Januar 14th, 2020

ZOSCH! (#137, 2009)

Posted in interview by Thorsten

That´s what I need to know !!!

Den meisten von euch sollte die Elektro-Punk Band zOSCH! schon einmal über den Weg gelaufen sein. Die Band hat letztes Jahr eine miniCD und dieses Jahr ihre Debut LP herausgebracht plus einen Haufen Konzerte in ganz Europa gespielt. Grund genug die Band mal unter die Lupe zu nehmen und zu gucken, was zOSCH! zu alle dem und noch mehr zu sagen haben. Das Interview ist in zwei Teilen, zum einen letztes Jahr im Jugend- und Kulturzentrum in Oerlinghausen und dieses Jahr in Köln entstanden.

Ganz allgemein erstmal, was hat es mit zOSCH! auf sich, stellt euch mal vor, bitte!

Tobi: Wir sind zOSCH! und proben in Köln!
Martina: Wir proben in Köln-Buchforst
Anike: Das ist doch Köln-Mühlheim
Martina: Oder Köln-Buchfink (Lachen)

Gut, dann hätten wir das ja schon mal geklärt. Eure Platten sind ja in Reviews recht gut angekommen. Da gab es öfter einen Vergleich zu „le tigre“. Hat die Band eine Bedeutung für euch?

Anike: Ja, wir kannten die schon, aber das sind jetzt nicht unsere Vorbilder oder so was.
Martina: Wir haben ja eigentlich angefangen Musik zu machen, weil wir einfach Lust darauf hatten.
Wir drei (zeigt auf Tobi und Anike) kannten uns schon vorher und das kam dann halt dabei heraus.
Wir haben uns nicht vorgenommen: ‚Oh, wir wollen klingen wie….‘ oder ‚wir machen jetzt Elektropunk‘ oder was auch immer.
Tobi: Der Vergleich mit „le tigre“ hinkt auch. Nur weil hier zwei Mädels rumkreischen und die Musik ein bisschen mehr Elektroeinflüsse hat, ist es nicht gleich wie „le tigre“. Die Leute kennen „le tigre“ und deshalb ist der Vergleich dann schnell da.

Ja, das könnte schon sein. In einem Review wurdet ihr als die „deutschen“ le tigre bezeichnet. Ehrt euch das ein wenig?

Martina: Klar, eine Band wie le tigre hat viel erreicht und bewegt… das kann einen schon freuen. Für uns ist es aber generell nicht unbedingt erstrebenswert mit großen Bands verglichen zu werden und „zu klingen wie…“ .

Wodurch wurde eure Musik denn beeinflusst?

Martina: Ich weiß nicht, wir machen das, was uns den größtmöglichen Spaß bringt. So fing es an und so gehts auch weiter.
Roland: Man macht das was man kann …und mehr können wir halt nicht. (Lachen)
Tobi: Da wir ja Punk ohne Gitarren aber mit Keyboard machen sind wir natürlich mehr von Gitarren- als von Elektrobands beeinflusst, naja und das kommt dann eben dabei raus.
Roland: Ich bin ja eigentlich bisher immer Gitarrist gewesen, deshalb war es mir am Anfang immer recht wichtig mit dem Keyboard eine Gitarre nachzuspielen. Und jetzt, wo´s mit dem Keyboard klappt, schnapp ich mir dann doch ab und zu mal wieder die Gitarre.

Spielt die Riot Grrl Bewegung eine Rolle für euch?

Anike: Für uns ist es selbstverständlich, dass Frauen so viel können wie Männer. Klar, das Ganze fing mit der Riot Grrl Bewegung an, aber das ist nicht das worauf wir uns jetzt explizit berufen würden.
Martina: In unserer Band sind die oftmals gesellschaftlich festgeschriebenen Rollen eigentlich kein Thema. Für uns ist es selbstverständlich, dass Fähigkeiten und Interessen nichts mit dem Geschlecht zu tun haben.

Ist es auch! Da ihr drei Frauen in der Band habt könnte ich mir vorstellen, dass ihr mit irgendwelchen sexistischen Aussagen konfrontiert wurdet. Nach dem Motto: Frauen haben im Punk/HC nichts verloren? Wobei es ja Quatsch ist.

