Dezember 3rd, 2014

Grüne Lügen – Friedrich Schmidt-Bleek

Posted in bücher by Dolf

Ludwig/Heyne/Random House, Neumarkter Str. 28, 81673 München, www.ludwig-verlag.de

GrüneLügenDer Untertitel „Nichts für die Umwelt, alles fürs Geschäft – wie Politik und Wirtschaft die Welt zugrunde richten“ lässt einen erstmal denken „Und, was ist neu?“ Aber der sehr lebenserfahrene Autor, er ist bereits Anfang 80, hat hier einige gute Ideen – die über die „üblichen“ hinausgehen und auch viele vermeintlich „grüne“ Ideen nochmal ganz anders, nämlich überhaupt nicht grün, dastehen lassen.

Das die ganzen Hybrid- und Elektroautos ein Schritt in die falsche Richtung sind war ja von Anfang an klar. Das alle Ressourcen endlich sind – auch. Aber wußtest du das Sand auch eine Umweltzeitbombe ist. Oder war dir bewußt das meistens – wenn von Umweltschutz gesprochen wird – es eben nicht um den Schutz der Umwelt geht, sondern darum das es dem Menschen besser geht.

 

Und es ist zwar so, das die meisten Umweltschutzmaßnahmen tatsächlich den Schadstoffausstoß reduzieren aber auch den Bedarf an Ressourcen erhöhen, womit die Welt immer schneller zerstört und verschmutzt wird. Schmidt-Bleek ist der Erfinder des Begriffes „ökologischer Rucksack“ (in dem werden alle Ressourcen gesammelt die bei der Herstellung, dem Gebrauch und der Entsorgung eines Produktes anfallen – hier wäre es gleich interessant gewesen zu erfahren wie groß oder klein der ökologische Rucksack des vorliegenden Buches ist…) und führte eine Maßeinheit für die Bewertung der Umweltbelastung eines Produktes ein: MIPS (Material-Input pro Serviceeinheit).

So werden z.B. für jedes Smartphone ca. 71 kg Natur verwendet! Der Autor erklärt warum der derzeit vorherschende nachsorgende Umweltschutz der falsche Weg ist und das bei den Ursachen angesetzt werden muss. Auch das ist so neu nicht, aber der Mann weiss was er will und deshalb gibt es ein konkretes Konzept für eine Ressourcenwende die den Wohlstand sichern und die bedrohte Ökosphäre stabilisieren soll. Ob das klappen kann?

Zumindest ist Schmidt-Bleek sehr realitätsnah, wenn er zum Beispiel schreibt: „Die Ökologiesierung der Gesellschaft kann nur gelingen, wenn es sich finanziell lohnt, Ressourcen zu sparen. Nachhaltigkeit wird auf dem Markt erreicht – oder gar nicht. Wir brauchen deshalb einen Markt, der die Ressourcenwende unterstützt. Dazu bedarf es einer umfassenden Steuerreform, die mit einer ganzen Reihe von Strukturveränderungen verknüpft sein muss.

Es braucht eine neue Preisarchitektur auf dem Markt, die die ökologische Bedeutung von natürlichen Ressourcen widerspiegelt. Zudem muss die Eigenhaftung von Entscheidungsträgern verbessert und verbrauchsfördernde Subventionen müssen abgeschafft werden. Die Festlegung von Indikatioren mit Bezug zur Umwelt muss Normalität, die kurzfristige Profitmaximierung darf nicht mehr gefördert werden. Wenn diese notwendigen Struktruveränderungen wirksam sind, besteh Aussicht, dass man notwendige Entwicklungen hin zur Stabilität der Ökosphäre dem Markt überlassen kann.“

Und auch ansonsten hat er ganz klare Pläne (Stichwort: Faktor 10) wie das alles von statten gehen soll. Er nimmt andere Konzepte mit an Bord (Nutzen statt besitzen, Nicht neu produzieren, sondern erhalten) und erklärt warum die CO2-Vermeidungsindustrie der Umwelt schadet oder warum der BIP (Bruttoinlandsprodukt) niemals ein Indikator für Wohlstand sein kann. Auch dem immer wieder auftauchenden „Argument“ das fehlendes Güterwachstum bei der Ressourcenwende die Arbeitsplätze gefährdet nimmt er den Wind aus dem Segel.

Er stellt klare Forderungen an Politik und Wirtschaft, bleibt nur zu hoffen das diese auch mal zuhört und umsetzt. Wäre Friederich Schmidt-Bleek nicht in dem Alter in dem er ist, würde ich ihm an dieser Stelle ein wenig Naivität unterstellen, von den unfähigen Politiker derartiges zu erwarten – aber er hat ja seine Erfahrung.

Im Anhang gibt es noch einige ältere Texte, auch von anderen Autoren. Wo im Prinzip das gleich nochmal steht, ist aber ganz gut um das umfangreiche Material gleich nochmal zu vertiefen oder wiederaufzufrischen. Die Tabelle am Ende zur Materialintensität ist eine gute Idee, aber leider unübersichtlich.

Er ist auch ziemlich realistisch mit seiner Planung, so schätzt er das es ca. 50 Jahre dauern wird bis das umgesetzt ist, wenn man jetzt anfängt. Ich bin gespannt und hoffe es noch erleben zu dürfen. Die 300 gebunden Seiten sind auf jeden Fall lesenswert. 19,99 Euro (dolf)
Isbn 978-3453280571

[Trust #168 Oktober 2014]

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