatte es überhaupt nicht drauf. Sein Fokus war immer sehr genau und sehr einzigartig, so dass ich mein Gehirn immer sozusagen neu verdrahten musste, um mit ihm mithalten zu können. Und bis heute denke ich an ihn, wenn ich in Bands spiele, ich verdanke ihm sehr viel bezüglich der Art und Weise, Gitarre zu spielen. Ich bin durch ihn ein guter Rhythmusgitarrist geworden, weil er einfach diesen „Im-Einklang-mit-dem-Kosmos“-Rhythmus-Vibe hatte. Und er hatte mir viel gezeigt und ich bin bis heute einfach sehr sehr dankbar, dass ich sozusagen durch die Schule von Bomber gegangen bin.

Mark Deutrom, der auf seinem Alchemy Records Label in San Francisco dann die „RocknRoll Nightmare“-Platte 1987 herausbrachte, erwähnte in meinem Interview mit ihm für das RKL-Memorial Special, dass diese Platte einige progressive Rockelemente enthält, das faszinierte ihn. Und ich denke, er hat irgendwie Recht, ich habe zwar keine Ahnung von „Progressive Rock“, aber man kann einen leichten Progressive Rock-Rush-Touch heraushören oder? (lacht) 9
Ja, jetzt waren wir eine Band, die spielen konnte, wurden zu Musikern, die spielen konnten. Nun, ich mag Rush und all das eigentlich nicht, ob Bomber Fan von Rush war, weiß ich auch nicht mehr, ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, jemals Rush gehört zu haben. Bomber hat sich später für Jaco Pastorius, Jazz und solche Sachen interessiert. 10 Und ich mag natürlich Fusion, Zappa und diese Arten von Musik, was sehr inspirierend war. Aber weil ich aus dem Punkrock kam, also, da ging es ja nur um drei Akkorde. Also ja, wir haben ein bisschen progressive Musik später gespielt, aber dann kamen wir an den Punkt, an dem wir merkten, dass man zum einfachen Punkrock zurückkehren muss, denn da ist nicht nur ein großartiges Songwriting wichtig, sondern es ist auch für die Leute angenehmer. Und unsere besten Songs waren einfachere Songs, also die beliebtesten Songs, vielleicht auch unsere besten Songs. Bei dem „RocknRoll Nightmare“-Album waren wir ziemlich weit draußen weißt du, denn Bombers Songwriting war zu der Zeit ziemlich einzigartig, sehr inspirierend. Ich glaube, Bomber hatte dann aber auch wieder erkannt, dass es nur auf das Songwriting ankommt und nicht darauf, wie gut man technisch spielen kann.

Es ist eine erstaunliche und revolutionäre Platte, 1988 wart ihr dann auf eurer ersten Europa-Tour, da war ich leider zu jung für. Aber einige deutschen Konzertbesucher, die ich kenne und die RKL auf dieser ersten Europatournee gesehen haben, die erzählten mir, dass quasi niemand so etwas vorher gesehen hat, ihnen fiel wirklich die Kinnlade runter und RKL wurde mit offenem Mund angeschaut, weil niemand eine Punkband gesehen hatte, die so technisch komplex und gleichzeitig so schnell spielen konnte und dann auch noch gerne gefeiert hat. Hattet ihr damals so viel geübt oder wie seid ihr so gut darin geworden, diese komplexen Punksongs so schnell zu spielen?
Es war üben, üben, üben, üben, üben, üben! Weißt du, Paul McCartney war das Arbeitstier der Beatles und bei RKL war eben Bomber unser Workaholic. Speziell Jason wollte nicht wirklich Teil des mühsamen Prozesses in der Erstellung von Songs sein. Aber der Rest von uns stand dahinter und übte einfach immer. Bomber sagte mal „Also gut Leute, wir üben heute Abend und lassen das Licht im Studio aus“. Wir spielten also in völliger Dunkelheit, er sagte „Ich habe es satt, dass ihr Arschlöcher auf eure Finger schaut“. Also übten wir bei ausgeschaltetem Licht und lernten, wie man spielt, ohne auf die Finger zu schauen, eben so, wie es bei live-Gigs ja manchmal auch dunkel ist, weil das Licht ausgefallen ist. Ich nutze das bis heute! Ich kann spielen, ohne auf meine Finger zu schauen, und mache mir damit immer wieder selbst einen Spaß, wenn ich unter diesen Bedingungen mit anderen Bands probe. Wie weit kann ich gehen, ohne auf meine Finger zu schauen? So kannst du den Leuten im Publikum auch in die Augen sehen, auf sie hinunter starren. (lacht)

RKL kamen 1989 nochmal nach Europa, dann löste sich die Band auf und es gab 1993 die „Reactivate“-LP auf Epitaph Records, bei der Bomber jetzt sang und alle RKL-Leute außer Jason mitspielten. 11
Ja, es gibt da diesen einen Fleck in der Geschichte von RKL. (lacht)

Es gibt das Zitat von dir, dass diese „Reactivate“-Platte RKL mehr geschadet hat als all die Musik auf dem Abzocker-Mystic Records Label.
Ja.

