DURANGO 95 (#90, 10-2001)
Durango 95 dürfte eigentlich jedem bekannt sein, der in dem letzten halben Jahr ein Hardcore Konzert besucht hat. Mit ihrem mit-reissenden und schnörkellosen Punkrock konn-ten sie bisher viele begeistern.Vor kurzem haben sie ihren ersten Longplayer veröffentlicht auf Bushido Records mit dem unmissverständli-chen Titel „DESTROY, FUCK YOU !!!!“
Das neue Album bewegt sich fernab von jedem Trend, Texte weitgehend politisch und persön-lich. 13 Songs direkt ins Gesicht, hier wird nicht verkopft Musik gemacht und auch nichts neues erfunden, knapp und pregnant wird ausgesagt was wichtig ist.
Die Platte geht im Gegensatz zur Single noch mehr nach vorne, wird dadurch aber umso eingängiger. Allerdings wollte ich dann aber von ihnen persönlich wissen, wie sie zu der Platte stehen und noch einiges mehr… So traf man sich dann auch im Proberaum der Band und konnte sich seinem Unwissen Luft machen. Der symphatische Fünfer aus Münster war dann auch bereit, mir zu dieser neuen Platte einíge Fragen zu beantworten.
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Für die Leute die euch noch nicht kennnen, wie kam es zu Durango und was ist alles seitdem passiert ?
Jan: Uns gibt es jetzt seit Anfang 99 und wir sind bis auf unseren Bassisten alle aus Münster. Ende 99 erschien dann die Another Day Spent… Single und im Mai 2001 dann erschien unser erstes Album “ Destroy Fuck You „.
Ihr habt jetzt das Album veröffentlicht; ist da immer noch dies grosse Gefühl da, wie bei der ersten Platte z.B. oder wird es irgendwann einfach zur Normalität ?
Christian: Ich denke das eine Veröffentlichung auch als Etappenziel zu sehen ist. Für mich ist es nicht selbstverständlich, bei der Durango Platte ist es ja auch etwas ganz an-deres als ich vorher gemacht habe. Aber ich bin super zufrieden.
Mathias: Bischen aufregender war die erste Platte halt schon, aber es ist immer noch etwas besonderes seine Songs dann auf Platte zu hören.
Was genau war damals aufregender?
Mathias: Man musste sich damals halt alles zusammen suchen und es hatte etwas viel aufregenderes.
Jan: Du hast halt vorher nie eine Platte gehabt und dann hast du da auf einmal eigene T- Shirts und CDs vor dirliegen, das ist schon cool.
Mathias: Man hat sich halt auch schon mal übers Ohr hauen lassen und dem ist jetzt auch nicht mehr so.
Hat das auch damit zu tun, dass ihr beide Platten auf Bushido herausgebracht habt?
Jan: Seb und Kampmann sind halt unsere Kumpels und in der Grössenordnung in der wir uns befinden würde mir auch gar kein anderes Label einfallen.
Sind nicht sogar beide auf der Platte vertreten?
Jan: Auf der Single hat Seb (HIGHSCORE) mit-gesungen und auf der Platte hat Kampmann einen Song für uns geschrieben (Channel 95).
Mathias: Ausserdem ist es auch ein gutes Label. Bei den Sachen die bis jetzt herausgekommen sind ist meiner Meinung nach nicht ein Total-ausfall vertreten.
Beim hören eurer Platte, fiel mir auf das sie extrem kurz ist. Gab es da eine Gemeinsam-keit mit dem Titel z. B Destroy Fuck You oder Auf die Fresse und weg?
Jan: (grinst) Die Songs die wir hatten haben wir halt aufgenommen und die sind nun mal relativ kurz. Aber es passt natürlich auch gut und das ist halt gewollt dieses Kurz und auf die Fresse.
Christian: Bei dem Album hat sich auch eine Entwicklung gezeigt. Die Single war noch etwas rockiger und auf der neuen sind halt viele schnelle Sachen. Wir haben aber auch keine Lust irgendwelche Arien zu machen. Bei den Liedern auf der Platte funktioniert das auch, es ist halt alles drauf was gesagt werden muss.
Mathias: Ist halt auch einfach die absolute Hitlänge 20 Minuten.
Geht aus dem Song „Me and my Loser friends“ auch eine Selbstidentifizierung hervor?
Jan: Der Begriff Loser wird ja nicht als negativ bezeichnet in dem Song. Es geht eher darum das man aufgrund von gesellschaftsgegebenen Massstäben schon als Verlierer bezeichnet wird. Wir sind alle so um die 27 Jahre alt und andere Leute in unserem Alter haben halt schon richtig Kohle gemacht und bei solchen Massstäben ist man dann schon ein Verlierer.Aber ich bin nicht traurig darüber, sonders es ist eher etwas wo-rauf man Stolz sein kann. Ist halt gemacht von Verlierern für Verlierer, von Leuten die nicht reinpassen wollen.