Tobi: Ganz so heftig noch nicht. Aber dadurch, dass wir Maike am Schlagzeug haben, hören wir halt des öfteren: ‚Hö? Eine Frau am Schlagzeug?!‘ oder sie wird aufgefordert: ‚Spiel doch mal was am Schlagzeug!‘
Maike: ..oder: ‚Für ein Mädchen spielst du ganz gut.‘
Tobi: Und halt doofe Kommentare, wie: ‚Wie lange spielste denn schon?‘ Alles das was ein Typ nie gefragt werden würde, weil es da anscheinend ’normal‘ ist.
Maike: Auch: ‚Hast du extra für die Band angefangen Schlagzeug zu spielen?‘

Das hat aus meiner Sicht definitiv etwas mit sexistischen Rollenbildern zu tun…

Martina: Ja, es kommt schon vor, dass wir anders beurteilt oder bewertet werden, nur weil Frauen mit auf der Bühne stehen. Nach dem Motto: ‚Ist ja krass, dafür, dass ihr Frauen seid…‘
Anike: Oder auf einem Flyer steht: ‚Mit Frauen am Gesang‘. Bei keiner anderen Band steht: ‚Mit männlichem Gesang‘
Roland: Die obligatorischen ‚AUSZIEHEN!‘ Rufe kommen auch schon mal vor.

Und das ist dann nicht auf euch Jungs bezogen, sondern schon auf euch Frauen?

Martina: Na, generell finde ich, die könnten auch euch Männern gelten. Wenn die Rufe dann mal kommen, dann glaube ich aber leider, dass sie nicht gerade einen humorvollen Hintergrund haben, sondern dass sie explizit uns Frauen gelten. Und das finde ich sehr kritisch. Ich möchte ja Musik machen und nicht als Hupfdole begafft werden. Das kommt aber auch immer drauf an, wo und vor wem man gerade spielt.

Generell ist es ja zur Zeit so, dass es einige Bands gibt, die auch Keyboards oder Synthesizer dabei haben und elektronische Musik spielen. Sicher nicht zuletzt beeinflusst durch Bands wie „Mediengruppe Telekommander“ oder „Egotronic“. Seht ihr euch da in so einer Schiene?

Alle: Ne, gar nicht! Nein!!!
Tobi: Das Ding ist, alles was wir spielen passiert live, da ist nichts vom Band. Deswegen verstehen wir uns auch als Band und nicht als Elektroact.
Anike: Also eigentlich hören wir sowas persönlich auch kaum…
Tobi: …oder zumindest nicht hauptsächlich.

Stichwort Egotronic! Was hat es mit euerm Lied „Kriegste nicht“ auf sich?

Lautes Lachen
Tobi: Wir haben gedacht, was die können, das können wir auch!
Roland: Mehr muss man dazu eigentlich gar nicht sagen.

Ich denke auch der Aufmerksame Musikhörer, weiß dann auch Bescheid…
Diese besagten Elektroacts werden ja auch politisch in eine bestimmte Ecke gestellt. Ich will da jetzt keine besonderen Gruppierungen nennen, aber seht ihr euch in einer speziellen linkspolitischen Richtung?

Anike: Wir sehen uns schon als ‚links‘ an, aber nicht so, dass wir jetzt sagen könnten, wir sind „Antideutsche“ oder „Anti-Imps“. Auch wenn immer gesagt wird: ‚Kriegste nicht‘ sei ein „Antideutscher“ Song, das stimmt so nicht.
Tobi: Der ist schon gegen Deutschland und gegen das System, aber nicht direkt „Anti-Deutsch“.

Haben denn eure Texte politische Inhalte oder sind die doch eher persönlich?

Anike: Die sind irgendwie persönlich-politisch. Die meisten Texte entstehen aus irgendwelchen Situationen, die man erlebt und denen man dadurch Ausdruck verschafft. Die sind ja auch total unterschiedlich…
Martina: …von irgendwas Banalem bis hin zu irgendwelchen grundsätzlichen Sachen. Die Texte sind auch nicht irgendwelche literarischen Ergüsse. Ich finds interessanter, wenn es kurz, knapp und knackig ist. Das passt auch besser zu unserer Musik. Meistens steckt dann mehr dahinter, als man beim ersten Hören denkt…naja, zumindest für mich. Ehrlich gesagt fallen mir die prägnanten, persönlich-politischen Sachen immer nur auf dem Fahrrad, auf dem Weg mitten durch das ätzende Verkehrs-Stadtleben ein. Da es also in Köln keine Fahrradwege und viele grässliche Verkehrsteilnehmer gibt, sind die Texte dann meistens eher etwas anti…
Tobi: Die Kritik ist meist in einem netten, knackigen Text verpackt. Nicht so offensichtlich, dass es einem ins Auge springt, aber wenn man sich mehr damit beschäftigt, dann kommt man drauf.

