Juni 10th, 2020

DISCORPERATE RECORDS aus #142, 2010

Posted in interview by Jan

Discorporate Records
Ein verpeilter Haufen wankender Musikfreaks?

Da macht man einmal ein Label-Porträt – und schon denken alle möglichen Leute, jetzt wäre es doch auch an der Zeit, mal was über ihr Label zu machen. Weshalb es aber diese Sorte von Text nur alle Jubeljahre auf diesen Seiten zu lesen gibt, hat einen einfachen Grund: Es muss schon ein bisschen mehr dabei sein als nur ein nettes Repertoire und eine ebenso nette Anfrage. Nicht einmal ein außergewöhnlich gutes Programm ist zwingend Grund für so ein Label-Porträt.

An den Fällen, die mir gerade gewärtig sind, lässt sich vielleicht ein wenig mehr über die ungeschriebenen Kriterien ablesen, die dann und wann einen unerschrockenenen Fanzine-Schreiber ausreichend motivieren: Paradebeispiel ist natürlich SST. Das bislang letzte Label-Special, der Größe des Unternehmens entsprechend auch keine One-Man-Show. Dann gab es da einen längeren Beitrag über Touch & Go anlässlich deren 25-jährigen Jubiläums. Touch & Go natürlich auch oberste Güte- und Wichtigkeitsklasse, klar. Was war sonst: Gregor Samsas Subterranean. Idiosynkratisch, geschmäklerisch, ästhetisch – alles einwandfrei.

Und eine Ausnahmeerscheinung der hiesigen Szene. Kann man machen. Vaccination Records, damals auf meinem Mist gewachsen (nicht, das Label, versteht sich), stellte mit enger Vernetzung, einer herausragenden Verpackungslinie und einer bei aller musikalischen Vielfalt zwischen Folk-Punk, Art-Rock, Jazz-Core und vielem mehr vorhandenen, schwer umschreib-, aber irgendwie dann doch deutlich sichtbaren Philosophie ein hinreißend eigenwilliges Exemplar seiner Art ab, dass für mich die Sache keinen Aufschub duldete. Und nun: Discorporate Records. Wer? Gemach, gemach…

Ich kam vor allem wegen Capillary Action drauf, deren Mr.-Bungle-meets-Elvis-Costello-Wahnwitz schlicht auf die Knie zwang, was wieder dazu führte, dass ich auf einem ihrer Konzerte im vergangenen Jahr auch noch The Season Standard entdeckte, deren Musik mit weniger als großartig kaum zu beschreiben wäre: Auf eine filigran geklöppelten Grundlage, die sich aus Drum’n’Bass ebenso speist wie aus King Crimson verfrachten sie irgendwie eine Musik zwischen Rock, Pop und den Überbleibseln von Hardcore (Post und so) und schaffen es dann auch noch, elfengleichen Gesang darüber zu drapieren, der in Ermangelung näherer Verwandter hier in etwa in einer Liga mit dem im Vergleich geradezu viril wirkenden Gesang von Craig Werden (Shudder To Think) zu suchen wäre.

Von da aus war es nur ein kleiner Schritt – zum Merchandise-Tisch, wo Label-Dude Johannes stand und wir also sprachen: Lass es uns tun. Das Interview haben wir dann aber doch eher cyber-sex-mäßig im Internet gemacht, Termine, sie verstehen, und zwischen Bremen und Dresden liegt schließlich mehr als eine ehemalige Staatsgrenze. Dieser Form des Verkehrs ist auch der Umfang und Ton der Antworten geschuldet. Das muss aber kein Manko sein. Deshalb habe ich nur einige wenige orthographische Korrekturen gemacht, der im Eifer des Gefechts wurzelten, und das Ganze im Folgenden ungekürzt für euch ausgebreitet:

Erstmal die ganz doofen Fragen: Seit wann machst du das? Bist du allein da draußen? Warum Discorporate? Weil Corporate Rock immer noch saugt? Erzähl doch kurz aus der Geschichte. Was hast du vorher gemacht?
Das Label mach ich offiziell seit 2006, also mit Gewerbe, Labelcode, KSK und dem ganzen pseudo-professionellen Krimskrams. Auf administrativer Seite gibt’s da tatsächlich nur mich. Die Idee des Kollektivs als Platten- und Ideen-Plattform existiert allerdings schon seit „unserer“ frühesten Jugend. Der Kern von Discorporate stammt komplett aus einer thüringischen Kleinstadt namens Gotha. Bands wie Osis Krull, The Zonnhaider’s Club, Tarentatec und Schnaak kommen größtenteils aus der „Perle am Thüringer Wald“. Und wie es halt so ist, trifft man aus der provinziellen Tristesse heraus die Entscheidung, sich zusammenzuraffen, eine eigene emotionale und musikalische Sprache zu entwickeln und große Töne zu spucken (das klingt konstruierter als es eigentlich war)… oder man trifft die Entscheidung eben nicht und versackt oder findet sich irgendwann inmitten eines Wirtschafts-Studiums in, sagen wir mal, Göttingen wieder.

