Oktober 3rd, 2019

OMEGA MASSIF # 168/10-2014

Posted in interview by Jan

„Also, dieses „Kein Gesang“-Ding kam schon sehr stark aus meiner Richtung. Ganz einfach deswegen, weil es mir echt immer total auf den Sack ging, dass bei Bands immer so ein Hempel ins Mikro schreit. Das ging mir immer auf den Senkel. Es gibt Leute, die das sehr gut machen, dann sollen die das auf jeden Fall machen – und es gibt Leute, die schreien, damit einer schreit, so was hat mich schon immer gestört.“

Omega Massif: Die Dialektik des Gebirges

Omega Massif sind eine der beeindruckensten (live-) Bands. Sie stehen in einem Kontinuum aus geilen „neuen“ Bands aus Deutschland, die aus dem HC-Punk kommen, soundmässig aber eher in doomigen metallischen Sümpfen beheimatet sind.

Es waren dann doch wieder die USA, die die gerade auskliegende kulturelle Sub-Epoche im HC eingeläutet haben. Ohne Earth auf Sub Pop logischerweise keine Earth-Tribute Band namens Sunn O)) und auch kein Southern Lord. Ohne Southern Lord vielleicht auch kein Exile on Mainstream, Denovali, Roadburn etc. pp? Sicherlich übertrieben. Und ich möchte im Falle von Omega Massif gar nicht groß von „Erneuerung des HC“ reden, die Band sieht sich eh möglicherweise mehr im Bereich Doom und daran angrenzende Gebiete.

Erfreulicherweise visitieren Omega Massif oft unsere AJZ-Szene zwecks Darbietung ihres absolut fesselnden instrumentalen Doom-Cores. Ich sah sie mehrmals live, bei den Heartcore-Tagen in Wermelskirchen, in Frankfurt im Exzess, ich glaube, noch auf einem Festival…Immer grossartig! Schon klar, dass sie nicht die erste Instrumental-Band der Welt sind. Aber es ist einfach geil. Die Leute sind lustig, nicht dumm und spielen tolle Musik.

Das aussagekräftigste Interview mit der Band findet sich online auf der Seite des Metal Hammers, dort wurde eigentlich alles gesagt. Warum jetzt ich, gerade auch weil ich eigentlich nicht so der Fan der genannten Stilistiken bin? Ich bin Fan. Das Trust ist ein Fanzine. Omega Massif sind besonders live ein geiler Trip, der von meinen sonstigen Hörgewohnheiten ganz zauberhaft abweicht. Es ist eine ganz besondere Atmosphäre, die die Band erzeugt. Liegt es an dem fehlenden Gesang? An der Gitarrenwand? Dem changieren zwischen cleanen und verzerrten Gitarren?

Und so trug es sich zu, dass das Interview schlussendlich bei dem Konzert von Omega Massif in der Oetinger Villa zu Darmstadt stattfand. Entgegen alternativen Planungen, die dann doch nicht hatten sollen sein, wie dem Treffen in der Homebase im Proberaum Würzburg, oder auch das besonders kreative Szenario: ich steige an der A3 Ausfahrt Frankfurt in den Bandbus hinzu, wir trinken Bier und reden, derweil wir Richtung Denovali Swingfest in Essen cruisen, wobei der Londoner Ableger sicherlich auch seine Reize…

Die Landung des Raumschiffes Omega Massif erfolgte in Darmstadt gegen 18 Uhr, die Kapsel Trust schlug um sieben Uhr auf. Total verrückter Ablauf dann: Soundcheck, Malzbier, Happa Happa (vegane Lasagne (und mit Käse), Salate, frisches Brot, Obst, selbstgemachtes Mousse au Chocolat, wow), Backstageraum, Bier, laber laber, geiles Konzert, mit 300 Leuten ausverkauft, ich war echt der letzte, der noch rein durfte…super Abend, tschüss.

Hier noch die beliebten offiziellen Fakten zu dem Sportsteam Omega Massif. Gründung 2005. Mucke: instrumentaler Heavyweight-Mountain-Doom-Post-Hardcore-Black-Metal-Maiden-Core. Die Band besteht aus den Gitarristen Andreas Schmittfull und Michael Melchers. Christof Rath ist der Schlagzeuger und Boris Bilic ist on the bass. Veröffentlichungen: Demo „Kalt“, Platte „Geisterstadt“ auf Radar Swarm Records. Zwei Split-Veröffentlichungen (mit Mount Logan und Tephra), zweite Platte „Karpatia“ auf Denovali Records.

Der Plan für das Interview war, dass ich anfangs unauffällig meine angelesenen Kenntnisse über „den Drone“ präsentiere und die Band daraufhin sicherlich mein cooles Wissen zu würdigen weiß. Velvet Underground wird ja gemeinhin durch die Viola von John Cale der Proto-Pionier-Drone zugesprochen. All die weil: es kam anders. Anwesend waren alle vier Bandmitglieder.

***

Ein kurzer Vocal-Test für das Diktiergerät, einfach irgendwas sagen, also, ihr seid jetzt also Slayer?
Alle: Manowar!

Check Check…passt! Sehr schön, lasst uns loslegen. Beginnen wir locker, mit ner Runde assoziativer Fragen, ich werfe einfach ein paar Bandnamen bzw. Begriffe ein und ihr sagt was dazu… Terry Rileys Drone-Musik?
Andreas: Bin raus.

Christof: Wer?

Boris: Auch raus.

Velvet Underground?
Andreas: (schweigt)

Christof: Ich meine, schlecht ist es sicher nicht, aber… (verstummt)

Ich denke, das wird hier ein super Interview. (lacht)
Andreas: Das denke ich auch. (lacht)

Boris: Nico finde ich super. Die ist ja Deutsche gewesen, Kölnerin. Aber sonst…

Die Band hat euch offensichtlich null beeinflusst?
Christof: Nee, also, aus der Ecke vielleicht eher die Doors.

Stimmt ihr meiner Meinung zu, dass Sunn O)) überbewerteter Studenten-Mist ist?
Andreas: Ich war auf der ersten Tour von Sunn O)), in Nürnberg, am Ende waren mein Kumpel und ich so ziemlich die einzigen, die noch drin standen, wir haben uns vor Lachen echt bepisst. Wir fanden das so gut, dass eigentlich die ganze Zeit über nichts passierte, und die Leute sich trotzdem dann tot gekauft haben.

War das da auch schon mit den Kutten im Nebel?
Andreas: Ja, das war schon die Show. Und das wollen die Leute, wenn sie dann da mit einem Glas Rotwein stehen.

Christof: Ich weiß immer nicht genau, warum die Leute so etwas machen, also, was ihre Motivation ist. Es kann ja auch der ultimative Mittelfinger sein.

