Januar 14th, 2025

Hurry Up (#218, 2023)

Posted in interview by Jan

Bei HURRY UP spielen Kathy Foster und Westin Glass von den THERMALS, sowie Maggie Vail von der Olympia/Washington-Band BANGS. Die Band existiert schon seit 2010, in den 12 Jahren brachten Hurry Up aber erst zwei Alben heraus. Ihr gleichnamiges Debüt von 2015 ist noch von eher roher Natur und bietet schnörkellosen, krachigen Punk. 2022 erschien ihr zweites Album „Dismal Nitch“ auf dem das Powertrio die aufreibenden Melodien und den rebellischen Zeitgeist diverser Riot Grrrl-Bands mit schrubbeligen Garagenpunkrock vermischt.
Doch selbst wenn Hurry Up die Gänge bei „Dismal Nitch“ oder „Days of our love“ herunterschalten, sind sie noch wahnsinnig intensiv und leidenschaftlich. Kurzum haben Hurry Up mit „Dismal Nitch“ eine großartige, zeitlose Punkplatte veröffentlicht, die bisher viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen hat.

Ein guter Grund um mit der Band ein Interview zu führen, wo es nicht nur um die Bandgründung geht, sondern auch um ihre sehr gut reflektierten Songtexte. Zum Schluss redeten wir auch noch über die neu reformierten Bikini Kill, bei denen Hurry Up mehrmals im Vorprogramm spielten.

Hurry Up bestehen aus Kathy Foster (KF) und Westin Glass (WG) von den Thermals und Maggie Vail (MV) von den Bangs. Wie kam es zu dieser Bandkonstellation?
MV: Hurry Up entstanden spontan im Backstageraum bei einem Thermals-Konzert in NYC im Oktober 2010. Kathy und ich hatten schon seit einiger Zeit versucht eine Band zu gründen. Zu unseren Anfängen habe ich Schlagzeug gespielt und Kathy Gitarre oder wir spielten auch in umgekehrter Besetzung. Das hat zwar Spaß gemacht, aber es hat sich noch nicht richtig angefühlt. Doch bei dieser Thermals-Show kamen wir ins Gespräch und merkten, dass jetzt der richtige Moment angekommen wäre. Ein paar Tage nach ihrer Rückkehr von der Tournee haben wir zum ersten Mal geprobt und in den ersten paar Proben etwa die Hälfte der Songs unserer ersten Platte geschrieben. Unsere Chemie war unbestreitbar.

WG: Kathy und ich kannten Maggie durch ihre Tätigkeit bei Kill Rock Stars, wo sie zwei Thermals-Platten herausbrachte. Wir hatten den gleichen Geschmack und wussten, dass die musikalische Chemie zwischen uns stimmen würde. Sobald wir anfingen zu spielen, kamen die Songs wie von selbst.

KF: Und wir alle lieben Hot Snakes, Wipers, Dead Moon und wollten eine Band in der gleichen Richtung gründen.

The Thermals lösten sich 2018 auf, spielt ihr seit dem Bandsplit noch in weiteren Bands außer Hurry Up? Und sind Hurry Up als eine feste Band anzusehen oder eher als ein nebenherlaufendes Bandprojekt?
MV: Ich betrachte Hurry Up als eine feste Band. Es mag nicht die gleiche Art von Band sein wie es die Thermals waren, aber wir wollten mit Hurry Up etwas außerhalb des Alltags der Musikindustrie erschaffen. Wir machen das zu unseren eigenen Bedingungen und auf unsere eigene Weise. Wir waren nie darauf aus das nächste große Ding zu werden, sondern wollten einfach nur mit den Leuten Musik machen die wir lieben.

WG: Wir haben einen Pakt geschlossen, dass wir diese Band immer nur aus Spaß an der Sache machen werden. Aus diesem Grund denke ich dass es die Band längere Zeit geben wird und wir Hurry Up immer wieder in unser Leben einbauen werden.

KF: Ja Hurry Up fühlt sich definitiv so an, als ob es lange so weitergehen kann, wie wir es wollen. Wie Westin und Maggie schon sagten machen wir es aus keinem anderen Grund als aus Spaß an der Sache, und das werden wir immer in unserem Leben brauchen. Es fühlt sich immer so gut an zusammen zu spielen und abzuhängen. Zurzeit spiele ich auch Bass und singe Backups in der Band Slang und ich werde bald ein Soloalbum unter dem Namen Roseblood herausbringen.

Viele eurer Texte übermitteln düstere, hoffnungslose Inhalte, als wären wir die letzte Generation, wie z.B. bei dem Titelsong „Dismal Nitch“ – Into the void, Into the night, Into the dark, Into the black pit you call your soul. Your greed machine will eat, Will eat the world whole“. Oder auch der Opener „American Weirdos“ scheint wie eine Hymne zu sein, von einer Generation, die von falschen Versprechungen die Nase voll hat. „We while away the hours as we watch the world decay. Living in shadows is the only thing we know. We never want to leave, we never want to go. American weirdos, don’t need no more heroes”. Und wenn man den Fernseher anschaltet wird man auch von Endzeit-Szenarien verfolgt, die auf Gier und Macht basieren. Seht ihr euch als die letzte Generation oder habt ihr die Hoffnung dass diese Generation die Welt zu einer besseren verwandeln kann?
MV: Für mein Empfinden sind unsere Texte nicht besonders düster, sie reflektieren nur die Zeiten in denen wir leben. In Amerika während des Aufstiegs von Trump zu leben, war unglaublich deprimierend und entmutigend. Jede Art von Fortschritt den wir zuvor gefühlt gemacht haben, hat sich schnell zurückentwickelt und das ist leider immer noch der Fall, selbst wenn er nicht mehr im Amt ist.