Man muss kein Prophet sein um zu ahnen, dass das nicht so besonders unser Ding ist. Wir waren ein recht ansehnlicher Kreis von Halbstarken, größtenteils aus dem Bildungsbürgertum (mit Eltern, die Zappa, Miles Davis und so einen Quatsch hören und irgendwie schon ziemlich einen an der Waffel haben), die durch Zusammenhalt, merkwürdige Trinkspiele und eine erschreckende Liebe zu Musik und Grenzüberschreitung auf sich aufmerksam gemacht haben. Ich war dann immer der Typ, der zu den Konzerten kam und Feedback gegeben hat, Ideen hatte, Hilfestellungen angeboten hat… Im Sog der schulbandbedingten Beliebigkeit war ich also der Angelpunkt, der das Potential rausgekitzelt hat. Klingt das eigentlich arrogant? Als die Nummer mit dem Abitur dann gegessen war, sind wir nahezu allesamt nach Dresden (weil’s eben eine wundervolle Stadt ist) gezogen und haben weder uns, noch unsere kindlichen Träume und ein eventuelles Ziel aus den Augen verloren.

Natürlich war auch plötzlich „die weite Welt“ um einige Ecken größer und auch näher. Einige von uns, wie auch ich, haben uns im Studium versucht (bei mir war’s Philosophie und Psychologie – eine totale Lachnummer), andere sind professionelle Kiffer geworden und andere wiederum taumeln von Job zu Job. Das war und das ist allerdings immer nur Beiwerk. Die Sache bleibt die Sache, wenn du verstehst was ich meine. Das Schöne an Dresden war, dass unsere recht eigentümliche kollektive Sprache und die damit verbundenen Ansichten auch hier „verstanden“ oder liebgewonnen wurden und wir einige Anhänger ohne Zutun gewonnen haben. Das hat einiges an (Selbst-)Bewusstsein gegeben und die Gewissheit, dass man diese Schnapsidee auch universell verstehen und transportieren kann.
Die Wahl des Namens Discorporate war recht offensichtlich (Dischord war ja schon weg und Discordia klingt zu platt), weil es sowohl wortwörtlich einiges sagt, eben als Gegenstück zur Corporate Identity oder Corporate Rock oder all den Corporate Fucks da draußen, als auch eine Reminiszenz an den geistigen Papa Frank Zappa ist. Der Begriff Discorporate – wie er für uns gilt – wird im Song „Absolutely Free“ erläutert.

Wo ich schon von SST sprach: Was bedeutet Discorporate Records für eine Perspektive? Manchen ist so ein Label Lebensentwurf, anderen vor allem der Nützlichkeit geschuldet, manche wollen eine lokale Szene dokumentieren – es gibt viele Varianten. Welches ist deine?
Ich würde mich bei deinen Vorgaben eher an den „Lebensentwurf“ halten, eben da das Label nicht unbedingt nur der Nützlichkeit des Plattenrausbringens unterliegt, sondern eher den Kollektiv-Gedanken transportiert und somit einen Rahmen schafft. Darüber hinaus wollen wir auch in gewisser Weise eine lokale Szene dokumentieren, aber wir empfinden uns keineswegs als Dresdner Label. In der Tat ist die Dresdner Szene, wenn es sie denn gibt, für unseren musikalischen Ansatz, also in den Grenzzonen von Noise, Pop, Jazz und Experimental-Musik, sehr sehr uninteressant. Man möchte fast „kleinbürgerlich“ und „dröge“ sagen. Dann schon eher als Dokument einer Philosophie, die sich in den Gothaer Tagen geprägt hat, die man schwer in Worte fassen kann.

Die Gefahr bei der Dokumentation einer Szene oder einer Idee ist aber, dass man schnell stagniert und einer Idee hinterherrennt, die man so gar nicht mehr empfindet. Man kann eine Energie, die vor allem durch Unbeschwertheit oder Intuition gespeist wurde, nicht reflektiert konservieren. Das macht nur traurig und verbissen. Und die Tatsache, dass wir nun Künstler aus den USA oder Frankreich ins Boot holen, weist schon daraufhin, dass wir vor allem vorantreiben und uns nicht in das Korsett einer „Szene“ oder eines Genres zwängen wollen. Erschreckender Beweis dafür ist die Stoner-Rock-Szene in Deutschland, die sehr aktiv ist und sich gut dokumentiert, aber eben im Genre gefangen ist und unter’m Strich sich unentwegt selbst zitiert (No offense). Das langweilt mich.

