Dezember 2nd, 2019

Dr. Strange Records aus #197, 2019

Posted in interview by Jan

Trust: Also, die Sache mit den Punk-Accessoires: ich will jetzt nicht dein Geschäft „dissen“, ich bin einfach nur neugierig, was deine Gedanken zur der folgenden Meinung sind: sind die Käufer von Punk-Accessoires (wie Bondage-Hosen, Lederjacken, Creepers und Nietengürtel), sind das nicht eigentlich genau die, die Punk nicht „richtig“ verstanden haben, so von wegen es geht doch gar nicht um diese Accessoires, Punk ist eine Haltung, es geht um unabhängiges Denken in dieser Crass-Think for yourself-Tradition und dann kommt dann die Armee der identischen Lederjacken-Spikes-Punk-Klone, die alle gleich aussehen, aber dann was von Individualität erzählen…
Bill von Dr. Strange Records: Ich stimme mir dir total überein. Ich meine damit, dass ich dich zu 100 Prozent verstehe. Ja, Punk-Rock ist eine Einstellung und meiner Meinung nach muss man nicht einmal „Punk Bands“ hören oder kennen, um ein Punk zu sein. Solange du tust, woran du glaubst und dein Bestes für eine positive Veränderung tust, bist du in meiner Gedankenwelt ein Punk. Was den Verkauf von Kleidung betrifft… Nun, ich trage immer noch Creepers, habe Ohrringe usw., das ist das, was ich eben mag. Ich bin nicht in der Lage, diese herzustellen, also muss ich sie „irgendwo“ kaufen und wenn die Accessoires jemandem helfen, sich auszudrücken oder zu zeigen, dass sie „anders“ sind, dann ist das für mich in Ordnung. Die eine Sache, die ich hasse, ist, wenn ein Kunde, normalerweise ein „Kind“ im Alter eines Teenagers, einen Patch oder Button von einer Band kauft, von der sie KEINE AHNUNG haben, wer es ist. Ich bin nicht so drauf, dass ich ihnen dann sage, dass sie gehen sollen, das tue ich nie, es liegt nicht in meiner DNA, so ein Arsch zu sein – aber vielleicht öffnet dieser Patch ihren Geist und dient als Einstieg in eine ganz andere Welt?

Turn and face the strange: Record Collectors – meet your new god:
Dr. Strange Records

Bill von Dr. Strange Records aus dem Großraum Los Angeles ist jemand, den man eigentlich nur mit dem Begriff „Überzeugungstäter“ charakterisieren kann. Er betreibt seit genau 30 Jahren (Glückwunsch!) unermüdlich seinen Punkrock-Plattenladen-Klamotten-Mailorder. Einerseits versorgt er also den Record-Collector Scum mit raren Platten (die Überschrift dieses Interviews bezüglich Record Collectors ist seit langer Zeit sein Anzeigen-Pitch) und für die Kids gibt es eben lecker Klamöttchen. Natürlich kann man sich auch alles online bei ihm besorgen. Und er macht auch noch ein tolles Label seit Ende der 80er.

Punk as a way of life
Bill betont auf seiner Webseite, dass Dr. Strange Records keine Firma wäre, die Geld mit Punkrock macht. Er ist seit 1980 Punk und für ihn ist es ein „way of life“, dazu führt er aus: „Das ist es, was ich bin und was ich seine werde, bis ich sterbe“. Mit Dr. Strange Records ging es 1988 los, Grund: für Gleichgesinnte rare Punk-Platten zu fairen Preisen besorgen. Aus seinem Hobby wurde dann der große Punk-Mailorder, ein Label (ab 1989) und ein Laden im sonnigen Süd-Kalifornien (1997 eröffnet). Zusammen mit seiner Frau und einigen Freunden wird die ganze Operation gestemmt. Auf seinem immer noch aktiven Label veröffentlicht(e) er jede Menge geiles Zeug von zum Beispiel Black Market Baby, Broken Bones, Channel 3, Flux Of Pink Indians, The Freeze, Government Issue, Guttermouth, Ill Repute, Mad Parade, 999, The Partisans, Peter and the Test Tube Babies und den Zoinks! Seine bekanntesten Bands sind bzw. waren sicherlich Face to Face und die Voodoo Glow Skulls, mehr dazu aber in unserem Gespräch.