Du warst also nicht sauer auf Epitaph, weil du ja später auch die erste RKL-Dokumentation auf Epitaph veröffentlicht hast, du warst eher sauer auf Bomber, dass er eine eigentlich als Soloalbum gedachte LP unter dem RKL-Namen veröffentlicht hat?
Es war nicht so, dass ich sauer war, ich fand es eine schlechte Marketingentscheidung. Diese Platte war eigentlich eine Slang-Platte. Bomber hatte seine Band Slang, bei der ich zu der Zeit irgendwie ein- und ausgegangen bin.

Ja, du hast auf der „Reactivate“ ja auch gespielt.
Ich habe etwa drei Songs auf dieser Platte gespielt. Aber was ich an der Platte nicht mochte, war, dass wir ein paar alte RKL-Songs mit Bomber als Sänger und einem anderen Schlagzeuger gemacht haben und ich dachte, „Nein, das funktioniert jetzt nicht“. Aber egal, ich war nicht derjenige, der die Entscheidungen am Ende getroffen hat. Ich bin mir sicher, dass ich zu der Zeit auch etwas gesagt habe, weil sowieso: ich wollte nicht, dass RKL sich überhaupt auflöste nach der zweiten Europa-Tour 1989. Ich und Chris, wir haben Jason und Bomber praktisch angefleht, dass sie einfach weiter zusammenhalten. Wir hatten gerade den Gig im Reseda-Country Club in L.A. komplett ausverkauft, wir waren auf einem tollen Weg. 12 Weißt du, Epitaph Records gab es damals noch nicht so, wie sie später waren. Es gab noch keine echten Plattenfirmen, die an unsere Tür klopften. Unser Problem war, dass wir ständig von den Plattenfirmen abgezockt wurden. Es war also wirklich entmutigend. Alles ging einfach den Bach runter. Manchmal hatten wir kein Geld, versuchten zu arbeiten, eine echte Band zu sein. Und dann wurden wir links und rechts verarscht. Und wir hatten sogar den Ruf, nicht zu den Auftritten zu erscheinen. Und so setzten Promoter unseren Namen auf Flyer, nur damit die Leute kommen. Und wir hatten keine Ahnung, dass es überhaupt eine Show gab, auf der unser Name stand. Wir hatten also all diese verschiedenen Hindernisse, die uns zu dieser Zeit immer wieder zu schaffen machten. Das war wirklich entmutigend und zu dieser Zeit, kurz danach, explodierte dann Nirvana und Punkrock war tot. Hardcore war anscheinend auch tot. Wir hatten versucht, es durchzuziehen, aber es kam einfach eine Zeit, in der man seine Rechnungen bezahlen und weitermachen musste. Ich schätze, wir wussten nicht wirklich, was wir mit RKL hatten, das die Leute uns noch wirklich sehen wollten. Außer in Europa, wir hätten einfach nach Deutschland ziehen sollen, in dein Haus! (lacht)

Ja genau, damals ins Haus meiner Eltern. (lacht) Du hast dann diese erste Dokumentation über RKL Ende der 90er Jahre als Videokassette bei Epitaph Records veröffentlicht. Eine Frage zu dieser großartigen Dokumentation: es gibt eine Szene, in der man RKL diesen Schlager spielen hört, „Aber bitte mit Sahne“, lustige Version. Warum ist der Schlager in eurer Setliste gelandet?
Ich weiß nicht mehr, warum wir das gemacht haben, ich kann mich irgendwie nicht erinnern, warum. Es war der Vorschlag von jemandem auf Tour in Deutschland, eventuell unser Tontechniker oder sogar Archie von der Terrorgruppe. Einer von denen hat gesagt, „Macht doch mal diesen deutschen Song, jeder wird es lieben“. Also haben wir den deutschen Song geübt und jeder hat ihn geliebt. (lacht) Und wir wussten nicht, was wir da singen. Am Ende haben wir es abgeändert, weil es auch auf Englisch irgendwie lustig ist. „Ich will in deine Sauna pissen“. (lacht) [Anm. Jan: Also quasi vor Refrain eben „I want to piss in your saunaaaaaa“….] Warst du jemals in einer Sauna und hast auf die heißen Steine in der Sauna gepisst? Das ist keine Sache, die man tun sollte. Wenn du in die Sauna gehst, piss nicht auf die Steine. Es riecht wie verbrannte Pisse.