Viel spannender finde ich die krude Vernetzung unserer lokalen Stärken (bestens repräsentiert durch Bands wie Tarentatec, Dyse oder The Season Standard) mit anderen europäischen Strömungen wie Frankreichs Noise-Szene und den Bewegungen, die zum Beispiel an der US-Ostküste rege stattfinden und durch Bands wie Dirty Projectors, Extra Life, Grizzly Bear oder auch Capillary Action repräsentiert werden, also die Verschmelzung von höchster musikalischer Nerdhaftigkeit und eines gewissen Pop-Appeals bzw. Zugänglichkeit. Mich interessiert auch die Tendenz, dass afrikanische und südamerikanische Musik-Schemen mit der „westlichen“ Indie-Welt fusionieren.

Das ist unglaublich spannend und ich widme mich immer mehr der Idee, diese Disziplinen auch hier zu vereinen. Gott, klingt das großspurig. Die Amis sind uns aber in diesem Metier (anspruchsvolle interdisziplinäre Popmusik, sei es nun Indierock, Kammermusik, Jazzcore oder Folk, um mal Schubladen zu bedienen) wirklich Jahre voraus… Und das ist schade, denn wir hatten doch verdammt nochmal mit Beethoven, Schubert oder Bach ’nen gewaltigen Vorsprung. Hahahaha! Letzten Endes sind wir ein verpeilter Haufen wankender Musikfreaks, die sich nicht entscheiden können, ob sie Hippies, Nerds oder Zyniker sind.

In Zeiten wie diesen ist die Gründung eines Unternehmens, und ein solches ist ja noch beinahe alles, was man im Kapitalismus treibt, nicht gerade das nächstliegende. Nun gibt es Discorporate aber auch schon ein paar Jahre. Musst du davon leben? Willst du das?
Nun ja, den Gedanken, dass die Bands oder gar ich von dieser Sache leben können, haben wir schon fast erfolgreich zu Grabe getragen. Es sagen mir ja nicht ohne Grund die Leute um uns rum, vom alten Glitterhouse-Freund Rembert bis zum Onkel Kanzler (Exile On Mainstream Records) oder meiner Mama, dass ich ne Scheibe habe, in diesen Zeiten ein Label für abseitige Musik zu gründen und dann noch einen auf Optimist zu machen. In der Tat ist das hier Selbstausbeutung auf höchstem Niveau und ja, es zehrt. Vor allem wenn man stundenlang vorm Rechner hockt und sich dann wundert, dass man unausgeglichen ist.

Der Traum, dass Ausgaben und Einnahmen bzw. versendete Energie und erhaltene Energie sich mal kongruent ausgleichend gegenüberstehen, ist allerdings noch nicht ad acta und auch nicht so weit weg von der jetzigen Wirklichkeit. Am wichtigsten ist mir aber das Verhältnis von Output und Feedback, sei es nun finanzielles Feedback oder ein Artikel in einer Musikzeitung. Um auf deine Frage zu antworten: Ja, ich würde gerne davon leben. Aber wenn ich nicht schnellstens ein skrupelloser Booker werde, zweifelhafte Promotion-Tricks anwende oder Bands signe, die eine breite taube Masse anspricht, dann wird das in diesem Leben wohl nichts. Jetzt frag‘ ja nicht, wovon ich de facto eigentlich lebe!

Krise heißt ja nicht nur Finanzkrise. Wie gehst du praktisch damit um, dass sich physische Tonträger einfach nicht mehr so gut verkaufen lassen?
Haha… Finanzkrise. Keiner kauft mehr Tonträger und diese Penner von Pirate Bay ruinieren alles. Sorry, aber ich muss da immer lachen. Ich bin wahrscheinlich ein schlechter Ansprechpartner, wenn es darum geht, warum keiner mehr Platten kauft und woran das liegt. Es ist nicht so, dass ich mir das alles nicht zusammenreimen kann, aber ich bin nun mal ein ziemlicher Optimist (oder besser: Bauchmensch) und ich glaube in gewisser Weise an einen organischen evolutionären Veränderungsprozess. Was ist so schlimm daran, wenn diese Industrie den Bach runtergeht? Muss gerade uns kleine Fische das stören? Wir müssten jubeln und unsere Chance wittern! Schon auf unserem recht „niedrigem“ Level sehe ich viele Aasgeier, und wenn deren Agenturen oder Vertriebe bröckeln, ist mir das so ziemlich rille.

