RAKETENHUND (#104, 2004)
der RAKETENHUND ist eine band aus braunschweig.
ich muss sagen das ich nie besonders viel für diese stadt, geschweige denn für bands aus dieser stadt übrig hatte, aber wer den RAKETENHUND einmal hört, wird vollends von der truppe überzeugt sein.
schon der name macht symphatisch, eine rakete ist schnell, kann zerstören und ein hund kann scheissen, ein RAKETENHUND kann also diese stadt schnell zerstören und drauf scheissen.
nein, im ernst, die band stellt sich die aufgabe, ihren deutschsprachigen texten ein höheres niveau als den allbekannten ansagen zwischen „(d)englischen“texten zu verpassen und das gelingt ihnen auch stets, der musikalische aspekt wird dabei natürlich nie vernachlässigt.
nichts lag also näher, als ein Interview und als sich die möglichkeit im rahmen eines TURBOSTAATkonzertes (RAKETENHUND, SWANTJE und BORN TOLOUSE als support) ergab, packte ich sie beim schopf und traf mich mit 4 kompetenten gesprächspartnern zum bier.
ok,stellt euch erstmal vor.
anne: bass.
heine: schlagzeug.
torsten: gitarre.
jan: gitarre,singen.
das neue album „raus aus gartenstadt“ (gartenstadt=stadtteil in bs) ist in zusammenarbeit mit plasticbomb herausgekommen. wie kam es zu dem titel?
torsten/jan:wir dachten, dass sich viele leute mit der „gartenstadt“, also dem prinzip der plansiedlung, identifizieren können, sowas gibt es ja eigentlich in fast jeder stadt, fälschlicherweise denken aber alle, dass wir aus der gartenstadt kommen,aber….
(setzt ein)…heine:..wir kommen aus braunschweig-schwarzer berg, -bienrode,-veltenhof.
wie habt ihr euch gefunden?
heine:wir sind eine (ex-)schulband, wir sind vom lessing gymnasium wenden.
torsten:wir sind 50% der gitarren-ag von herrn jeschke.
warum macht ihr musik? was sind eure ziele? und ganz clichè, wollt ihr davon leben? was macht ihr „hauptberuflich“?
heine:wir sind studenten(was sonst)!
jan:das ist ja so eine sache, mit dem davon leben klappt ja bei solcher musik wahrscheinlich nicht,aber wir bereiten uns schon darauf vor…
anne:..oder auch nicht.
torsten: noch haben wir schulden und müssen noch mehr platten verkaufen.
wie würdet ihr eure musik selbst beschreiben? als hochschul punk?
anne: (entsetzt)nein, bloss nicht.
torsten: art-schoolpunk, denn wir haben ja auch eine freie künstlerin in der band.
heine: in der ox stand, give me triebwerk punk or give me death.
torsten: heute auf dem flyer stand: deutschpunk mit auge
jan: dann schon eher wie TURBOSTAAT
wie betrachtet ihr die „szene“ in bs?
jan: naja ich kenn´nen haufen leute und die sind grösstenteils meine freunde und heute alle hier, aber soviel kriege ich da auch nicht mit.
anne: naja, das mit dem forellenhof-sampler (forellenhof=JuZe in salzgitter, hat lokal-sampler veröffentlicht) vielleicht, aber das waren fast alles hardcore bands.
torsten: es gibt eigentlich schon viele bands, man sieht ja immer plakate vom rockbüro.
heine: hier ist heute schon die „szene“ zusammen mit SWANTJE und wir spielen ja auch in anderen bands, also hier ist schon was vorhanden.(zu den anderen bands gehören unter anderem die GRÄTENKINDER)
was habt ihr sonst noch vor? lasst ihr alles auf euch zukommen oder habt ihr pläne?
jan: also, wir planen schon, wir machen eine kleine tour im februar/märz, aber alles aus eigener kraft.
anne: auf jeden fall keine rockwettbewerbe.
heine: naja, kein masterplan, neue gute lieder zu machen, was an sich ja schon reicht. die frage ist ja auch, wie ambitioniert kann man denn als „deutschpunk“-band sein? haben wir uns schon auf einen stil geeinigt? man versucht eben soviele konzerte zu geben wie möglich, und immer mal wieder neue lieder und neue platten zu machen, aber irgendwelche grossen ambitionen sehe ich da nicht.
jan: es ist ja schon gut, neue platten raus zu bringen ohne draufzuzahlen, noch können wir das leider nicht behaupten,aber das wird wohl noch werden. ansonsten ist es eben schwierig, weil wir alle in mehreren bands spielen gibt es da oft überschneidungen z.b. konzertmässig ist ausser der tour bis mitte april nächsten jahres nicht viel zu machen.
