Januar 1st, 2014

ENDLESS GRIND SKATEBOARD SESSION (#159, 04-2013)

Posted in interview by jörg

Der Endless Grind ist eine old-school-Skateboard-Party-Session, die seit 16 Jahren in Bremen draussen vor dem Gelände des Kulturzentrums Schlachthof stattfindet. Einst von Carsten Blurr in Neuss mit Pascal gegründet, wechselte man nach Bremen. Dort wird der Contest organisiert von Pascal vom Düsseldorfer Endless Grind Videozine und Bettina vom Schlachthof.

Der Endless Grind ist einfach wunderschön: junge und alte Freunde des Rollbrettsportes skaten den lieben langen Tag in verschiedenen Wettbewerben wie Street, Weit- und Hochsprung und Pool. Dort spielen oft Bands, 2012 zum Beispiel das grossartige Bremer Ukulele Orchester, die Surf-Klassiker coverten. Es gibt vier „Judges“ (u.a. 2012 der neue Ami-Gitarrist von Tocotronic, Rick McPhail), es gibt einen Moderator (Wolfgang „Wolfgangster“), es gibt was leckeres zu essen, es läuft Punk-Musik via Vinyl-DJs, es gibt eiskaltes Bier, was braucht man mehr?! Am Ende werden die Sieger in den jeweiligen Disziplinen geehrt. Und im Anschluss ist meistens Konzert und oder Party.

2012 war überraschenderweise ein gewisser Mike Vallely anwesend. Da ich mich eher für Skaten in Verbindung mit dem Core interessierte, liess ich mich gerne aufklären, dass das einer der konsequentesten Skater im Old School Bereich ist. Er war auf Deutschland-Tour mit seiner neuen Skatefirma Elephant Brand und auf der Fashion Week in Berlin (Bright im Rahmen der Bread and Butter) und mit Neal Hendrix und Jason „the Kid“ Adams in Hamburg bei Richie Löffler. Dieser macht wiederum den deutschen Vertrieb für Elephant Brand und so ist Mike mit Richie zum Endless Grind 2012 gefahren. Für den übernächsten Tag war eine Skate-Demo (d.h. Show fahren) in Oldenburg geplant.

Auf jeden Fall, Mike V. war da und scheisse, ja, das ist eben auch der Typ, der bei Mike V and the Rats singt, die kalifornische Punkband, die als Backing Band bei der Black Flag Reunion 2003 fungierte. Mike sang dort die komplette „My War“ Scheibe. Es war sehr geil, ihn bei dem Endless Grind skaten zu sehen: er fuhr im Pool und übersprang das Auto auf dem Streetgelände drei Mal extrem lässig.

Im Schatten der Hip-Quarter setzte ich mich mit Pascal und Bettina zusammen. Schaut mal vorbei, es lohnt sich! Der nächste Endless Grind findet am 29.6.2013 statt. Alle Infos, Merch und eigene EG-Skateboards gibt es bei endlessgrind punkt eu und in guten Skateshops. Werbung aus, Gespräch an.

***

Hallo Bettina und Pascal, willkommen zum Interview. Der Endless Grind (EG) hat nichts mit Grindcore zu tun und ist auch kein Schuh, wie ich es im Internet gelesen hatte. Woher kommt der Name, setzt der sich zusammen aus (dem Film) „Endless Summer“ und dem Skategrind?

Pascal (P): Der Name stammt aus alten Skateboard-Magazinen, ich glaube, so hiess auch ein alter Skate-Handel. Wir haben ja mit den Blurr-Konzerten im Geschwister-Scholl-Haus in Neuss in den 90er angefangen, da stand eine Minirampe davor und wir wollten skaten und Punkrock an einem Nachmittag verbinden. Carsten meinte zu mir „mach doch mal“, dann müsse er nicht alles machen, so kam das dann. Ich habe einen Namen gesucht, kopierte alles mögliche zusammen für die Poster, blätterte in alten Heften und fand dann eine gute Bezeichnung.

Was bedeutet eigentlich der Grind beim Skaten?

P: Ach klar, ihr seid ja nur ein Punk Fanzine, ihr habt ja keine Ahnung vom skaten…

Ha ha, im Skate-Core schon…

Bettina (B): Ha ha!

P: Ein Grind ist einfach das rutschen auf den Achsen, du springst auf Stein oder Metall drauf, man rutscht runter und fährt weiter, da gibt es zig Variationen.

B: Wann war das erste Mal noch mal in Neuss?

