März 16th, 2007

NEURON (#115, 12-2005)

Posted in interview by jörg

Neuron aus Kiel sind eine neue Band am deutschen Krachhimmel. Schon als ich damals die Ankündigung ihres Labels Epistrophy las, wurde ich neugierig, deutschsprachiger Crust/ Grind, was mochte sich genaueres dahinter verbergen? Natürlich dachte ich direkt an Audio Kollaps, ihre Labelkollegen aus Hannover.

Als ich dann das Debutwerk „Gleichschritt“ zum ersten Mal hörte und die meist aus wenigen Schlagworten bestehenden Texte las, verstärkte sich dieser Eindruck noch. Sie als Plagiat zu bezeichnen, wäre aber dennoch sehr vermessen, denn erstens verfügt die Band über eine eigene Note und zweitens haben Neuron einfach verdammt starke Songs im Gepäck- den Anspruch, die Musikwelt zu erschüttern, gibt es seit Napalm Death`s „Scum“ in diesem Sektor der Musik sowieso nicht mehr. So kam es, dass eines Abends Gitarrist und Sänger Hendrik bei mir anklingelte.

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Wer sind Neuron überhaupt ?

Hendrik: Wir sind zu viert, zwei Gitarristen, Owe und ich, ein Bassist, Olli, wobei alle drei singen, und ein Schlagzeuger, Sören. Der Gesang ist mehr oder weniger zu gleichen Teilen aufgeteilt. Es gibt sozusagen drei Frontleute, oder auch keinen, je nachdem wie man das sehen will.

Wie kam es zur Gründung von Neuron?

Hendrik: Es fing damit an, dass die Vorgängerband von Neuron, Fleischwolf, mich als Sänger aufgenommen hat, sich dann jedoch aufgelöst hat, weil der Schlagzeuger ausgestiegen ist. Die restlichen drei haben sich dann überlegt, weiterzumachen, und haben sich einen neuen Schlagzeuger gesucht. Dieser neue Schlagzeuger, der Sören, hat das Ganze enorm stilistisch verändert. Das war dann metallischer Hardcore. Der Sören, hat das Ganze dann auf ein sehr hohes Geschwindigkeitslevel gebracht, was wir ursprünglich auch wollten. Dann kam der Crust / Grind / Death Metal- Einschlag mit rein. Da hatten wir sowieso Lust drauf, auf diese Art von Mucke. Seit 2001 spielen wir nun in dieser Besetzung richtig schnelle Musik.

Was sind eure musikalischen Einflüsse?

Hendrik: Die beiden anderen Saiteninstrumentalisten kommen mehr aus dem Punk / HC- Bereich, ich hingegen komme mehr aus dem Metal. Unser Schlagzeuger hört alles, wo ein guter Schlagzeuger zu vernehmen ist. Letztlich ist es so, dass es uns allen so geht, dass jeder mittlerweile alles hört, von Indie / Noiserock wie Shellac bis hin zu Death / Grind wie Misery Index. Wir sind also stilistisch, was unsere Hörgewohnheiten betrifft, absolut nicht festgelegt, und das betrifft auch das aktive Musikmachen.

Ist es Euch auch egal, wo ihr eingeordnet werdet? Seht Ihr Euch als Teil einer bestimmten Szene?

Hendrik: Gesinnungsgemäss sind wir alle eindeutig HC. Politisch kommen wir alle aus dem linken Spektrum, wir wollen auch mit Vorsatz politische Musik machen. Unsere Texte sind alle politisch und wie für die meisten HC-Bands auch, sind uns die Texte genauso wichtig wie die Musik- demnach würden wir in die HC- Szene gehören, allerdings spricht unsere Musik auch Metal-Publikum an. Wir haben das Glück in beiden Szenen bestehen zu können, wobei beide Szenen ganz klar sowohl Vor- als auch Nachteile haben.

Diese wären? Wahrscheinlich das Unpolitische beim Metal.