„Ich hasse Großstädte, auch Los Angeles“
In zwei tollen Ox-Interviews aus den 90er und jüngeren Datums beschreibt er die Lage seines Plattenladen in Alta Loma so: „Ungefähr 45 Meilen östlich von Los Angeles. Ich hasse Großstädte, auch Los Angeles. Es ist o.k., dort ab und zu mal zu Konzerten zu gehen, aber mir ist mein ruhiges Alta Loma lieber.“ Gefragt, ob er sich und sein Label „als Teil einer bestimmten Szene“ ansieht oder ob er in einem „kleinen Städtchen außerhalb der Stadt sein eigenes Ding durchziehen“ würde, antwortete er: „Ich würde schon sagen, dass ich ein Teil der Szene bin – so wie jeder, der nicht nur konsumiert, sondern was macht, ganz gleich, ob du in einer Band spielst, ein Fanzine machst, ein Label führst oder Konzerte veranstaltest. Und natürlich kenne ich die meisten Leute von anderen Labels in der Gegend. Ich habe auch schon ein paar Labels Starthilfe gegeben und das finde ich auch sehr wichtig. Du wirst selber wissen, was für ein langer Weg es ist von der ersten Idee bis zur tatsächlichen Umsetzung eines Projektes. Das sind meist nur Kleinigkeiten, aber wer weiß schon am Anfang, wo man günstig CDs pressen lassen kann, wer LP-Cover druckt und all so was. Ich bekomme ständig Anrufe und Briefe aus dem ganzen Land, wo Leute meinen Rat haben wollen“.

Turn and face the Dr. Strange
Den Namen Dr. Strange erklärte er so: „Ich bin zwar kein Comic-Fan, aber vor Jahren habe ich in einem Thriftstore mal einen Comic namens „Dr. Strange“ mitgenommen. Irgendwie gefiel mir der Name und als ich dann ein Jahr später den Mailorder gründete, nannte ich den Dr. Strange Records. Das ist alles“. Zu der Entwicklung seiner Geschäftszweige erklärte Bill, dass er noch vor dem Label im Oktober 1988 mit seinem Mailorder angefangen hat:

„Damals habe ich schon Platten mit Leuten getauscht, die meistens aus Großbritannien kamen. Wenn ich dann hier in L.A. in den Plattenläden einkaufte, merkte ich, dass die dort für viel Geld genau die Platten verkauften, die ich für einen Bruchteil des Preises in England bekommen konnte. Im Laden waren das Platten für zehn bis zwanzig Dollar, die ich für zwei bis fünf Dollar kriegen konnte. Also fing ich an, Platten in mehrfacher Ausführung zu kaufen oder zu tauschen, wenn ich sie für mich holte, um sie dann über Anzeigen im Maximum Rocknroll- oder Flipside-Fanzine zu verkaufen. Ein Jahr später startete ich dann das Label. Der erste Release war von einer lokalen Band namens MANSON YOUTH. Ich war mit dem Sänger befreundet. Das dürfte so circa 1992 gewesen sein. Ich habe zwei 7“s von denen rausgebracht, die auch beide schnell ausverkauft waren“.

Rare Punk-Vinyl and beyond
Was ist eigentlich der Grund, warum er sich in seinem Mailorder zum Großteil auf rares Punk-Vinyl spezialisiert hat? „Weil ich weiß, wie es ist, ein „wieder-entdeckender“ Sammler zu sein. Als ich anfing, war es zwar leicht für die Leute, die neuen Releases bei ihrem Plattenladen um die Ecke zu bekommen, im Gegensatz dazu aber schwer, etwas rares zu finden. Ich hatte gute Beziehungen in alle möglichen Länder, um seltene Platten zu bekommen und ich sah es auch als eine Herausforderung an. Als ich damals noch mehr Zeit hatte, habe ich sogar „Wunschzettel“ von Leuten bekommen und ihnen dann die Platten besorgt. Ich wünschte, für so etwas hätte ich heute noch Zeit. In all den 21 Jahren haben sich so einige „Renner“ entwickelt: die TEEN IDLES-7“s, die BAD RELIGION-7“s, die THE FREEZE „We Hate Tourists“-7“, die MISFITS-7“s, von MINOR THREAT, Dangerhouse-Releases und so weiter. Du hast uns gefragt, wir hatten es irgendwann“.