P: 1996.

2012 war es zum 16ten Mal?

P: Jein, wir zählen eigentlich erst richtig seit 1997 und 1996 war es zum ersten Mal nur in Neuss. Carsten war dann mit der Düsseldorfer Punkband Free Yourself und Kina aus Italien auf Tour, u.a. eben auch im Schlachthof Bremen.

Dort hat er doch dann dich kennengelernt oder?

B: Nee, wir kannten uns schon vorher von der Popkomm in Köln und dort hat er mir vom Endless Grind erzählt und meinte „Hey, ihr habt nen Skate-Pool am Schlachthof, wir können das doch auch mal in Bremen machen?!“ Im Sommer 1997 gab es dann zwei EG, einmal in Neuss und dann in Bremen, das hatten Carsten und ich 1996 auf der Popkomm vereinbart. Ich schlug ihm vor: OK, wir machen das zusammen hier in Bremen, du kümmerst dich um die Contests und ich um die Infrastruktur und die Finanzierung.

Wieso gibt es eigentlich nur alte Tricks?

P: Na ja, nach 16 Jahren kann man nicht nur von „Old School“ reden, der Gedanke war: Mitte der 90er war das Skaten teilweise auch schon recht vermarktet, heute noch stärker. Wir wollten das so wie früher nur mit Sponsoren aus dem Skateboardbereich machen, die uns Preise geben, aber auf den Postern sollten keine Logos sein. Und es sollte keine Stände geben, halt so, wie man das auf alten 80er Contests sehen kann: da ist ein Street-Contest, da steht nen altes Auto auf der Streetfläche, wild besprüht mit den Logos der Skate-Firmen, so wollten wir das auch machen. Und: wir wollten Skateboarding und Punk, so wie wir es mögen, wieder verbinden.

B: Der EG ist ein völlig eigenständiger Contest, der sich von den anderen abhebt. Da geht es viel um Leistung und um immer geilere Tricks zu zeigen, hier werden auch tolle Sprünge und so gezeigt, aber es geht mehr um die Vermittlung eines Lebensgefühls.

Skatepunks…

P: Ja, wobei ich schon denke, dass man das heute nicht mehr an der Musik festmachen kann. Auf der Fahrt nach Bremen merkte ich, wie wenig Punk ich zur Zeit höre. Es ist eher ein innere Einstellung.

B: Punk und HC passen aber hier in Bremen gut, bei bestimmten Stücken der DJs kommt die Energie halt immer klasse rüber und du merkst das an den Reaktionen der Fahrer und des Publikums: die Leute gehen total ab, es passt halt super zusammen. Wir kommen ja auch daher: ich mit meinem Punk-HC-Hintergrund, die Düsseldorfer Leute kommen daher und auch einige der DJs. Und manche, die auflegen, haben damit nichts tun, die lieben aber die Atmosphäre und genau das macht es ja nun auch aus.

P: Genauso ist es, aber mal ein HipHop-Song zum Beispiel ist auch sehr schön. Heute ist das halt etwas anders, was weiss ich, OFF! ist ein gutes Beispiel, bei denen kommt es einfach noch super rüber, das klappt heute noch, Punk und Energie und Skaten: nach dem 28 Sekunden Song gab es dann eine Minute Gelaber darüber, wie man Tranquilizer für Elefanten nahm, das fanden viele bei dem Konzert im Underground in Köln scheisse mit den langen Pausen, ich fand das geil, weil es dann vorne für mich ne Pause gab zum schnellen Bier einwerfen und dann geht’s wieder ab, juhu, da fühlt man sich wieder wie mit 16! Aber so etwas wie Cerebal Ballzy interessiert mich null, der Sound stimmt, aber sonst nix, da geht es nur um Klamotten und Style, die checken nicht, um was es geht…Langweilig.

OK, aber ne Jury als Bewertungskommission habt ihr ja auch?

B: Ja, aber es gibt zum Beispiel keine Startgebühren.

P: Und keine tollen Preisgelder (die man eventuell via Sponsoren einholen könnte), jeder kann fahren, wie er will, wenn einer einen geilen New School Trick macht, dann ist das natürlich auch okay, es geht mehr so um diese Verbindung Punk und Skaten… Jeder wie er eben will.

Was sind die beliebtesten alten Tricks?

P: Hochsprung gibt es nirgendwo mehr, das finde ich schön, dass es hier klappt.