Meint ihr das das auch mit der Grund dafür ist, das ihr immer positives Feedback be-kommt was euer Auftreten als Band angeht ?
Christian: Ach es kommt schon mal vor, wenn wir Kost und Logis frei haben, das wir mit-helfen aufzuräumen und das sehe ich aber als nichts besonderes.
Thomas: Es hängt ja auch mit dem zusammen was Jan sagte, vieleicht haben wir halt mittlerweile auch so ein Image als nette Verlierer. Es hat ja auch etwas symphatisches wenn man den Schritt beiseite macht weil man an dem Rennen nicht teilhaben will.
Es gab ja bei euch schon eine Menge an Konzerten in letzter Zeit, jetzt wo die Platte raus ist wäre es doch Zeit für die erste Tour. Gibt es schon Pläne ?
Christian: Das ist alles etwas schwierig zur Zeit, weil einige sind am Arbeiten oder schreiben ihre Diplomarbeit. Von daher haben wir das bis jetzt noch nicht auf die Reihe bekommen.
Was studiert ihr eigentlich ?
Christian: Ich studier Geographie.
Levent: Pädagogik.
Jan: Ich studiere nicht, ich arbeite.
Thomas: Jura. In Göttingen.
Mathias: Soziologie, Politik und Geschichte.
Gab es schon mal die Situation das ein Inlay einer Platte oder ein Buch dafür verantwort-lich war einen Text zu schreiben ?
Jan: Wenn überhaupt nur unterbewusst. Wenn mich halt etwas sehr beschäftigt dann kommt es schon dazu, aber es ist nicht so dass ich beim Lesen einer Zeitungsüberschrift anfangen würde einen Text zu schreiben.
Christian: Das ist bei mir eher so Phasenhaft, mal les ich viel und schreibe auch viel, aber das mit dem Texte schreiben ist eher äusserst selten. Es war auch eher Zufall das ich in der LP Ent-wicklungsphase grade Texte zur Verfügung hatte.
Eure Texte wecheln ja zwischen persönlicher und politischer Natur, kann man bei euch von einer politisch aktiven Band reden?
Jan: Würde ich nicht sagen. Wir haben schon alle unsere politische Meinung und die drückt sich ja auch in dem Text „Colatteral Damage“ auch aus. Auch wenn ein Text eine politische Meinung enthält, so entsteht diese ja aus einem persönli-chen Gefühl. Collateral Damage habe ich ge-schrieben als der Jugoslavienkrieg war, aber er handelt halt nicht vom Jugoslawienkrieg. Es geht eher darum wie gerne ich zu der Zeit Rudolf Scharping die Fresse eingeschlagen hätte.
Christian: Ich würde uns auch nicht als Polit Band sehen.
Wie hat sich Durango gegründet, ist es eine Band die eher zusammengewürfelt wurde durch z. B Anzeigen oder existiert da ein freundschaftliches Fundament?
Christian: Also ich habe im Happy Weekend und im Knaxheft so Anzeigen aufgegeben, da ging es halt um so Swingergeschichten… Quatsch, wir haben uns nicht über eine Anzeige kennengelernt. Ursprünglich war das ganze als Projekt geplant und dann hat es sich ergeben das es super gelaufen ist. Alle wohnten in Mün-ster und ich habe die Jungs halt kennengelernt als die schon ein Jahr in Münster wohnten.
Jan: Wir kennen uns halt alle schon ewig, Christian seit 4 oder 5 Jahren und die anderen seit ungefähr 15 Jahren.
Thomas: Levent und ich wir sind zusammen in den Kindergarten gegangen.
Wie würdet ihr eure Platte jemanden be-schreiben der von der ganzen Punk oder Hardcoreszene überhaupt keine Ahnung hat?
Jan: Neulich habe ich einer Freundin erzählt, das wir eine Mischung wären aus früheren Exploited und Mitte Achziger Californienpunk.
Christian: Ich finde es schon schwer es je-manden zu beschreiben, der davon Ahnung hat. Das Problem bei der Platte ist das die Hardcore-kids es eher für eine Punkplatte halten und die Punks die Platte eher dem Hardcoregenre zuordnen würden.
Levent: Manche sagen wir klingen wie Kid Dynamite und so ergeben sich die komischsten Mischungen.