Andreas: Aber wenn es der Mittelfinger sein soll, dann finde ich den Hype darum dann auch nicht so toll. Ach, ich weiß nicht, zu Hause kann ich mir die auch kaum anhören.

Die Band wird gerne in eurem Kontext genannt, so als Wegbereiter. Ist denn dann der Bohren und der Club of Gore mehr nach eurem Geschmack?
Andreas: 100 Prozent.

Wer auch immer gerne gedropt wird, ist The Ocean; liegen die in eurer Spur?
Andreas: Nico (früher Gesang bei denen), den kenne ich ein bisschen. Wir hatten damals Konzerte in Schweinfurt gemacht und die dort veranstaltet, das ist über zehn Jahre her. Und momentan besteht auch kein Kontakt, also, ich würde sagen, eher nein.

Boris: Mir fällt auch nur ein, dass wir mit ihnen mal in Würzburg spielen sollten, das hat sich aber dann nicht ergeben.

Es ist ja nicht ganz leicht, kein Klischee im Zusammenhang mit eurer Soundbeschreibung zu nennen. Ich kam auf folgendes: Omega Massif ist die Dialektik des Gebirges.
Andreas: Ok, nicht schlecht.

Ich dachte mir wegen dieser von euch gerne verwendeten Symbolik des Gebirges. Und Berge können etwas Bedrohliches und Kaltes sein, besonders nachts. Dieser Aspekt spiegelt sich für mich in eurer Musik und natürlich der Plattenaufmachung wieder. Gleichzeitig können Berge auch beschützend und vertraut wirken…Das merke ich bei euch auch, an den geklauten Einflüssen! (lacht)
Andreas: Äh, ja. (lacht) Macht schon irgendwie Sinn, dass man dieser Gebirgsmetapher noch mal einen ganz besonderen Rahmen geben kann. Wir haben uns 2005 gegründet, da war bei einer Menge Bands viel Wasser-Metaphorik im Spiel. Das Gebirgsding war da noch nicht so präsent.

Christof: „Leviathan“ von Mastodon war zu unserer Anfangszeit „das“ Album, halt das mit dem Wal und mit dem Song „I am Ahab“. Dann war da noch die Platte von Planks.

Boris: Isis muss man noch erwähnen.

Christof: Das ganze Zeug halt. (lacht)

Andreas: Ich fand das alles geil mit dem Wasser, ich tauche auch selber, aber dieses Berg-Ding fand ich auch super.

Ihr spielt ja recht viel in Metal-Läden und auf entsprechenden Festivals und macht auch Squat-Konzerte, wie heute in der Oetinger Villa. Was sind da eure Erfahrungen? Möchtet ihr beides nicht missen?
Andreas: Es macht schon total Bock, vor einem reinem Metal-Publikum zu spielen. Die Metaller sind ein sehr sehr dankbares Publikum, das macht oft viel mehr Spaß als vor Ambient-Leuten.

Auch weil Metaller nicht so pseudo-politisch sind, also in gewisser Weise einfach „ehrlich rocken“ wollen?
Andreas: Ja, die gehen halt wirklich ab, das macht dir selber auf der Bühne total großen Spaß und man kann sich dann komplett selber vergessen! Bei unserem Auftritt in London auf dem Denovali-Swingfest merkten wir am Applaus, dass es den Leuten gefällt, aber es war so, dass wir eigentlich die einzige Metal-Band dort waren, es war sonst ein reines Ambient-Festival. Und du denkst dir dann schon, wenn du auf der Bühne stehst und spielst: „Häh, denen gefällt es, warum bewegen die sich dann nicht, warum machen die nicht irgendwas?“!

Boris: In Essen bei dem Denovali-Swingfest war auch relativ viel Publikum da, das war aber auch ganz cool. Da gab es die ganz ruhige Stelle im Set, niemand hat dazwischen geredet, so hat sich eine wahnsinnige Energie aufgebaut, das fand ich auch toll.

Christof: Wir spielen live allerdings auch mehr das härtere „Hau drauf“-Zeug, das geht dann immer in Richtung Selbstbefeuerung: wenn du vor Leuten spielst, die abgehen, dann nimmst du die eher ruhigen Songs raus und mehr die Lieder, wo es mehr ballert. (lacht)

Boris: In Frankfurt, vor den Metallern, das war geil!

Im Exzess, ja!
Boris: Genau, die sind sogar bei den ruhigen Passagen total abgegangen.

Das Exzess ist ja auch so ein Punker AJZ wie heute.
Andreas: Finde ich von der Grundattitüde natürlich super, aber du machst halt in beiden Spähren interessante Erfahrungen. Also, wenn ich da an unseren Auftritt beim Hellfest in Clisson in Frankreich denke, was weiß ich, da waren 50 000 Zuschauer, jetzt nicht wegen uns, aber das ist halt auch irgendwie geil: du triffst Udo Dirkschneider Whiskey-saufend im Backstagebereich. Und in Darmstadt ist es auch gut, es ist halt die gleiche Wellenlänge.

Christof: Ich fände es scheiße, wenn wir nur noch in Metal-Läden und nicht mehr in AJZs spielen, beides ist halt cool. Das Essen ist auch immer besser.

Ja, stimmt, in den Punk-Läden ist es natürlich…
Christof: Nee nee, ich meine die Punk-Läden, also, das es hier besser ist!

Ach echt, ich dachte, bei den Metaldingern gibt es fettes Catering?
Christof: Ach, da kriegst du ´nen Gutschein-Ticket für ´ne Pizza und das war es dann. Hier strengen sich die Leute an, das finde ich geil.

Es läuft ja klasse bei euch, ihr spieltet auch auf großen Festivals, auf dem Roadburn, dem Hellfest, den bereits erwähnten Label Swing-Dingern in Essen und London… Wie definiert ihr Erfolg? Ist es die amerikanische Antwort, also davon leben zu wollen, totale Priorität der Band, zehn Monate im Jahr touren plus Flankierung mit „shit jobs“?
Andreas: Nein, wir haben uns so vor zwei drei Jahren gesagt, dass wir jetzt schon hundert Mal mehr erreicht haben, als wir uns das jemals gedacht oder erträumt hätten… das ist einfach so. Wir waren auch zur richtigen Zeit am richtigen Ort, hatten vielleicht auch eine gute Nase und, was man nicht unterbewerten darf: wir gehen unverkopft an die Sache heran. Keiner außer unserem Basser Boris ist ein Virtuose an seinen Instrumenten und das tut der Sache gut, das „aus dem Bauch heraus zu machen“. Dass spontan Dinge passieren… Das ist eigentlich auch schon dann alles zu dieser Erfolgsgeschichte: wir haben echt Glück gehabt, ich meine, das Demotape wurde auch auf ein zwei „richtigen“ Messageboards abgefeiert, ein echter Selbstläufer entstand so.