B: Der Weit- und Hochsprung ist für die Zuschauer totaler Kult, bei dem sie richtig mitfiebern, wer am höchsten und am weitesten springt.

P: Du hast da das Ergebnis für alle nachvollziehbar direkt vor Augen. Was ich auch nach 24 Jahren skaten nicht kann, aber sehr gerne erlernen möchte, ist ein Hand-Plant oder Invert im Pool. Das ist ein Handstand auf einem Arm im Pool oder in der Rampe, das ist für mich total super, vielleicht, weil ich den Trick nie geschafft habe, es gibt den auch als Streetplant, eventuell hab ich einfach nicht genug Power dafür, ha ha. Auf jeden Fall ist es der Trick, den ich noch gerne lernen würde

Ich vermisse den Bones von der Telefonzelle?

P: Boneless heisst das.

Was war das noch mal gleich?

P: Da stellst du dich auf das Dach der Telefonzelle und springst runter auf das Board. Solange die Knie mitmachen, wenn man klein und jung ist. Es ist ein recht einfacher Trick, man muss nur den Mut und/oder die Stumpfheit haben. Der Moderator beim EG war lange Zeit Achim von Quest for Rescue. Heute ist das Wolfgang aka „Wolfgangster“.

Sind Moderatoren eigentlich üblich bei Skate-Contests?

P: Ja, heute heisst das „Announcer“, glaube ich zumindest. Oh, ich hab das Bier von dir aufgemacht.

Kein Thema.

B: Achim war von Anfang an Teil der Düsseldorfer Clique, es kamen ja auch alle zusammen angereist.

P: Andi und Franky waren noch dabei von der Blurr Konzertgruppe, die hatten mit skaten nicht viel zu tun, aber sind einfach gerne mitgekommen und haben den Tag genossen, sind aber dann später nicht mehr mitgereist. Und es gab dann eben Carsten, Achim, Bettina und mich und jeder hat seine Aufgaben. Bettina regelt alles mit dem Schlachthof, bereitet alles vor, kümmert sich um die Werbung.

B: In den Anfangsjahren musste ich für den Contest und den Getränkestand Genehmigungen von der Stadt einholen, mittlerweile muss ich die nur noch über den Termin informieren. Die nächsten Nachbarn (ca. 1000 Haushalte) werden eine Woche vorher informiert, weil es lauter wird als sonst. Dann natürlich das Zelt für den Getränkestand organisieren, die ganze Technik für die Live-Band und die DJs, die Verpflegung für die Crew, Personal und Finanzierung des Contests. Dann muss das Auto für den Streetcontest ja immer besorgt werden, da machen die Schrotthändler nicht immer mit..

Häh, ich dachte, das wäre immer das gleiche?

B: Nee, kann ja nicht, weil es nach dem Streetcontest immer zerschreddert wird. Ich muss jedes Jahr ein neues Auto besorgen, ebenso die Kohle für die Werbung, die P.A., die Leute, die hier arbeiten, die Technik für die Band am Pool klarmachen.

P: Das ermöglicht uns ja auch erst, das überhaupt hier ohne Sponsoren zu machen, weil der Schlachthof uns das gestattet, der ist doch städtisch oder?

B: Nein, der Schlachthof ist eigenständig, wird aber vom Senat finanziell unterstützt.

P: Das muss man klar sehen, ich meine, ich mache das aus Spass, das war bei Carsten und Achim auch so, aber ohne den Schlachthof und die Leute, die hier arbeiten, müssten wir es mit Sponsoren machen. Du kannst sonst zum Beispiel keine Live-Band am Pool veranstalten.

Wir sind so frei, das so zu machen, wie wir das wollen, wir müssen kein grosses „Branding“ machen, wir danken den Sponsoren für die Preise, aber ihre Logos kommen nicht auf die Poster und die sind beinahe schon Sammlerobjekte. Wir kleben die Aufkleber der Sponsoren auf das Auto, in die Videoclips kommen die Logos rein und so bekommen wir von denen Klamotten, Sticker, Bierhalter und Decks. Es sieht auf dem Platz dann eben so aus, als wäre es aus den 80er… Wie in „Future Primitive“.

Deshalb lieben wir den EG ja so. Bei den Fahrern ist es altersmässig ja sehr gemischt. Wolfgang zum Beispiel ist recht betagt, viele Fahrer sind jünger, 20 oder so und…

B: Ich würde sagen, der Hauptteil ist zwischen 20 und 30 Jahren .

Für euch ist das keine Entfremdungsproblematik?