Verstehe! (lacht) Auf der „Riches to Rags“-LP von 1994 war Bomber nicht mehr dabei und Jason wieder am Start; wessen Haus war das auf dem Cover, es ist NICHT die „Bernstein“-Villa vom „RocknRoll Nightmare“-Album und es sind auch nicht seine beiden Enkeltöchter. (lacht)
Na ja, du weißt schon, dass war ja der Joke! Das Haus war in East Oakland, glaube ich. Wir mussten über einen Zaun springen und das Cover quasi illegal da machen, weil es ein verlassenes Haus war. Du weißt schon, es sollte unser damaliges Cover von 1987, den „Lebensstil der Reichen und Berühmten“, halt parodieren. Und dann gab es noch so Lumpen, das Gelände sollte ein Drecksloch sein. Zu der Zeit waren die Hügel von Oakland abgebrannt. Es gab ein riesiges Feuer. Die meisten der oberen Hügel von Oakland, in denen die Menschen leben, waren bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Wir sind also zuerst dorthin gegangen, die Skater sind dort oben in den Pools geskatet und so. Wir wollten zuerst ein abgebranntes altes Herrenhaus finden und dann das Foto dort machen. Aber ich weiß nicht, ob es abgesperrt war, da waren jedenfalls Polizisten und wir wurden weggeschickt. Also suchten wir in ganz Oakland, schließlich fanden wir dieses alte Haus, das du auf dem Cover siehst und machten es dann illegal.

RKL waren damals alle schon nach San Francisco gezogen, in Santa Barbara lebte dann nur noch Jason im alten Hauptquartier?
Ich war die ganze Zeit in San Francisco, Chris auch, alle außer Jason. Ja, Jason war der einzige, der dort blieb, aber er war auch in Oregon beim Snowboarden, er wurde gesponsert und war mal Profi-Snowboarder. 13 Und so schwebte er irgendwie zwischen Santa Barbara und San Francisco hin und her und es war größtenteils in Ordnung, bis er dann nicht zu der Plattenveröffentlichungsparty auftauchte.

RKL gingen dann auf eine große Europatournee 1995, aber ich konnte in Köln nicht dabei sein, weil ich mit meinen Eltern im Urlaub war. (lacht) Ich habe jetzt in der Autobiographie von Jerry A. von Poison Idea gelesen, das Mitte der 90er Poison Idea mit RKL in England spielten, Jerry Heroin an Jason verkaufte, der eigentlich zu der Zeit „clean“ und nüchtern sein sollte, er war ja auf der Tour mit seinen Kindern und seiner Frau unterwegs?
Wie, was war mit Jerry?

Er gab Jason eine Telefonnummer vor dem Gig, um da Heroin zu kaufen, nach dem Konzert fragte er „diesen blondierten Sänger von RKL“, ob der Heroin-Deal geklappt hatte. Aber er fragte einen anderen blondierten RKL-Typ, nämlich Bassist Little Joe und so kam es raus, dass Jason doch wieder auf Heroin war, erinnerst du dich an diesen Vorfall?
Jerry hat versucht, mit Jason Drogen zu nehmen? Dieser Bastard. Ich meine, ganz ehrlich, ich bin in keine dieser Informationen eingeweiht. Ich kann mich nicht erinnern, Jerry auf dieser Tournee gesehen zu haben. Ich meine, ich kenne Jerry, aber ich bezweifle es. Ich weiß es nicht. Okay, ich weiß es wirklich nicht. Ich weiß, dass diese Tournee wegen Jasons Süchten die Hölle war. Und deshalb haben wir auch wieder Schluss gemacht. 14

Er hatte echt seine Kinder und Frau mit im Bus für diese Europa-Tour?
Ja, das war schon komisch, wir hatten ja den Nightliner, theoretisch gab es also Platz, er brachte seine Freundin mit, die keine Wohnung hatte, ihre zwei Kinder, wir feierten wie die Verrückten zu der Zeit. Es war also alles ziemlich unpassend, aber hey, das ist unser Bus, wir versuchen, uns zu benehmen. Aber weißt du, wir waren jung und dumm und bla bla bla, also werden wir tun, was wir tun wollen.

Eine Sache, über die Jason in meinem Interview 2004 gesprochen hatte, war, das RKL keine glückliche Band war. Also, ich schätze, ihr habt den Rock’n’Roll-Albtraum auf den Touren erlebt?
Es gab Dunkelheit, das ist mal sicher. Ich glaube, ich war glücklich. Ich war ein sehr glücklicher Mann, ehrlich gesagt.

Ich frage nur, weil wenn diese Touren keinen Spaß machten und ihr es nicht für Geld oder Ruhm gemacht habt, warum dann überhaupt touren?
Ich frage mich immer noch, was die Antwort auf diese Frage ist. Also, wir hatten schon Spaß, eigentlich ne Menge. Jason hingegen hatte vielleicht nicht so viel, weil er sich Heroin reingezogen hat. Und das ist nicht lustig. Wenn man auf Tour Dope nimmt, macht das keinen Spaß. Für niemanden! Und das war sein verdammtes Problem, aber er machte es dann zu unserem Problem, denn Leute, die auf Heroin sind, machen ihre Probleme auch zu deinen Problemen. Und es kam dann der Punkt, an dem ich einfach die Hände in die Luft warf und sagte, „Ich habe genug. Ich kann einfach nicht damit umgehen, jemandem beim Selbstmord zuzusehen“. Vor allem, wenn man zusammen in einer Band ist, mit jemandem, den man liebt, jemand, der ein großartiger Mensch in deinem Leben ist und dann musst du dabei zusehen, wie sich dieser dann mit Drogen zerstört. Weißt du, nach einer Weile dachte ich: „Okay Jason, du hast deine Entscheidungen getroffen und du wirst tun, was immer du tun wirst. Ich kann nichts tun, um dich aufzuhalten“.