Hendrik: Genau. Beim Metal ist es das Unpolitische. Dass Bands, die was auf sich halten, ein Festival mit den Böhsen Onkelz spielen, geht gar nicht. Beim Punk / HC stört mich persönlich, dass es oft sehr dogmatisch zugeht. Ich habe lange Haare, und das allein reicht manchmal, um in der Szene angefeindet zu werden. Ich habe schon Sachen gehört wie “ dir schneiden wir gleich die Haare ab „. Einmal waren wir am Einlass eines Clubs in dem wir spielen sollten, jemand musterte mich von oben bis unten und meinte dann, das hier sei ein Punk-Club, was ich denn hier wollen würde. So was wiederum passiert dir in der Metal-Szene nicht, da ist es den Leuten scheissegal was du trägst und wie du aussiehst, und wenn ihnen die Musik gefällt, ist alles in Ordnung.

Siehst Du das auch so, dass einige Leute aus der Punk- und HC-Szene bestimmte politische Ansichten nur deshalb vertreten, um konform mit der Szene zu sein?

Hendrik: Kann ich so nicht bestätigen. Diese Leute gibt es bestimmt oder aber jene, die dieses „in-it-for-the music“ praktizieren und politisch desinteressiert sind. Das sind aber bestimmt einige wenige und uns bisher noch nicht begegnet. Wir waren letzten Herbst drei Wochen mit Acao Direta aus Brasilien auf Tour, haben dort sehr viele Leute kennen gelernt und hatten auch viel mit den Organisatoren der Konzerte zu tun, und die Leute, die in den Squats wohnten, in denen wir gespielt haben, nehmen ihre Einstellungen und Ideale sehr ernst. Zumindest ist das bei mir so angekommen.

Kommen wir noch mal zurück zur Musik. Ein Stück, nämlich „Wirklichkeits-kontrolle“, fällt ein wenig aus der Rolle, erinnert es doch, nimm es als Lob, wenn Du willst, an neuere Sepultura. Kannst Du das nachvollziehen?

Hendrik: Das kann ich nachvollziehen, das ist das einzige Stück das bei uns tempomässig deutlich rausfällt. Wir hatten noch ein paar langsame Riffs übrig, und so ist das Stück dann halt entstanden. Wir sind jetzt nicht mit dem Vorsatz daran gegangen, ein Sepultura-Stück zu schreiben, aber wir finden es doch schon wichtig, Kontrapunkte im Gesamtkontext eines Albums zu setzten.

Alben von Bands wie z.B. Benumb oder Pig Destroyer rauschen an mir einfach vorbei, eben weil die eine halbe Stunde lang nur blasten und das war`s dann. Eine gewisse Dynamik ist schon wichtig, da sind wir uns in der Band auch einig. Wir versuchen schon, die Tempi zu variieren, und dann kommt halt ein Stück raus wie „Wirklichkeits-kontrolle“.

Kommen wir mal zu den Texten. Diese bestehen meist aus wenigen Schlagworten. Ihr weist zwar im Booklet darauf hin, dass es sich bei den Texten nicht um eine erschöpfende Reflexion handeln kann, besteht aber nicht trotzdem bei solchen Texten die Gefahr der Vereinfachung oder des Schwarz -Weiss -Sehens?

Hendrik: Da gebe ich Dir Recht. Die Texte sind so kurz, da kann man nur vereinfachen. Unsere Musik ist ja auch nicht sehr differenziert. Und die Texte eben auch nicht, die sind „voll -auf`s -Maul“. Die Menschen aber, die gewillt sind, sich mit diesen Themen, die wir ansprechen, auseinanderzusetzen, die wissen, da bin ich mir sicher, wie sie diese Texte zu verstehen haben. Erstmal würden wir niemals Sachen schreiben wie „nimm dir einen Pflasterstein und schmeiss ihn in ein Schaufenster“; das wäre überzogen.

Aber die deutlichen, deutlich überzeichneten Worte verstehen die Leute schon richtig. Wir spielen ja nicht für die Indizierungsbehörde, die bestimmt schlecht auf uns zu sprechen wäre, wenn sie einiges von uns lesen würde, sondern für Leute, die schon wissen, worum es geht. Die wissen auch, dass solche Texte grundsätzlich vereinfachend sind. Man kann halt ein Thema wie Globalisierung nicht in einem Song differenziert behandeln, dass kann nicht ausführlich sein.

In vielen Eurer Titel sprecht ihr staatliche Kontrolle an, und, wenn ich diesen Zusammenhang richtig verstehe, die zum Teil daraus resultierende Konformität der Massen. Habt Ihr da selbst persönliche Erfahrungen in Eurem Umfeld gemacht, oder was hat Euch zu diesen Texten inspiriert?