P: Nein, das Alter spielt keine Rolle. Durch meine Arbeit filme ich manchmal an Skatespots und es gibt Fahrer, die sind in erster Linie Pro(fi)s und fahren nach Leistung und manchmal gibt es alte Pros, wie zum Beispiel Thilo Nawrocki war mal hier, der ist circa 39 Jahre und hat nen Skateshop in Düsseldorf, ganz lustig nebenbei: 1991 oder 1992 war er im Skatecamp Trainer, das war ein schöner Urlaub für mich mit 15, an den er sich gar nicht mehr erinnert hatte, als ich ihn hier wieder traf, ha ha.

Oder aus Hamburg kommen auch viele gute Fahrer wie Richie oder King Cobra, Duncan Houlton, der ist früher in England für Deathbox gefahren, dann ging Deathbox in die USA und wurde Flip, eine der grössten Skatefirmen der Welt. Jetzt lebt er in Mannheim, dort machte er mit unserem „Wolfgangster“ in einem Loch von einem Pool auf einem Schrottplatz Contests, das „Mannheim Massacre, die betrachteten das immer als die kleine Schwester vom EG

Fahren jüngere besser?

B: Nee, das kann man nicht sagen, die fahren einfach einen anderen Stil.

P: Die fahren schon anders, einige fahren …man kann heute nicht mehr so scharf trennen zwischen Old und New School, die Leute fahren verschiedene Stile, ich kann jetzt Tricknamen sagen, aber das bringt euch ja nix.

Richtig.

P: Ha ha. Also, es vermischt sich alles, zumindest für mich, es gibt nur noch…

Die „One School“?

P: Jeder fährt, wie er Bock hat, seit 2000 ist das eine gute Entwicklung, ob Bowl- oder Streetcontest, jeder wie er will, ob Hobby, Profi, egal…und wenn die sich treffen, dann kann jeder mit jedem, das ist das Schöne beim Skateboard fahren.

B: Das erlebt man hier auch, beim EG gibt es Kids, die sind neun Jahre, dann existieren die bis zu 46 Jahre alten Fahrer…die fahren hier zusammen, nicht gegeneinander.

P: Wolfgang ist doch schon 50.

B: Ok, dann eben bis 50.

P: Der ist doch so alt wie du.

Sehr schön, Pascal!

B: Ha ha, und ja, die verbringen dann hier miteinander eine gute Zeit. Es ist auch so, dass eine Woche vor dem Contest die „Locals“ sich schon treffen, jetzt nicht zum trainieren, die tauschen Tricks aus und man spürt die Vorfreude. Es ist einfach generationsübergreifend.

P: Bettina und ich treffen uns dann am Tag vorher, wir bereiten die Preise vor, dann isst man was, trinkt das erste Bier… und dann gehe ich auf das Gelände, dort haben die Leute schon nen fettes Grinsen im Gesicht und am Tag des Contest ist alles eh scheissegal, jeder fährt, wie er Lust hat.

B: Und es wird auch egal bei welchem Wetter durchgeführt, wenn es regnet, verlegen wir das nach innen in die Kesselhalle vom Schlachthof. Bei schönen Wetter ist es natürlich angenehmer, draussen läuft Musik, das finde ich immer schön. Der EG geht ja über einen ganzen Tag, das muss man vorher organisieren, aber ich bin dann am Tag selber entspannt und fühle mich wenig unter Druck.

Was für Bands am Pool waren für euch am besten? Wie kamt ihr überhaupt auf die geile Idee, ist das auch Standard früher in den USA gewesen?

P: Es gab in den 80ern so ein Vision-Video, das hiess „Holiday Havoc“, da spielte Gang Green in der Halfpipe, das fand ich klasse und…

Aber nicht hier in der Halfpipe, wa?

P: Nee, leider nicht, das war weit vor unserer Zeit. Wir haben übrigens nur einen Bowl!

Weil im Magazinkeller von dem Schlachthof haben sie ja mal vor einigen Jahren gespielt, ja gut, das war nicht im Rahmen des EG. Auf jeden Fall fand ich das geil. Na ja, Stone und Dolf sagen da was anders.

B: Oh Gott, ja.

P: Eine live-Band am Pool ist immer geil und das gehört einfach dazu und passt, auch wegen dem Gedanken der Verbindung von Skateboarding und Punkrock, es ist immer etwas Besonderes. Die beste Erinnerung verbinde ich mit…warte, also Quest for Rescue war geil, aber ich muss da leider Cave 4 anführen, die..