Lustig, das lief also nicht wie früher über Fanzine-Reviews, daraus entstehen dann Konzerte, sondern es war eher eine Internet-Sache?
Andreas: Viel, ja, auf jeden Fall!

Cool, Omega Massif, ein Internethype? (lacht)
Andreas: Vielleicht! (lacht) Es hing aber auch damit zusammen, dass es vorher in diesem Bereich der Musik wenig gab, also ich meine damit, dass es mit Ausnahme der Pelican-Platte so harte Musik ohne Gesang nicht gab! Das haben uns die Leute immer hoch angerechnet, dass wir uns bemühen, unsere Musik ohne Gesang und komische Rollenspieler-Stories mit durch den Wald laufen durchzuziehen…

Und euch nicht nackt auszieht.
Andreas: Genau.

Wobei: ich würde es kaufen! (lacht)
Andreas: Es hätte dann ja auch etwas erotisches. (lacht)

Doom-Musik war in den letzten Jahren schon ein ziemlicher Hype, gerne mit Stoner und Sludge. Aktuell ist es dieses Seventies-Okkult-Ding. Vielleicht waren ja echt Sunn 0)) die Protagonisten für die NEUE DOOME WELLE – wie ist das für euch, sind die Leute, die mehr gekommen sind, weil die Art der Mucke gerade im Trend ist, sind das nicht genau diejenigen, die man nicht ziehen will? Wenn das alles so stimmt, müssten es jetzt ja auch weniger Besucher sein?
Christof: Es ist gerade umgekehrt, es kommen konstant mehr Besucher.

Echt, auch jetzt in dieser Ablösungsphase von Doom durch 70ties-Stoner-Rock?
Christof: Auch jetzt, ja.

Andreas: Ich habe den Eindruck, dass eben ganz verschiedene Leute auf unser Konzerte kommen. Da gibt es die schöne Anekdote von unserem Auftritt vor drei Jahren in der Friese in Bremen…

Christof: Das ist vier Jahre her, 2010 war das.

Andreas: Ja, auf jeden Fall ist das immer so meine Geschichte: die Friese ist ja ein reiner D-Beat-Punk-Laden, alle sind in schwarz gekleidet und sehen doch recht gleich aus.

Open-Minded eben! (lacht)
Andreas: Genau! (lacht) Auf jeden Fall kamen wir an dem Laden an und die Leute vom Laden meinten dann so „Was wollt ihr denn hier?…Ach so, ihr seid die Band, na ja, okay“. An dem Tag war auch noch Fußball, plötzlich schrie einer „Nazi-Hools draußen“ und die Knüppel wurden rausgeholt.

Christof: Es war auch noch Stadtfest.

Andreas: Ja, genau, also schon mal ´ne komische Atmosphäre. Das Konzert selber war dann ausverkauft, und eine Hälfte der Besucher waren dann die Schwarzkittel, die immer da sind, und die andere Hälfte waren Leute, die noch nie vorher in der Friese waren. Also, das sagten uns die Leute von dem Laden, und sie meinten, dass das total schön wäre, auch mal ganz andere Leute zu sehen. An der Kasse sagte man uns noch, dass die dachten, dass jetzt auch noch unsere Eltern aufs Konzert gekommen sind. Da sind eben auch Leute in Funktionsklamotten von Jack Wolfskin gekommen, so über Sechzigjährige, die einfach unsere Musik gut finden…

Christof: Ach, ich fände das einfach total toll, wenn wir unsere Musik auch noch in zwanzig Jahren machen können.

Andreas: Auf jeden Fall!

Boris: Ja!

Kommen wir mal auf das Kernthema – eure „guten Texte“, um auch diesen schalen Witz zu bringen. Nein, also, es ist ja schon eine beliebte Thematik vieler Doom-Black Metal-Bands, dass sie eine gewisse Form der Technik-, Wissenschafts- oder generell der Zivilisationskritik aus romantischen Sicht betreiben: da wird die gute edle Natur mit dem bösen modernen Menschen in der industriellen Zivilisation gegeneinander gespiegelt. Bei euch könnte man das ja auch vielleicht hinein interpretieren, dass ihr euch da ein wenig anlehnt an diese Sicht, also, die edle Gebirgsnatur zeigt den Verlust der Einheit des modernen Menschen…?
Andreas: Nein nein, das sehe ich null so. Wenn ich auf einem Berg stehe, dann bin ich total froh, dass ich die modernen Funktionsklamotten anhabe und nicht erfriere, wie vielleicht die Menschen, die vor fünfzig Jahren auf den Berg gekraxelt sind. Mit Fortschritt und der Moderne, damit habe ich nun wirklich keine Probleme. Ich gehe ja auch Snowboarden, da sag ich ja auch nicht, „Da wird jetzt der Gletscher kaputtgemacht, da fahre ich nicht“.

Manche Sachen macht man halt, weil die Spaß machen. Für mich wäre es nichts, abends mit der Familie am heimeligen Herd zu sitzen und gemeinsam Lieder zu singen, also nee, das ist nicht das, was ich möchte. Ich weiß nicht, ob mein Punkt rüber kommt…Was du meinst und kritisierst, das betrifft diese Neo-Folk-Kacke, dieses Glorifizieren der Natur, also, das braucht echt kein Mensch.

Kann auch sein, dass ich das verwechsle mit Wolves in the Throne Room, die werden auch gerne mit euch in einem Atemzug genannt. Und die sind ja nun so Öko-Black-Metal-Fighter.
Andreas: Ja, weil wir einmal zusammengespielt haben. Aber okay, da haben wir uns aber auch selber gewundert, als die da ihre Hühnerknochen auf dem Merchtisch haben liegen lassen. Ich vermute, keiner von uns kann sich den Naturburschen bzw. back to nature auf die Stirn tätowieren lassen.

In Interviews verweist ihr darauf, dass ihr bei der Technik einen Kompromiss macht, also moderne Technik eben in Maßen zu verwenden, zum Beispiel bei Aufnahmen im Studium nicht alles glatt und steril zu triggern.
Andreas: Ja! (lacht)

Äh, Studio. (lacht)
Andreas: Ja auf jeden Fall, das stimmt, es soll nicht zu glatt sein.

