März 21st, 2020

GREEN APPLE SEA aus #86, 2001

Posted in interview by Jan

Green Apple Sea

Ständen im Booklet der ersten Green Apple Sea CD „All Over The Place“ nicht die Namen der Musiker, würde man ohne weiteres vermuten, das diese dreiköpfige Münster/Köln-Connection um Songwriter Stefan Prange aus den Staaten kommt. Ihr absolut einzigartiger, sparsam akzentuierter slo-mo Gitarrenpop mit einem ausgesprochenen Sinn für wunderschöne Melodien in einer heiter-melancholischen Stimmung, verschafft Green Apple Sea nicht zu Unrecht den Ruf als eine der intensivsten Indiebands unseres Landes. Fernab von altbackener Folkdudelei kann man die Band locker in einem Atemzug mit US-Indie-Größen wie Ida, Tristeza, Rex, Codeine oder Eels nennen. 

Der obligatorische Einstieg: Erzähl kurz die Geschichte von Green Apple Sea!
SP: Wir sind zu dritt, Frank Theismann spielt Bass, Henrik Schoch spielt Schlagzeug und ich (Stefan Prange) spiele Gitarre. Wir kommen alle aus dem Emsland und haben die Band vor ca. 2 Jahren gegründet. Henrik kommt so von der alten SST-Schule und hat mit seiner zweiten Band Makita schon seit Jahren Post-Irgendwas-Sound gespielt. Mit Frank spiele ich schon seit 10 Jahren in diversen Bands und wollte eigentlich schon immer mal etwas ruhigere Musik machen.

Woher kommt der Name Green Apple Sea?
Green Apple Sea kommt aus dem Song „Perfect Blue Buildings“ der Counting Crows. In einer Textzeile heißt es da „sleep in perfect blue buildings beside the green apple sea“. Ich fand das halt ein sehr schönes Bild.

Perfect Blue Buildings ist hier das Stichwort, womit wir dann beim Thema Seitenprojekte bzw. andere Bands des Stefan Prange wären. Erzähl einfach mal.
Es gab die Perfect Blue Buildings (-1995 für mich eine der besten Emo-Indierockbands des Landes, die man ohne weiteres auf eine Stufe mit Bands wie Afghan Whigs oder Samiam stellen kann. -Anm. d. A.), die zur Zeit eine Pause eingelegt haben, da der Drummer Vater geworden ist und geheiratet hat. Dann gibt es noch Nolte die ja auch aus Münster kommen. Wir haben eine 12“ veröffentlicht und sind gerade dabei eine neue Platte aufzunehmen, die dann wahrscheinlich im Herbst erscheinen wird. Ja und ich bin wieder alleine unterwegs als Old Man Treadwell wo ich dann so ein bißchen mehr in die Country-Richtung zu gehen versuche.

Ich finde es schwierig Euch musikalisch einzuordnen. Einerseits habe ich festgestellt das ihr bei der Gitarrenfolk-Fraktion ganz gut ankommt. Ihr habt ja schon im Vorprogramm der Schramms, Silos und 16 Horsepower gespielt. Finde ich aber einordnungstechnisch eigentlich nicht ganz so passend, da die Wurzeln eures Sounds ja mehr wo anders liegen. Viele sagen ja auch Slow-Core dazu bzw. ich würde es vielleicht auch „Emo auf langsam“ nennen.
Ja das kommt schon hin, weil Henrik und ich auch so Bands wie die Schramms eigentlich gar nicht hören. Bands wie Codeine, Low, Rex, Joan Of Arc sind so die Bands die uns näher liegen, oder auch dieses ganze Chicago-Zeug. Nicht so die intellektuelle Schiene wie Tortoise, sondern mehr die emotionalen Sachen wie The Sea & Cake. Das man uns in beide Ecken packt ist irgendwie praktisch, da wir ja nun weiß Gott keine massenkompatible Musik machen und so verschiedene Leute erreichen können.

Um so erstaunlicher ist es, daß ihr jetzt zusammen mit Missouri sogar auf Tour gehen könnt, nachdem ihr sonst praktisch nur Supportshows für internationale Acts gespielt habt.
Erst war gar nicht sicher, ob die Tour überhaupt zu stande kommt. Aber der Jens Trümmer macht da wirklich einen sehr guten Job. Missouri haben ja schon zwei kleinere Touren gemacht, was das ganze bookingtechnisch etwas vereinfacht hat und so touren wir jetzt fast zwei Wochen am Stück, was schon ganz cool ist. Wir spielen sogar in der Schweiz, Österreich und Luxemburg.