Label-Politik
Zu seiner Label-Politik stellte er klar: „…trotzdem geht es mir nicht darum, von einer Platte riesige Stückzahlen abzusetzen. Lieber verkaufe ich 3000 Platten an coole Leute, die wissen, was Sache ist, als 10 000 Scheiben an Trendtypen, die keinen blassen Schimmer haben. Das meine ich wirklich so, denn ich habe es nicht nötig, große Stückzahlen zu verkaufen. Ich lebe von meinem Mailorder und das Label ist nur so eine Sache nebenbei, die auch nie zu einem richtigen Business werden soll. Sollte es jemals so weit kommen, dass ich morgens aufwache und mir denke „Scheiße, jetzt musst du wieder was fürs Label tun, dann stelle ich es sofort ein“.

Weil Dr. Strange Records seit langem dabei und ein sehr gutes Label sind und ich immer an der Punk-Szene in Los Angeles damals wie heute interessiert bin, da wollte ich nun mal selber mit Bill sprechen. Hier unser Resultat.

Bill, willkommen zum Interview. Erzähl uns doch mal, was gerade so in der Los Angeles Punkszene passiert, wobei, es gibt wahrscheinlich drei Milliarden Subszenen oder?
Ha! Ich denke, drei Milliarden und eine, um genau zu sein. Ja, in Südkalifornien zu leben, das bedeutet normalerweise eine Menge von Auftritten an jedem Wochenende. Nicht nur in Los Angeles, sondern auch in Orange County, Riverside, im San Bernardino County und in allen Orten dazwischen. Ich habe in letzter Zeit eine neue „Explosion“ von Shows und neuen Bands bemerkt. Was sehr großartig ist. Punk war immer schon zyklisch und befindet sich im Moment in einem Aufschwung. Es gibt fast „zu viel“ an jedem Wochenende zu sehen, und ich kann mir vorstellen, dass es eine Art Wettbewerb zwischen den Shows geben wird, die halt am selben Abend stattfinden. Aber es gibt halt auch Millionen von Menschen, die hier in der Gegend leben, von daher…

Schön, dass du noch deinen Laden hast. Es ist für Plattenläden nicht einfacher geworden in all den Jahren, vermute ich? Oder hilft der Vinyl-Hype?
Oh ja, total! Mit der „Großen Rezession“ (und das war eine, wie wir alle jetzt wissen), das war wie irgendwie wie eine schlechte Erinnerung, es ist jetzt wieder Zeit für etwas Spaß und die Wirtschaft hat nicht nur mir, also den Plattenläden, sondern den meisten anderen Unternehmen geholfen. Ja, der Aufstieg des mächtigen Vinyls, klar, das hat auch viel geholfen, aber es liegt wirklich auch an den Menschen, die fühlen, das sie tatsächlich mit etwas anderem als mit teurem „Essen“ protzen können, also, die haben natürlich am meisten geholfen.

Lebst du eigentlich hauptsächlich von dem Verkauf der Klamotten, da sind ja auch die Margen höher als bei Vinyl…?
Wir verkaufen viele T-Shirts, Creepers, Stiefel, Fred Perrys, Patches etc. Aber in erster Linie ist es ist wirklich die Musik, halt die raren Platten, die mich „in Schwung“ halten. Versteh mich nicht falsch, die Klamotten sind zweifellos ein großer Faktor, aber Vinyl ist Gott bei Dr. Strange, halt so, wie es sein sollte.

Gratulation, ich musste immer grinsen, wenn ich deine Anzeigen in Zines (wie im Trust) sah, „Record Collectors – meet your new god!“ – um es mit Danzig zu sagen, „Show me how the gods kill“… was ist die rarste Platte, die du hast, was ist der Preis? Stains auf SST in Mint? Bon Scott Aufnahmen vom „Back in Black“-Stuff?
Tja, das ist jetzt genau 30 Jahre her, also, dass ich genau in diesen Monat Dr. Strange gegründet habe, das ist echt schwer für mich, zu glauben. Wir hatten halt fast alle dieser ultra-raren Platten; die SSD LP „The Kids Will Have Their Say“, die Teen Idles 7“, beide Minor Threat Singles, S.O.A., das Debüt von Black Flag auf Single, die The Freeze „I Hate Tourists“ Seven-Inch… Ich denke, die einzigen, die wir nicht hatten, die mir jetzt in den Sinn kommen, waren die Misfits 7“ (die Fiend Club Pressungen mit verschiedenen Ärmeln) und die Fear 7“ „I Love Living in the City“. Aber es ist wirklich nochmal etwas anderes, wenn diese Platten hereinkommen. Da sind einige, die ich noch nie gesehen habe. Nicht einmal „damals“.