Wie passt das zu eurer Effektgeräte-Batterie, die ich beim Soundcheck bewundern konnte? Das finde ich beeindruckend, was ihr da auffahrt, und das ist ja toll, da so eure tolle Musik noch besser zu Geltung kommt! (lacht)
Andreas: Ich finde nicht, das wir da so viele Geräte haben. Die Basis ist ja immer die selbe: verzerrte Gitarren, Bass, Schlagzeug oder unverzerrte Gitarren, Bass, Schlagzeug. Die Effekte sind bei der „Lead Gitarre“ essentieller. Du hast ja vorher beim Soundcheck das Stück „Unter Null“ gehört, das sind ja fünfzehn BPM zwischen den einzelnen Parts…(lacht) Wir haben die Aussage mit der Technik auch speziell auf die Bands gemünzt, mit denen wir oft zusammen live spielen, also, die kommen dann mit Trigger, Shaker und Klick an, beim Schlagzeuger am Sessel und so weiter.

Mehr dann bei den Punk- oder Metal-Bands?
Christof: Es ist sehr stark bei diesen Post-Rock-Bands zu beobachten. Wir haben ja noch nicht mal im Studio nen Klick. Und bei solchen Post-Bands, da ist der Ablauf oft sehr ähnlich: der Schlagzeuger spielt den Musikhochschulen-Abschluss-Beat, das ist dann einfach alles scheiße.

An die Friese-Story anküpfend: mit der Doom- und Metal-Szene ist es ja so wie mit jeder Szene: bestimmte Erwartungen werden an Bands (usw.) gerichtet. Sonst ist es nicht „true“, „real“ (im HipHop) oder „von der Straße“ (im Punk). Und ihr seid ja eben nicht diese bösen, harten, misanthropischen Finstergesellen, die „man“ aufgrund eurer Musik und Tonträgeraufmachung erwarten könnte. Äh, ihr versteht, was ich meine?
Christof: Ja klar! Was uns schon oft passierte, ist, dass die Leute nicht damit umgehen können, dass wir auf der Bühne auch lachen und Quatsch machen.

Das find ich so schön bei euch, dass ihr nicht dem Klischee entsprecht.
Christof: Das gab es halt schon, dass Leute uns deswegen seltsam musterten.

Andreas: Wenn einer nicht damit klar kommt, dass ich Spass an der Musik habe, die ich spiele, dann muss er sich einfach woanders umschauen. So einfach ist das.

Diese permanent mies-gelaunte negativ-Pose im Doom-Metal ist ja auch…
Andreas: Moment, das stimmt aber so nicht. Ähnlich wie bei der Gothic-Szene finde ich, dass beides Szenen waren, die anfangs durchaus Lustiges in sich hatten. Das hat sich meiner Meinung nach erst in den letzten Jahren so entwickelt mit dem Negativen, halt immer so ´ne Fresse zu ziehen und so.

Boris: Sollen die Leute doch machen, was sie wollen.

Kann man sagen, eure Musik ist Metal, aber die Sicht auf die Dinge ist HC-Punk, weil ihr da her kommt, bei Andreas weiß ich das, wie ist das bei den anderen von euch?
Andreas: Ganz unterschiedlich. Ich komme aus dem klassischen Metal und vom Punk her. Boris: Stoner.

Christof: Ich habe dir ja vorher beim Essen erzählt, wie das bei mir war: klassische Dorf-Metaller-Bildung, mit allem, was dazu gehört…und dann immer nur so in verschiedene Sachen rein gehört.

Michael: Auch aus nem Dorf – und nem Visions-Abo.

Yeah.
Michael: Das bedeutet, dass ich von den Bands, die bei uns im Tourbus laufen, neunzig Prozent nicht kenne bzw. noch nie den Namen gehört habe. Aber das ist gar nicht so selten gar kein Fehler. (lacht)

Mehr so aus dem Independent-Rock?
Michael: Ja, klassisch Nirvana und so.

Christof: Find ich ja auch gut.

Man spricht u.a. von zwei Wegen, wie man ne Band macht. Zum einen: such dir tolle Musiker, vielleicht wird dann auch Freundschaft daraus – oder mach die Band mit deinen besten Freunden, das technische Können kommt dann eventuell mit der Zeit. Wie war das bei euch?
Andreas: Kurz gesagt: Nein, wir sind keine Freunde gewesen. Vor der Band jetzt.

Christof: Und jetzt sind wir es auch immer noch nicht! (lacht) Es ist hauptsächlich die Band, die uns zusammen bringt.

Andreas: Das ist aber auch nicht ganz schlecht. Uns kommen so keine privaten Streitereien in die Quere, das ist wirklich ganz positiv.

Aber man muss doch als Band, zum Beispiel auf Tour, viel Zeit miteinander verbringen, da ist es doch gut, wenn man sich gut kennt und so?
Andreas: Nö, wir verbringen eher zu wenig Zeit miteinander, das ist einfach so. Du musst auch sehen, dass wir alle – außer Boris – Kinder haben. Und alle schaffen, alle arbeiten, es bleibt viel zu wenig Zeit für die Band. Und um auf den Erfolg zurückzukommen, das ist verrückt, wenn man sieht, wie wenig Zeit wir für die Band haben und wie erfolgreich die Band dann doch ist, also über so lange Jahre.

Boris: Das Können, nun ja… Die musikalische Chemie muss passen und jeder soll seinen Senf dazu geben können. Das funktioniert auch, jeder macht seinen Beitrag und keiner kriegt gesagt, wer was spielen soll. Unsere technische Inkompetenz macht uns eventuell sogar erfolgreich.

Christof: Generell lief das total cool ab, als Andi und Michael die Band gestartet haben. Zu dem Zeitpunkt kannte ich zwar Neurosis, aber Isis oder Pelican halt nicht. Und bei mir war es so, dass ich nur was anderes machen wollte, als das, was ich vorher gemacht habe. Diejenigen, die das kennen, die haben da großes Verständnis für. (lacht)

Was war es denn für Mucke?
Christof: Ach, so Stoner-Rock-Zeug.

Wann kommt denn da die Denovali-Box? (lacht)
Christof: Du spinnst, das war echt scheiße! Das war halt ein geiler Ansatz mit der Band, die hatten schon ne Vorstellung für eine gewisse Art von Mucke, ich wollte etwas Neues, das hat gut gepasst.

Andreas: Wir hatten zwei oder drei Songs zu zweit gemacht, ein bisschen geprobt, wir wussten, dass das passt. Und ihr beiden hattet auch Bock.

Christof: Ende August haben wir zum erstem Mal zu dritt geprobt, 2005 war das. Und am zweiten Weihnachtsfeiertag war dann schon die Release-Show vom Demo.

Boris: Ich weiß noch, als Andi im Urlaub in Ägypten war…Das war dann auch mit euch meine erste Probe, ich bin dann heim gefahren und hatte vorher noch den Mix-Down bekommen. Ich musste am nächsten Tag arbeiten, saß aber trotzdem die ganze Nacht auf der Couch und hab das gehört und war total geflasht, ich fand das so geil.