Oh, die Solinger Surfband, wie geil!

P: Genau. Ich hab früher (und mache es heute noch) immer den ganzen EG gefilmt und das gab es dann als VHS zu kaufen, später als DVD, und heute stelle ich es nur noch auf unsere Homepage. Es gibt da halt die Aufnahme, wie Jörg von Cave 4 seine Gitarre hochhält und es scheint die Sonne unter seinem Arm durch. Wir haben uns dann einige Jahre später wiedergesehen und er wollte unbedingt diese Aufnahme nochmal haben, wo ihn die Sonne erleuchtet. Die Band soll im besten Falle kein reine Soundtrack-Kapelle sein, die hinten steht. Die müssen direkt vorne dabei sein, am besten steht der Sänger auf ner Box und springt dann nach vorne in den Pool rein.

B: Die Slayer-Coverband, Hanns-Martin-Slayer, waren auch sehr geil. Und Stones Ramones-Coverband.

P: Nothing in Common haben mir sehr gefallen, vor Jahren auch die Dogtown Boys, die haben im 80er Look Skatepunk-Klassiker gecovert. Manchmal gibt es kein Konzert am Pool, aber im Anschluss im Schlachthof dann ne live Band. Vor einigen Jahren spielten die Adolescents, das war super, „Wrecking Crew“ nach dem EG zu hören. Ich habe mir die Neuauflage der ersten Platte gekauft und mir die von allen signieren lassen, das ist eine tolle Erinnerung.

Kann man damit rechnen, dass Benny hier mal auftritt?

B&P: Benny???

Ja hier, der alte Skateboard-Barde, „Skateboard uh-ha-ha“?

P: Da besteht leider kein Kontakt. Ich muss an dieser Stelle ausdrücklich den Dr. Skaterock, Florian Hofmeister, grüssen. Ein spitzen Typ und totaler Skaterock-Nerd.

Aus Würzburg ist der oder? Der hat mir Ende der 90er sensationelle Sachen getapt.

P: Genau. Der hat früher schon bei dem fantastischen Boardstein-Heft mitgeschrieben, und sich da an 80er und späterem Skatesound abgearbeitet. Jetzt hat er ein Buch publiziert, „Vintage Skateboarding“, dort ist alles versammelt, was mit skaten in den 60er und 70er zu tun hat. Eine Wahnsinnsarbeit und ein super Buch, in dem es auch natürlich viel um alte Skate-Musik aus dieser Zeit geht.

B: Er hat uns auch zwei CDs gemacht, mit Skatemusik von den 60er bis heute. Das lassen wir gerne spielen.

P: Echt netter Typ, 2002 waren wir beide bei der 20 Jahre Monster-Party in Münster. Wir sind nach Billerbeck gefahren, um dort Skate-Fotos zu schiessen, ich hab da einen FS Ollie gemacht, vielleicht 40 cm hoch, er nahm das mit einem Fischauge auf, dass sah dann so aus, als ob ich nen Ollie einen Meter hoch gemacht hätte. Arne wollte das Bild für die Boardstein verwenden, ich fand das ja ein bisschen fake, er meinte aber nur, dass das bei allen Fischaugen-Skate-Bilder so wäre, dass das ein oder zwei Meter höher ausschaut.

Eure Preise bei der Siegesehrung sind, ihr erwähnt es schon, gestiftet von Sponsoren. Wie kommt man eigentlich an Vans oder Converse ran, ist das nicht zu klein für die oder so?

B: Na ja, die haben ja nun auch ein Interesse daran, dass ihre Klamotten auf öffentlichen Contests getragen werden und so eine Veranstaltung wie unsere registrieren die schon.

Aber es gibt von denen keine Vorgaben, also, dass ihr unauffällig die Namen dauernd nennt, so „Hier spitzen Shirt von XY“?

B: Nein, aber wir bedanken uns bei Ihnen, indem wir ihre Aufkleber auf das Auto des Streetparkours stickern.

P: Bei den Videos blende ich die Logos ein, das war es, die Teilnehmer freuen sich sehr über die Preise. Wie gesagt, die Poster sind nicht „branded“. Das ist immer lustig, wenn ich früher mit meiner Band in WGs pennte und da hing ein EG Poster…

Da geht das Herz auf.

P: Genau, und man stellt dann erst fest, wie die personellen Überschneidungen sind.