Mir gefällt es sehr, dass du bei deinem Label (wir kommen dazu noch genauer) so viele Bereiche im Punk abdeckst, das geht von eher traditionellem Punk von 999 über Anarcho-Punk von Flux Of Pink Indians hin zu Ska-Punk bei Skankin‘ Pickle und endet bei dem HC von Government Issue, das ist eine schöne Open-Mindess-Haltung, die ich wirklich schätze. Heute sind das ja völlig getrennte Subszenen, hier die 77er Punks, dort die HC-Punks usw. … „sad“ (D. Trump)! Du erzähltest mal in einem Interview, das du vor deiner Punk-Entdeckung Anfang der 80er mit Black Flag und Circle Jerks vorher, 1979, New Wave wie The Cars und Blondie hörtest, kommt daher deine Open-Mindness? Manche hören ja wirklich nur Ska-Punk oder NYHC oder Boston-HC…
Danke für das Kompliment, Jan. Meine „Philosophie“, wenn es um das Label geht, ist: „Put out cool music by cool bands“. Solange es mir gefällt, ist das echt alles, was wirklich zählt. Wenn andere daran interessiert sind, ist das auch toll, aber es ist keine Notwendigkeit. Und um dir die Wahrheit zu sagen: ich habe mich immer echt als engstirnig betrachtet, also, wenn es um Musik geht. Ja, für mich gab es vor Punk eben New Wave, das waren so Bands wie XTC, Adam and the Ants, Split Enz, Flying Lizards, Devo, Blondie, Suburban Lawns, The Cars, Cheap Trick und dergleichen. Dann, Ende 1979 bzw. Anfang 1980, fing ich an, Punkrock kennenzulernen: Black Flag, Adolescents, 999 und mehr. Ich liebe diese erwähnten New Wave-Bands immer noch und höre sie fast jeden Tag, aber abgesehen von Punk, New Wave und vielleicht ein bisschen Classic-Rock von Mitte der 70er Jahre wie Three Dog Night (es erinnert mich an meine Kindheit) mag ich wirklich nichts anderes.

In einem anderen Gespräch hast du gesagt, dass du folgende Platten am meisten liebst: 999 – „The Biggest Prize in Sport,“ The Dickies – „Incredible Shrinking“ und Devo – „Duty Now for the Future“. Ist dem immer noch so?
Ich habe ehrlich gesagt die ganze Woche nur diese 999-LP mir angehört. Ja, 100 Prozent! Ich liebe diese Platten immer noch, weil sie alle super sind und mir tolle Erinnerungen zurückbringen.

Es gibt keinen Dr. Strange-Label-Sound wie zum Beispiel bei Fatwreck, da ähnelst du mehr SST oder?
Am Anfang meines Labels gab es einen deutlicheren Sound. Ich würde sagen, dass es zu Bgeinn Lookout ähnelte, also auf jeden Fall mehr als jedem anderem Label. Aber als mein Label voranschritt, da begann ich, mich mit meinen alten Lieblingsbands in Verbindung zu setzen und Neuauflagen sowie neue Platten von Bands wie Threats, Government Issue, CH3 und The Freeze zu veröffentlichen.

