März 25th, 2020

RACHAEL GORDON aus #99, 2003

Posted in interview by Jan

Winterdepressionen noch nicht abgestreift? Frühjahrsmüdigkeit? Keine Bange, hier kommt das Rezept gegen Unmut und Lustlosigkeit! In Form eines Tonträgers. „Coming Of Spring“ heißt er. Dargeboten von Rachael Gordon. Die sieht nicht nur ganz bezaubernd aus, sie singt auch noch wie Deborah Harry oder Jane Wiedlin zu besseren Zeiten. Musikalisch unterstützt wird sie dabei von einer Allstar-Band. 14 Stücke, 14 mal schimmernder, crunchiger Powerpop, wie sie ihn nur diese Südkalifornier hinbekommen. Wir sprachen mit Rachael. Über die Platte, die anstehende Tour – und ihre Anziehungskraft auf junge, gutaussehende Männer.

Rachel oder Rachael?
Rachael, definitiv. Auf dem Album steht´s falsch drauf, das hat für etwas Verwirrung gesorgt.

Victor Penalosa (Zeros, Flying Color), Ray Brandes (Tell Tale Hearts, Crawdaddys), Bart Mendoza Shambles, Manual Scan): Du hast nicht nur mit den kompetentesten, sondern auch mit den bestaussehendsten Leuten der aktuellen Popszene gearbeitet. Bist Du unwiderstehlich?
Was denkst Du denn, na klar, haha! Danke für das Kompliment, die Jungs freuen sich bestimmt darüber, dass sie als „gutaussehend“ eingestuft werden, hehe. Es sind alles großartige Typen und gute Freunde!

Herzlichen Glückwunsch zu Deinem neuen Album „The Coming Of Spring„ (CD/LP Sounds Of Subterrania). Ich denke, es ist eine der besten Pop-Platten jüngeren Datums. Und obwohl Du keine Songwriting Credits bekommst, klingt die Scheibe wie aus einem Guss. Hast Du die Arrangements alle selber gemacht oder beim Schreiben der Songs in irgendeiner Form mitgewirkt?
Ja, ich habe die Musik und den Gesang arrangiert – es ist sozusagen mein eigenes Baby. Die Band-Originale sind mir auf den Leib geschrieben worden. Und ich habe schon einen Haufen neuer Stücke für das nächste Album.

Die Coverversionen sind sehr geschmackvoll ausgewählt (Records, Flying Color, Babys,etc.). Hast Du eine große Plattensammlung?
Doch, schon. Aber sie könnte noch umfangreicher sein. Ich bin fanatisch nach guter Musik. Und ich höre alles mögliche – von Fairport Convention bis Heart. Nur gut muss es sein…

Apropos: Wie kommt es, dass sich jede Band, die Badfinger covert, Maccas „Come And Get It„ vorknöpft (Ich persönlich halte den Song, obschon ihr vermutlich erfolgreichster, für einen der schwächeren). Die Shambles haben, glaub´ ich, mal eine Version von „No Matter What“ gemacht. Aber wann endlich wird sich eine Band an „Baby Blue“ heranwagen – den perfekten Pop Song!?
Vielleicht covern wir den beim nächsten Mal. Trotzdem: Ich mag „Come And Get It“! Der Song hat einfach geklickt im Studio. „Day After Day“ wäre auch einen Versuch wert…

„Disraeli Gears„ im Alter von zwei Jahren zu hören (steht in den Liner Notes), hat offenbar keinen größeren Schaden bei Dir angerichtet. Keine Spur von Cream auf Deiner Platte, gottlob. Was sind denn Deine Haupteinflüsse (abgesehen von Deiner Badewanne und einem guten Tropfen Rotwein, ebenfalls auf der Plattenhülle nachzulesen…)?
Das ist eine Stimmungssache, die ständig wechselt. Momentan bin ich auf so einem John Waite/Babys-Trip. Aber ich höre auch sehr viel Sixties-Zeug den lieben langen Tag.

Auf Deiner Debut EP (erschienen beim spanischen Label Snap Records) hast Du sowohl Paul Collins` Überhit „Rock´n´Roll Girl„ gesungen, als auch einen Song seiner ersten Band, The Nerves. Er war wohl außerdem für die Produzentenrolle Deines Albums im Gespräch (die letztlich Mike Kamoo übernommen hat). Hast Du Paul tatsächlich getroffen und – falls ja – warst Du nervös, dieser lebenden Powerpop-Legende gegenüberzustehen?
Nein, nervös war ich nicht. Versteh´ mich nicht falsch, ich liebe seine Musik, und er ist ein großartiger Typ. Aber er ist einfach „one of the guys“ in der hiesigen Powerpop „Szene“ (falls es so etwas gibt), alle sind hier per Du. Die Bands hängen zusammen ab – letzte Woche hab ich beispielsweise mit John Wicks von den Records Kaffee getrunken (oh mein Gott! – d. Verf.), vielleicht spielen wir ein paar Shows an der Westküste zusammen. Jeder von diesen Leuten ist sehr umgänglich und hilfsbereit, das macht großen Spaß. Paul mochte unsere Version von Rock´n´Roll so sehr, dass er und Jack Lee (Pop-Gott, Nerves-Kollege und „Hangin´ On The Telephone“-Autor – d. Verf.) gleich ein paar Backing Vocals in einem Hollywood-Studio aufnehmen wollten. Aber dann musste Paul erst noch ein paar andere Projekte beenden, so dass das Ganze erstmal auf Eis liegt. Kann aber gut sein, dass wir die Idee später wieder aufgreifen. Zusammengefasst: Wir sind alle gute Freunde.