B: Das Charles Bronson T-Shirt von einem früherem Contest war ja mal in einer TV-Werbung zu sehen, das war allerdings Zufall, dass der Schauspieler eben einfach Lust hatte, das Shirt anzuziehen…

P: Wir haben kein Bier mehr, ich hole mal was…

(nach einer Bierhol-Pause ging es weiter)

Pascal, erzähl doch mal von dem Weitsprung-Weltrekord 2011?

B: Hochsprung!

Stimmt, das heisst…?

P: Also, es ist kein Ollie, sondern jemand springt über die Latte und das Brett rollt unten durch und du landest dann wieder auf der Karre.

Also dem Brett.

P: Ich hab das mal gegoogelt und…

B: Karre?

P: Karre.

B: Herrlich.

P: 1,60 Meter wurden halt übersprungen, es gibt dazu nur Pseudo-Angaben im Netz und ich dachte mir, dass nichts dagegen spricht, diesen Wert als Weltrekord anzugeben. Danach gab es auf der Seite der NSA USA, also der „National Skateboarding Association“, einige Debatten, ob das von uns jetzt offiziell wäre. Jojo Schulz, ein alter Pro aus Deutschland, von Walker Skatebaords, war auch mal hier, er hat den „Jojo Walker Plant“ erfunden, ganz lustiger Typ. Auf jeden Fall haben wir uns einfach für den 1,60 Meter Hochsprung 2011 die Frechheit raus genommen, dass als Weltrekord zu benennen.

Krass, selbst Tony Alva hat so etwas nicht übersprungen oder wie?

P: Hochsprung ist im Skaten eine totale Nebendisziplin, es war nie wirklich wichtig, und es gibt keine Quellen, die das Gegenteil sagen, soweit ich weiss.

B: Wir können das auch einfach mal schreiben, das ist einfach der EG. Vielleicht sollten wir mal die Leute vom Guinness Buch der Rekorde zum 20 jährigen einladen.

P: Hau ab, das sind totale Idioten, in Düsseldorf wollte die Brause mal die längste vegetarische Wurst machen, die 101 Meter veggi Wurst, das hat letztendlich geklappt, ist alles aber super kompliziert.

Ich lese das jetzt und will dieses Jahr daran teilnehmen, muss ich mich anmelden oder wie jetzt?

B: Komm einfach vorbei, der Termin für 2013 ist der 29.6., alle Infos werden auf der Homepage veröffentlicht und stehen eh dann im Netz, es liegen Listen vor jedem Contest, der startet, aus. Einfach da eintragen, es gibt keine Startgebühr, und schon fährst du mit.

Pascal, es gab doch auch immer diese VHS-Videos, machst du das noch oder hast du dich mehr auf die EG Skateboards konzentriert?

P: 2003 war die letzte VHS, es war da schon tot und ein schöner Schuss in den Ofen, also, es wollte keiner mehr haben. 2009 habe ich noch mal ne DVD gemacht, das kannste auch vergessen, alle gucken umsonst im Netz, das ist aber nicht schlimm, das war ja eh alles Sondermüll, ha ha. Ich lade die Videos auf unsere Seite endlessgrind punkt eu hoch. Dort kann man auch die EG Skateboards kaufen. Wenn einer nen coolen Skateshop hat, melde dich, du kannst die gerne in deinem Shop vertreiben.

Was sind eure schönsten Erinnerungen in all den Jahren? Vielleicht das erste Mal in Bremen?

P: Die beste Ansage war mal, als Holger Hahn im Pool gefahren ist und er machte in seinem Run 17 Rock´n´Roll-Tricks, es kam dann die Ansage von Achim „Ich möchte auch mal was anders sehen, nicht das ganze Leben ist Rock´n´Roll“.

B: Das erste Mal hier in Bremen weiss ich gar nicht mehr speziell. Aber als Duncan hier mal fuhr und einen geilen Run zeigte, kommentierte Achim „Duncan, vielen Danken“, Achim ist echt ein geborener Moderator. Früher war es anstrengend mit einer schlechter Wettervorhersage, aber es klappt ja trotzdem, aber bei guten Wetter ist der Platz voll, die Zuschauer machen La-Ola-Wellen, sind ausgelassen, feiern, bei scheiss Wetter kommen viel weniger…Wie das halt so ist bei Open Air-Veranstaltungen.

Seht ihr das Münster Bergfest als Konkurrenz? Ist das eigentlich von Titus gemacht?