Nach der mini CD habt ihr ja dieses Jahr eine Debut LP auf den Markt gebracht. Ganz schön produktiv. Seid ihr zufrieden mit eurem Werk?

Tobi: Ja sehr. Wir haben dieses mal viel selbst gemacht und haben solange daran rumgebastelt bis es uns gefallen hat. Vor allem Roland hat viele Stunden investiert, der ja auch für das zOSCH! dirtwork zuständig ist und alle grafischen Aufgaben bei zOSCH! übernimmt.

Wie kam es zu der Kooperation mit „Kids in misery“, dem Label auf dem die Platte erschienen ist?

Tobi: Als wir auf Labelsuche waren, machte uns ein Bekannter von Anike auf das Label aufmerksam und meinte, er könne sich vorstellen, dass das passen könnte. Also haben wir Kids in Misery angeschrieben. Lustigerweise hat am Tag zuvor ein Freund von Lars (kim) ihm von unserem Konzert ein paar Tage zuvor in Hamburg erzählt und wie gut er es fand. Dann kam eins zum anderen und Lars hat die Platte rausgebracht.

Geht das Album dann so weiter wie die miniCD oder gibt es Neuerungen bzw. Überraschungen?

Anike: Die neuen Lieder klingen einfach ausgefeilter, weil man natürlich auch immer dazu lernt.
Tobi: Es geht da weiter wo wir aufgehört haben.
Martina: Also es sind auf der neuen Platte auch Sachen drauf, die schon auf der miniCD sind, aber viel besser natürlich. Überraschungen selbstverständlich inklusive…

Wir haben ja eben schon über eure Texte geredet. Mir fällt gerade noch ein, dass einige Texte ja auf französisch sind. Das kenne ich hier aus Deutschland jetzt nur von Stereo Total, da liegt es aber auch auf der Hand warum die es machen. Was ist eure Motivation?

Martina: Ich weiß auch nicht wie wir auf französisch kamen. Wenn wir eine Textidee haben fällt uns dann spontan ein, welche Sprache dazu passen würde. Ich find die französische Verpackung meistens ganz gut.
Roland: Ich finde das auch cool.
Tobi: Die Mischung macht´s halt.
Martina: „Ferme ta grande gueule!“ klingt halt einfach viel besser als…
Anike: …“HALT DEIN MAUL!“
Tobi: Es ist quasi egal was du sagst, es hört sich immer gut an. (lachen)
Wenn ihr auftretet, habt ihr ja so Kostüme an. Ist das irgendwie ein Relikt aus dem Kölner Karneval?

Alle außer mir lachen

Martina: NEEEEEEEEEIN!!!

Ich meine ihr kommt ja aus Köln – Buchfink!

Wieder Gelächter.
Maike: Gebürtig komme nur ich aus Köln und eigentlich fliehen wir alle immer zur Karnevalszeit aus der Stadt.
Martina: Das mit den Klamotten ist irgendwie so entstanden. Es hat halt Spaß gemacht und dann haben wir das fortgeführt. Wie gesagt, Überraschungen auch da inklusive.
Roland: Anfangs noch im Tennis-Dress! Das ist wohl irgendwie hängen geblieben: Die Männer sportlich, die Damen in Abendgarderobe…
Martina: He, das von uns sollte auch sportlich sein.
Tobi: Aufgrund großer Nachfrage und damit ihrs alle wisst: Wir Jungs hatten erst Leggings an, haben uns aber dabei nackt gefühlt und werden es nun sein lassen!

Es geht ja dieses Jahr bei euch echt voran. Ihr habt ja deutschlandweit etliche Konzerte und vor kurzem eine Europatour gespielt. Wie kommt und ihr da dran und kommt ihr dann immer auf eure Kosten? Oder müsst ihr auch mal was dazulegen?