Hendrik: Tagtägliches, das was wir erleben, hat uns zu diesen Texten bewogen. Du kriegst z.B. mit, dass acht Millionen Big Brother gesehen haben, da frage ich mich, wo da dass Gehirn ist. Oder dass Menschen eine Partei wählen, die dafür ist, Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen einzuführen bzw. zu verstärken.

Um solche Themen geht es in „Wirklichkeits-kontrolle“. Die Texte sind durch persönliche Erfahrungen entstanden, aber im Grunde sind sie dadurch entstanden, dass ich versuche (Hendrik verfasst auch die Texte -Anm. des Verfassers), mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und ab und zu mal Tagesschau zu sehen. Das ist dann schon genug an Inspiration, um solche Texte zu schreiben.

Den Text zu „Freiheit“ fand ich auch sehr interessant. Es geht um die angeblichen Wahlmöglichkeiten, die Optionen, die man hat und einem heute noch bleiben. Empfindet Ihr es auch als einengend, in solch einer konsumorientierten Welt zu leben, in der einem die grosse Freiheit vorgegaukelt wird, man sich aber im Endeffekt nur zwischen Marke A und Marke B entscheiden kann ?

Hendrik: Ja, natürlich empfinden wir dies als einengend. Wie du schon sagst, es bleibt nur die Wahl zwischen Marke A oder B; des weiteren ist es kaum möglich, etwas zu realisieren, was auch ökologisch und ökonomisch Sinn macht – egal ob du Adidas oder Nike kaufst, beides kommt aus Korea und wurde von Kindern gefertigt.

Du kriegst halt nicht alles im Dritte-Welt-Laden. Darum geht es auch in der ersten Strophe, das ist, was wir unter „Konsumtempelfreiheit“ verstehen, du hast die Wahl, aber es ist nichts Gutes dabei.

Wie seht Ihr Deutschland im Moment, bzw. eure nächste Umgebung ? Glaubt ihr, gerade in Hinblick auf die Wahlen (das Gespräch fand noch vor den Bundestagswahlen statt – Anm. des Verfassers), dass sich bei einer unionsgeführten Regierung das Klima in diesem Land verschlechtern wird ?

Hendrik: Das glaube ich schon. Die rot-grüne Regierung gehört jedoch auch definitiv abgesetzt. Sie hat es nicht verdient, einen weiteren Auftrag, für diese Scheisse, die sie in den vergangenen Jahren gemacht hat, Stichwort Sozialabbau, zu erhalten. Allerdings muss man auch sagen, dass die Alternative, eine unionsgeführte Regierung, eine Verschärfung desselben wäre. Von daher glaube ich schon, dass eine schwarz-gelbe Regierung noch unheilvoller wäre für Leute wie uns, aber es gibt halt auch keine wirkliche Alternative.

Werdet ihr am 18. September wählen gehen oder werdet ihr Euch komplett enthalten?

Hendrik: Das ist eine gute Frage. Da liege ich mit mir selbst im Widerstreit. Im Grunde genommen soll man ja eine Volksvertretung wählen, und keine der Parteien vertritt meine Interessen, also kann ich eigentlich nicht wählen gehen. Aber wenn ich nicht wählen gehe, dann wähle ich, nach den derzeitigen Vorzeichen, schwarz-gelb. Alle, die jetzt nicht mehr wählen gehen, sind jene, die keinen Bock mehr auf die SPD und die Grünen haben., das heisst, der prozentuale Anteil derer, die schwarz-gelb wählen, wird dadurch grösser.

Wenn man also zu Hause bleibt, kann man auch gleich CDU wählen. Den anderen in der Band geht es genauso, die wissen auch nicht, was sie machen sollen. Wir haben da im Proberaum schon drüber gesprochen, wir reden öfters mal über solche Themen, und keiner weiss, was er da tun soll. Wir haben am 17. September abends ein Konzert, vielleicht sind wir ja auch nicht rechtzeitig wieder zu Hause, dann hat sich das Problem schon von alleine gelöst. Ich gehe aber schon davon aus, dass wir am Sonntag mit dem Wahlschein in der Hand in unserem Kämmerlein hocken werden und überlegen werden, was wir nun machen sollen.

Denkst Du denn, dass die Linkspartei eine Alternative sein kann?

