COALESCE # 72, 1998
coalesce sind ein monster. ein monster aus metal und hardcore. coalesce schreien, grunzen, bolzen und noch einiges mehr. was sie so sehr von anderen bands dieser gattung unterscheidet, ist ihr schizzo drummer, der es schafft stück für stück immer wieder die kranke basis für eine zerhackte rythmusgruppe zu bilden. ich habe es schon einmal in einem review geschrieben. coalesce packen dich so bei deinem zerrütteten inneren, daß du gar nicht merkst, wie sie dir mit voller wucht ins gesicht schlagen. seit 1995 hat die band aus kansas city bereits etliche 7″´s veröffentlicht sowie kürzlich das album für edison records. doch nun, der höhepunkt ihrer kariere, tärääää, ein interview im trust, hahahahaha, geführt mit sean ingram, grunz- und schreivocalist der band.
eine frage, die mich immer wieder interessiert, ist, wie bands so ihren lebensunterhalt verdienen. am besten du stellst euch mal vor.
sean – tapezierer, verheiratet, eine tochter namens reagan. james – pizza kurier bei pizza hut und abends bar keeper. jes – arbeitet gelegentlich im büro, involved heavily with church. nate – schüler.
würdest du es negative energie nennen, die euch eure songs schreiben läßt? und woher rührt diese ganze negative energie?
wir haben das nie als ein negatives etwas gesehen. wir machen einfach unser ding. und wenn wir merken, daß es hinhaut und uns innerlich bewegt, dann lassen wir uns treiben.
in meinen augen ist eure musik sowohl für die hardcore – als auch für die metal klientel interessant. was habt ihr persönlich für einen musikalischen background und mit welcher szene könnt ihr euch am ehesten anfreunden?
bei jes metal, bei nate und sean hardcore und bei james gar nichts von beidem, da ist es pop. wir fühlen uns im allgemeinen aber bei einem 50/50 mix am wohlsten. zu viele pc kids achten einfach nicht auf die musik und genau so viele metal typen sind viel zu unkritisch. demzufolge mögen wir am liebsten ein bißchen von beidem.
ihr habt split singles mit so unterschiedlichen bands wie get up kids und napalm death gemacht. bands die zum einen reiner pop und zum anderen brutaler trash/grind metal sind. das ist natürlich schon recht irritierend. spiegelt dies ebenfalls eure musikalischen geschmäcker wieder oder gab es für diese releases andere gründe?
wir bringen nur split scheiben mit befreundeten bands raus. wir lieben all diese leute und bands und musikrichtungen, deshalb haben wir es getan. aber wer will schon mehr als eine coalesce/converge split 7″? wir jedenfalls nicht. deshalb denke ich auch, daß wir keine weiteren split singels mehr machen werden. es sei denn wir erhalten einen anruf von tool oder metallica. aber du und ich wissen, daß dies NIEMALS passieren wird.
ich weiß zwar nicht ob ihr veganer, straight edger oder sonst etwas seid, aber ich halte dies hier für eine interessante frage. kürzlich hatte ich eine recht heftige diskussion mit einem freund nach einem straight edge/veganer konzert. er hielt diesen sXe/vegan kiddies vor ihren drogen und tierproduktboykott zum mittelpunkt ihres lebens zu machen, zu dem EINEN thema, zum absolut oberwichtigsten überhaupt, ohne ihn einen schritt weiter zu gehen und auch gegen den kapitalismus zu kämpfen. er war der meinung, dies sei als veganer total inkonsequent. da im grunde alles übel, daß durch eine vegane ernährung boykottiert werden soll, durch die kapitalistische ausbeutung an mensch, natur und tieren überhaupt erst hervorgerufen wird. eine theorie über die wir lange stritten. ich kann seinen punkt zwar nachvollziehen, bin aber nicht unbedingt seiner meinung. was haltet ihr davon?
we don’t care.
(na toll denkt sicher der texter und fährt unbeirrt fort…) irgendwo habe ich gelesen, coalesce seien eine brutale trashcore band mit einer aussage. ok, um was geht es bei coalesce und in welcher art und weise wollt ihr die leute durch eure musik beeinflussen?es geht um musik, take it at face value. wenn die musik nichts in dir auslöst wird auch nichts anderes dazu in der lage sein. auch keine texte.
anstelle der song texte hat die band onion seinerzeit folgenden spruch in ihr booklet geschrieben „this record contains no lyric sheet. if you want words of wisdom read a book“. ein guter und wahrer punkt wie ich finde. denn mal ehrlich, wie tiefgründig kannst du dich mit einem thema in einem 3 minuten song auseinander setzen? wie wichtig sind texte für euch?