Wir haben es ja versucht Mann, wir haben es verdammt nochmal versucht. Wir waren auch Party am machen, aber wir haben es versucht mit Jason, aber er ging eben seinen eigenen Weg. Und die Problematiken mit Bomber und Jason, wir hatten ja echt einen Lauf Ende der 80er, das erwähnte ausverkaufte Konzert im Reseda-Country Club in L.A., wir haben versucht, die Band am laufen zu halten und die Jungs dazu zu bringen, ihre Köpfe aus ihrem Arsch zu ziehen und einfach ne gute Band zu sein. Die Leute liebten unsere Liveshows und die „Rock’n’Roll-Nightmare“-LP auch. Und ich dachte mir, „Lasst uns eine neue Platte machen“, weil wir hatten die Songs, die Songs waren immer noch da, die Energie war schon noch da, auch wenn die Jungs am Arsch waren.

Stell dir mal vor, wenn Bomber auf dem kreativem Niveau so weitergemacht hätte, wie er es vorher tat und dann Chris und wir alle was dazu beigetragen hätten! Wir haben ja nie eine Studio-Platte mit Little Joe und Bomber gemeinsam gemacht. Klar, Little Joe spielte Bass auf der „Riches to Rags“, aber da war Bomber nicht mehr dabei und auf der „RocknRoll Nightmare“ spielte Bomber noch zusätzlich Bass, da war Little Joe noch nicht in der Band. Es wäre fantastisch gewesen, mit beiden ne gemeinsame Platte zu machen. Also, es war traurig. Aber ich dachte mir, ich gehe einfach wieder zur Schule, als RKL sich nach 1989 auflösten. Ich ging zurück auf die Filmschule. Ich dachte mir, ich werde einfach andere Dinge dann verfolgen. Ich will weiter Musik machen. Es war, wie ich schon sagte, auch schwer, also damals in der Punkrockwelt. Wir wussten nicht wirklich, was als Nächstes kommt, und alle dachten, Hardcore wäre tot.

Im nächsten Trust geht es mit dem Interview in der Zappbar zu Frankfurt weiter! 15

Outro: „Good friends come and acquaintances go. Day to day we see the way the hate breeders loathe an open mind. Just want to flow through life and party with my friends. Don’t need no enemies the world provides enough!“ (aus RKL – Alone inside)

Liebe Freund*innen der Nacht, Stichwort „weiter“: falls ihr denkt, die Akte RKL kann bald geschlossen werden: im Prinzip muss ich ja noch die sechsteilige Interview-Reihe im Trust mit denjenigen Mitgliedern der Band machen, mit denen ich bislang noch nicht gesprochen habe – und die noch leben, das sind eben genau sechs: Gitarrist Alan „Alpo“ Duncan (1982 bis 1983), Gitarrist und Gründer Chris Rest (damals 2004 Santa Barbara war er mein Kontakt, das Interview sollte ich aber besser mit Jason machen und beim Memorial-Special meldete er sich nicht, half mir aber später bei diversen Nerd-RKL-Fragen), Bassist Vince Peppars (1982 bis 1986), Gitarrist Chris Flippin (2002 bis 2006), Schlagzeuger Boz Rivera (1997 bis 2005) und Schlagzeuger Dave Raun (1992 bis 1996).

Im Prinzip also drei Lagwagon-Gigs besuchen und dann wären Rest, Flippin und Raun interviewt, mit Boz und Vince bin ich auf Facebook befreundet und Alpo ist angefragt als Freund, er zockte später noch bei Rat Pack, einer anderen Mystic-Nardcore-Legende (Vgl. discogs.com/de/artist/3460495-Alpo-D).

RKL haben tragischerweise einigen Bandmitgliedern keine Freude und kein Glück gebracht, aber mir brachte die Band immer Freude und sogar großes professionelles Glück: eine frühere Stelle bekam ich auch, weil ich eine tolle englische Arbeitsprobe vorweisen musste und zum Glück konnte: eben das Razorcake-RKL-Special! Online sah ich auf der Page von (ich glaube) Jasons Sohn und seiner Frau ein klasse Jason-beim-Snowboarden-1986-Bild. Ich bleibe da mal dran, schätze ich. Und jedes Mal beim Kölsch-Trinken im Rheinland werde ich an RKL erinnert, denn auf einigen 0,2 l Kölschgläsern findet sich unter dem Eichstrich die Aufschrift RKL! Und dieses „RKL“ steht für „Ruhr Kristall Glas AG – Immer das richtige Glas!”, also eine Glas-Firma, die aber nicht mehr existiert.