Hendrik: Was ihre Inhalte betrifft, glaube ich das schon. Sie ist im Grunde genommen das, was die SPD sein sollte, das sind traditionelle SPD-Themen, welche die Linkspartei vertritt, Stichwort Umverteilung, Solidarität, Steuererhöhung für die Reichen etc. Aber, das ist zwar noch nicht unbedingt ein Grund, sie nicht zu wählen, sie werden sowieso nicht in die Regierung kommen.

Und zweitens habe ich ein handfestes Problem mit den beiden Spitzenkandidaten, vor allem mit Lafontaine. Der wohnt in einem Palast und erzählt was von gesetzlichen Mindestlöhnen, da kommt mir die Kotze hoch. Also auch in diesem Falle tue ich mich schwer, an dieser Stelle mein Kreuzchen zu machen.

Seid Ihr sonst noch anderweitig politisch aktiv?

Hendrik: Also organisiert ist keiner von uns, politisch interessiert sind wir alle, ich interessiere mich für attac, der Sören macht mit bei „pro Regenwald“ , besitzt auch in Südamerika eine kleine Parzelle Land, die er für `n Appel und `n Ei gekauft hat, und die, da sie ihm gehört, nicht abgeholzt werden darf. Ich versuche halt, informiert zu sein, gerade durch Indiependent-Medien, durch`s Internet, was eine sehr sinnvolle Sache sein kann, aber wirklich politisch aktiv sind wir nur im Rahmen der Band.

Was macht Ihr, wenn Ihr nicht gerade mit Neuron lärmt? Ich glaube, ihr seid alles Studenten bzw. habt das Studium schon abgeschlossen, ist das richtig ?

Hendrik: Das ist richtig. Unser Bassist, der Ollie, ist Dr. med., relativ ungewöhnlich, er ist Anästhesist im Krankenhaus, unser zweiter Gitarrist, der Owe, ist Doktor der Philosophie, Sören studiert noch Jura, mit dem Vorsatz, das System zu kennen, um dann aktiv etwas dagegen unternehmen zu können. Das finde ich sehr löblich, ist aber bestimmt auch sehr schwer. Ich selbst habe Sport studiert und bin gerade fertig geworden.

Ich nehme einfach mal an, ihr kommt alle aus der Mittelschicht.

Hendrik: Das ist richtig. Wir sind sozusagen alles „rich kids“.

Was entgegnet Ihr Leuten, die sagen, ihr greift den Staat an, von dem Ihr im Grunde auch profitiert habt?

Hendrik: Denen würde ich sagen, dass diese Analyse zunächst nicht falsch ist; ich bin in eine Situation hineingeboren worden, in der ich, zumindest bis zum Studienbeginn, materiell nie irgendwelche Probleme hatte. Aber für diese Situation bin ich nicht verantwortlich. Sich dann auf diesem sozialen Status auszuruhen, und Desinteresse an der sozialen Lage anderer Leute zeigen, daraus kann man jemandem einen Vorwurf machen.

Ich glaube, das hat keiner von uns gemacht, wir haben uns auch für Leute interessiert, die nicht in diese privilegierte Situation hineingeboren wurden. Abgesehen davon, hat jeder von uns neben dem Studium gearbeitet und lebt von dem Geld, für das er selbst gearbeitet hat. Wir sind keine Muttisöhnchen, die sich auf dem Sozialstatus der Eltern ausruhen. Der Vorwurf, den du ansprachst, liegt natürlich nahe; aber für die sozialen Verhältnisse, in die man geboren wird, kann man nichts; es kommt darauf an, was man dann daraus macht.

Man kann mit Sicherheit immer mehr machen, als man dann tatsächlich tut; aber man kann auch deutlich weniger tun, und wir versuchen, kritisch zu bleiben und uns nicht auf unserem Status auszuruhen, sonst würden wir nicht bei Neuron spielen und vier Wochen lang durch besetzte Häuser touren, was übrigens eine grossartige Erfahrung war.

Kannst du uns diese Tour kurz schildern? War sie gut besucht? Welches Publikum war bei den Gigs anwesend ?

