März 2nd, 2015

AYS (#139, 12-2009)

Posted in interview by Jan

Viele Menschen, die sich der Hardcoreszene verschrieben fühlen und lange vor der Trendwelle mit dieser Musik in Berührung kamen, wissen heute meist nur noch zu meckern. Früher war alles besser und gerade im Bezug Fashion hat das ohnehin keinen gekratzt, so der Volksmund der Hetzer. Mit Against Your Society (kurz: AYS) dürfte vielen von jenen vor den Kopf gestoßen werden. Angeführt vom charismatischen Frontmann Florian Schommer streifen AYS schon einige Jahre durch Deutschland.

Mal bei kleineren Shows, mal mit Verse, zuletzt mit Cold World. Aber das ist Nebensache. Shows von AYS sind intensive kleine Schocker bei denen man es zuweilen mit der Angst bekommen könnte. Da taucht der gute Schommer mal sein, eigentlich sehr spitzbübiges, Gesicht in einen psychisch aggressiven Typen und rotzt gegen alles ab, was ihn stört. Dabei bekommt man nicht nur die Songs der überguten „Wreck My Soul“ oder der kürzlich erschienen „Path Of Ages“ EP – auch „Fix Me“ von Black Flag wird gecovert. Wo wir beim ersten Schritt der AYSschen Zeitrechnung wären.

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Hi Schommer, erzähl doch mal etwas über die Anfangstage. Ihr habt doch zu Beginn in euren Kinderzimmern Black Flag Songs gecovert, richtig?

Schommer: Hey! Yo das ist Richtig. vor ca. 8-9 Jahren entstand teilweise aus der lokalen Skate Szene in Wegberg eine ziemlich große Hardcore Punk Szene. Allerdings gabs zu der Zeit nur ne Hand voll lokaler Hardcore Bands und davon waren die meisten auch ziemlich scheiße. Irgendwann kamen wir auf die Idee selbst das Zepter in die Hand zu nehmen und was zu machen… wir hatten genug Leute dafür, wir kauften uns irgendein schäbiges Equipment wofür das Geld halt so reichte oder liehen es uns aus und probten dann in meinem Zimmer.

Jeden Tag, die ganzen Sommerferien durch, meistens waren noch ein paar Freunde dabei die sich das ganze anguckten und sich draußen im Garten in der prallen Sonne ein paar Bier reinkippten. Quasi endete jede Probe damit, dass wir mit 20-30 Leuten im Garten rumlagen und dann nach Wegberg gingen um die Songs unter den anderen Kids zu verbreiten, egal ob am Skatepark, der Schule oder sonst wo. Die ganzen Songs waren damals noch komplett anders… wir waren alle 14-16 und wussten noch nicht so Recht wo wir mit unserer Richtung hinwollten.

Bei den ersten Proben coverten wir halt unsere Lieblingssongs z.B. von Black Flag, Dead Kennedys oder alten Bouncing Souls Kram. Irgendwann schrieben wir dann eigene Songs die allerdings eher in die melodische Punk Richtung gingen und auch ziemlich holperig waren weil wir alle kaum wussten was wir mit unseren Instrumenten so machen sollten, besonders bei mir war das so ein Problem. Irgendwann machte ich eine Party bei mir zuhause und als wir so um 11 Uhr alle einen sitzen hatten gingen wir in mein Zimmer und fingen an die Songs zu spielen…

Die Leute standen im Raum oder an den offenen Fenstern, ich glaube der Abend hat die ganze Sache dann ins rollen gebracht. Wir spielten am 06.12.2002 dann unsere erste offizielle Show und hatten soviel Werbung gemacht mit unseren Tapes und Flyern, dass der Laden förmlich vor Leuten explodierte. Über 300 zahlende Kids und als wir anfingen war die Hölle los. Das war einer der besten Tage meines Lebens. Wir wurden immer hungriger und spielten soviel wir konnten und es wurde jedes Jahr mehr, wir nahmen etliche Demos auf jedes davon war scheiße aber es wurde immer besser Stück für Stück.