Deine erste EP ist in einem Land erschienen, das dafür berüchtigt ist, selbst die obskursten Pop Gruppen im nationalen Radio rauf und runter zu spielen. Seid Ihr „Big In Spain„?
Naja, „Big“…?! Aber etwas bekannter sind wir dort schon. Die EP hat ´ne Menge Airplay bekommen. Und sie war der Auslöser dafür, dass Gregor von Sounds Of Subterrania auf uns angesprungen ist. Spanien steht außerdem auf meiner Tour-Wunschliste ganz oben. Alle meine Freunde haben da schon gespielt – und kriegen sich gar nicht mehr ein, so geil sei es, dort aufzutreten.

Die Band, die auf der Single zu hören ist, The Very Idea, klingt für mich nach einem Allstar Powerpop Line-Up: Victor Penalosa, Hector Penalosa, Ray Brandes, Bart Mendoza. Existiert diese Gruppe tatsächlich, hast Du mit diesem exquisiten Personal auch Live Shows gespielt?
Wir haben nur ein einziges Konzert unter diesem Namen gespielt, ein Powerpop Festival im Casbah Club, gemeinsam mit Jason Falkner, den Beachwood Sparks und anderen Künstlern (was für ein Programm, warum gibt es hierzulande so was nicht? – d. Verf.). Und selbst da sind wir in einer anderen Besetzung aufgetreten (Stony von Lions and Ghosts, Peter Meisner von den Crawdaddys/Telltale Hearts etc.), weil die Jungs von der EP für diesen Gig unabkömmlich waren.

Ich habe außerdem ein paar Akustik Shows mit Bart und Ron Silva gemacht. Im Moment trete ich gerade mit Joey Francesco von Lovelight Shine auf. Das größte Problem ist, dass alle diese Leute ihre eigenen Tour Bands haben, manchmal ist es verdammt schwer, die alle zur selben Zeit am selben Ort zu versammeln. Deshalb trifft es sich gut, dass ich aus so einem riesigen Pool hilfsbereiter Musiker auswählen kann, hehe.

Du hast früher bei einer Band namens The Sleazybeats (toller Name!) gespielt. Wie waren die so, habt Ihr auch Sachen aufgenommen?
Die Sleazybeats, ja. Wir haben ein paar Shows in L.A. gespielt. Und einen Song auf der „Tiger Style“-Compilation veröffentlicht. „Phil Spector’s Birthday“ hieß der, geschrieben von Jay Wiseman (Trebles/Hoods/Mach V) und Sandra Castillo (eine sehr talentierte Fotografin – sie macht alle meine Bilder). Das ganze war aber wesentlich „garagiger“ als das, was ich heute mache.

Wann hat Deine „Solo„-Karriere begonnen, wie bist Du mit den Jungs zusammen gekommen, die auf dem Album zu hören sind?
Ich hab´vor etwa fünf Jahren damit angefangen, in kleineren Clubs zu singen; aber ich wollte eigentlich immer schon eine „richtige“ Band dabei haben. Was die Jungs betrifft: Ich bin ständig mit Musikern ausgegangen. Und deren Freunde sind fast immer ebenfalls Musiker. Über die Jahre hat sich so eine erkleckliche Menge an Leuten gebildet… Viele davon haben ihre Hilfe geboten, als ich ihnen erklärte, ein Album rausbringen zu wollen.

The Blondes, The Excessories, Teenmachine: Die Zahl der Bands aus Deiner Gegend, die Pop und Rock´n´Roll miteinander verschmelzen, scheint stetig zu wachsen. Bist Du mit diesen Gruppen vertraut, gibt es eine fruchtbare So Cal-Szene?
Diese Bands sagen mir auf Anhieb nichts, aber es gibt so viele andere großartige Kapellen: The Stereotypes, The Shambles, Lovelight Shine, The Loons, The Bad Apples, Silver Sunshine, etc. etc. etc.. Es gibt mehr als 100 Clubs in San Diego – ist halt eine große Stadt – und keinen Mangel an coolen Gruppen. L.A. ist sogar noch besser, und bis dahin fährt man nur ein paar Stunden. Je nachdem wieviel Verkehr gerade ist…

Thema L.A.: Los Angeles veranstaltet das größte jährliche Powerpop Festival der Welt, das IPO (International Pop Overthrow). Haben die Dich bereits eingeladen – oder bist Du mehr „Punk Rock“, als Ausrichter und Publikum vertragen können?
Nein, sie haben mich tatsächlich gefragt, und ich beabsichtige auch, dort aufzutreten. Die Konzerte sind gut gemischt, es treten durchaus Bands mit Punk-Einflüssen auf. Was wir denen beim IPO präsentieren werden, wird indes einzigartig sein, glaube ich.

Wann werden wir Dich in „Old Europe„ zu Gesicht bekommen? Es gab Gespräche über eine Tour im Mai, kannst Du schon irgendwelche Termine bestätigen?
Wir arbeiten noch dran, ich möchte so schnell wie möglich nach Europa. Mai wird wohl nicht klappen – es ist ein logistischer Albtraum, die Band und all das zusammen zu bekommen. Aber sobald alles sortiert ist, hat diese Tournee absolute Priorität.

Letzte Frage: Gerüchten zufolge sollst Du in einer amerikanischen Ausgabe des Playboy Magazine erschienen sein: Bilder oder Interview?
Haha, immer diese Gerüchte. Nein, bislang war von mir noch nichts auf deren Seiten zu sehen.

Interview: Frank D. & Florian

Both comments and pings are currently closed. RSS 2.0