Wie kamst du dazu, diese zwei total krassen Government Issue-CDs zu machen? Ich fragte John Stabb (RIP) mal in einem Trust-Interview, wie es z.B. mit Dr. Strange lief, er meinte „total super und problemlos“. Die „Complete History Volume One“ ?(Doppel-CD, DSR # 81, 2000) und die „Complete History Volume Two ?(Doppel-CD, DSR # 82, 2001) sind so geil, danke dafür. Ich liebe ihre Frühphase, aber auch „Strange wine“ oder „Jaded eyes“, was sind deine Favoriten?
Government Issue haben einen besonderen Platz in meinem Herzen. Im Alter von 17 Jahren lebte ich während der Schulzeit isoliert und für mich (die Schule war ein Ort, den ich gehasst habe!). Und ich kann mich noch erinnern, dass ich G.I. fast jeden Morgen gehört habe, um mich zu motivieren, um tatsächlich dann auch zur Schule zu gehen und eben gut drauf zu sein. Ich persönlich liebe die „Boycott Stabb“-Scheibe, weil das die Platte war, die ich auch gehört habe, aber es ist wirklich alles von ihnen toll für mich. Tom Lyle, ihr Gitarrist, und ich sind in all den Jahren Freunde geworden und er ist wirklich ein guter Mensch. Ich liebe diesen Kerl und ich vermisse Stabb auch. Noch eine weitere erstklassige Person.

Du hast die mega geile „Don´t turn away“-Debütscheibe von Face to Face herausgebracht (DSR #13, 1992), über sie hast du aber nicht so eine gute Meinung, von wegen geldgeile Arschlöcher? Ich habe die 1992 mit Lagwagon live in Köln gesehen, das war der Hammer und die Platte ist immer noch gut, die „Big Choice“ war mir dann schon zu glatt… Weißt du noch, wie sie zu deinem Label gekommen sind?
Ja, sie haben mir ein Demo-Tape geschickt, wie es halt die meisten Bands damals machten und ich mochte, was ich hörte. Sie hatten einen Auftritt in einem lokalen Konzertladen namens „The Green Door“, also ging ich hin, um sie zu sehen und ich liebte sie. Es ist unglücklich, was aus ihnen wurde, oder sollte ich sagen, was sie schon immer waren und wie sie schließlich dann offen zu dem wurden, was sie jetzt sind. Aber ja, die „Don’t Turn Away“ war und ist eine großartige LP. Ich bin stolz darauf.

Eine andere tolle Platte von dir ist die „In control“-Wiederveröffentlichung von Stalag 13 (DSR # 88, 2002), Alter, ist die krass! Sie waren kürzlich hier in Deutschland, aber ich traute mich nicht, sie anzuschauen, aus Angst, dass sie schlecht sein könnten…
Nein! Sie sind immer super! Sie haben in letzter Zeit viel mit anderen klassischen Nardcore-Bands gespielt, wie zum Beispiel Ill Repute, Killroy, Agression und mehr und die Leute kommen immer raus und lieben es. Gut für sie. Nette Leute auf jeden Fall.

Wo wir schon bei Nardcore sind, tausend Dank für die „Big rusty balls“ (DSR # 16, 1993) von Ill Repute!!! Klar, die frühe Thrash ist geil, aber gerade diese Platte liebe ich wegen „She did it“ und dem Bob Marley-Cover sehr, du warst ja auch in ihrer DVD-Doku zu sehen, magst du die Platte noch, bist du mit ihrem Film zufrieden?
Oh ja, ich liebe die. Sie war anders als ihre sonstigen Sachen, aber trotzdem großartig. Ausgezeichnete Aufnahme von ihrem Kumpel Jerry Fynn, der später Green Day-Sachen machte. Immer noch eine tolle LP. Tony Cortez und der Rest von Ill Repute erwähnten, dass sie für ein paar Shows NUR „Big Rusty Balls“-Material spielen. Ich bin mir nicht sicher, ob sie es machen werden, aber wenn sie es wirklich tun, dann bin ich da.

Die Voodoo Glow Skulls waren mit der fantastischen „Who is this“-Scheibe (DSR # 18, 1993) zuerst bei dir und die Platte ist so toll mit dem Beatles-Cover und „Revenge of the nerds“, sie gingen dann zu Epitaph, wurmte dich das damals, heute gibt es sie ja immer noch….
Nein, wir haben beide über ihren Wechsel gesprochen und ich habe sie unterstützt. Dr. Strange Records wuchs, aber VooDoo wuchsen sprunghaft und waren bereit für ein größeres Label. Ich habe George (Bassist) erst vor ein paar Wochen gesehen. Er kam beim Plattenladen vorbei, um „Hallo“ zu sagen. VooDoo spielen immer noch, ohne den Sänger Frank, sie klingen immer noch fantastisch!