Hendrik: Ein paar Konzerte waren sehr geil, der Laden war rappelvoll, und irgendwelche Leute, die uns gar nicht gekannt haben können, wollten unsere T-Shirts kaufen. Ein paar schlecht besuchte Konzerte waren natürlich auch dabei, der Negativrekord waren sechs Zahlende, da muss man halt mit leben, wir haben dann mit langen Unterhosen und Sonnenbrillen bekleidet gespielt und unseren Spass gehabt, und die sechs Leute fanden es geil.

In so einer Situation muss man halt einfach das Beste draus machen. Das Publikum war auch sehr gemischt, von Alternative-Kids über Punks und Metaller war alles dabei, das fand ich auch sehr schön auf dieser Tour, sozusagen Varukers- neben Vader-Shirts, und alle haben Spass gehabt, das sieht man selten. Diese verschiedenen Szenen, in denen wir sind, die sind schon sehr scharf voneinander getrennt, auch per Dogma.

Mit wem würdet Ihr denn gerne einmal touren, meinetwegen auch rein fiktiv?

Hendrik: Wenn ich mir das aussuchen könnte, dann würde ich gerne einmal mit Napalm Death und Bolt Thrower touren.

Gibt es vielleicht einmal die Möglichkeit, Euch zusammen mit Audio Kollaps auf Tour zu sehen? Stilistisch ähnlich, würde das doch ein gutes Package abgeben.

Hendrik: Wir haben immer mal geplant, zusammen zu spielen, es hat sich aber bisher aus zeitlichen Gründen noch nicht ergeben. Wir haben auch eine Split- Veröffentlichung zusammen mit Audio Kollaps geplant, wir kennen uns, mögen uns und sind ja auch auf dem gleichen Label, und sprechen immer darüber, dass wir was zusammen machen wollen. Aber wie gesagt, bisher hat es noch nicht so hingehauen.

Wie seid Ihr mit Eurem Label Epistrophy zufrieden?

Hendrik: Wir sind mit Epistrophy sehr zufrieden. Wir kennen den Frank Ahorner (Betreiber von Epistrophy-Anm. des Verfassers) auch persönlich, er ist ein extrem lieber Mensch, der alles tut, um die Bands, die er unter Vertrag hat, zufriedenzustellen. Er hat für uns nicht nur ein Format des Albums gemacht, sondern CD und Vinyl, des weiteren hat er uns für die Tour T-Shirts, Longsleeves, Kapuzenpullis und Aufkleber gemacht, ohne dass wir darum gebeten hätten.

Ich hab vor diesem Menschen allerhöchsten Respekt, er reisst sich echt den Arsch auf und tut alles, wenn er von einer Band überzeugt ist. Von daher läuft es perfekt. Wenn wir noch mal etwas veröffentlichen, und wir sind gerade dabei Songs für die nächste Platte zu schreiben, dann würden wir gerne, wenn Frank Lust dazu hat, wieder bei ihm veröffentlichen.

Ihr arbeitet mit einer Promo-Agentur (Black Earth – Anm. des Verfassers) zusammen. Wie wichtig ist Euch noch der D.I.Y-Gedanke?

Hendrik: Also erstmal läuft es bei uns auf D.I.Y. hinaus, letztlich machen wir immer noch fast alles selbst. Der Mensch der hinter Black Earth-Promotion steht, ist voll in die Metal-Szene integriert. Wir kennen ihn durch eine befreundete Band, mit der wir uns den Proberaum teilen. Dann dachten wir uns, der könnte doch für uns auch mal was machen, aber bisher hat sich noch nichts ergeben; er wollte uns z.B. auf eine Impaled Nazarene-Tour packen, aber mit diesen Leuten, die Hasslieder gegen Homosexuelle schreiben, wollen wir nichts zu tun haben.

Alles was wir bis jetzt gemacht haben, die Platten-Aufnahme, die Finanzierung dieser, die Organisation der Tour, ist auf D.I.Y.-Basis geschehen. Andererseits muss man natürlich auch sagen, dass wenn man so eine Promo-Agentur hinter sich stehen hat, und es funktioniert, kann man mehr erreichen.

Wir sind demnächst fast alle mit Fulltime-Jobs ausgelastet, da hat man dann einfach nicht mehr soviel Zeit, um sich um alles zu kümmern; wir haben dieses Jahr z.B. erst zwei Konzerte gespielt, was natürlich an diversen Studienabschlüssen lag, aber wenn man noch jemanden hat, der sich um Gigs etc. kümmert, kann man, wie gesagt, mehr erreichen. Ich habe auf jeden Fall kein ideologisches Problem mit einer Promo-Agentur.