Sprechen wir über die Inspiration für eure Songs, die Titel, die grafische Aufmachung. Man hat als Fan da immer so romantische Vorstellungen, wie einem Musiker die Inspiration für einen Song kam, so mystische Momente, morgens beim Zelten in Norwegen…Die Realität ist dann oft profaner, die Muse überkam ihn auf dem Klo. (lacht) Entsteht bei euch viel durchs drüber reden, bei der Probe?
Andreas: Och, ich fahre viel Auto, bin ab und zu im Urlaub… Allerdings mache ich mir sehr sehr viele Gedanken über das Konzept, das ist mir sehr wichtig, dass das einheitlich ist. Da denke ich wirklich viel drüber nach. Die Aufmachung macht unser Freund, Oliver Hummel, er ist für das Artwork zuständig, zusammen mit Role von der Tonmeisterei Oldenburg, der uns aufnimmt, sind die beiden unser fünfter und sechster Mann. Es steckt schon viel dahinter, es soll schon alles zusammenpassen.

Es ist also kein Zufall, dass es so ist, wie es ist. Oder hast du da einen Album-Songtitel-Generator, eine Art Bullshit-Bingo? (lacht)
Andreas: Ja genau! (lacht) Ich denke mir halt: wenn schon kein Text da ist, dann sollte es möglich sein, dass man sich komplett in die Musik hinein begeben kann, aber trotzdem doch immer genau weiß, was man von uns erwarten kann. Ob das jetzt Sound oder Artwork ist, ich vergleiche das immer gerne mit Motörhead.

In Bezug auf das einheitliche Design, als wiedererkennbare Marke?
Andreas: Nee, wenn du die erste und die aktuelle Motörhead-Platte hörst, dann ist das natürlich total unterschiedlich, es sind fast zwei ganz verschiedene Bands. Aber wenn du bei der ersten Platte anfängst und dich dann chronologisch durch die Alben durcharbeitest bis heute, dann merkst du eigentlich gar keinen Unterscheid, so meinte ich das.

Verstehe. Gut gesagt.
Christof: In der Beziehung sind auch Celtic Frost total geil: bevor die einen Ton aufgenommen hatten, also nach dem Ende von Hellhammer, da hatten sie schon für ihre neue Band Songtitelideen für zwei drei Alben. Also, bei der ersten Platte stand bereits der Titel für die nächste fest. Das hatte alles ein tieferes Konzept, so etwas finde ich immer geil. Eben dass es halt nicht wahllos und beliebig ist, mal nen Bandfoto vor ner halben Sau, aber bei der anderen Platte ist es dann wieder etwas völlig anderes.

Boris: Wir haben recht früh immer Arbeitstitel, die ändern sich dann aber im Laufe des Prozesses oft noch mal.

Reden wir über Politik. Einige meinen, dass ne instrumentale Band ohne Gesang/Texte ja gar nicht politisch sein kann. Ich find das falsch, weil auch Musik ohne Texte politisch ist, ich denke da an klassische Musik, da gibt es ja auch humanistische Intentionen. Wie seht ihr das?
Christof: Der Mensch hinter der Musik ist immer politisch.

Andreas: Genau, jede Band besteht aus Menschen und jeder Mensch ist politisch, auch wenn er das Gegenteil behauptet.

Christof: Und das ist ja auch schon wieder politisch, wenn du von dir sagst, du bist es nicht.

Stimmt.
Christof: Was bei unserer Musik nicht vorkommt: wir verkünden keine politische Message.

Wobei: der mit euch sehr gut mögliche emotionale Eskapismus, sich zurückzuziehen mit eurer Musik als Soundtrack zu ´nem Kopfkino, das könnte man ja auch schon als ne Botschaft betrachten?
Andreas: Was mir gefällt ist, das unsere Musik mit einem Naturgedanken verbunden ist. Nicht so wie bei dem Neo-Folk-Nazi-Black-Metal-Zurück-zur-Natur-Scheiss oder diesem Neu-Heidentum-Zeug. Wir werden wegen diesem Natur-Gedanken manchmal auch vorsichtig beäugt und das finde ich auch völlig richtig, dass man da immer aufpasst. Aber ich muss auch einfach mal auf einen Berg steigen können, ohne dass man da einen tieferen negativen Sinn drin vermuten muss. Jeder, der uns persönlich nach unserer politischen Meinung fragt, der wird auch eine klare Antwort kriegen. Keine Band ist unpolitisch, Nena ist auch nicht unpolitisch und genauso haben wir unsere Meinung.

Michael: Wobei echt die Frage ist, ob sich Verpackung und Musik überhaupt so stark bedingen. Wenn wir schwarz-weiße Fahrräder auf dem Plattencover hätten, dann würde die Musik auch super funktionieren. Das Bergthema hat mir der Message nichts zu tun.

Andreas: Unsere Musik ist dazu da, die Augen zu schließen, vielleicht von Bergreisen zu träumen und das ist ja auch toll. Letztens hatte jemand auf Facebook geschrieben, dass er unsere Musik total viel im Gebirge hört und das würde total passen. Das hab ich halt schon oft gehört und das finde ich super.

Sind euch so Punkszene-Dinger wichtig, die Höhe der Eintrittspreise und die Bands, mit denen ihr zusammenspielt? Oder ist es mehr „Hauptsache alles mitnehmen an Auftritten“? Manchen Bands sind solche Aspekte egal, manche neigen zur Selbstzerfleischung…
Andreas: Wir neigen dazu, es beinahe übergenau zu überprüfen, speziell wenn es um dubiose Bands geht, mit denen wir auftreten. Ich bin da der erste, bei dem die Alarmglocken schrillen. Aber es ist auch schwierig, denn man kann einfach nicht alle und jede Band kennen. Manchmal hat man auch die Zeit, alles zu überprüfen, manchmal nicht.

Wir sind in Bezug auf die großen Festivals auf den Trichter gekommen, dass selbst wenn wir wüssten, dass Band XY ne scheiß Band ist, dass wir dann dort trotzdem spielen und ich sage dann etwas von der Bühne zu dem Thema, eben halt, dass wir keinen Bock auf so ne Scheiße haben, das gilt auch, wenn da irgendwelche Hansel mit Burzum-Aufnähern oder entsprechenden Shirts im Publikum rum laufen. Dazu sage ich dann lieber live meine Meinung, anstatt mich dem Ganzen zu entziehen. Aber ich würde jetzt auch keine Supportshow für…mir fällt jetzt gerade keine kontroverse Band ein…

Onkelz Support? (lacht)
Andreas: Ok, das wäre „natürlich“ der Hammer! (lacht) Wenn bei der Show heute die Vorband Radare irgendwie zweifelhaft wäre – was sie ja nicht sind –, dann hätten wir das Konzert nicht gemacht.