Interview: Jan
Pics: Peter, Jan (Screenshot Video)
Kontakt: facebook.com/rkldoc

Fussnoten:

1. Crosstops-Interview: trust-zine.de/crosstops-150-2011/. Und hier das Interview von mir mit Joey Cape von Lagwagon im Trust #156 (trust-zine.de/lagwagon-interview-2012/ ), es ging da auch um RKL, beide Bands kommen aus der selben Ecke in Südkalifornien (Goleta, Santa Barbara) und hängen immer noch eng zusammen. Im Prinzip muss es auch R.K.L.agwagon heißen, da ex-RKL-Leute heute bei Lagwagon spielen: Lagwagon-Sänger Joey Cape war Anfang der 80er als angedachter RKL-Sänger mehrmals im RKL-Proberaum. Auf den ersten drei Lagwagon-Platten trommelte Derrick, der später bei RKL zockte. Dave Raun, der Lagwagon-Trommler seit 1996, spielte ab 1992 bei RKL. Chris Rest, RKL-Gründer, stieg 1997 bei Lagwagon ein. Lagwagon´s zweiter Gitarrist, Chris „Der Lange“ Flippin, spielte in der RKL-Phase ab den 2000ern mit. RKL-Bassist Little Joe Raposo stieg in den 2000er bei Lagwagon ein.

2. Einige Daten zu den Interview-Video-Bildern von Barry und mir: 6 Dosen Bier (2 „Früh“ von letztem Besuch in Köln), 6 Shots Jim Beam, 2 Schachteln Zigaretten. Basierend auf einer Idee von Barry. Interview-Skript: Jan. Final Cuts: Barry. In den Hauptrollen: Barry, Jan. Mitwirkende: Bier, Lucky Strike. Make-up: Whiskey. Kostüme Barry und Jan von Lacoste. Soundtrack „Keep Laughing with the Ventilator Blues“ von RKL, Crosstops, Testicle G and the Feel my Nut Posse (Rap-Verarschungsprojekt von RKL), Embryo Killers (Metal-Parodie von Barry und Archie-Terrorgruppe). Licht und On-Set-Fotografie: Peter. Film + Audio: Go-Pro. Film-Backup: Barkeeper. Audio-Backups: Jan. Archie war früher auch der RKL-Tourmanager und natürlich bei Inferno und der Terrorgruppe, in meinem Interview mit ihm in der Trust #128 erzählte er ausführlich, wie Embryo Killers entstand in Berlin, siehe trust-zine.de/inferno-interview-2008. Zu Testicle G: Jason nennt da Trommler Dave immer „Bugwheat“. Barry erklärte es mir mal so: „Dave’s nickname was Bug because of his hair. Jason called him bugwheat. Like Buckwheat“! [Buchweizen]. Barry erzählte im RKL-Memorial-Special zu Testicle G. noch: „Das war nur ein Scherz-Projekt. Wir hatten einige Tage frei in Berlin auf der Mitte einer Tour. Jason mochte es to pull one of his nut sacks out und einige Songs zu rapen, während wir dazu nur irgendeinen Scheiss machten. Wir hatten dann 3 Lieder und Destiny setzte uns in ein Studio. Archie Alert produzierte es, ich machte die Samples und die Gitarren. Chris war noch in Hamburg, aber als er zurück nach Berlin kam, half er uns mit dem Mix. Wir spielten den “Feel my nut”-Song, wenn jemandem eine Saite auf der Bühne riss“. (siehe https://www.trust-zine.de/rich-kids-on-lsd-special-teil-i-in-127-2007-teil-ii-in-128-2008/).

3. Sehr coole Bilder von dem Agression- und RKL-Gig im „La casa De La Raza“ in Santa Barbara 1985 gibt es hier (facebook.com/AlisonBraunPhotography). Tony Cortez, den Gitarristen von Ill Repute aus Oxnard, interviewte ich für Trust #193 (siehe .trust-zine.de/ill-repute-aus-193-2018/).

4. Jason Sears erzählte dazu in einem Interview mit dem Thrasher Magazin: „Then the city wanted us to play the opening of their skatepark. I was like „oh man, Santa Barbara is finally going to put a skatepark in town and we weren’t even aloud to play because there were no club in town that would let us play or a promoter that would touch us and now the city is actually calling us to play“. So I called up Chris and he was down… and there were about 2 000 people and we played and after the first note the place went haywire, me and Chris looked at each other and were all „YES“. (Vgl. thrashermagazine.com/articles/music-interviews/rkl/)

