Erkenne die Welt – Eine Geschichte der Philosophie I, Richard David Precht
Goldmann/Random House, Neumarkter Straße 28, 81673 München, www.goldmann-verlag.de
Der erste Band dieser vierteiligen Geschichte der Philosophie erschien bereits 2015, aber da es sich um die Entwicklung des abendländischen Denkens von der Antike bis zum Mittelalter dreht, spielt das wirklich keine Rolle. Nun könnte man sich ausführlich damit beschäftigen ob es Sinn macht sich mit überholten Denkweisen (nicht alles ist überholt, auch schon sehr früh wurden ziemlich schlaue Gedanken formuliert, die oftmals bis heute noch nicht von der Mehrheit der Menschen umgesetzt werden konnten), zu beschäftigen. Die noch dazu des öfteren aus nicht sonderlich belastbaren Quellen stammen oder aber aus dritter oder vierter Hand weitergegeben wurden.
Man könnte sich auch darüber auslassen inwieweit das jetzt alles eher Dichter als Denker waren und ob das auch tatsächlich so wie beschrieben stattgefunden hat. Oder ob es dem Autor gelungen ist die Geschichte der Philosophie korrekt wiederzugeben. Das überlassen wir mal anderen. Für mich steht fest das man auch dieses Buch nicht unbedingt lesen muss, es aber sehr wohl lesen kann, ohne dabei gelangweilt zu sein. Precht schreibt wie gewohnt verständlich und kurzweilig. Man kann die Leistung die der Autor auch hier erbracht hat, nicht oft genug loben, es ist wirklich außergewöhnlich, wie er immer wieder alles miteinander flüssig verknüpft, die verschiedenen Denker vergleicht oder untereinander bezieht – er bewegt sich sicher, fast so, als sei er dabei gewesen. Da es, zumindest für mich, unmöglich ist, so einen Band zu studieren habe ich mich mit dem einfachen durchlesen begnügt. Das gelang mir meist am besten spät Abends zu den letzten paar Bieren – da man ja sowieso das meiste kurz danach wieder vergisst, handelte es sich um eine schöne Trinklektüre. Irgendwie auf gewisse Art überflüssig, aber dennoch sehr viel gehaltvoller als irgend einen Quatsch im Fernsehen anzugucken. Außerdem war ja auch noch genau zu der Zeit die Ausgangsbeschränkungen aktiv, somit war also noch mehr Zeit da um so einen Wälzer zu bändigen. Damit will ich auf keinen Fall sagen das man das Buch nur angetrunken lesen kann oder sollte – dafür ist es viel zu gut gemacht und würde dem Autor nicht gerecht. Aber es geht eben auch und dann machte es mir einfach mehr Spaß. Auf den konkreten Inhalt einzugehen spare ich mir, weil es zum einen viel zu umfangreich ist und zum anderen… na gut, ein Zitat: „Möchtest du wirklich wissen, warum Pythagoras kein Fleisch essen wollte? Ich frage mich vielmehr, in welcher Lage und in welcher Gemüts- und Verstandsverfassung ein Mensch zum ersten Mal mit dem Mund das Mordblut berührte, mit seinen Lippen das Fleisch eines toten Wesens anfasste, rote und abgestandene Körper auftischte und die Teile als Zukost und Nahrung bezeichnete, die kurz zuvor noch brüllten, Geräusche von sich gaben, sich bewegten und in die Welt schauten. Wie konnte sein Gesichtssinn den blutigen Anblick geschlachteter, gehäuteter und zerstückelter Wesen ertragen, wie konnte sein Geruchssinn den Gestank aushalten, wie war es möglich, dass die Besudelung seinen Geschmackssinn nicht davon abhielt, fremde Wunden zu berühren und Säfte und Flüssigkeiten aus todbringenden Verletzungen zu ziehen?“ Plutarch (griechischer Schriftsteller ca. 45 – 125 n.u.Z.) Nächstes Jahr (2021) erscheint der vierte und letzte Band, den werde ich sicher nicht so lesen wie diesen, ich bin gespannt. 575 Seiten, gebunden, 22,99 Euro (dolf)
Isbn 978-3442312627
[Trust # 203 August 2020]