Dezember 31st, 2021

Attack of the Mad Axeman (#205, 2020)

Posted in interview by Jan

Trust: …KISS oder AC/DC?
Ralf Bock: Klar, AC/DC! Dieser Scheiß mit dem Verkleiden und dem Schminken hab ich bei KISS nie verstanden und lehne so ein Quatsch auch heute immer noch komplett ab!!!

Ralf Bock: Attack Of The Mad Ex-Man

Die selbsternannten „animals of the music business” aus Hamburg, die mächtigen ATTACK OF THE MAD AXEMAN (AOTMA), sind die erstaunlichste Grindcore-Band der letzten Jahre. Verkleidet in Tierkostümen (die Schildkröte am Gesang, die Weinbergschnecke am Schlagzeug (jetzt auch bei Yacopsae „an den Kesseln“, wie wir Metal-Journalisten sagen), die Biene am Bass, die Nachteule und das Eichhörnchen an den Gitarren) zocken sie ultrakrassen Grind, der dich von der Matte haut. Dazu kommen gewitzte Texte u.a. aus dem Feld des Tierreichs, die aber nicht dämlich sind. Live entfaltet sich eine unglaubliche Wucht, also, ihr müsst euch die Band unbedingt mal anschauen, denn dort wird auch mit Pyro-Effekten gearbeitet, es ist einfach bezaubernd und gefällt jedem ehrlichem KISS-Grind-Fan.

Kings of Animal Grind
In dem Mailorder des Institutes für mentale Hygiene Labels aus Recklinghausen (auf dem die Band auch veröffentlicht hat) wurde AOTMA wie folgt beschrieben: „It’s more than music“ stand mal auf einem Fanzine-Cover und bei „Grind The Enimal“ der Hamburger AOTMA trifft der alte Hardcore-Slogan mal wieder voll ins Schwarze. Ohne die Texte würde man das Werk als eine Verneigung vor NAPALM DEATHs „Scum“ einordnen, mit den überaus amüsanten Texten eröffnen sich aber ganz neue Horizonte… Dazu bemächtigen sie sich der Wut und Energie der alten Grindcore-Größen Brutal Truth, Terrorizer und Napalm Death, um für klare Verhältnisse im Wald zu sorgen“.

Scumdogs Of The Forest
Die Besetzung von AOTMA lautete bis vor kurzem: Helix Pomatia (Schlagzeug), Bubo Bubo (Gitarre), Emys Orbicularis (Gesang), Apis Melifera (die westliche Honigbiene Ralf Bock, Bass, Gesang) und Sciurus Vulgaris (Gitarre). Seit der Bandgründung 2006 veröffentlichten die Tiere u.a. einen Doku-Film namens „Mudcrawl“ (zumindest gab es schon einen Trailer dieses Tourroadmovies von AOTMA mit Wojczech, siehe mudcrawl.de) und dann gab es noch u.a. folgendes: die „Kings of Animal Grind“ LP (2017, auf RSR), die „Fuck Porngrind Sympathy!“-Split EP mit (den wunderbaren) Trigger (auf Abekeit Records, 2013), eine Split mit Wojczech (auf RSR, 2013), die “Systematic Death Slaughter” – LP/CD (RSR 2011), eine s/t-EP auf Institut für mentale Hygiene (2010), die „Scumdogs Of The Forest“- LP/CD (LP: RSR, 2009, CD: Scotum Jus Records, 2009), eine Split-EP mit The Makai (2008) und die „Grind The Enimal“-LP/CD (LP: RSR, 2007; CD: Flowerviolence, 2007). Den sicherlich vollständigeren Überblick findet ihr natürlich auf Discogs.