Wie kamst du dazu, Platten von The Freeze zu machen, die waren ja eigentlich auf Taang! damals oder?
Ja, waren sie, aber es gibt einen echten Hass von Cliff bezüglich dem Taang-Gründer Curtis, also baten sie mich, das Material erneut zu veröffentlichen und auch neue Sachen zu machen. „Cliff is a nut“ – aber auf eine gute Weise. The Freeze spielen immer noch genauso gut wie früher und sie sind immer besser geworden. Tolle Live-Band auf jeden Fall!

Vielen Dank auch für die „Pox On The Tracts“- Platte von The Marshes (DSR #63, 1997), die rockt, wobei ich ihr Debüt noch etwas besser fand, sorry, haha.
Ha! Keine Sorge, keine Sorge. Ich liebe diese Band. Einige Leute tun das nicht, aber wenn ich Motivation brauche, sind sie normalerweise die erste Platte, die ich auflege. Es gibt einfach etwas an dieser Band, das mich „anmacht“, weißt du? Sie bringen mich wirklich in Schwung. Ich habe erst gestern die „Recluse“ gehört, während ich im Laden arbeitete. Colin (von Dag Nasty) am Schlagzeug ist in JEDER Band eine gute Sache.

Noch zwei letzte Fragen: wie kamst du dazu, die „1982 Orange Peel Sessions“- EP (DSR # 134, 2014) von den mächtigen Uniform Choice zu machen, ich liebe ihre erste Platte, mag aber auch die „Staring at the sun“, bei diesen Peel Sessions klangen sie ja auch nochmal anders.
Ja, das war „seltsam“. Hanson (das Gründungsmitglied von 1981) hat mir eine E-Mail geschickt. Sehr netter Kerl, alter Punk aus Huntington Beach, Kalifornien. Er erzählte mir, dass er seine Mutter besucht hätte und er entdeckte einige alte Demos, die sie etwa eine Woche nach ihrem damaligen Auftritt in Palm Springs in Kalifornien mit Black Flag aufgenommen haben. Selbst ich habe nie erfahren, dass sie schon vor langer Zeit „so“ waren. Ich hatte sie Mitte der 80er Jahre mit dem „Screaming For Change“-Lineup gesehen, aber das war ein anderer Sänger, ein anderes Mitglied und eben auch ein völlig anderer Sound.

Laut Discogs waren die letzten beiden Scheiben auf Dr. Strange von Warwound /War//Plague Forlorn (DSR # 139, 2017) und davor The Generators (DSR # 138, 2017), auf deiner Label-Homepage ist als letzte Platte die Broken Bones (DSR # 120) von 2009 angegeben, was stimmt denn nun, haha? Schön, dass du weitermachst!
Die neueste Veröffentlichung ist die The Generators „Last of the Pariahs“ LP. The Generators sind eine fantastische Band und haben Doug (als Sänger) von Schleprock. Sie live zu sehen ist wie als würde man sie live die LP spielen hören. Sie sind SOOOOOOO gut! Doug und ihr Gitarrist Mike sind die am härtesten arbeitenden Leute im Punk. Ich habe keine Ahnung, woher sie die Energie nehmen. Sie spielen oft Europa und ich empfehle dir dringend, sie zu sehen. Sag ihnen, dass „The Doc“ dich geschickt hat und Doug wird einen Hand-Job für umsonst besorgen (Ich mache keine Witze (Anmerkung JR: Danke, aber nein, haha)).

