Mai 31st, 2023

Tranny – Laura Jane Grace

Posted in bücher by Dolf

Golden Press, Fehrfeld 4, 28203 Bremen, www.thegoldenpress.org

“Hier, dann kann ich dir das Buch auch gleich mitgeben” sagte die Verlegerin als ich ihr letztes Jahr ein paar TRUST-Hefte ihn ihren Buchladen brachte. “Nein, das lese ich nicht!” War meine spontane und zugegebenermaßen sehr unhöfliche Reaktion. Ich nahm es dann doch mit und versprach es in den Rezensionspool zu packen oder es gegebenenfalls selbst zu lesen. Als ich dann sah und erinnert wurde das es von einem Bremer Freund übersetzt wurde, dachte ich mir, na gut dann lese ich es doch. Stellt sich die Frage warum meine erste Reaktion so ablehnend war?

Wahrscheinlich weil mir intuitiv durch den Kopf schoss das die Person um die es sich handelt, welche auch das Buch geschrieben hat, mal in einer ganz ordentlichen Punk Band gespielt hat, die dann, wie so viele andere Bands, den Rockstar-Weg eingeschlagen hat, mit Major Label, Stadion Tour und dem ganzen Scheiß. Das hat mich noch nie interessiert. Und das die Frontperson jetzt eine Sängerin ist – das ist, hoffentlich, gut für sie, aber mir im Prinzip Latte.
Kommen wir also zu dem Buch, welches bereits 2017 im englischen Original erschienen ist, das jetzt auch auf Deutsch vorliegt. Es ist die Geschichte von Laura Jane Grace, einem Menschen welcher schon in früher Kindheit gern ein Mädchen gewesen wäre, dies sein ganzes Leben lang spürt, ja davon gequält wird, es aber irgendwie nicht wahrhaben will. Das ganze nennt sich Genderdysphorie und wahrscheinlich können das emotional nur Menschen nachvollziehen die selbst davon betroffen sind. In dieser Mischung aus Autobiografie und Tagebuch erzählt Laura aus ihrer Kindheit und wie sie zum Punk gefunden hat, eine Band – Against Me! übrigens, gründete und mit dieser durch die Welt tourte und irgendwann beim Major landete. Soweit so langweilig. Was es etwas interessanter macht ist wie die Autorin sich selbst betrachtet, nämlich als Arschloch, das versucht mit Alkohol, Drogen und letztendlich auch mit dem “großmachen” der Band das Verlangen nach Crossdressing zu bekämpfen. Es wird viel gesoffen, gekokst, gestritten und es werden auch ziemlich häufig Bandmitglieder ausgetauscht. Ob das nun alles aus Selbsthass geschah und sie deswegen viele WegbegleiterInnen so scheiße behandelt hat? Oder ist sie einfach nur ein Mensch der, wie viele andere, denkt, die Welt dreht sich um sie? Vielleicht weiß das niemand und es spielt auch keine Rolle. Letztendlich fand die Transformation dann statt, nachdem sie sich spektakulär in einem Interview 2012 geoutet hat und es bleibt zu hoffen das Laura Jane jetzt und in Zukunft glücklich ist.
Das Buch liest sich eigentlich ganz locker weg, es sind immer die gleichen Tourstorys von denen man schon zig mal gehört hat oder im günstigsten oder ungünstigsten, je nach dem, Fall schon selbst miterlebt hat. Am “lustigsten” finde ich wenn sich die Autorin darüber beschwert das ihr die alten Fans sellout vorwerfen – denn, genau das hat sie ja gemacht. Ob dafür ihre Genderdysphorie verantwortlich ist? Was weiß ich… es gibt sicher tiefer gehende Bücher die sich mit einer Gendertransformation auseinandersetzen und auch “bessere” Autobiografien von Rock’N”Rollern – hier liegt eben eine außergewöhnliche Mischung vor. Bei einer Buchrezension von einem Fan stand zu lesen: “Laura Jane Grace ist ein ziemlich unsympathischer Mensch“. Keine Ahnung, kenne sie nicht…. Sicher besonders für Menschen interessant die entweder Against Me! Fans sind oder sich für die Transgender-Thematik besonders interessieren. Mit einem Nachwort von Ingo Ebeling und einigen Seiten Fotos. 383 Seiten, gebunden, 25,00 Euro (dolf)

Isbn ‎ 978-3985390021

[Trust # 219 April 2023]

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