5. Das Memorial RKL-Special von mir, „RKL – They had music in their blood“, zum Gedenken an die drei verstorbenen RKL-Leute Jason, Bom(b)er und Derrick, hatte zwei Teile, siehe trust-zine.de/rich-kids-on-lsd-special-teil-i-in-127-2007-teil-ii-in-128-2008/. Es gab einen Nachdruck in kürzerer Version, auf Englisch, mit neuem Layout und anderem Titel („Like If Jimi Hendrix Covers Slayer“) im Razorcake Fanzine aus L.A., Ausgabe #45 (2008, PDF auf razorcake.org), die englische „nur Text-Version“ vom RKL-Razorcake-Nachdruck ist auch online bei uns. Die tolle rkl-band.de-Tribute-Seite betreibt übrigens Chris, er tätowierte sich „RKL: Like If Jimi Hendrix Covers Slayer“ auf den Arm, ein Bild davon ist auf der Trust-Facebook-Seite. In fast 40 Jahren Trust kam das zum ersten Mal vor. Ihr findet das Bild des Tattos, ein Bild von dem Zufallstreffen von mir mit Little Joe, ein Bild von Jason und mir beim Trust-Interview 2004 und ein Joey-Cape-Trust-Interview-Bild auch auf rockstage-riot-rheinmain.de/travelzine-durst.html; ich veröffentlichte 2021 ein L.A. Travel-Zine namens DURST (70 Seiten, A4, farbig, ausverkauft) mit u.a. Auszügen meiner circa 25 Trust-Interview mit Bands, Labels, Fanzines etc. aus dem Großraum L.A., dafür gab ich dem Frankfurter Konzertblog ein Interview und einige Fotos.

6.
In einem hübschen Ox-Zine-RKL-Interview erzählte Chris Rest zur Bandgründung: „Wir waren einfach gelangweilte Kids, wie viele andere auch. Drogen hatten schon starken Einfluss auf unser Songwriting und unseren Sound. Ich wollte, dass unsere Band wie eine Mischung aus PINK FLOYD, IRON MAIDEN und GERMS klingt. Wir waren gegen harte Drogen, aber leider galt das nicht für alle Mitglieder. Der Name wurde uns aufgedrückt. Ursprünglich hießen wir SOCIAL REVOLT, haha“, später erwähnte er: „Meine erste echte Punk-Show waren D.O.A. im Goleta Valley Community Center. Dort spielten wir auch die erste echte RKL-Show, zusammen mit AGENT ORANGE“. Little Joe sagte im Interview noch: „Ich komme vom Classic-Rock – AC/DC, LED ZEPPELIN, APRIL WINE, BOC, RUSH und der ganze Kram“. (ox-fanzine.de/interview/rich-kids-on-lsd-4196). Im RKL-Interview im Flipside Fanzine (#59, 1989) wird auch noch mal der Werdegang erzählt, siehe http://rkl-band.de/inter2.html

7. Den berüchtigten Besitzer von Mystic Records, Doug Moody, interviewte ich auch für das RKL-Memorial-Special, er beschrieb dort eine geniale Situation bei der Aufnahme einer RKL-Single in L.A. (er müsste jetzt über 80 Jahre alt sein!): „Ich selber habe persönlich RKL auf ihrer ersten Superseven-Platte aufgenommen (eine Seite sechs Minuten auf einer 33 rpm Seven Inch). Bomer war außerhalb des Studios (Mystic Sound, 6277 Selma, Hollywood) und machte da Skateboard-Tricks, die wir uns ansahen. Die Band war eine Stunde zu spät für die Aufnahme, Bomer macht plötzlichen einen Flip und brach sich das Handgelenk. Ich dachte, das wär’s mit den Aufnahmen, die Technikleute können nach Hause gehen… Ich nahm Bomer mit nach oben und wir haben sein Handgelenk mit Duct-Tape geklebt. Währenddessen kam die Band an und Bomer bittete mich, diese Session zu machen, er sagte, er wäre gut für einen Take pro Song. Ich war so beeindruckt von diesem jungen Menschen. Wie gesagt, ich selber habe diese Session aufgenommen: ich habe den Drumstick an seine Hand geklebt und wir machten die Seven Inch. Er gab mit den Drumstick als ein Andenken, wie auch die Vorderseite der Bassdrum mit RKL drauf. Ich behalte diese Andenken an einen sehr mutigen jungen Menschen.“ (Vgl. trust-zine.de/rich-kids-on-lsd-special-teil-i-in-127-2007-teil-ii-in-128-2008/)