Tobi: Nein, es läuft überraschend gut. Müssen nie drauflegen, sondern es kommt immer mal was in die Bandkasse, wovon wir dann neue T-Shirts drucken lassen, Aufnahmen bezahlen usw. Um Konzerte kümmere hauptsächlich ich mich. Wir kommen da halt über Kontakte und Freunde dran. Leute von früher mit denen man in anderen Bands gespielt hat oder irgendwo mal getroffen hat usw. aber natürlich auch blindes Anschreiben von Locations und Konzertgruppen in Städten wo man keinen kennt. Wir bewegen uns viel in D.I.Y. – Strukturen und da ich hauptsächlich Leute kenne, die Punk/HC Shows machen, spielen wir dementsprechend auch oft mit Bands, wo es dem ersten Anschein nach nicht passt, aber dann doch sehr gut funktioniert.
Anike: Läuft halt, weil ja eh alles so klein ist. Man kennt sich einfach durch andere Bands oder durch das Label in dem ich aktiv war, lernt Leute auf anderen Konzerten kennen…

Und die Tour, wie war die?

Tobi: großartig. Ohne Scheiss. Mir fällt gerade nichts ein, worüber ich meckern könnte, obwohl ich das echt gut kann, haha. Wir hatten von 17 Tagen 12 Tage super Wetter, der Van hat durchgehalten, die Polizei hat uns in Ruhe gelassen, es gab keinen Streit, die Stimmen haben (mehr oder weniger) gehalten, das Essen war vorzüglich und wir hatten immer Pennplätze mit Matratzen (Wow!) …hm, irgendwie total langweilig, haha. Wir haben eine Menge sehr netter und engagierter Leute kennen gelernt ohne die so was einfach nicht möglich ist, aber auch alte Bekannte in Slovenien und Frankreich wieder getroffen, die man nicht jeden Tag zu Gesicht bekommt. Das ganze wurde dann noch von super schönen Landschaften und Gegenden untermalt.
Anike: Ja, und wie! Ich hatte noch nie in meinem Leben so richtig hohe, schneebedeckte Berge von Nahem gesehen.
Roland: Davon gabs dann in Österreich, Schweiz und Slovenien genügend. Und zum Tourabschluss dann noch ein leckeres Frühstück am Meer in Frankreich.
Maike: Und viele lustige Dialekte gabs auch!
Tobi: Unglaublich fand ich auch Zürich. Da haben wir in der Boschbar gespielt, die in mühevoller Arbeit mittels selbstgebauter, riesiger Leuchtschriften in die Zoschbar umgebaut wurde. Super Aktion!

Das ist schön. Auf was für Veranstaltungen oder in was für Clubs habt ihr dann in den anderen Ländern gezockt? Nur Squats oder …

Tobi: Zieht sich durch wie in Deutschland auch: Squats, Jugendzentren, kleine Clubs, autonome Zentren. Irgendwie alles halt. War ne schöne Mischung aus allem, was das ganze auch sehr abwechslungsreich und interessant gemacht hat.

Wo fährt der zOSCH! Partybus denn noch 2009 hin? Irgendwelche Pläne?

Tobi: Wir werden soviel touren und Konzerte spielen wie es unsere Zeit zulässt.
Martina: …zumindest so lange wir uns noch vertragen.
Roland: Och…noch geht´s doch! (lachen)
Anike: Wir sind ja auch noch keine 24 Stunden unterwegs.
Martina: Ne Quatsch, die letzte Tour haben wir alle mit Bravour bestanden. Es kann also weitergehen.

Wichtigste Frage zum Schluss. Welche Band oder welches Album läuft zur Zeit im Partybus hoch und runter?

Anike: Och, eigentlich gar keins. Das könnte ich jetzt so gar nicht sagen.
Tobi: Wir können uns vielleicht nicht drauf einigen was läuft, aber zumindest was NICHT läuft: Bruce Springsteen!!! (lachen)
Anike: NEIN! Jetzt hört´s aber auf!
Martina: Wir hören keine Musik rauf und runter, sondern Blättern Zeitschriften durch! Wir gönnen uns bei jeder Fahrt eine BRAVO Girl.
Tobi: Und da Roland ein sehr guter Vorleser ist, liest er uns immer den neusten Lifestyle aus der BRAVO Girl vor.
Roland: Die Zeitschrift ist aber vom Layout hässlich.

Und das ganze vielleicht im Vergleich zum Trust jetzt?

Roland: Das Trust ist einfach nicht so bunt wie die BRAVO Girl… (lachen)

Das war doch mal ein super Schlusswort! Ich danke euch für das Interview!

Einleitung/Interview: Jörn Doiwa
Fotos: zOSCH!

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