Levent, hast du eigentlich in der Zeit von Soma bis jetzt irgendwann mal Gesangs-unterricht genommen? Es ist ja schon ein ganz grosser Fortschritt zu erkennen ?
Levent: Das stimmt schon, aber Gesangs-unterricht hatte ich nie. Das würde auch gar nicht zu mir passen, das wär halt nicht mehr ich.
Christian: Levent hat von der Single zur Platte wirklich grosse Fortschritte gemacht. Allerdings musste Levent im Sudio auch richtig ran, ich glaube er ist da echt durch die Hölle gegangen.
Levent: Das hört sich jetzt so an als hätten wir da grossartig an meinem Gesang herumgefeilt, ich finde es einfach wichtig das ich so singe wie ich singe, ohne irgendwie künstlich dabei zu wirken.
Bei welcher Platte würdet ihr sagen, die hat mich vor zehn Jahren begeistert und die begeistert mich auch noch weitere zehn Jahre?
Christian: Boah, das ist schwierig. Also ich denke das die Gorilla Biscuits “ Start Today “ so eine Platte ist. Nicht zu vergessen Bad Religion.
Levent: Ich wüsste keine Platte aber`ich könnte dir zwei Bands nennen. Das ist halt einmal Ramones und Negative Approach.
Jan: Ich möchte auch lieber von Bands reden, also vor zehn Jahren da waren es Ramones, Sex Pistols, Fugazi. Das sind halt Sachen die ich nicht immer höre, aber die ich immer wieder gerne höre.
Thomas: Das ist nicht so einfach, viele Platten kommen halt schnell und gehen halt wieder schnell, aber Dead Kennedys sind auf jeden Fall dabei.
Mathias: Skid Row, saugeil die Leute sehen super aus, engagierte Texte. Die habe ich vor zehn Jahren gehört und die höre ich heute noch.
Jan: Wenn ich darüber nachdenke, so höre ich die meisten von den damaligen Sachen heute immer noch.
Was denkt ihr über die momentane Konzert-kultur? Was ich genau damit meine ist das ich denke das Bands nur noch konsumiert werden, aber das andere Aktivitäten wie z. B. Infostände und Benefizveranstaltungen an Bedeutung verloren haben. Wogegen ich das Gefühl habe dass in dieser Hinsicht in den 90ern mehr gelaufen ist.
Mathias: Ich würde mich hier nicht unbedingt so festlegen, da ich denke das es diese Art von Konzerten immer noch gibt. Aber es ist auch in Sparten abgedriftet. Dadurch das oft der ge-meinsame Background nicht mehr so vorhan-den ist wie es früher einmal war.
Christian: Ich glaube man darf das ganze halt auch nicht so überschätzen. z. B. Ansagen. Ich finde das generell gut, aber ich denke das man den Hardcore Kids oder den Punkrock Kids nicht unbedingt betwas neues erzählt.
Viele von euch haben doch damals auch viele Konzerte in Münster veranstaltet, das hatte doch nicht auch nur einen rein unterhaltsamen Zweck, oder?
Mathias: Nein, es ging für mich eher darum eine Gegenkultur zu schaffen, dass man sich einfach nicht diesen ganzen Mainstreamkram rein-ziehen muss. Inieweit das ganze eine politische Wirkung hat, da bin ich halt eher kritisch. Mich hat Punk in meinem Leben schon stark be-einflusst, aber wie heisst es so schön bei Adorno: Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
Thomas: Zu der Frage was ist Politisch und was nicht zurückzukommen; Man kann ja auch den Alltag einach politisieren, dann kann auch das organisieren eines Konzerts für unbekannte Bands auch als politischen Beitrag zu einer Gegenkultur geshen werden.
Levent: Konzerte sind ja auch eine Art Treffpunkt und die Leute die dort hinkommen, sind ja nicht nur Konsumenten. Wenn sich die Leute darüber beklagen dass immer mehr Mainstream Konzerte sind, dann liegt das an den Leuten selber. Jeder von denen sollte darüber nachdenken welchen Beitrag er leisten kann.
Thomas: Man kann schon sagen sagen, dass es bei den kleineren Konzerte mehr persönlichen Kontakt gibt und man persönlich doch mehr mit nach Hause nehmen kann als bei grösseren Konzerten.
Jan: Ich hasse es wenn Konzerte so streng ge-regelt sein müssen, z.B. bei angeblichen Polit-konzerten sich dann jeder irgendeinen Flyer durchlesen muss. Das kann dann schnell eher zu einer Art Selbstdarstellung der Leute werden als das es am Ende wirklich etwas bringt.
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www. durango95.de
Interview: Sascha Klein
Links (2015):
Discogs