ich wünschte dieser spruch wäre von uns. unsere nächste lp (relapse 1999) wird keine lyrics mehr auf dem cover haben, vielleicht auf der website oder der enhanced cd. texte sind wichtig für mich weil ich sie schreibe. in dieser beziehung bin ich natürlich selbstsüchtig. ich könnte keine songs wie earth crises schreiben, so unpersönliches zeugs. so etwas spricht mich einfach nicht an. und wenn es mich nicht mitreißt bin ich fertig mit dieser band. ich denke, daß eine menge bands etwas zu sagen haben. und daß genau diese bands mit etwas mehr demut und klasse an die sache herangehen. wenn ich höre, wie bands oder freunde andere bands ohne aussage verurteilen weil sich nicht alles um straight edge, veganertum, kapitalismus oder homosexualität dreht, ist das nichts weiter als selbstgerecht und dämlich.
schreibt ihr eigentlich erst die musik und dann die texte, oder zimmert ihr einen song anhand eines fertigen textes zusammen? was inspiriert überhaupt euer songwriting? oder entstehen eure songs aus der improvisation heraus?
ich schreibe eigentlich ständig texte abseits vom rest der band, während die neue stücke schreiben. alles in allem dauert es dann ungefähr 8 wochen bis beides zusammen paßt. der drang uns ständig zu übertreffen treibt uns im wesentlichen an neue songs zu schreiben. und es gibt viel zu viele zufällige begebenheiten, die uns zu neuen songs inspirieren, um diese hier alle zu nennen. großartig improvisieren tun wir eigentlich erst kurz vor, oder im studio selbst.
ein song eurer neuen platte dreht sich um political correctness. eine menge leute projizieren sehr viel schlechtes und negatives in diese bezeichnung und schlagen deshalb einen anti-pc weg ein. erstens, was heißt political correctness für euch. und zweitens, was ist so falsch daran tolerant zu sein, andere zu respektieren und somit vielleicht mal kein typisches arschlochverhalten an den tag zu legen?
ich weiß zwar nicht wie das bei euch da draußen so ist. aber hier ist pc das komplette gegenteil von toleranz, respekt und kein arschloch sein. hier bedeutet es sicher zu gehen, gerade up to date mit dem hippen scene vocabular zu sein oder bands aufgrund von gerüchten zu boykottieren. es bedeutet, daß dir big brother einen ganzen haufen neuer regeln vorsetzt, die es gilt zu lernen wenn man nicht endlose debatten oder einen internet showdown riskieren will. ich bin ganz bestimmt für toleranz zwischen den menschen. aber diese selbstgerechten, engstirnigen, dümmer als sie glauben daß sie sind, schissigen PETA (amerikanische tierrechtlerINNEN gruppe) pamphlet revolutionäre treiben mir von allen am meisten das kalte grausen unter die haut. coalesce hat mit diesen clicken nichts zu tun. sXe, pc, vegan, hardline, christen oder was auch immer gerade in den schlagzeilen ist.
wie hoch ist bei euren live shows der anteil der wirklichen emotionen, die ihr durch die musik zum ausdruck bringt, von denen ihr euch quasi befreit? verfällt man bei einer längeren tour nicht schnell in ein vortäuschen von emotionen und spielt dem publikum einfach nur etwas vor?
jede tour läuft anders. unsere erste tour war 100 prozent adrenalin. zugegebenerweise hatten wir danach einige durchhänger, die zu lamen shows führten. oder irgendeine geschichte, die tagsüber gelaufen ist, hat uns für den abend die laune versaut und somit auch die show ruiniert. wir lieben es unsere songs zu spielen. aber hin und wieder ist es schon schwer eine stunde oder so auf der bühne zu überstehen…
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so kinder, und hier zum abschluß noch die discography aus dem hause coalesce:
•Coalesce s/t 7″ Chapter Records (out of print)
•Coalesce s/t CDep (Chapter repress) Second Nature Recordings
•Coalesce „002“ CDep Earache Records
•Coalesce/Napalm Death „In Tongues We Speak“ 7″/CDep Earache Records.
•Coalesce „A Safe Place“ 7″ Edison Recordings/Second Nature Recordings.
•Hardcore Maniacs #5 „all about friends“ cd compilation hardcore maniacs
•Coalesce limited edition „give them rope“ cd.
•Coalesce/the Get Up Kids split 7″ Second Nature
•The Ourselves Compilation(the omega)
•Coalesce/converge split 7″ „among the dead we pray for light“
•Coalesce Give Them Rope cd Edison Recordings
•The Bush League Records Comp: Definately not the majors
•Today is the Day/Coalesce split 7″ hyrda head
•Coalesce/boy sets fire split 7″ on Hydra Head records
•Coalesce 6 song ep Functioning on Impatience on Second Nature
Bandkontakt: email:daskew@qni.com
interview: torsten meyer