8. Ein Interview mit Bomber am Piano in seinem Haus in Summerland ist hier: youtube.com/watch?v=UTkBJbtwtck

9. Mark Deutrom produzierte die Platte auch, im RKL-Memorial-Special beschrieb er die Aufnahmen zur Platte: „Das Studio war ein Haufen Equipment versammelt in einem Raum, nicht wirklich ein professionelles Studio. Ich glaube, es gehörte einem Freund der Band in Santa Barbara. Bomer hat sehr spezielle Ideen für die Aufnahme, er wollte es so echt wie möglich machen, ohne Hall oder irgendeine Form von Bearbeitung. Das fand ich irgendwie paradox, weil fast alles overdubt werden musste aufgrund der begrenzten Studio- und Band-Situation. Die Mikrophone waren nicht so gut, deshalb klang alles etwas dumpf für mich. Die Monitore waren nicht akkurat und jedes Mal, wenn du das Studio betratest, klangen die Sachen anders, was an der unregulierten Stromversorgung lag. Die Band hatte keinen Bassisten, also nahm Bomer zuerst alle Schlagzeugspuren auf, und spielte dann den Bass und danach wurden dann alle Gitarren- und Gesangsteile individuell eingespielt. Das Ergebnis ist nicht soo organisch, wie ich es hoffte, und es fehlt die großartige Chemie, die die Band als live-Band hatte. Es ist eine subtile Sache, aber definitiv spürbar für mich. Wie Bomer alle Drumteile hintereinander ohne einen scratch track zu spielen (Anm: ohne sich zu verspielen?), bleibt eines der beeindruckendsten Sachen, die ich je in einem Studio gesehen habe. Er war auch ein guter Bassist.“ (Vgl. https://www.trust-zine.de/rich-kids-on-lsd-special-teil-i-in-127-2007-teil-ii-in-128-2008/)

10. Wiki: „John Francis Anthony „Jaco“ Pastorius III. war ein US-amerikanischer E-Bassist. Er spielte meistens einen bundlosen E-Bass und war einer der einflussreichsten Bassisten der jüngeren Musikgeschichte, er spielte auch mit Herbie Hancock und John McLaughlin“.

11. Dan Sites (er zeichnete neben dem RKL-”Beanie-Man-Logo”, vielen RKL-Plattencovern und Comics auch die „Liberal Animation“- und „Longest Line“-Covermotive von NOFX) erzählte in seinem Gastbeitrag „Mister Jason Sears“ in dem Trust-RKL-Memorial-Special, wie diese Europa-Tour 1993/1994 ablief: „1994 auf der RKL “Reactivate” Tour in Europa waren wir in Pisa, Italien. Will Knutilla, der Roadie und enger Freund der Band, starb einige Tage zuvor in Zürich, genau an dem Tag, an dem er 30 wurde (Anm. Jan: Überdosis Drogen). Es war eine harte Zeit und jeder war müde, traurig, “cranky” und hatte generell die Schnauze voll. Die Band, Ded Ted, der Fahrer Frieder und ich, alle in einem Van, durchtränkt von Bier und Schweiß, stinkend von schmutziger Wäsche. Der Van, mit dem wir die Autobahnen einiger Länder abgefahren sind. Irgendwie war alles Scheiße.

Es war das RKL-Lineup mit Bomer am Gesang und an diesem Abend in Pisa entschied er sich, nach dem er von der Bühne runter gegangen ist, dass er genug hatte. Er wollte aufhören, den Rest der Tour canceln und nach Hause gehen. Er mochte den “Road Grind” eh nie und ich glaube, er hatte es noch nie geschafft, eine Tour auch wirklich zu beenden. Nach einer erhitzten Diskussion sprachen alle außer Bomer untereinander noch mal, ich glaube, es dauerte 2 Minuten…wir machten Gebrauch von dem illegal angeschlossenen Telefons des Squats und es wurden einige nächtliche Transatlantik -Gespräche nach Santa Barbara gemacht. Am nächsten Tag packten wir alles in den Van und fuhren nach Spanien. Bomer flog nach Hause. Zwei Tage später standen einige hundert Leute vor dem “The Garage Club” in Barcelona, um RKL ´s ersten Auftritt ever in Spanien zu sehen (auf 2 vorhergehenden Europa-Touren hat es nicht geklappt). Die Hauswände rund um den Club waren bedeckt mit dem Beanie Boy -Graffiti. Eine halbe Stunde vor dem Auftritt, als es schon so aussah, dass es ein Instrumental- oder Publikumskaraoke-Konzert werden würde, tauchte ein Taxi auf und Jason Sears rollte heraus. Direkt vom Flughafen und wahrscheinlich 50 Pfund schwerer im Vergleich zum letzten Mal, wo ich ihn gesehen habe, wahrlich fertig von dem Direktflug von Los Angeles.

Es gab einige Begrüßungsküsschen und einige Biere gegen den Jetlag und RKL betraten die kleine schwitzige Bühne. Jason kotzte in die Ecke und nahm das Mikro. In schlechtem “Monecito Restaurant Küchen”-Spanisch sagte er dem Publikum “Soy el pescador del amor. Vamos a la playa” (ich bin der Fishermen of Love, ab zum Strand) und es ging los mit “Ded Teds”. Der ganze verdammte Laden explodierte. Jason hatte 4 Jahre nicht für RKL gesungen und konnte sich nicht mehr an die Texte erinnern, aber er war am brennen. Es war als ob er den Club “beherrschte” (He owned the joint). Alles was ich machen konnte, war neben dem Rollstuhl von Ded Ted mit einem idiotischem Grinsen auf meinem Gesicht zu stehen. Chris, Barry, Joe und Dave waren zum ersten Mal seit Wochen wieder am Lachen. Jason war zurück und es fühlte sich gut an. Er brauchte auch keine Lyrics, denn die nicht-englisch sprechenden Spanier dort sangen die Teile, die er vergessen hatte.