Wobei: die haben einen Trompeter, das geht ja nun gar nicht. (lacht)
Andreas: Verstehe! (lacht) Aber wenn so was wirklich problematisch wäre, würden wir es nicht machen. Ist es aber zum Glück nicht. Bei einem Festival mit tausend Bands wie Hellfest, da musst du aber bei so einem Ansatz den Auftritt ganz streichen, aber dann müsstest du auch Roadburn streichen.

Christof: Ich meine, selbst ich, der sich da in dem Bereich null auskennt, wenn ich da an den Plattenständen lang laufe, da fallen selbst mir schon zehn Platten von Bands auf, bei denen ich denke, „Das geht eigentlich gar nicht“.

Ja, das ist echt schwer, vielleicht ist der Bruder von dem Sohn von dem Oetinger Villa-Erbauer ja auch über drei Ecken früher Nazi gewesen, also, man kann dann am Ende ja gar nichts mehr machen.
Andreas: Es ist aber trotzdem wichtig, sich zu positionieren, ich möchte auf keinen Fall so etwas unterstützen, ich als Person – und jetzt nicht die Band, sondern ich selber -, ich will mich absolut dagegen stellen. Das kann ich nicht mit mir vereinbaren. Ich möchte meinem Sohn auch in zehn Jahren noch in die Augen gucken können. Und ich möchte mir selber in die Augen schauen können, wenn ich aufstehe. Ich möchte, dass der Veranstalter nur okaye Bands macht und natürlich kein White-Power-Neo-Folk-Scheiße.

Christof: Die Eintrittspreise hattest du auch angesprochen.

Genau, ich wollte auch eigentlich auch noch auf die Festival-Energydrink-Sponsoren-Problematik hinaus, aber…
Christof: Ja gut, bei den großen Dingern kannst du es eh nicht beeinflussen. Aber zu den Eintrittspreisen, ich habe da echt ein zwiespältiges Verhältnis zu der Politik, dass ein Konzert nicht mehr als fünf Euro kosten darf.

Zu kommerziell!
Christof: Egal wie klein die Band ist, die müssen halt ihr Equipment für im schlimmsten Falle nen paar tausend Euro kaufen. Dann fahren die irgendwo ewig durch die Gegend und wenn dann nen paar Euro übrig bleiben, um neue Felle zu kaufen und aufzuziehen… Ich meine, wir reden ja hier nicht über dreitausend Euro pro Abend.

Es gibt ja auch die Leute, die sich bei einem Eintrittspreis von drei Euro beschweren.
Christof: Ja genau, aber dann zur nächsten Tanke marschieren und für zwanzig Euro Schnappes kaufen und Kippen!

Andreas: Wo wir uns bemühen: durch unser Label Denovali sind wir in der Lage, immer recht viele Schnick-Schnack-Ideen zu realisieren, es soll auch schön aussehen. Das kostet dann allerdings schnell 16 Euro. Von der „Geisterstadt“ haben wir dann eine Punkrock-Edition gemacht, die hat dann nen Zehner gekostet. Weil uns auch klar ist, das einige Leute gerne die Platte haben wollen, sich aber nicht den Preis leisten können oder wollen – das ist uns auch wichtig, das genau so zu handhaben.

Aber nen Abend mit drei Bands, ich finde, da sind acht Euro gerechtfertigt. Der Ansatz, der hier in Darmstadt gemacht wird, den machen wir auch in Würzburg bei Konzerten, die Freunde von uns veranstalten: das Konzert kostet acht bis zehn Euro, zahle so viel, wie es dir wert ist oder wie du dir halt leisten kannst.

Ok, ich habe jetzt noch vier Fragen, läuft es soweit okay für euch?
Andreas: Ja, super.

Christof: Endlich können wir mal alles sagen! Wie hieß dieser Metallica-Film noch mal? So kommt es mir vor. (lacht) Aber wer ist dann der Psychologe?

Anwesend! (lacht) Sprechen wir noch über gemischte Line-Ups. Wir fünf hier haben alle ein ähnliches Alter, mir kommt es so vor (ohne in ein „früher war alles besser“ zu verfallen), dass es in den 90er mehr Punk-Konzerte gab, wo sich nicht alle vier Bands am Abend gleich anhörten. Jetzt wäre es zu viel verlangt, wenn ne Ska-Band bei euch Vorband macht, aber was denkt ihr zu den Konzerten, an denen dann vier Doom-Bands spielen?
Andreas: Super Frage, je abwechslungsreicher, umso besser.

Boris: Auf jeden Fall Kontrastprogramm. Ich kann mir auch nicht zehn Doom-Bands hintereinander geben, auch wenn es alles super geile Bands sind.

Echt? Lustig, ich dachte immer, für die Bandmusiker wäre so eine Konstellation inspirierend.
Andreas: Nee, also, was ich mal super gerne machen würde, wäre mit ner Hip-Hop Band zusammen zu spielen.

Das wäre original meine nächste Frage gewesen.
Andreas: Persönlich mag ich Hip-Hop total gerne, das fände ich geil, wenn das passieren würde.

Christof: Da war doch auf dem South of Mainstream Festvial mal einer bei uns live dabei, wie hieß der noch?

Andreas: Dälek.

Christof: Ja genau. Und so lange noch ne D-Beat-Band im Line-up dabei ist, können wir den Abend machen.

Gibt es ein Traum Line-up? Geld spielt keine Rolle. (lacht)
Andreas: Wir machen ja dieses Jahr wieder das Trainspotting-Festival, da verwirkliche ich mir selber das Traum-Line-Up, SVFFER finde ich gerade super, solche Bands würde ich gerne veranstalten, junge Bands. Damit es abwechslungsreich bleibt, ob es jetzt Yacopsae sind oder sonst was…mit wem würdest du denn gerne spielen? (blickt Christof an)

Christof: Ich überlege die ganze Zeit, ja, alte Scorpions. Und Judas Priest!

Boris: Twisted Sister!

Christof: Dio!

Andreas: Mit Twisted Sister haben wir ja schon gespielt.

Echt, wo denn?
Andreas: Na ja, beim Hellfest. Okay, es war nicht direkt ein Support-Auftritt. (lacht)

Christof: Hey, immerhin am selben Tag! (lacht). Und mit fucking Dee Snider backstage!

Kam man an den ran?
Andreas: War schwierig, aber zum Beispiel der erwähnte Udo Dirkschneider, das war echt so geil, den zu treffen. Früher wollte ich mir den echt mal auf den Rücken tätowieren lassen und dann treffe ich den im Backstagebereich, das war natürlich total geil!

