Dezember 3rd, 2014

22 Strategien für die erfolgreiche Gründung einer Rockband – Ian F. Svenonius

Posted in bücher by Dolf

Metrolit Verlag, Prinzenstraße 85, 10969 Berlin , www.metrolit.de

22StrategienfürdieerfolgreicheGründungeinerRockbandDas Buch erschien 2012 unter dem Titel „Supernatural Strategies for making a Rock’n’Roll Group“ in den Usa bei Akashic Books und wurde bereits im Trust # 161 besprochen. Aber es ist super das man es jetzt auch auf deutsch bekommen kann, da das englische Original doch nicht so leicht zu lesen ist.

Hier ein großes Lob an die ÜbersetzerIn Uta Goridis und Egbert Hörmann, die einen wirklich großartigen Job gemacht haben. (erlaube mir hier anzumerken, das einzig die Übersetzung von „suicide“ mit Selbstmord mich kurz innehalten ließ, weil eben Selbsttötung der richtigere Begriff ist, aber das nur am Rande….). Auch ist diese Ausgabe die deutlich Überlegenere was die Buchqualität angeht, gebundener Textilbroschur halten die etwas mehr als 300 Seiten perfekt zusammen.

 

Da es inhaltlich natürlich gleichgeblieben ist hier erstmal die, angepasste, Übersetzung der Besprechung aus der # 161:

Wenn du weisst – und du solltest das wissen – das der Autor bei The Make Up und The Nation of Ulysses gespielt hat, kannst du dir vielleicht vorstellen was einen erwartet – und teilweise liegst du da richtig. Das ist kein einfaches Ratgeberbuch, sondern auch ein wenig okkulte Esoterik und natürlich viel Wahrheit und Haltung. Nach einer Einleitung, Erster Teil – Wahre Geheimnisse aufgedeckt – beginnt es gleich mit einigen Séancen wo sie mit den Geistern toter Musiker (Brian Jones, Richard Berry, Mary Wells, Paul McCartney [noch am Leben], Buddy Holly, Jim Hendrix and Jim Morrison) über die Ursprünge der Rock’n’Roll-Band, wie RnR aus der amerikanischen Gang-Kultur hervorgegangen ist, der Einfluß der Black Panther und so Kram sprechen…. einiges davon macht Spass und es kommen gute Gedanken zum Vorschein:

„Tatsächlich ist die moderne Rockgruppe oft eine vorhersehbare, seelenlose, alberne und ziemlich langweilige Vereinigung, die aus in Internaten erzogenen Bankierssöhnchen besteht, die sich auf der Bühne aufplustern und eine passable Nachahmung von Scheiben, die sich ein dememter Kritiker mit auf die berühmte einsame Insel nehmen würde. Die Gruppen werden von Jahr zu Jahr banaler.“

Aber alles in allem ist das nicht so ganz meine Sache. Der zweite Teil – Übernatürliche Strategien – ist dann der Leitfaden in über 20 Kapiteln die sich mit allem beschäftigen womit sich eine Band auseinandersetzten muss: Die Urschande, Das Ziel (Die Politik erfordert weder Talent noch Intelligenz noch gutes Aussehen. Zu Beginn werden Sie nicht einmal einen Anzug benötigen.

Sondern Sie einfach nur etwas „Provokatives“ (kreationistisches, bigottes oder sonst wie reaktionäres) Vitriol in ein Mikrofon ab, und Sie werden Geldgeber finden, die für Fernsehauftritte, Fundraising-Events und aufgehübschte Maßkleidung sorgen. Diese Art der Berühmtheit wird dauerhafter und nachhaltiger sein als jeder Ruhm auf dem Feld der Musik. So ist jemand wie Donald Rumsfeld, ein drittklassiger Regierungsfunktionär, bei dem kein Funken Talent, Intelligenz oder Charme zu erkennen ist, eine größere internationale Celebrity als Mick Jagger, ein wahrer Heros seiner Zunft.

Rumsfeld kennt man aufgrund seiner Geistesgestörtheit und seiner Arroganz in jedem Winkel Asiens, des Nahen Ostens und Afrikas, wohingegen Jagger lediglich von ein paar hundert Millionen Musikenthusiasten aus der ersten Welt bewundert wird.), Das Foto als Enthüllung, Der Bandname, Wie man die Gruppe findet, Die Bandprobe, Die Plattenaufnahme, Produzenten, Der Tourbus, Das Label, Sex, Drogen, Der Auftritt (Selbst wenn Ihre Gruppe, aus welchem Grund auch immer, hier einen Treffer landet, sind diese Hörer ein äußerst wankelmütiger Haufen.