Wie ist die Connection mit Missouri zustande gekommen?
Missouri sind uns, schon seit wir in Magazinen erwähnt wurden, immer wieder über den Weg gelaufen. Per Zufall wurden wir zusammen besprochen. Unser Label Skycap hat dann auch noch eine Split-Single mit Granfaloon Bus und Missouri gemacht und dadurch war dann der Kontakt halt hergestellt. Dann haben wir uns mal auf einem Missouri-Konzert in Münster kennengelernt, irgendwann zusammen gespielt und so ist dann die Touridee entstanden

Skycap euer Label, gutes Stichwort:
Ja, Skycap ist ein tolles Label aus Münster. Haben angefangen mit internationalen Sachen. Thurston Moores Solo-Scheiben mit Nels Cline haben sie für Deutschland lizensiert, die Nolte-12“, eine Solo-Single von mir und das Morphine-Swing-Seitenprojekt Lars Vegas U.S.. Dirk und Marc haben unheimlich viel in unsere Platte gesteckt, was leider nicht ganz wieder rausgekommen ist. Aber es kommt ja bald eine zweite Platte.

Gut finde ich an Skycap, das sie zwar schon gut kalkulieren müssen, aber halt nicht an Profit denken. Sind halt ein richtiges Indielabel. Heut zu Tage muß man ja in den Medien ständig präsent sein um überhaupt Auftritte zu bekommen und es ist immer noch die Frage was Promoterror so bringt. Skycap hat mit Sicherheit nicht das Geld um euch ständig im Gespräch zu halten.
Ja das ist schon richtig. Für unsere Platte hat Skycap zwar extra eine Promoagentur engagiert, was letztendlich aber auch nicht den riesen Erfolg gebracht hat. Wir haben zwar gute Presse gehabt, aber es ist trotzdem kaum jemand in den Laden gegangen und hat sich unsere CD gekauft. Radioairplay durch Klaus Fiehe (EinsLive) bei „Raum + Zeit“, hat einzig dazu geführt, das mich mein Arbeitgeber am nächsten Tag erstaunt gefragt hat „ob ich der Stefan Prange bin, der auch Lieder schreibt. Hätte ihm ja ganz gut gefallen.“ Es ist halt die Frage, ob man über die Kanäle die eine Promoagentur bedient tatsächlich die Leute erreicht, die man erreichen will. Also ich kauf mir halt auch nicht den Rolling Stone oder so was!

Wieviele Platten habt ihr bis jetzt verkauft?
(Lacht) 120 über unseren Vertrieb und auf Konzerten so ca. 150. Vielleicht bringt die Tour ja noch was.

Was steht für die Zukunft an?
Ja, Skycap machen jetzt den Vertieb für das spanische Label Acuarela (http://ww.acuareladiscos.com). Ein sehr schönes Label. Aktuell gibt es da Paloma aus Frankreich mit Elliott Smith ähnlichen Sound und Migala aus Spanien die auch oft als Backing-Band für Will Oldham (Slint, Place -Anm. des A.) fungieren. Haben gerade ne Single auf Sub Pop veröffentlicht, tja und ich soll diese Bands in Deutschland ein wenig bekannter machen. Green Apple Sea sind auf dem neuen Return To Sender Sampler von Glitterhouse drauf, mit u.a. Two Dollar Guitar, Townes van Zandt, Ryan Adams, Veranda Music, Missouri natürlich, FSK usw. Wir gehen im Februar zusammen mit Holger Behr von Porf ins Studio und nehmen auch während der Tour auf. Paul Esposito von Domino will probieren ein kleine England Tour für uns zu buchen und dann mache ich ab April ein Praktikum bei Glitterhouse in Beverungen.

Thema: Coverversionen. Mir ist aufgefallen, daß ihr live gut ausgewählte und exzellent interpretierte Versionen gewisser Songs spielt. Was ist da zur Zeit so angesagt:
Also im Moment spielen wir „Firetime“ von den neuseländischen Jean Paul Sartre Experience. Unheimlich viele Leute kommen bei diesem Song im Vergleich zu anderen Songs auf uns zu und sagen: „Hey Jean Paul Sartre Experience!“ Obwohl man eigentlich erwartet, daß die wirklich keiner mehr kennt.

Also eine lustige Geschichte gibt es da mit Luna ( ex-Galaxie 500, The Chills – Anm. d. A.). Als wir vor Luna „Firetime“ spielten, rannte der Schlagzeuger aus dem Backstage nach vorne an die Bühne und schaut uns mit großen Augen an und erzählte uns nachher wie gut ihm diese Version gefallen hat. Nach einem anderen Auftritt, ist eine Frau heulend zu mir gekommen, weil sie 1,5 Jahre mit den Jungs von JPSE in einer WG in Neuseeland gewohnt hat.

Sonst spielen wir noch Sachen von Daniel Johnston, Townes van Zandt und von Gang Of Four „Damaged Goods“. In Zukunft würde ich noch sehr gerne „Missing“ von Everthing But The Girl spielen

Lieblingsplatten im letzten Jahr?
Die neue Giant Sand, American Football und fast alles auf Polyvinyl und Jade Tree, Silver and Gold von Neil Young

http://www.greenapplesea.de

Text + Interview: Frank Dietrich

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