Und diese negative Entwicklung geschieht derzeit weltweit. Ich habe Hoffnung, denn ich war schon immer ein hoffnungsvoller Mensch, auch wenn diese Hoffnung ein wenig schwindet, indem sich das Schiff von selbst drehen wird. Mit dieser Band und unseren Liedern schreien wir in die Welt und sagen: Ihr seid nicht allein, wir spüren es auch, wir sind wütend, seid wütend mit uns.

WG: Es stimmt, Dismal Nitch ist ziemlich düster. Es ist wirklich viel passiert seit wir diese Songtexte geschrieben haben. Vorher waren sie wie eine verzweifelte Warnung, jetzt fühlen sie sich wie ein Schrei der Frustration darüber an, wie sich die Dinge entwickelt haben, es scheint alles ziemlich vorhersehbar zu sein. Aber ich übe mich jetzt in einem bewussten Optimismus. Es ist immer noch Zeit, alles zu ändern.

KF: Wie wir schon sagten, ist diese Band für uns kathartisch. Wir spielen in ihr um unsere Frustrationen, unseren Schmerz, unsere Wut usw. loszuwerden. Wir empfinden das als produktiv. Unsere Welt ist im Arsch, aber gleichzeitig gibt es auch ständig Schönheit, Liebe und Glück.

Ich denke der Song „Invasive Species“ bezieht sich auch auf das Thema, oder wer ist mit der Invasive Species gemeint?
WG: Ich habe die erste Strophe geschrieben, als ich mit ein paar fiesen invasiven Brombeerranken zu kämpfen hatte. Sie erobern im pazifischen Nordwesten jedes unbeaufsichtigte Land. In der zweiten Strophe geht es um die Firma Tech-Bros, die in Seattle und Portland eindringen, mit viel zu viel Geld und null sozialer Kompetenz oder um eine andere Sorge als um sich selbst.

In der dritten Strophe geht es um uns alle, die Menschen als invasive Spezies, die den Planeten der uns ernährt hat zerstören. So muss es aber nicht sein. Wir haben alle die Fähigkeiten und die Intelligenz um in Harmonie mit dem Planeten und auch miteinander leben zu können und ich muss daran glauben, dass wir unser Potenzial ausschöpfen werden.

Der Song „No“ bezieht sich auf die feministische Aussage „No Means No“ die eigentlich eine Grundvoraussetzung darstellen sollte. Leider ignorieren manche Männer dieses „Nein“ oder leben in der arroganten Fehlauffassung, dass wenn eine Frau reizend gekleidet ist, sie auch schnell zu haben wäre. Vermutlich habt ihr diesbezüglich auch schon eure schlechten Erfahrungen gemacht und wie seid ihr damit umgegangen?
KF: Bei „No!“ geht es nicht nur darum eine Person zu respektieren und zu akzeptieren, die ein „Nein“ zu Sex, Küssen, Berührungen usw. ausdrückt, sondern auch um die Momente in denen eine Person nicht „Nein“ sagen kann, weil sie verängstigt, betrunken, high, ohnmächtig, betäubt usw. ist.

Wenn eine Person den Kopf schüttelt und „Nein“ sagt, wenn sie dich wegstößt, wenn sie in irgendeiner Weise handlungsunfähig ist, bedeutet das „NEIN!“. Und ja, auch wenn ich locker bin, wenn ich etwas Kurzes oder Enges trage, wenn ich roten Lippenstift trage, heißt das nicht dass ich Annäherungsversuche von irgendjemandem erwarte.

Ihr erinnert nicht nur an Bikini Kill, sondern habt mit ihnen auch ein paar Reunions-Konzerte gespielt. Wie waren die Gigs mit Bikini Kill und weißt du ob die Band neue Songs veröffentlicht?
MV: Natürlich erinnere ich mich an Bikini Kill. Meine Schwester Tobi spielt schließlich in der Band und ich betreibe ihr Plattenlabel als meinen Hauptjob ;). Ihre Shows waren unglaublich. Sie sind besser als je zuvor und ihre Botschaft ist heute wichtiger denn je. Es gibt zur Zeit keine Pläne neue Songs aufzunehmen.

KF: Es war ein wahr gewordener Traum mit Bikini Kill aufzutreten. Sie sind eine meiner absoluten Lieblingsbands und auch eine der wichtigsten Bands aller Zeiten. Sie haben mich definitiv beeinflusst und mich inspiriert, überhaupt mit der Musik anzufangen. Sie inspirieren mich auch heute noch.

(bela)

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