Eigentlich hören sie nur Musik, wenn sie sich ablenken wollen, oder wenn sie im Auto oder am Tresen einer Bar sitzen. Ihre künstlerische Entwicklung interessiert sie überhaupt nicht, und es ist ihnen auch egal, ob Sie in einem Song ein paar Hörner hineinmischen oder die Gruppe sich die Haare schneiden lässt. Tatsache ist, dass sie weder den Namen Ihrer Gruppe kennen, noch die Texte Ihrer Songs, und dass es sie auch nicht kümmert, wie Sie aussehen oder was Sie sonst so machen.

Es sind nicht die Sorte Fans, auf die sich Ihre Gruppe spezialisieren sollte, denn sie haben nicht einen Funken jener blinden Loyalität, nach der Sie sich sehnen.), Die Vermaktung von Nostalgie, Kommunikation, Führung, Disziplin, Musikkritiker („Heutzutage hält sich jeder für einen Kritiker“ – diese Klage hört man allenthalben, was in unserer Zeit der Selbstveröffentlichungen und des elektronmagnetischen Gelabers auch nicht verwundert.

Tatsächlich kommt von allen Seiten harsche Kritik, sodass von Ihrer Gruppe nichts übrig bleibt, wenn sie nicht über ein paar Abwehrstrategien verfügt. Öffentliche Kritik sollte man am besten ignorieren, denn sie ist willkürlich und oft anonym. Selbst wenn ein Name darunter steht, sind die Argumente zumeist an den Haaren herbeigezogen und ziemlich dreist. Außerdem, wer sind sie, diese Kritiker, und wer hat sie nach ihrer Meinung gefragt? Ein Kritiker ist ein Individium, das sich für eine Autorität in Geschmacksfragen hält.

Das geht freilich Djs, Leuten, die ein Mixtape machen oder Musik verschenken ähnlich. Es gibt zahllose Musiker oder Szeneautoren, die ihrer Umgebung mit allen Mitteln ihre Ästhetik und Ideologie aufzwingen wollen. Die Meinung dieser Leute kann sehr aufschlussreich sein, und man sollte sie in ihrem Tun ermutigen. Sie haben einige der interessanteren Trends und Bewegungen entscheidend beeinflusst oder sogar herbeigeführt. Aber es gibt auch die Kaste der Berufskritiker, und sie verfolgen sehr viel dubiosere Ziele.) Die Aussenkommunikation, Die Verpackung. Gefolgt von einer Abschlusserklärung des Amts der Post-Physischen Rock-’n‘-Roll-Arbeiter.

Bei diesem Buch gehen die Daumen mal rauf, aber auch wieder runter. Zum Glück mehr nach oben als in die andere Richtung. Erwartungsgemäß gibt es viele Verschwörungstheorien im Svenonius-Stil, teilweise ist mir das zu „kreativ“ geschrieben, aber manchen Leuten gefällt genau das. Der Kern des Buches und die Haltung dahinter sind wahr und gut. Und bitte kann ab sofort jeder nur noch Souvenierstand statt „merchtable“ sagen – Lasst uns mal zum Souvenierstand gehen und gucken was für Souveniers die Band im Angebot hat.

Das war das Ende der übersetzten Rezi und ich merke das mir das mit dem Souvenierstand hier gar nicht aufgefallen ist – wurde das etwa wegübersetzt? Wie auch immer, es macht mehr Spass das Buch auf Deutsch zu lesen, weil es einfach verständlicher ist und man Ian’s bissigen Sarkasmus leichter erkennen kann. Er sagt eben sehr viele Dinge die sehr wahr sind, die aber viele Bands/Leute sicher nicht hören wollen (weil es zutreffend ist).

Das Buch ist nach wie vor kein klassisches Ratgeberbuch, aber intelligente Menschen können hier viel Information rausholen und wer auf den Stil steht kann sich wirklich großartig amüsieren. Nicht unerwähnt bleiben soll abschließend das Ian Svenonius immer noch Musik macht, derzeit mit Chain & the Gang. 18.- Euro (dolf)
Isbn 978-3-8493-0091-3

[Trust #168 Oktober 2014]

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