Das Schlimme ist ja nur, dass sich die ganzen Penner bei Universal oder Warner immer dreistere Möglichkeiten ausdenken, den Leuten einzureden, dass dieses und jenes nun das „Ding der Stunde“ ist. Und es bleibt auch noch bei dem Haltbarkeitswert von einer Stunde, dann ist’s wieder uncool. Traurig ist, dass kluge Rezensionen von unabhängigen Magazinen kaum mehr Auswirkung auf die Hörgewohnheiten haben, eine Anzeige bei MySpace jedoch einschlägt wie eine Bombe. Und in der Breite ist Musik dann oftmals nur Träger für eine ganz andere Information…

Ja, ja, die böse Werbung und Cross-Marketing-Geschwüre jeglicher Couleur. Aber das geht auch vorbei und wenn nicht, ist die Musikwelt schlussendlich ein vielschichtiges Labyrinth, dass man nicht so auf einen Nenner bringen kann und man irgendwas schwafeln kann von wegen: „So sieht’s aus“, und: „Das ist die Zukunft.“ Und dann ist es doch wieder von Vorteil, einer gewissen kleinen Nische anzugehören und finanziell nicht abhängig davon zu sein. Es ist so viel Musik wie nie im Umlauf, und Leute schauen sich immer noch Konzerte an. Solange USB-Sticks nicht als einzige Tonträger und MySpace-Klicks nicht ausschließlich als Potential-Indikator gelten, liegt alles andere in „unserer“ Hand.

Man muss sich eben nur an den Gedanken gewöhnen, langfristig zu denken und musikalische Qualität vor Marktkalkül zu stellen. Und ich persönlich habe die Zeit für einen Nebenjob, durch den ich die Pressungen bezahlen kann. Aber vielleicht fragst du mich morgen die gleiche Frage und ich heule unentwegt rum und schimpfe und übe mich in Trauer, warum um alles in der Welt eine Hammerplatte wie „So Embarrassing“ von Capillary Action oder „Squeeze Me Ahead Of Line“ von The Season Standard von nur einer handvoll Hanseln gekauft wird und warum zur Hölle nochmal diese Alben keine Sensation auf breiter Ebene ausgelöst haben.

Nochmal zurück zu meinem Lieblingsthema. Ausgehend davon, dass die Musik auf Discorporate ja schon zumindest lose mit einem Musikuntergrund verbunden ist, der was mit Hardcore zu tun hat, zugleich musikalisch aber gelegentlich geradezu das Gegenteil ist, kam ich auf SST, dessen Köpfe (nicht zuletzt Greg Ginn) nicht nur Punk und Black Sabbath geil fanden, sondern durchaus auch Greatful Dead abfeierten. Jetzt geht es mir nicht um das Hippiehafte an sich, sondern um so etwas wie Open Mindedness bei gleichzeitiger Kompromisslosigkeit, was sich bei SST ähnlich in einem kaum näher bestimmbaren, aber irgendwie ja dann doch unverkennbaren Label-Sound niederschlug – und hier sehe ich durchaus eine Parallele zu Discorporate und den Bands darauf. Kannst du damit was anfangen?
Erstmal vorweg: Ich fand Grateful Dead irgendwie immer scheiße. Hab ich was verpasst? Die waren für mich stets in einer Schublade mit den Allman Brothers, also Synonym für „altbacken“ mit dem Vermerk: „Bitte vermeiden!“ Mit wirklichem Hippietum hab ich die nie in Verbindung gebracht. Es ist nun mal so, dass ich, wenn ich von uns als Hippies oder generell der Freiheitssuche spreche, nicht unbedingt die ollen Klischees von Woodstock und den Loten-Tony’s meine – obwohl ich immer wieder auf den Schluss komme, dass die Typen einfach die coolsten waren. Für mich äußert sich Freiheit immer nur dann, wenn sie die Gedanklichkeit der eventuellen Gegenseite mit einbezieht, deswegen gehen mir ja sowohl Jazz-Polizisten als auch Hardcore-Puristen – genauso wie Faschos und Antifas, um mal politisch zu werden – gewaltig auf den Sack, weil sie in ihrer Ecke kleben, sich an Rituale ketten und einer kosmischen Intoleranz fröhnen … Ich ja mit diesem Spruch auch… fuck!