Ich würde gerne mal auf Eure Heimatstadt Kiel zu sprechen kommen. Seltsamerweise kommen aus Kiel, in Relation zu seiner Grösse (250.000 Einwohner -Anm. des Verfassers), sehr viele gute und bekannte Bands, so z.B. Smoke Blow, Bonehouse oder eben Neuron. Wie erklärst Du Dir das ?

Hendrik: Woher das kommt, frage ich mich auch. Vielleicht liegt es an den vielen Studenten hier in Kiel, genau erklären kann ich mir es aber auch nicht. Für die Grösse der Stadt, ist die Anzahl der Bands wirklich enorm. Wenn man sich in der hiesigen Szene umschaut, trifft man auch Musiker, die wirklich schweinegut sind, aber wie gesagt, eine wirkliche Erklärung habe ich dafür nicht.

Wie ist der aktuelle Stand der Dinge bezüglich der „Alten Meierei“ in Kiel? Bist Du da Informiert?

Hendrik: Neulich sollte dort ein Konzert stattfinden, dies wurde, unter Androhung der Räumung, untersagt. Wegen irgendwelcher Brandschutzbestimmungen durfte das Konzert nicht in der „Alten Meierei“ stattfinden, also haben die Organisatoren das Konzert nach draussen gelegt. Ich weiss nicht, ob dass Konzert draussen stattfand, wenn ja, frage ich mich, ob das wirklich klug war, weil die Nachbarschaft sich dann massiv beschweren könnte. Ich habe aber von irgendwelchen negativen Konsequenzen bisher nichts gehört.

Noch was anderes zum Ende des Interviews: ich hab gelesen, einer von Euch hat irgendeinen komischen „Erbsenzähler-Preis“ im Rock Hard gewonnen. Erzähl doch mal was dazu.

Hendrik: Ja, das war ich. Eigentlich ging das Ganze auf eine Idee von Owe zurück. Ich habe mir im Laden das neueste Album von Corrosion of Conformity gekauft, was ich normalerweise nie tun würde, da mir neue CDs zu teuer sind.

Dann habe ich gemerkt, dass auf der CD ein überspielfehler drauf ist, ein Sprung in der Gesangsspur, wohl beim digitalen Vervielfältigen passiert. Dann habe ich an die Plattenfirma geschrieben, ob denen das nicht aufgefallen ist, denn normalerweise wird das Produkt, bevor es in den Laden kommt, ja auch noch einmal gehört. Das lässt drauf schliessen, dass es den Leuten schlichtweg egal war. Na ja, das Label hat auf meine Anfrage jedenfalls nicht reagiert, und Owe meinte zu mir, ich solle doch mal ans Rock Hard schreiben, um so was kümmern die sich bestimmt.

Das haben sie auch gemacht, haben meinen Leserbrief an das Label weitergeleitet und die haben mir daraufhin ein Paket mit ein paar CDs und einem Video drin als Wiedergutmachung geschickt. Aber das Rock Hard konnte sich halt nicht verkneifen, mir den Erbsenzählerpreis zuzuschreiben. Wie gesagt, die Störung auf der CD ist minimal, aber wenn man sie einmal hört, dann hört man sie immer, und wenn eine CD 16 Euro kostet, muss sie in Ordnung sein.

Was bringt die Zukunft für Neuron?

Hendrik: Wir sind jetzt mal wieder soweit, dass wir die ganze Sache in die Hand nehmen können, was diese Jahr nicht so ging, unser Bassist hatte z.B. Facharztprüfung. Jetzt aber können wir wieder so richtig durchstarten, haben auch im Prinzip genug Songs, um die nächste Platte aufzunehmen; diese existieren aber im Prinzip bisher nur in unseren Köpfen, bzw. auf unseren Tapes; jetzt müssen wir uns daran begeben, die Songs auszuarbeiten. Wir spielen demnächst in Hannover auf einem Event, das „Epidrome“ heisst, von Frank Ahorner und Epistrophy organisiert, und dann folgen Ende des Jahres vielleicht noch ein paar Gigs.

Letzte Worte?

Hendrik: Bleibt wach, sonst gewinnen die anderen.

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Interview: Gerald Bauer

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