Januar 20th, 2021

Keine Liebe ohne Lüge – Wie viel Ehrlichkeit verträgt eine Beziehung, Franz Josef Wetz

Posted in bücher by Dolf

Alibri Verlag, Postfach 100 362, 63739 Aschaffenburg, www.alibri.de

Hier handelt es sich um eine stark veränderte Neufassung des bereits 2011 erschienenen Buchs „Lob der Untreue“. Wer das also nicht kennt, kann hier – wenn er sich traut – zulangen. Denn der Autor bringt es auf den Punkt und zwar auf den, den man nicht so gern hört. Allein schon der Klappentext hat es in sich: „Dauerhafte Leidenschaft gibt es im wirklichen Leben fast genauso wenig wie zeitlich unbegrenzte erotische Anziehung. Gefühle kommen und gehen. Selbst die radikalen Liebesgeschichten Romeo und Julia oder Tristan und Isolde sind nur außeralltägliche Affären und nicht das Vorspiel zu einer lediglich missglückten lebenslangen Intensität.“

Mit der Liebe ist es genauso wie mit vielem anderen – sie lässt sich nicht steuern – zumindest nicht von rationalen Überlegungen oder der Vernunft. Das ist erst mal nicht so überraschend, denn wer verliebt sich schon geplant. Überraschend ist es dann aber wenn die Liebe plötzlich vorbei ist, oder einer anderen Person gilt und es oftmals dafür auch gar keine wirklichen „Gründe“ gibt, sondern schlicht den, das sich die Person damit einfach besser fühlt, bzw. es eben nicht kontrollieren kann. Dies führt Wetz hier in aller Ausführlichkeit und bezogen auf alle möglichen Lebenslagen schonungslos aus. „Hinter jeder festen Beziehung lauert die Langeweile. Monogamie endet in Monotonie“ Gut, das Beziehungen auf Dauer nicht von noch mehr Liebe durchflutet sind ist ja jetzt nichts neues und das der Partner auf Jahre nicht sexuell attraktiv bleibt ist für Menschen die länger in einer Partnerschaft leben auch bekannt. Das dies aber oft in Seitensprüngen, Fremdgehen oder gar Beziehungslügen münden kann, ist leider auch Teil der Realität. Aber eben ein sehr heikler Punkt des Beziehungsalltags, denn wer redet schon darüber, beziehungsweise ist es nicht schlauer einfach bestimmte Dinge zu verschweigen – aber was ist dann mit der Wahrhaftigkeit der Beziehung? All das wird hier auf eine dem Autor eigene Art und Weise beschrieben, einige Schlagworte aus dem Inhaltsverzeichnis: „Treue mit Reue“, „Pflicht zur Heuchelei“, „Geständnis und Eifersucht“,. „Wertschätzung, Besitzgier und Wohlwollen“, „Hormoneller Druckverlust“. Bin mir sicher der ein oder andere frisch Verliebte hat schon längst aufgehört zu lesen. Was auch verständlich ist, aber – es gilt der menschlichen Realität ins Gesicht zu schauen und sie so anzuerkennen wie sie nun mal eben ist. Oft passt das natürlich überhaupt nicht und man fragt sich wirklich ob es nicht besser ist nicht alles zu wissen. Ich fand das Buch irgendwie „hart“ obwohl ich schon vorher wusste das es mit der Liebe nicht immer so ist wie es am Anfang mal war – aber diese brutale Offenheit – man muss auch wirklich einiges aushalten. Und ob es dem einzelnen nach der Lektüre besser geht oder schlechter ist wohl von Individuum zu Individuum unterschiedlich. Es war noch nie einfach sich mit den Fakten zu arrangieren. Hier wird der rote Schleier der Liebe runter gerissen, die Dinge sind eben leider nicht so wie man sie gerne hätte. Ich war letztendlich froh das Buch gelesen zu haben und kann es auch empfehlen. 151 Seiten, 12,00 Euro (dolf)

Isbn 978-3865693006

[Trust # 205 Dezember 2020]

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