Ich liebe es einfach, wenn Menschen etwas postulieren und gleichzeitig auch das Gegenteil behaupten (können), das beschränkt sich nicht nur auf Musik. Unter’m Strich ist das alles (also auch das Label) Resultat vom abgedroschenen Standpunkt: „Wahrheit? Keine Ahnung. Kann man das essen?“ Und das wiederum spiegelt sich wider in dieser sozialisierten Musik-Verständlichkeit unserer Elternhäuser und Umfelder, die sich aber in den verschiedensten Formen (oder Genres, oder Sounds) äußert. Ich kann echt alles geil finden, und obwohl wir gewiss einen Background haben, der Vorfilter automatisch installiert hat, sind wir um Himmels Willen für alles offen und hinterfragen die eigenen musikalischen Selbstverständlichkeiten bzw. Hörgewohnheiten. Zum Glück.

Der Vergleich mit SST ehrt mich natürlich, obwohl ich mich nie großartig mit denen beschäftigt habe. Es ist aber in der Tat bei uns so, dass man sowohl musikalisch als auch inhaltlich eine Verbindung aller Discorporate Bands untereinander bemerkt… Und obwohl ich keinen Label-Sound vorschreiben will oder möchte, ist es schön zu sehen und beabsichtigt, dass diese verschiedensten Künstler etwas verbindet, was ich kurzum auf die Begriffe „Freundschaft“, „Kommunikation“ und „Respekt“ runterrechne. Natürlich kann man auch eine Entwicklung erahnen…

Mich selbst ermüden diese Musikrichtungen, die eigentlich unser „Zuhause“ sind, sprich Noise, Stoner oder Progressive Rock, was auch immer das sein soll, allmählich, und auch lupenreiner Jazz langweilt mich zu Tode. Am Ende des Tunnels steht das Überwinden von Genre-Barrieren, klar. Es wäre toll, wenn irgendwann die Emotionalität und die Eindringlichkeit von Bands oder Produktionen als Indikator dienen, als diverse Sparten, Genres oder Szenen. Dein Begriff von „Open Mindness bei gleichzeitiger Kompromisslosigkeit“ beschreibt unser Ideal ziemlich gut.

Waren Capillary Action die erste Band aus Übersee auf deinem Label? Wie bist du auf die gestoßen? Passen ja zu Discorporate wie die Faust aufs Auge.
Ja, Capillary Action sind die erste Band aus Übersee auf unserem Label. Das ging Ende 2008 Schlag auf Schlag, dass sich unser Label, was bis dato nur aus eigenen Kräften geschöpft hat, erweitert wurde durch Bands wie Zarboth aus Paris oder Dyse oder eben Capillary Action aus New York. Und mittlerweile haben wir uns ja auch Don Vito geschnappt und einen unglaublichen Weird-Folk-Künstler aus Sacramento namens Dead Western. Ich finde, da geht was. Capillary Action haben wir durch einen Zufall entdeckt. Ein langjähriger Discorporate-Freund und Superfan von The Season Standard aus Los Angeles (Hey Eric! Danke!) hat mir eine Nachricht geschickt, die ungefähr besagte: „Hey, Capillary Action kommen im Frühjahr auf Europa-Tour und es wäre eine Schande, wenn The Season Standard nicht mindestens ein paar Konzerte mit denen zusammenspielen.“

Daraufhin habe ich mir die Band auf MySpace angehört und mich hat’s vollkommen umgehauen. Ich weiß noch, wie ich sofort je drei Exemplare ihrer bisherigen Veröffentlichungen gekauft habe, um sie Freunden zu schenken, und dann das Album aus Ungeduld illegal runtergeladen habe. Die nächsten Tage haben wir uns das ziemlich oft auf meiner Couch angehört und sind aus dem „Mann, ist das geil“-Modus nicht mehr rausgekommen. Ca. drei Wochen und 200 Mails mit Mastermind Jonathan Pfeffer später war klar, dass wir die Platte rausbringen und dass wir uns sprichwörtlich gefunden haben. Glücksfall, Hammerband!

Das mit den Allman Brothers haben wir dann unseren Anwälten überlassen. Ich habe ein gutes Gefühl, was meine Chancen angeht. Ansonsten aber hat der Mann natürlich recht: Capillary Action und The Season Standard sind sensationell gut. Und haben in der Tat sehr viel mehr mit Frank Zappa als mit Jerry Garcia zu tun. Die nächsten Veröffentlichungen aus dem Hause Discorporate hören dann auf die Namen Dead Western und Don Vito. Letztere eine ganz tolle Band, wieder ganz anders, auch kompliziert, aber sehr krachig; erstere – wie im Interview anklingt – von einem anderen Planeten, aber auch reichlich schön und irgendwie nicht nur deshalb eine hervorragende Ergänzung zum Label-Programm.

stone

Discoporate Records im Internet: www.discorporate-records.com

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