That’s why they call him Mister Fahrenheit: he is traveling at the speed of light!
Mit AOTMA-Gründungsmitglied, Bassist und auch Background-Sänger Ralf „die Biene“ Bock wollte ich mich nun über seine tolle Band und auch ein wenig über seinen sonstigen Szene-Aktivismus austauschen. Er stammt aus der Pfalz (und lebt nach der Station Mannheim nun in Hamburg) und begann 1993, bei den legendären STACK zu trommeln. Dort sang ja der allseits bekannte DIY-Punk-HC-Aktivist Bernd Bohrmann.

Konkret Lichtgeschwindigkeitscore
Stack spielten hyperschnellen HC-Punk (eine Platte hieß amtlich benannt „Konkret Lichtgeschwindigkeit“), der für nicht wenige zu dem besten Sound der 90er Jahre aus Deutschland gehört (leider klappte es nicht mit einem Konzert von Stack bei uns in Leverkusen). Die Band (benannt nach einem Verzerrer-Pedal) sah ich auf den Heartcore-Tagen im AJZ Bahndamm in Wermelskirchen in den 90er live, einfach großartig, Bernd wirbelte mit Sprüngen von der Bassdrum in der Luft wie Chi Pig in den allerbesten 80er SNFU-Zeiten (mehr zu Stack siehe meine Anmerkung 1 am Ende dieses Interviews).

The Gentle Art Of Thrasing
Ralf spielte u.a. auch bei Hellström und My Own Lies und aktuell bei The Gentle Art Of Choking und We Sleep. Zudem betreibt er das Label Flower Violence Records, dort veröffentlichte er zum Beispiel 2017 wieder was richtig geiles als Release-Nummer # 40, nämlich die vier Siebenzöller umfassende Box-Compilation namens „Germany will be worse“ mit Power Violence aus deutschen Landen von Capt. Caveman, Cruel Friends, Derbe Lebowski, Henry Fonda, Ill Neglect, Negativ Null, Sickmark (aus Bielefeld, mit u.a. Jörn dabei, der auch mal bei uns mitschrieb) und The Gentle Art Of Chokin.

Grindball!
Und zu guter Letzt organisiert Ralf auch das zwei tägige „Dräschfeschd“, zuerst in Mannheim und jetzt in Hamburg. Exakt genau vorgegebene 15 Minuten-Sets spielten dort bereits u.a. R.A.M.B.O., TUMULT, CROWSKIN (siehe unser Interview in Trust #177), YACÖPSAE (Trust #130), B.SON, Y/NUCLEAR CULT (Trust #185), SEEIN RED/LÄRM (Trust #122), HANS MARTIN SLAYER, EA 80 und FEAR OF GOD (Trust #129) [siehe auch Anmerkung 2]. Somit feierte man 2020 ein Dreschfeschd-Jubiläum, Trust-Reporterin Andrea visitierte das Festival vor einigen Jahren schon mal und 2020 angekündigt waren wieder geile Bands wie Nuclear Cult aus Berlin, Crowskin aus Potsdam und Killbite aus Verden plus ich als Besucher (so zumindest der Plan Ende 2019). Es wird übrigens dort auch ganz gerne Grindball gespielt, ich werde für euer Amüsement einen Auszug der Regeln des Grindballs bringen, siehe Anmerkung 3.

Tiere und Weltherrschaft
Ich finde es immer gut, wenn Leute aktiv was machen im HC-Punk, wenn sie es dann auch noch so großartig tun wie Ralf, dann möchte ich mehr da drüber erfahren, Vorhang auf und hold your ground! Well, das war bis kurzem also das Motiv für dieses Interview, als ich dann vor einiger Zeit aus der bandeigenen Zeitung „GRAMS – Grind am Sonntag“ erfuhr, dass Ralf aka Die Biene am Bass aka Apis Melifera ausgestiegen ist. Darüber wird natürlich zu sprechen sein.

