Juli 31st, 2020

Das verfallene Haus des Islam – Die religiösen Ursachen von Unfreiheit, Stagnation und Gewalt, Ruud Koopmans

Posted in bücher by Dolf

C.H. Beck, Wilhemstraße 9, 80801 München, www.chbeck.de

Der Autor ist Direktor der Abteilung „Migration, Integration, Transnationalisierung“ am Wissenschaftszentrum Berlin sowie Professor für Soziologie und Migrationsforschung an der Humboldt-Universität/Berlin. Somit kann man davon ausgehen das es sich hier nicht um stumpfes „Islam-bashing“ im Sinne von rechtsnationalistischer Islamfeindlichkeit handelt, sondern um eine empirische Analyse der Probleme des Islams. Nach einem Vorwort gibt es sieben Kapitel: „ Im Bann des Fundamentalismus“, „Warum ist die Demokratisierung an der islamischen Welt vorbeigegangen?“, „Die religiösen Wurzeln der Unfreiheit“, „Die islamischen Religionskriege“, „Die wirtschaftliche Stagnation der islamischen Welt“, „Die schwierige Integration muslimischer Migranten“ und „Kann sich der Islam vom Fundamentalismus befreien?“

Die letzte Frage kann wohl nur die Zukunft beantworten und soviel ist sicher: leicht wird das nicht. Denn wie der Autor sehr verständlich ausführt sind die Probleme des Islams komplex und sehr tief verwurzelt. Das hier auch einige Vorurteile und Klischees durch Zahlen belegt werden ist schon traurig genug. Es ist auch eher erschreckend zu sehen wie verfallen das „Haus des Islam“ tatsächlich ist. Koopmans beschreibt alles ausführlich, geht auch auf die Geschichte ein und erklärt wie es soweit kommen konnte. Letztendlich läuft es seit der islamistischen Revolution 1979 im Iran weltweit mit dem Islam in die falsche Richtung, nämlich Rückwärts.
Die Rechte der Frauen werden eingeschränkt, Homosexuelle und andere Minderheiten verfolgt, säkulare Bildung bekämpft und es wird sich von Nichtmuslimen abgekapselt. Das alles ist für kritische Betrachter dieser Religion jetzt nicht unbedingt neu, aber es gibt einige Aspekte die der Autor beleuchtet die eben bisher im dunkeln blieben. Sehr interessant ist das Kapitel über die koloniale Vergangenheit und wie sich diese auf die Demokratisierung auswirkt. Nämlich überraschenderweise positiv. Koopmans arbeitet sehr viel mit Zahlen und Vergleichen, wahrscheinlich könnte man die ein oder andere Zahl auch anders interpretieren, damit sollen sich andere beschäftigen. Es handelt sich hier nicht um eine generelle Religionskritik sondern um eine Kritik am Islam im speziellen – die Islamhasser werden sich freuen, weil sie nicht verstehen das es keine Ablehnung des Islams ist, sondern eben eine fundierte Kritik. Aber nur um den Fremdenfeinden keine Freude zu machen, nicht zu sagen was ist, geht natürlich auch nicht. Wobei natürlich auch jede andere Religion, wenn sie an ihren orthodoxen Wurzeln festhält und sich der Aufklärung verwehrt, eine scharfe Kritik verdient. „Was können wir – Muslime und Nichtmuslime – tun, um den Fundamentalismus zu schwächen und liberale, reformorientierte Kräfte innerhalb des Islam zu fördern? Der erste und vielleicht wichtigste Beitrag zu einer Lösung ist anzuerkennen, dass die Hauptursache für die Probleme der islamischen Welt nicht außerhalb des Islam, bei der Islamophobie, dem israelisch-palästinensischen Konflikt oder beim westlichen Kolonialismus sondern in der der Mitte der islamischen Gemeinschaft selbst liegt, in Form einer weit verbreiteten intoleranten Glaubensauffassung, die mit Hass und Gewalt gegen Andersgläubige einhergeht.“ Puh! In jedem Fall ein gutes und wichtiges Buch, interessant und lehrreich. Bleibt zu hoffen das es auch die Menschen lesen, die mit dieser Kritik noch zu erreichen sind. Gebunden, 288 Seiten, 22,00 Euro (dolf)

Isbn 978-3406749247

[Trust # 202 Juni 2020]

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