Wir hatten ein paar persönliche Probleme und stellten dann das Line-up ein paar mal um, dadurch hat der Sound sich dann auch rapide geändert und es wurde immer Hardcorelastiger und immer ausgereifter. 2006 brachten wir dann unsere erste 7″ raus, eine Split mit With Fire aus Wolfsburg, ein paar Wochen danach kam unsere erste eigene 7″ die unser Freund Rix von The Italian Stallion über Play To Destroy Records rausbrachte. Nach den Veröffentlichungen fingen wir an unsere ersten Touren zu spielen und kauften uns einen eigenen Bus. Im Sommer 2007 stieg unser damaliger Bassist aus und Gummi übernahm seine Position. Wir machten ihn damals als wir angefangen hatten zum Punk und er war immer dabei und konnte Gitarre spielen daher war die Sache für uns schnell klar.

Wir spielten uns weiter den Arsch ab und fingen dann an, an unserer ersten LP zu schreiben während wir die Songs schrieben holten wir Hennes als 2. Gitaristen dazu (das war Anfang 2008), wir nahmen dann die „wreck my soul“ LP auf die vom Stil wieder anders war als die ersten 7″s weil wir unsere Youth-Crew-Kante etwas abgelegt hatten. Die Platte kam aber besser an als wir erwarteten und somit kam es das wir noch mehr spielten als vorher. Durch die Unterstützung von Cobra Records und Fields of Hope Records/Booking kamen wir dann zu unseren ersten längeren Touren (mit Masterpiece, Swamp Thing, Kingdom) und spielten ne Menge Shows auch im Ausland…

ja und vor ein paar Wochen veröffentlichten wir unsere neue 7″/cd namens „the path of ages“ auf Cobra Records. Das ist unsere Geschichte im Schnelldurchlauf… mittlerweile hat sich viel geändert, 7-8 Jahre sind vergangen in denen wir an die 300 Shows spielten,  die Szene in Wegberg ist viel viel kleiner geworden weils bei den meisten Kids eben doch nur eine Phase war, wir haben ne Menge Leute verloren die wir damals als Freunde bezeichneten aber auch viele Freunde gewonnen, unsere Bandbesetzung hatte sich öfters geändert genauso wie unser Musikstil weil wir in jungen Jahren angefangen haben aber jetzt erst wirklich an dem Punkt sind wo wir sagen „ja das is genau unser Ding“ aber wir covern Black Flag… immer noch.

Ich hörte, früher hatte AYS eine völlig andere Besetzung und euer Bassist hatte ein Gummihuhn auf seinem Bass sitzen. Ist da was dran?

Schommer: Haha ja das war zu unseren Anfangszeiten, damals hab ich noch Bass gespielt oder sagen wir es so… ich habe versucht Bass zu spielen damit ich in der Band bleiben konnte. Das mit dem Gummihuhn war  ein Insider Witz… Das Ding hatte ich für eine hand voll Shows an meinen Gurt getackert. Es hat auf jedenfall von meiner musikalischen Unfähigkeit abgelenkt.

Aber nun mal Spaß beiseite. „Path Of Ages“ ist seit Juli draußen. Wie läuft die EP?

Schommer: Yo. Wir waren uns bei den Aufnahmen noch nicht sicher wie die neuen Songs so bei den Leuten ankommen würden aber das war uns auch egal weil wir noch nie so dermaßen hinter unseren Songs standen wie bei dieser 7″. Cobra Records hatte schon angekündigt das er die 7″ und CD Version rausbringen wird ohne das er die Songs vorher gehört hatte und daher war das alles recht stressfrei, es ging sofort ab ins Presswerk und am 10.07. fand die Release-Show dann statt…

was etwas scheiße war weil Alex von Worship Records am gleichen Wochenende Cold World für 3 Shows rüberholte, wir hatten etwas Angst das viele Leute dann eher an dem Tag zu Cold World fahren würden aber dem war nicht so… auf der Release Show in Gladbach waren ca. 300 Leute von überall, Belgien Holland, Ostdeutschland, Schweiz… alle waren da nur die 7″ nicht haha… da gabs ein paar Probleme mit dem Presswerk aber egal das Ding ist jetzt da… die „Preorder“ sind mittlerweile alle raus und das Ding läuft ziemlich gut. Das Feedback ist auch sehr sehr gut… ja und jetzt fangen wir so langsam an, an neuen Songs weiter zu schreiben für die kommende LP. Wann die kommt – Keine Ahnung. Aber sie kommt.