Back On The Mappe 2020
Somit kann man unser Interview in zwei Abschnitte teilen: im ersten Abschnitt geht es um AOTMA und im zweiten Teil sprechen wir u.a. über Ralfs alte und aktuelle Bands, das Festival, sein Label und natürlich KISS. Dann kam noch bei der Interview-Vorbereitung die Meldung via Facebook von AOTMA, dass alle Gigs 2019 gecancelt sind, die Schildkröte ist im Krankenhaus, wurde bzw. wird (noch) operiert, ein Jahr Pause, 2020 wohl weiter.. Ralf wird mehr dazu erzählen!

Lieber Ralf, willkommen zum Interview. Du spieltest bei einer der geilsten aktuellen live-Bands mit, den wahnsinnigen AOTMA! Wer hatte damals diese Konzeptidee, eine Grind-Fast-Hard-Core-Death-Metal-Band aus dem Tierreich mit Earth First und Grind zu kombinieren?
Die Idee ist schon älter als die Band. Thore (die Schnecke) hatte schon einmal versucht, mit Freunden Grindcore zu machen und wollte gerne diese Idee umsetzten. Das hatte sich aber verlaufen, es blieben nur Rouven und er übrig und die haben dann für sich im Proberaum ein paar Lieder gemacht. Als ich und Nils dann dazu kamen, hatte Thore es noch einmal angesprochen und gefragt, ob wir nicht was Kontroverses machen wollen. Dabei sind gleich tausend Ideen dazu gesprudelt und wir haben uns schnell darauf geeinigt, ohne genau zu wissen, wo das alles hinführt.

Euren Bandnamen fand ich eh immer genial, nun habe ich erst kürzlich verstanden, dass es den gleichnamigen Song der Michael Schenker Group (MSG) gibt, warum war gerade der die Inspiration?
Na ja, es war wie immer. Eine Band braucht ein Namen. Leider fiel uns nichts ein, also habe ich in meinem Metalwissen gekramt und nach gefühlten fünfhundert Vorschlägen dann das raus gehauen und wir waren alle sofort Feuer und Flamme. Nun hatten wir das Problem: „wie das Tierthema mit dem Namen vereinbaren?“. Also haben wir die kleine Geschichte geschrieben, in der sich die Tiere für die Verbrechen des Axemans rächen (siehe Anmerkung 4).

Im Ox Zine las ich folgendes Zitat, dass die Band ihre „Kräfte unabhängig von der Anzahl der Beine“ vereinen will, „um gegen Ignoranz, Ungerechtigkeit und Tierquälerei zu kämpfen“. Ist das immer noch korrekt so (gewesen)?
Natürlich, bis jetzt haben wir Tiere mit null, zwei, vier und sechs Füßen in der Truppe. Leider haben wir aktuell noch keine/n 1000-FüsslerIn in der Band, aber es kann ja noch kommen. Ich persönlich hätte ja gerne einen Nacktmull in der Band, aber das gestaltet sich bis jetzt eher schwierig.

Ich finde eure Songs „Plazenta Vision“ und „Victims of the Wohngeldamt“ toll, worum geht es in den Texten?
Generell verarbeiten wir in unseren Texten so einiges, was für Mensch und Tier doof ist, so auch in Plazenta Vision, wo es um Genforschung geht. Ein zweiter großer Baustein von unseren Texten ist die Aufarbeitung der Situationen der Bandmitglieder selbst. Mein ständiges Fernbleiben beim Proben oder wie in V.o.t.W. die Geldprobleme der Schildkröte. In der Regel versuchen wir, alles etwas ironisch zu sehen, wobei uns die Themen trotzdem sehr ernst und wichtig sind.

Sehr gut finde ich auch die „Fuck Porngrind Sympathy!“-Platte. Beschreibe doch mal für unsere Leser, die es nicht wissen, was genau Porngrind ist; so was wie Anal Cunt oder eher Cliteater und ist dass das gleiche wie Gore-Grind?
Ich möchte gar nichts über dieses beschissene Genre erzählen. Allerdings haben wir oft das Problem, dass VeranstalterInnen der Meinung sind, es sollten andere Grindbands mit uns spielen. Leider wird dann gerne auch so Porngrind- oder Goregrind-Scheisse eingeladen. Daher war uns diese Platte sehr wichtig, um uns genau von dem Kack abzugrenzen. Wir spielen lieber hundert Mal mit irgendwelchen Punk-, Hardcore- oder-was-auch-immer-Bands, als mit diesen verwirrten Abwandlungen von Grindcore (siehe Anmerkung 5).