torsten: sachen wie vinyl hätten wir ohne die zusammenarbeit mit plastic bomb so nicht machen können, schönen gruß an dieser stelle noch mal an sven.
alles deutschsprachige war ja genreübergreifend in diesem jahr sehr erfolgreich…würdet ihr die „indi/DIY“-szene verlassen?
jan: also ich weiss nicht, ob ein major was bringt, weil denen geht es ja nicht gut…
torsten: ja und das auf den majorlabels ist ja auch nicht unsere musik, aber gegen ein video von flori lose hätten wir nichts.
heine: wenn man nicht die musik machen kann, die man mag, kann man ja auch gleich „normal“ arbeiten gehen.
torsten: also du hast ja vorhin WIR SIND HELDEN angesprochen, wir waren bei dem konzert hier in braunschweig, da waren die RAKETENJUNGS aus hamburg als support und haben uns netterweise eingeladen, da waren ca.2000 leute und bei solchen menschenmassen fühl ich mich nicht wohl, das ist wie am letzten adventssamstag in die stadt gehen.
jan: ich habe mit so grossen hallen meine schwierigkeiten, als besucher sowie auch als musiker.
anne: ja, wenn man auf einer 1,50m bühne spielt, ist es beschissen, aber 3 tage später auf dem wohnzimmerboden ist es natürlich viel geiler.
was haltet ihr von der „re“-poilitisierung der punk- und musikszene im allgemeinen?
jan: ich würde nicht wegen nur der einstellung kaufen, für mich macht es die bands aber schon symphatischer, ich hör mir erstmal die musik an, aber allein schon durch die punk-sachen, die ich höre, ist es ja eh schon so, dass auch polit.aussagen getroffen werden, das ist auf keinen fall verkehrt
torsten: ich würde da als beispiel die neue platte NOFX anführen, da ist die offensichtliche politische aussage das tüpfelchen auf dem i, wobei WHITE TRASH oder PUNK IN DRUBLIC super scheiben sind, gibt dieses neue politische dem ganzen doch mehr. Ich muss aber auch sagen, dass z.B. TURBOSTAAT auf mich, bezogen auf ihre texte, nicht übertrieben politisch wirken, aber eben linke läden spielen, aber das haben ja schon FUGAZI gesagt, dass es mehr darauf ankommt, was man macht und nicht was man sagt, sprich benefiz e.t.c
heine: ich würde da als negativ-beispiel, zumindest ist es mir persönlich als negativ aufgefallen, bei
T(I)NC, dass man sich den typen nicht anhören konnte, der hat da marxismus- predigten auf der bühne gehalten. dieses predigen ist übertrieben und nervt.
lp oder cd?
anne: cd, weil ich zu faul zum umdrehen bin.
jan: ich höre viel platte.
torsten: es ist schon gut, das es cd´s gibt, weil manche platten hätte ich mir nicht durchgehend angehört wie LEATHERFACE-MUSH.
jan: bei singles nervt das umdrehen.
was dreht sich bei euch im moment auf dem plattenteller?
heine: THERMALS, die habe ich life im nexus gesehen, ich fand die life nicht so gut, aber auf platte super, dann noch die neue WEAKERTHANS.
anne: ich habe immer so meine schwierigkeiten, lieblingsplatten zu benennen, ich entdecke aber immer platten wieder, wie zum beispiel gerade die „SUPERPUNK-WASSER MARSCH“ , die habe ich vor 2 jahren gehört und jetzt wieder jeden tag.
jan: ja auch SUPERPUNK, die EDBEERTÖRTCHEN, aber das ist so indy-pop mit ohne gesang, die neue turbostaat und momentan auch viel amerikanischen indy pop, NADA SURF, the GO BETWEENS….meine allzeit favoriten punk platte ist JAWBREAKER-DEAR YOU
torsten: die neue TURBOSTAAT und LEATHERFACE-MUSH
vielen dank für das interview und viel spass bei der show.
der RAKETENHUND spielte als drittes und legte ein super brett ab.
das publikum war durch die beiden 1.bands und durch biertechnische abkühlung genau auf der richtigen temperatur.zu sehen gab es zudem geile dia´s und ein superbes cap. jeder, der auch nur im entferntesten etwas mit bands wie MUFF POTTER, TURBOSTAAT, OMA HANS, vielleicht auch BRATSETH oder den BOXIS anfangen kann, sollte sich auf jeden fall die „raus aus gartenstadt“ zulegen und bei einer der shows im nächsten jahr vorbeischauen.
P.S.- warum wird braunschweig immer mit castrop-rauxel verglichen? nicht, das ich was dagegen hätte, nur so aus interesse,das war auch schon in der henkel-biografie so.
Interview: Philip Nee-Kotey