Ihr seid ununterbrochen auf Tour, so scheint es. Zuletzt mit The Effort, wo ihr auch auf dem Fluff Fest wart. Wie lief es?

Schommer: Jo, das stimmt. In letzter Zeit touren wir wirklich viel… Am Anfang des Jahres waren wir mit Kingdom aus Köln unterwegs dann mit Swamp Thing aus den USA und jetzt letztens mit The Effort. Die Tour war sehr gut. Wir kannten die Jungs von The Effort ja schon vorher und waren sehr froh das wir 2-3 Wochen mit denen auf Tour gehen konnten. Die Shows waren gut besucht. Bis auf 1-2 Konzerte. Aber so ist das ja immer.

Seid ihr eigentlich in einer bestimmten Mission unterwegs? Wenn ich eine Show von euch sehe denke ich oft an die „gute alte Zeit“, wie sie von so vielen beschrieben wird. Wollt ihr wieder mehr Rebellion und Bodenständigkeit in Hardcore bringen?

Schommer: Nein wir sind in keiner Mission unterwegs, wir machen einfach unser Ding und versuchen den Leuten unsere Sichtweise von Hardcorepunk nahe zu legen. Unserer Meinung nach ist Punk nämlich noch ein wichtiger Bestandteil von Hardcore… man kann das einfach nicht trennen. Das heißt „Hört auf eure Zeit auf Internet Auktionshäusern zu verschwenden um eure Schuhe- oder Plattensammlung zu vervollständigen und geht mal lieber wieder auf die Straße und reißt euer Maul auf gegen alles was euch stört, unterstützt lieber mehr kleine Läden wie den Kunstverein in Nürnberg oder das Ak47 in Düsseldorf etc. bevor uns noch mehr Läden genommen werden. Unterstützt mehr kleinere Bands anstatt eure Knete für irgendwelche Rockstar Bands raus zu werfen die auf einem Showflyer als „Hardcore“ Band bezeichnet werden und die in Läden spielen in denen sonst Bauerntanzdisco stattfindet.

Ihr unterstützt die deutsche und europäische Hardcoreszene vehement. Erklär doch bitte mal dein enormes Einsetzen für die Szene. Woher kommt das?

Schommer: Die europäische Hardcore Szene …ja. Meiner Meinung nach werden viele kleinere Bands einfach zu wenig unterstützt. Europäische Bands müssen erstmal Jahre lang Dreck fressen und draufzahlen bevor sich überhaupt irgendwer für sie interessiert und dann sieht man wie eine belanglosere Band nach der anderen rüberkommt, in Europa tourt und brutal gefeiert wird.

Ich weiß nicht, ich finde es ja super wenn Bands aus den Usa/Australien etc. nach Europa kommen und touren… aber viele Kids vergessen dabei die lokalen Bands zu unterstützen… mir ist es scheiß egal woher eine Band kommt ob sie aus Buxtehude kommt oder aus Boston… wenn die Musik mir gefällt unterstütze ich die Band aber das sehen anscheinend nicht alle so daher unterstützen wir europäische Bands so gut es geht um den Leuten zu zeigen das es hier auch ein paar Bands gibt für die es sich lohnt mal an einem Montag oder Mittwoch zu einer Show zu fahren, mal 5-6 euro Eintritt zu latzen oder mal 300km zu fahren…

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Und da liegt der springende Punkt. Bands heutzutage müssen hervorstechen, müssen überzeugen durch wahre Attitüden und Rückrad. AYS tun dies ganz eindeutig. Ob es nun mit angepisster Wortakrobatik oder wüsten, für Publikum wie auch Sänger Schommer, schmerzhaften Songs ist. Aber wie sang einst eine Band: „Someday, I feel no Pain..“

Interview: Raphael Schmidt

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