Eine meiner Lieblingsstellen bei euren Konzerten ist immer, wenn du Biohazard mit „…You best watch your back“ zitiert hast! Wobei ich sagen muss, dass deren zwei ersten Platten immer noch geil sind, peinlich, aber so ist es. Wieso hattest du dich dafür entschieden?
Diese Stelle ist, wie sehr viele unserer Zitate, unserer Jugend geschuldet. Für mich und andere aus unserer Band sind Biohazard ein Teil unserer Sozialisation. Daher war ein Zitat einfach super. Oft fallen einem von uns solche Zitate einfach ein und dann basteln wir einen Text bzw. einen Song drumherum. Außerdem heißt es bei uns: „You better watch your bag!“ (siehe Anmerkung 6).

Ihr habt sehr gerne in Europa getourt, jetzt gibt es von Lagwagon den Song „Hurry up and wait“ (siehe Anmerkung 7), also, man muss sich total beeilen, früh nach XY hinzukommen, um dort dann fünf Stunden zu warten, bis man 40 Minuten zocken kann. Sooo „wild“ bzw. „glamourös“ ist Touren ja eigentlich nicht immer, nicht selten viel stumpfes Warten, was fasziniert dich daran, dass du dir das als „alter Mann“ immer noch geben tust?
Nun ja, diese Frage stelle ich mir oft und es wird auch weniger. Job, Familie und andere neue Interessen haben natürlich Einfluss auf meinen Alltag. Trotzdem ist es einfach ein Teil von mir, der mir wichtig ist. Zuhause werde ich immer wieder gefragt, wann ich endlich wieder mal weg fahre, weil ich wohl unausgeglichen wirke, wenn ich länger nicht auf Tour war. Was wohl auch stimmt. Trotzdem fällt es inzwischen schwerer, sich für eine Wochenendshow, zum 20sten Mal in XY, zu motivieren. Wenn es dann aber stattgefunden hat, freue ich mich darüber. Es ist zum Teil die einzige Möglichkeit, bestimmte Leute zu sehen und zu sprechen und etwas abzutauchen aus dem doch nervigen Alltag. Wenn die Show gut war, entschädigt das immer für die Fahrt und das herumsitzen. Und gibt wieder Kraft für die nächste Show. Generell ist es auch eine Art Entspannung, da ich mich dann in dieser Zeit um nichts anderes kümmern muss. Ich liege viel rum, schlafe viel. Das schaffe ich zuhause gar nicht, daher komme ich oft auch erholt von einer Tour zurück. Aber machen wir uns nichts vor, das ständige Warten nervt immer noch…

Ihr habt viel an Mucke herausgebracht, wo sollte der interessierte Neuling anfangen? Bist du noch mit allen Veröffentlichungen zufrieden?
Im Bezug auf Axeman bin ich mit allem zufrieden, da kann ich nicht sagen, was das Beste ist. Jede Scheibe war zu ihrer Zeit für die Band die richtige. Ich persönlich finde das „Freundesbuch“ bei der EP als Layout immer noch am coolsten. Musikalisch treffen wohl die letzten zwei LPs unseren aktuellsten Sound am ehesten.

