Covid-19: Was in der Krise zählt – Über Philosophie in Echtzeit, Nikil Mukerji & Adriano Mannino
Reclam Verlag, Siemensstr. 32, 71254 Ditzingen, www.reclam.de
Das ging schnell und weil es keinen Sinn machen würde das kleine Bändchen im Reviewstapel ganz unten reinzustecken, damit es dann in ungefähr vier Monaten rezensiert wird, haben wir das ausnahmsweise mal vorgezogen. In dem 120 Seiten starken Essay steht vieles drin was man in den letzten Wochen bereits das ein oder andere Mal gehört hat, vorausgesetzt man beschäftigt sich mit den entsprechenden Themen in den vernünftigen Medien. Aber gut, hier sind die Vorgänge die wir grade live erleben, nochmal gut zusammengefasst und es wird versucht die Frage zu klären was zu tun ist, wenn man „existenzielle Entscheidungen ohne sichere Datengrundlage und in größter Eile zu treffen“ hat.
Denn, wie die Autoren ganz richtig bemerken „Auch Experten sind vor Denkfehlern nicht gefeit.“ – was also ist zu tun. Mukerji und Mannino meinen das „ Philosophie in Echtzeit“ Teil der Lösung ist – dabei ist es hilfreich Erkenntnistheorie, Risikoethik und Entscheidungstheorie zusammen zu denken. Das ist sicher richtig und manchmal hat man den Eindruck hier werden einem gesunder Menschenverstand, Vernunft, überlegte Vorausplanung und umsichtige Vorbereitung einfach verpackt in neue Begrifflichkeiten angedreht. Das kann dann schon mal dazu führen das die Häufung von eher neuen Fremdwörtern etwas verwirrt. „Denken auf Vorrat“ ist zwar kein Fremdwort aber so ein Begriff, der einfach genau das aussagt, was längst bekannt ist. Dennoch steht hier viel richtiges und man erkennt das klares Denken mit kritischer Vernunft auch in einer noch nie dagewesenen Krise hilfreich ist. Die Autoren empfehlen entsprechendes „Denken auf Vorrat“ auf die bevorstehenden Risiken des Klimawandels und der Künstlichen Intelligenz. Leider wird auch hier, wie in allen anderen Medien, der eigentlich unzutreffende Begriff „Lockdown“ verwendet, ebenso die Bezeichnung „v. Chr.“ und so sehr es zu begrüßen ist das sich endlich mal philosophisch mit der Situation auseinandergesetzt wird – wer vernünftig denkt, sollte so was nicht verwenden. Aber dies nur am Rande. Wichtiger sind diese Überlegungen für die Zukunft der Menschen: „ Wissenschaftlich ist jedoch hinreichend belegt, dass der Fleischkonsum in allen entwickelten Länder weit über dem gesundheitlichen Optimum liegt. Würde der Fleischkonsum – durch die Abschaffung der Massentierhaltung – reduziert und der Verzehr von Wildtieren gänzlich eingestellt, könnte das Pandemierisiko deutlich verringert werden, ohne dass dabei gesundheitliche Nachteile entstünden. Der Grund, diese Reduktion nicht einzuleiten, hat deshalb vorrangig mit Genuss, Gewöhnung oder mit Lobby-Interessen zu tun – und scheint damit in keinen vernünftigen Verhältnis zum Pandemierisiko zu stehen. Das lässt den Schluss zu, dass die Massentierhaltung und die Nutzung von Wildtieren menschenrechtlich problematisch sind.“ Das zoonotische Risiko lässt sich eben nur so minimieren – leider lassen sich die meisten der angesprochenen Zielgruppe durch solche Fakten wenig beeindrucken, aber ich schweife ab. Es kommen sicher noch viele Bücher zum Thema, aber es freut mich das eines der ersten so gelungen ist. Die Größe der Schrift ist etwas zu klein gewählt, aber wenn ich es noch lesen konnte…. Und bei dem Preis kann sich eh niemand beklagen. Lesen. 6,00 Euro (dolf)
Isbn 978-3150140536
[Trust # 203 August 2020]