P: Das ist ja recht klein gestartet, das wurde nicht von Titus, sondern von Koloss gestartet, glaube ich. Das ist ein Skateshop/Clothing-Ding, die machen auch Boards und sitzen mit Green Hell im gleichen Laden. Dann wurde das Fest grösser und jetzt ist es ja das Volcom-Bergfest. Da sind immer einige Top Pros.

Ich war zu der Zeit letztes Jahr im Urlaub, das war ärgerlich, da spielten die US Bombs, okay, aber vor allem McRad, die hätte ich so gerne gesehen, die beste Skaterock-Band, ihre „Absence Of Sanity“ ist echt die geilste Skatepunk-Platte aller Zeiten. Der EG ist eher ein „Jedermann“-Contest, ok, in Münster kann auch noch jeder fahren, ich finde das super, was die machen. Ich wurde 2011 auch mal als Judge angefragt… Übrigens hat dieses Jahr der Wolfgangster gejudgt.

B: Coole Scheisse!

P: Aber da machte ich ja nen schicken Familienurlaub in Portugal und ich weiss auch nicht, ob ich ein guter ernsthafter Judge bin, weil da geht es ja dann schon um Preisgelder.

Generell, wie ist das in der Skateszene, hat der Kommerz alles in der Hand? Das war auch von Anfang an nie ein unkommerzielles Ding, das war ja einfach ein ganz normaler (mehr-oder-weniger-Rand) Sport in Kalifornien, was weiss ich, wie Speerwerfen…

P: Ähem…

Ja gut, du weisst, was ich meine, schon ein Profi-Sport, aber eben jetzt nicht total bekannt. Es gab dann auch das Thrasher Mag, das gibt es immer noch, aber ist schon sehr kommerziell.

P: Heute sind viele Sponsoren im Skatebereich aus dem Energy Drink- oder Mobilfunk-Bereich. Und im Zweifelsfalle war es früher auch schon kommerziell, denn wenn die Amis was machen, dann wird es kommerziell, ha ha. So gesehen: ja, Skatefirmen waren auch immer schon kommerziell, wobei es da Unterschiede gibt. Aber ist doch auch ganz cool, wenn du dein Hobby 100 Prozent so machen kannst, wie du Bock hast UND dann davon
leben kannst, das ist doch klasse.

B: Aus dem Getränkebereich haben auch wieder welche angefragt, aber das passt hier halt einfach nicht…

P: Also, im allgemeinen finde ich das gut, dass die das Geld ins Skaten rein pumpen, so dass gute Fahrer davon leben können, hier beim EG ist es aber fehl am Platze, wie Bettina schon sagte. Solange wir keine teuren Hotels und Preisgelder für die Pros bezahlen müssen, und es alles durch das Kulturzentrum klappt, dass eh seine Leute bezahlt… Da brauchen wir solche Aktionen nicht und so müssen wir nicht alles branden und geniessen eine gewisse anti-kommerzielle Freiheit.

Zum Abschluss noch: Wie seid ihr eigentlich selber zum skaten gekommen?

B: Joah, also…

Bettina, du bist ja quasi auf dem Skateboard geboren, da USA und so, nech?

B: Ha ha, genau, also, 1988 in San Francisco…

P: Du bist 1988 geboren?

B: Nein, aber da bin ich Skateboard gefahren… mit Big Mike, wie hiess die Band von ihm noch, ich komme nicht drauf (Capitol Punishment, die Red.), auf jeden Fall sind wir die Telegraph Avenue runter gerollt, ich vorne auf dem Deck, er hinter mir und schob mich an…

Du, „wir“ sagen dazu ja gepusht, wa?

B: Richtig, aber …ich kann kein Skateboard fahren, ausser die Strasse geradeaus rollern, obwohl ich schon eine Affinität zu Brettsport habe, ich snowboarde, aber skate nicht. Doch ich finde es trotzdem geil mit dem EG, das macht mir totalen Spass und da muss ich nicht selber mitfahren. Seit knapp 30 Jahren organisiere ich ja auch Konzerte, aber spiele selber kein Instrument, so kann man das auch sagen.

Guter Vergleich. Und du Pascal, du bist damals so in Dogtown mit den Z-Boys in den Pools gefahren und so?

P: Nee, das war in den 70ern, da bin ich geboren. In den 80er, in der dritten Klasse, bekam ich von einem Schulkameraden ein Plastikboard, damit bin ich einfach runter die Einfahrt gefahren, direkt schön im Gulli stecken geblieben und hab mich lang gemacht, ha ha.