Warum hast du dich eigentlich für die Verkörperung der Biene entschieden? Biene Maja-Fan als Kind gewesen, haha? Wie gingst du damit um, auf der Bühne die „lustige Verkleidungsshow“ zu spielen, wenn du selber nicht gut drauf warst?
Na ja, meine Bandkollegen wollten mir unbedingt einen Schmetterling andichten, den wollte ich nicht. Ich mag Bienen und dachte, das passt. Klar gibt bzw. gab es immer wieder Shows, vor allem am Anfang der Band, wo wir dachten, „Boah, da habe ich heute keine Lust drauf“. Das hat sich über die Jahre verloren. Jetzt ist es einfach ohne nicht mehr denkbar. Das Kostüm ist ja auch eine Art Schalter, irgendwie ist damit auch alles egal und schlechte Laune kann dann auch mal schnell verfliegen (Biene ? verfliegen, verstehste, verstehste, haha).

AOTMA geben auch noch das sensationelle „GRAMS. Grind am Sonntag“-Fanzine um eure Band, getarnt als Verein, heraus, was passiert da so?
Eh, da ist nix getarnt, der „animalgrind e.V.“ ist ein ein hoch anerkannter „Enimal Verein“ und wir nehmen das sehr ernst. Wir haben zwar eine diktatorische Schnecke als Präsident, aber damit haben wir leben gelernt. Die GramS ist die offizielle Vereinszeitschrift und erscheint zuverlässig und unregelmäßig. Darin werden alle Themen über Grindcore und Tiere aufs zuverlässigste recherchiert und veröffentlicht. Rubriken wie „Death to false Grindcore“ oder „Was macht eigentlich…“ sind inzwischen sehr gefragt. Die Fachzeitschrift hat eine große Fangemeinde im deutschsprachigen Raum und wir werden oft nach der nächsten Ausgabe gefragt.

Aktuell wünsche ich mir, dass im April 2020, zum zehnjährigen Dräschfeschd Reloded-Fest, die nächste Ausgabe kommt. Darin wird es einen Undercoverbericht über Tiermaskottchen im Fußball geben; wie es ihnen ergeht, wenn sie nicht im Stadion rumhampeln müssen und von allen begafft werden. Ich habe mich mal mit dem tag „Grindcore“ durch Bandcamp geklickt und unglaubliches heraus gefunden. Da es unserem Präsi wahrscheinlich überhaupt nicht passt, dass du dieses Interview mit mir führst, wird er wahrscheinlich in der nächsten GramS auch nochmal eine Gegendarstellung zu meinen Antworten schreiben. Auf jeden Fall ist die GramS ein Muss für Tier, Mensch und Grindcorefan!

Und ihr veranstaltet ja auch jährlich staffindene zwei-Tages-Grind-Symposien, da gibt es den Blast-Beat-Contest, Vorträge zu Agathocles, „im Bus sitzen“- Wettbewerbe… Was ist der typische Ablauf von so einem Kongress?
Die sogenannte Grindcorefachtagung ist inzwischen nur noch eintägig, dass hat vorrangig mit dem erhöhten Alkoholkonsum zu tun. In der Regel werden da wichtige Themen rund um das Musik machen, Touren und natürlich Grindcore wissenschaftlich beleuchtet und in Vorträgen und Workshops erarbeitet. Zum Beispiel, warum es wichtig ist, auf Tour eine Tüte Chips am Tag zu essen oder warum Grindcore früher einfach besser war. Zum Abschluss gibt es dann abends immer ein Konzert mit Grindcore-Bands. Diese Veranstaltung hat wechselnde Austragungsorte und hat 2019 sogar zum ersten Mal im nichtdeutsch sprechenden Ausland stattgefunden, nämlich in Österreich, genauer gesagt in Linz. Es kann sich aktuell um einen Austragungsort für Herbst 2020 beworben werden unter animals@animalgrind.org.