Es war einer dieser seltenen perfekten Nächte, wo all die ganzen vorhergehenden scheiß fucked up Wochen innerhalb von einigen Minuten weggewaschen worden sind. Jason brachte seine “PMA” mit und alles war gut. Ich sah RKL wahrscheinlich hunderte von Malen live in all den Jahren und manchmal waren sie echt “magic”. It all clicked and they tore the roof off the place. All over the world. Jason war ein echter Frontmann. Er verströmte Charisma, sogar, wenn er ins Publikum kotzte. Sein typischer Santa Barbara sarkastischer, zynischer Sinn für Humor konnte nur noch von Bomer übertroffen werden. Ich werde diese Konzerte im Gedächtnis behalten, so wie jeder, der zur der Zeit da war. It was all good, bad and ugly. Und sie machten eine spezielle Musik, die die Welt von vielen Menschen rockte. Jeder, der das Vergnügen hatte, sie kennen zu lernen, wird sie stark vermissen. I know I will. Peace my friends. Hope you´re in a better space. Love from your friend, Dan Sites“ (Vgl. trust-zine.de/rich-kids-on-lsd-special-teil-i-in-127-2007-teil-ii-in-128-2008/).

Ich weiß noch, dass ein Kumpel in den 90ern eine VHS-Kassette mit einem Gig aus Deutschland von dieser RKL-Tour hatte, das war auch mein erstes RKL-Video ever; Bomber trug ein gelbes T-Shirt mit dem Aufschrift „Mein Freund ist Ausländer“ und wir guckten uns den Gig schweigend an und sahen uns am Ende fragend an: „Äh, ja wie jetzt, das sind RKL? Junge Junge Junge“!

Dan Sites zog später nach Barcelona. Fat Mike interviewte in seinem Podcast 2022 Chris Rest und Dan Sites (fatmikedude.podbean.com/e/danny-sites-doesn-t-have-very-long-to-live/), Dan erzählte da, dass er gesundheitlich ziemlich am Arsch ist, hoffentlich stirbt der nicht auch noch! Barry erwähnte den Podcast auch, ich fragte ihn, ob Dan da vielleicht nur ein Scherz machte, Barry musste lachen, aber wahrscheinlich ist die Lage wirklich ernst.

Müsste man heute zu Wertanlagen was sagen, wäre einer meiner „heißen Tipps“: vintage Shirts von Punk-Bands aus der zweiten Reihe der 80er. Ich kaufte mir ein RKL-Tourshirt der 1993er Tour mit Bomber am Gesang, irgendwie verlor oder verschenkte ich es später, ich hab es auf jeden Fall nicht mehr. Schade! Neulich gesehen, dass jemand das auf etsy für 200 Euro verkauft, Alter!

12. Club mit einer Publikumskapazität von 1000, siehe https://en.wikipedia.org/wiki/Reseda_Country_Club

13. Und diese Snowboarder-Karriere ging auch wegen Drogen den Bach runter, Jason wurde im Thrasher Magazin gefragt: – What happened with your snowboard career? – The truth? – Yeah. – Drugs. (Vgl. thrashermagazine.com/articles/music-interviews/rkl/)

14. Jerry A. beschrieb diese Geschichte im zweiten Teil seiner dreibändigen Autobiografie (2022), die RKL-Story findet sich in „Black Heart Fades Blue: Vol. 2“ auf S. 109 bis S. 110. Ich schickte Barry später einen Screenshot, „sad story“.

15. Wie man seinen ganz privaten Rockstar völlig zufällig in seiner eigenen Stammkneipe trifft: ich verbrachte einen schönen Mittwoch-Spät-Nachmittag in der Zappbar, als ein älterer Mann reinkam. Auf amerikanisch bestellte er Bier nebst Whiskey und unterhielt sich mit Bartender über Zappa. Ich saß zwei Plätze weiter, hörte so mit halbem Ohr zu, als der Ami dann meinte, er wäre wegen Scheisse Minnelli-Gig diesen Freitag in der Au in Frankfurt, er würde da mitspielen – und da schaute ich mir den Typ genauer an. Er war mir unbekannt, wobei, das konnte ja unmöglich jetzt… der Typ jetzt hier, es wäre zu krass, aber: „Hier, sorry, but Barry???“. Auf dem Youtube-Videokanal von Barry gibt es auch massig RKL-stuff: u.a. Instrumental-Outtakes der RKL-Platten, RKLs erster Auftritt auf der ersten Europa-Tour in der Au in Frankfurt 1988, die erste RKL-Doku etwas editiert, siehe youtube.com/c/BKWard/videos.

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