Also, die Sache mit den Punk-Accessoires: ich will jetzt nicht dein Geschäft „dissen“, ich bin einfach nur neugierig, was deine Gedanken zur der folgenden Meinung sind: sind die Käufer von Punk-Accessoires (wie Bondage-Hosen, Lederjacken, Creepers und Nietengürtel), sind das nicht eigentlich genau die, die Punk nicht „richtig“ verstanden haben, so von wegen es geht doch gar nicht um diese Accessoires, Punk ist eine Haltung, es geht um unabhängiges Denken in dieser Crass-Think for yourself-Tradition und dann kommt dann die Armee der identischen Lederjacken-Spikes-Punk-Klone, die alle gleich aussehen, aber dann was von Individualität erzählen…
Ich stimme mir dir total überein. Ich meine damit, dass ich dich zu 100 Prozent verstehe. Ja, Punk-Rock ist eine Einstellung und meiner Meinung nach muss man nicht einmal „Punk Bands“ hören oder kennen, um ein Punk zu sein. Solange du tust, woran du glaubst und dein Bestes für eine positive Veränderung tust, bist du in meiner Gedankenwelt ein Punk. Was den Verkauf von Kleidung betrifft… Nun, ich trage immer noch Creepers, habe Ohrringe usw., das ist das, was ich eben mag. Ich bin nicht in der Lage, diese herzustellen, also muss ich sie „irgendwo“ kaufen und wenn die Accessoires jemandem helfen, sich auszudrücken oder zu zeigen, dass sie „anders“ sind, dann ist das für mich in Ordnung. Die eine Sache, die ich hasse, ist, wenn ein Kunde, normalerweise ein „Kind“ im Alter eines Teenagers, einen Patch oder Button von einer Band kauft, von der sie KEINE AHNUNG haben, wer es ist. Ich bin nicht so drauf, dass ich ihnen dann sage, dass sie gehen sollen, das tue ich nie, es liegt nicht in meiner DNA, so ein Arsch zu sein – aber vielleicht öffnet dieser Patch ihren Geist und dient als Einstieg in eine ganz andere Welt?

Was war das beste Konzert in L.A., dass du in den 80er, den 90er und kürzlich gesehen hast und warum?
Der beste 80er Gig war zweifellos die Bad Brains im Fenders Ballroom mit The Adicts und Major Accident. Ja, seltsames Lineup, mit Sicherheit. Wenn du die Bad Brains in den frühen 80er nicht gesehen hast, dann ist das echt wirklich schade, weil, ich meine, heilige Scheiße, sie waren so unglaublich. Es ist wirklich schwierig, es in Worte zu fassen, wie großartig sie waren. Meine Stimme war zwei Tage lang im Arsch, weil ich so mit geschrien und mitgesungen hatte. Back Flips, Stürze und runterhängen auf den Bühnenrändern und der Ballustrade. Jesus, es war großartig! Und die Adicts waren total super, aber Major Accident waren noch besser. Sie waren eine nette Überraschung. In den 90ern, also, da würde ich Pegboy sagen. Ich sah sie zweimal in der Dekade und jedes Mal waren sie phänomenal. Mittleres Tempo aber wirklich total hart. Eine weitere Nacht mit anschließenden Halsschmerzen. Was einen jüngsten Gig betrifft, da müsste ich Youth Brigade und Ill Repute nennen. Beide Bands waren an dem Abend total geil.

Wie ist das Leben so in Los Angeles, hast du auch mal in der City gewohnt? Ich liebe die Stadt ja sehr, weil sie so einzigartig, zumindest unter den westliche Metropolen-Großstädten, ist.
Ich lebe etwa 40 Meilen östlich von L.A. Ich war noch nie ein großer Fan von Großstädten, um dir die Wahrheit zu sagen. Viel Verkehr und Schwierigkeiten beim Finden von Parkplätzen machen keinen Spaß. Los Angeles kann ein lustiger Ort für mal einen Tag sein, aber ich würde NIE dort leben wollen. Große Menschenmassen und Gebäude sind nicht mein Ding und ich liebe es, da zu leben, wo ich bin.

Letzte Frage: wann kommt endlich die remastered 30 LP-Black Flag Box bei dir, haha… Nee, Spaß, was wäre deine Traumplatte, die du machen könntest, wenn Geld und Label-Rechte keine Rolle spielen würden? Danke für deine Zeit und Grüße nach L.A.!
Meine Traumveröffentlichungen, das wären Neuauflagen, von der „Inflammable Material“-Platte der Stiff Little Fingers, das Vinyl der „Duty Now For The Future“ von Devo oder der „The Incredible Shrinking Dickies“-Platte von The Dickies. Das sind alles so wichtige Scheiben für mich und sie haben dazu beigetragen, mich zu dem zu machen, der ich heute bin. Vielen Dank an DICH für das Interesse und danke, dass ihr 30 Jahre Dr. Strange zum besten „Job“ der Welt gemacht habt!

Interview: Jan Röhlk
Kontakt: drstrange.com, facebook.com/DrStrangeRecordStore

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