Boris: Das war echt zu geil: Dirkschneider saß an der Bar, hatte kein Kleingeld und ihm wurden keine Biermarken ausgehändigt: Die Thekenfrau sprach natürlich weder Deutsch noch Englisch, aber es wurden ihm dann Bier ausgegeben. Dann kamen die Crowbar-Jungs und wir mit dem Kopf auf dem Tresen, weil Deutschland verloren hatte. (lacht)

Christof: Ey, mit sechzehn, bei uns auf dem Dorf, da war Udo Dirkschneider der Oberheld, den hätten wir mit Bier ohne Ende begossen und ihn drin ersäuft! Na ja, egal! (lacht)

Aha! (lacht) Split-Platten habt ihr ja gemacht.
Andreas: Genau, zwei.

Kollaborationen aber noch nicht oder? Im Metal-Bereich docken ja dann ganz gerne die Free Jazzer an. Würden euch so Zusammenarbeiten interessieren, ich denke da an die Richtung „Judgment Night“, Sonic Youth und Cypress Hill etc.?
Andreas: Fänd ich ja saugeil! Die einzigen Kollaborationen so in der Richtung waren Mails von Fans, da stand dann so was wie „Hey, ich hab Gesang über den Song XY von euch gegröhlt, die Aufnahme hängt dran!“. Ganz ehrlich und auch wenn es sich total arrogant anhört: ich habe dem einen dann ne Antwortmail zurück geschrieben, „Hey, ich finde es cool, dass du dazu gesungen hast, aber ich will es auf keinen Fall anhören“. Verstehst du, ich will meinen Song hören, so wie mein Song halt ist. Ich will nicht, dass da irgendjemand drüber brüllt, auch wenn ich es cool finde. Wenn man von vorneherein eine Zusammenarbeit machen würde…Da gab es ja die zwischen ISIS und Aereogramme, das fand ich schon ganz cool. Generell sind wir aber von Split-Platten und Seven Inches total weg, unsere Musik funktioniert einfach mehr auf einem Album.

Typische Albumband…Okay, dann noch eine Phrase, die wirklich ehrlich gemeint ist: ihr seid echt eine der geilsten live-Bands, die es gibt.
Christof: Wow, vielen Dank. Jetzt können wir das Interview ausmachen. (lacht)

Ich habe mich dann auch mal mehr mit den einschlägigen Bands in eurem Kontext beschäftigt, gefällt mir alles nicht… Ihr seid auf Platte super, aber live noch mal total geiler.
Andreas: Ja, danke schön. Du hast Glück, wir haben mal wieder geübt vor der heutigen Show.

Christof: Ob das was bringt, ist allerdings die Frage.

Sprechen wir noch über Würzburg. Das AZ dort, das AKW, das gibt es nicht mehr?
Boris: Leider leider nicht mehr. Da soll wohl ein Programmkino rein, der Gebäude-Komplex steht leer. Ein Fitness-Studio ist, glaube ich, drin.

Schade, ich war zwar nie drin, aber die dort aufgenommene live Platte von Yuppicide hab ich oft gehört.
Christof: Ich schätze, das ganze Gelände wird jetzt gentrifiziert.

Schön Eigentumswohnungen.
Andreas: Was an der Situation aber am schlimmsten ist: das AKW war der einzige Raum in Würzburg, der die 150 Besucher-Marke für Konzerte überschritten hatte. Bei Konzerten haben da so um die 300 Leute reingepasst. Das war geil und sehr angenehm. Sonst gibt es das in Würzburg nicht mehr. Das „Immerhin“ befindet sich ja unter der Posthalle, da passen dann um die hundert Leute rein.

Christof: Und die Atmosphäre dort ist echt steril. Bolt Thrower im AKW, das war der totale Wahnsinn.

Andreas: Das „Immerhin“ ist voll cool, es hat sich auch saumäßig verbessert. Das „Cairo“ gibt es noch, da gehen – hoch gegriffen – um die 200 Leute rein. Das ist halt das Problem der Räume in Würzburg. Und die Posthalle an sich, hallo, das macht echt null Bock da!

Aber da habt ihr als Würzburger Band sicher auch schon mal auf der fetten großen Bühne bei Doom-Festivals gespielt?
Andreas: Nee, noch nie.

Nicht?
Andreas: Nee, wie war das, Christof war dort bei Napalm Death, da bin ich am Ende dann reingekommen. Ich habe Bad Religion in der Posthalle gesehen.

Christof: Tocotronic auch.

Das ist lustig, weil in der Posthalle finden ja schon Doom-Festivals statt und so?
Andreas: Ja gut, aber wir biedern uns auch nie da an, als Vorband oder so zu spielen. Und eigentlich wollen wir es auch nicht, es ist jetzt nicht unsere Hauptmotivation, „Ey, Hammer of Doom-Festival, da wollen wir unbedingt spielen!“.

Christof: Wenn wir in Würzburg spielen, ist es schon voll, ich glaube, wenn wir jetzt im AKW auftreten würden, dann wäre der Laden auch voll, aber momentan hast du halt nur das Cairo. Und in der Posthalle als dritte Band beim „Hammer of Doom“ zu spielen, ich weiß nicht.

Andreas: Das hat mit Prioritäten zu tun. Entweder ich spiele als dritte Band auf dem „Hammer of Doom“ oder ich esse mit meinem Sohn zu Mittag. Dann würde ich mich immer dafür entscheiden, mit meinem Sohn zu Mittag zu essen. Ist einfach so. Die stehen aber auch nicht so auf uns. Wir haben auf dem „Doom shall rise“ in Stuttgart gespielt, das ist ja auch so ein classic Doom-Festival. Das war eh ein Wunder, dass die uns da spielen lassen wollten.

Christof: Das war super interessant. Die Würzburger Doomer, die ich kenne, sind während unserem Konzert aus der Halle gegangen…

Verstehe. (lacht)
Christof: Aber nachher, vielleicht eine Stunde nach der Show, da habe ich sogar aus meinen CD-Wechsler im Auto die CD der „Geisterstadt“ verkauft, die Leute wollten echt alles kaufen.

Geil.
Andreas: Vielleicht wäre es echt auch ein neuer Ansatz, wenn die Leute in diesem klassischen Bereich auch mal mehr Bands wie uns bringen, die eben open-minded sind…keine Ahnung.

Das „Haus der 1000 Biere“ gibt es aber noch in Würzburg?
Christof: Ja.

Andreas: Nein.

Boris: Was? Das direkt am Bahnhof?