Ich war damals auch noch eher im Fussballfieber. Richtig angefixt wurde ich in der fünften Klasse, da gab es in Düsseldorf-Kaiserwerth eine Halfpipe und ich hatte so ein breites Board vom Kaufhaus oder so, damit konnte ich schlecht hoch pushen, aber immerhin mit rum fahren. 1988 hatte ich mein erstes echtes Board, seitdem zähle ich auch erst.

Dein favorisierter Skater in „Dogtown Boys“?

P: Die Dokumentation oder den Spielfilm?

Huch, gibt es mehr als einen?

P: Also, Stacy Peralta machte die Dokumentation und es gibt den Hollywood-Film.

Ok, dein Lieblingsskater in dem Hollywood-Film?

P: Den Film schaute ich leider in Deutsch synchronisiert, das war grätig. Also, die Doku, wen gab es da noch mal,

Tony Alva, Stacy Peralta und…
 Jay Adams.


P: Ja, das waren aber alles Skatepros lange lange vor meiner Zeit, das war ja, wie gesagt, Mitte der 70er.

Ich hab mir die immer so vorgestellt, dass die irgendwie fürs skaten das bedeuten, was die Sex Pistols für Punk darstellen?

P: Na ja…wenn du das meinst, ha.

B: Passt doch.

P: Die drei oder fünf Helden von mir sind: Lance Mountain (mein erstes Board war auch von ihm), Mark Gonzales, Mike Vallely, Tommy Guerrero und Matt Hensley natürlich.

B: Ja, der war hier, der spielt bei Flogging Molly. Die waren hier vor kurzem im Schlachthof, da hab ich mir für Pascal Autogramme auf dem Endless Grind Poster geben lassen.

P: Ich hatte ihn auch vor zehn Jahren für den Boardstein interviewt, da musste ich mich nicht drauf vorbereiten, ich hatte eh alles parat. Seine Band ist zumindest live besser als auf Platte, aber Mann ey, der Typ ist so ein fantastischer Skater. Der Part in dem „Shackle Me Not“ -Film von Ende der 80er, das ist der Wahnsinn, wie der fährt. Ich bin jetzt nicht der Ultra-Fan, aber seine Parts in dem Film kann ich mitsprechen.

Beste Suicidal Platte? Was sind eure Lieblingsplatten im Skatecore?

P: Suicidal? Ja hier „How Will I Laugh Tomorrow When I Can’t Even Smile Today“.

B: Lieblingssongs von denen? Sag mal nen paar.

Ja hier, „Possessed to skate“?

P: Nein, da muss ich intervenieren, auf jeden Fall „Pledge Your Allegiance“!

Ach Mist, stimmt ja. ST ST ST!

B: Auf jeden Fall der ganze alte Scheiss von denen.

P: Wobei McRad die super Skatescheibe aller Zeiten noch vor ST haben – und auch wenn viele mich jetzt dafür hassen werden, meine absolute Skate-Lieblingsplatte ist…

Agent Orange oder was?


P: Auch gut, aber ich wollte jetzt wirklich Eight Dayz nennen.

Wat?

P: Die erste Band von Claus Grabke, vor Thumb.

Das kommt natürlich nicht rein in das Interview, weil: Thumb hab ich mal vor CIV 1996 in Köln gesehen, unglaublich scheisse. Da gibt es doch die Geschichte, wo Al die auf einem Festival sieht; Grabke kündigt den letzten Song als Minor Threat Coverlied an und Al empört sich lautstark über den ganzen Open Air- Konzertplatz mit „DAS DÜRFT IHR NICHT!!!!“. Grossartig.

P: Seine erste Band finde ich aber spitze, „Everyday is like a new day beginning“ ist so geil.

Also kein Spermbirds „My god rides a skateboard“?


P: Ja gut, aber das nennt ja jeder, das ist ja langweilig.

B: Aber das ist super, „Try again“, „My god rides a skateboard“ und so weiter, das habe ich natürlich geliebt.

Allerletzte Frage: Habt ihr noch Grüsse an unsere Leser? 


P: Ihr merkt, das ihr alt und dick werdet? Fahrt mehr Skateboard.

B: Keine Ahnung, mir fällt nichts ein.

P: Oder macht Liegestütze?

B: Haha, das ist gut.

Super. Bettina, Pascal, ich danke euch für das nette Gespräch. Wir sehen uns im Sommer wieder in Bremen.

***

Interview: Jan Röhlk

Links (2015):
Homepage

Both comments and pings are currently closed. RSS 2.0