Andreas: Da möchte ich mich jetzt nicht festlegen, ich glaube aber…

Ok, wir recherchieren das noch. Dann bin ich schon bei der letzten Frage, extra für euch als instrumentale Band. Was sind die besten Instrumentals in der Musikgeschichte? Meine Auswahl: „Pulling teeth“ (Metallica), „Red River Rock“ (Johnny and the Hurricanes) oder der alte Klassiker „Wipeout“…
Christof: Also, wenn früher die Platte länger als 45 Minuten war, dann habe ich den instrumentalen Song immer weggelassen. (lacht)

Andreas: Auf der „Slip“ von Quicksand gab es ein Instrumental, das fand ich immer geil, den Songtitel habe ich gerade vergessen. Aber Quicksand fand ich eh klasse. Und der Song war eh immer toll.

Ich dachte, ihr habt eine riesige Auswahl an instrumentalen Sachen zu Hause, beispielsweise eine große Surf-Sammlung oder dergleichen?
Andreas: Also, dieses „Kein Gesang“-Ding kam schon sehr stark aus meiner Richtung. Ganz einfach deswegen, weil es mir echt immer total auf den Sack ging, dass bei Bands immer so ein Hempel ins Mikro schreit. Das ging mir immer auf den Senkel. Es gibt Leute, die das sehr gut machen, dann sollen die das auf jeden Fall machen – und es gibt Leute, die schreien, damit einer schreit, so was hat mich schon immer gestört.

Christof: Ich kann mir auch nicht vorstellen, was für Texte zu unseren Songs passen würden. Wegen den Lieblingsinstrumentals, also, Metallica mit „Pulling teeth“ ist schon mal gar nicht schlecht. Auf der „Master of Puppets“ gab es „Orion“, das finde ich auch super.

Stimmt, völlig vergessen!
Andreas: Haben Maiden eigentlich Instrumentals?

Boris: Die haben das nicht nötig.

Christof: Im Classic Metal sind Instrumentals ja immer die Songs, wo der Gitarrist denkt, „Jetzt hält der Sänger endlich mal die Fresse und ich darf endlich da einen durchwixxen“. (lacht)

Schön gesagt! (lacht) Led Zeppelin hatten auch so ein Schlagzeug-Solo-Instrumental, „Moby Dick“, auch groß.
Christof: Ich habe letzte Woche nen Video der Scorpions live beim Rock in Rio 1985 geschaut. Das war so geil, da machen die wirklich nen Drum-Solo, unfassbar. (lacht)

Andreas: Was waren deine anderen Vorschläge noch mal, Jan?

„Red River Rock“ von Johnny and the Hurricans, korrekter Oldie. Und halt „Wipeout“, dieser Surf-Klassiker.
Christof: Da sind wir nicht so drin, ich kenne nur das „King of the Surf-Guitar“, von wem ist denn das?
Im Zweifelsfalle Dick Dale, schätze ich.

Christof: Ja, genau.

Es gibt zurzeit im Punk viele Parodie-Bands, so als Hommage mit Augenzwinkern. Eisenpimmel brachten das vielleicht stärker ins Rollen. Komisch, dass es im Doom-Metal noch nicht so eine Band gibt. Weil im Metal und Hard Rock gibt es ja schon eine traditionelle Szene „lustiger“ Parodie-Bands, Randalica, Prollhead, JBO… Wenn es also eine Parodie-Band auf Omega Massif geben würde, Alpha Miniatur oder so, dann hättet ihr es wirklich geschafft! (lacht)
Andreas: Ja genau! (lacht)

Christof: Im Metal-Bereich ist es trotzdem so, dass viele nicht über sich selber lachen können. Und wir lachen die ganze Zeit über uns selber.

Deshalb mögen wir euch ja so.
Christof: Ich habe letztens einen Aufkleber gesehen, auf dem Klo in einem Laden in Würzburg, so einen Wacken-Aufkeber, das „W“ war durchgestrichen und durch ein „S“ ersetzt, irgendwo stand da auch noch „Fasching not Metal“… Ich denke, Metal ist eh schon die Parodie auf sich selber, da benötigst du keine extra Parodie-Band mehr, keinen Onkel Tom oder Manowar. Ich versteh das echt nicht bei Manowar: die müssen sich doch die ganze Zeit total in die Hose geschifft haben, als sie das Zeug aufgenommen haben.

Gut, aber Manowar würden ja für den Metal sterben. (siehe Anmerkung unten)
Christof: Aber das ist ja eben alles auch total bescheuert! (lacht)

Stimmt! (lacht) Ich danke euch für das Interview.

***

Anmerkung Jan:

Ihr erinnert euch vielleicht an das legendäre Zitat von Manowars Joey DeMaio aus einem älteren Rock Hard-Interview mit Götz Kühnemund (schade, dass er aufhören tut by the way!)? Ich muss mal den Höhepunkt des Schlagabtausches im Trust festhalten, es bleibt wirklich mit das geilste Interview aller Zeiten. Ever ever ever! Zum Ausklang:

Joey DeMaio: Ich glaube an die Fans, und ich glaube an den Metal – mehr als jeder andere, den du jemals getroffen hast. Und du kennst mich seit langem. Ich hab niemals auf dich gepisst, obwohl du das ständig tust. Und ich wende den Fans niemals den Rücken zu. Und noch was, Götz: Ich bin bereit, für den Metal zu sterben! Du auch?
Götz: Na ja…
Joey: Bist du bereit, für den Metal zu sterben? Bist du bereit, zu sterben? Hast du schon mal darüber nachgedacht? Bist du bereit, für den Metal zu sterben???
Götz: Nö. Ich lebe lieber dafür.
Joey: Aber ich bin bereit! Ich bin bereit, dafür zu sterben!
Götz: Super, Joey.
Joey: Soll ich´s dir beweisen?
Götz: Wie denn, bitte schön?
Joey: Willst du in Dortmund auf die Bühne kommen und mich abknallen?
Götz: So weit wollte ich eigentlich nicht gehen…
Joey: Warum nicht???
Götz: Weil es mir lieber wäre, wenn du einfach gute Musik machen würdest.
Joey: Ich mache gute Musik. Ich schreibe die beste Musik, die ich schreiben kann, und ich spiele die beste Musik, die ich spielen kann. Okay?!
Götz: Okay.
Joey: Ich bin bereit, zu sterben, merk dir das! Und wenn du auch bereit bist: Prima, lass es mich wissen. Schreib das! Schreib, dass ICH bereit bin, zu sterben – und DU nicht. Schreib das!

Und dazu korrespondiert wunderbar das kürzlich gelesene Zitat des Psychoanalytikers Stekel: „Das Kennzeichen des unreifen Menschen ist, dass er für eine Sache nobel sterben will, während der reife Mensch bescheiden für eine Sache leben möchte.“

***

Interview: Jan Röhlk
Kontakt: omegamassif.de

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