Ok, warum bist du ausgestiegen bei AOTMA? Jetzt schon DIY-Rente kommt ja nicht in Frage, weil du weiterhin „in der Szene“ aktiv bist. Wer ist denn dein Nachfolger?
Na ja, das mit dem Ausstieg war eher ein Sachzwang. Ich bin beruflich sehr eingespannt und musste ständig Anfragen und Tourpläne blocken. Das hat mich und vor allem die Band genervt und ausgebremst. Mein Antrag (in vierfacher Durchschrift und vom Notar beglaubigt), die Band für circa zwei Jahre auf Eis zu legen, wurde vom Präsidenten abgeschmettert und somit bin ich aus der Band ausgetreten. Inzwischen hat die Band einen Hasen am Bass, der auch schon mal im Menschenkostüm, bei Cyness und Who`s my Saviour, spielt. Allerdings hat AOTMA inzwischen eine unfreiwillige Pause durch eine körperliche Unpässlichkeit der Schildkröte machen müssen. Ich wäre inzwischen wieder bereit, den Bass zu schrubben. Dazu wird es zeitnah einen Termin zur Klärung geben und dann werden wir sehen, wie es weiter geht. In erster Linie muss die Kröte wieder richtig gesund werden.

Der Ursprung von Grindcore – wenn wir jetzt einfach Napalm Death als Pionier-Band nehmen – war explizit progressiv-sozialkritisch. Heute ist es mehrheitlich eher so ein „Metal-Fun“-Ding, so mein Eindruck, stimmt das? Wobei, es ging ja auch damals schon sehr schnell (sic!) gar nicht mehr sooo um Inhalte, sondern nicht unselten mehr um so ein Rocker-Ding, „schneller härter lauter“, wer schafft noch mehr Noise-Songs auf eine Single… Ich finde auch hier und da, dass heutzutage die Lyrics so stumpfe und nicht selbst hinterfragte Parolentexte darstellen. AOTM sind so eine schöne Mischung aus ernst und lustig. War bzw. ist Grindcore für dich nur noch ironisch gebrochen zu ertragen?
Ich finde, Grindcore unterscheidet sich immer noch stark in seinen Wurzeln. Die meisten Sachen von heute sind einfach eine Art „zu schnell gespielter Metal“ und die Leute, die das machen, haben auch eher einen Metal-Background. Da fehlt mir der Punk, wie es zum Beispiel bei Napalm Death, S.O.B. oder auch noch bei Assück und Sayyadina war. Das ist mir aktuell alles zu technisch und vorhersehbar. Ich finde heute kaum noch Grind-Bands, die mir wirklich gefallen oder mich gar umhauen. Da hilft der Spaß- und Quatschfaktor schon sehr.

Was war eigentlich für dich dein Einstieg in den Punk und HC oder kommst du vom Metal weg? Du bist etwas älter wie ich, schätze daher, dass deine Punk-Sozialisation in den 80er u.a. durch das Zap stattfand und dann da eben schon erste musikalische Gehversuche von dir. Gab es bestimmte „Türöffner“-Bands für dich, man fängt ja als Teenager nicht direkt mit Dropdead oder Rites of Spring an. Wie wurdest vom Fan zum Aktivisten?
Ich kann schwer sagen, was der Einstieg war. Über die Neue Deutsche Welle (Abwärts, Trio), bekannte Metalsachen (Maiden, Saxon) und einiger New-Wave-Sachen (Model Army, Sisters, Cure) bin ich irgendwie zu Deutschpunk gekommen und somit mit 15 Jahren oder so auf meinem ersten Konzert. Dann folgte recht schnell mein erstes Konzert von Spermbirds (ich komme ja aus der Gegend von Kaiserslautern und Homburg) und dann habe ich irgendwann Capital Punishment gesehen. Das hat mich umgehauen und ich wollte mehr solche Musik hören.

Das Zap war da ein wichtiges Zine in meiner Jugend, generell waren Fanzines damals sehr wichtig und ich habe anhand der Reviews Platten gekauft. Den härteren Metal habe ich recht spät entdeckt, allerdings hatte mich dann die Slayer – Reign in Blood sehr beeindruckt, also habe ich auch in diese Richtung nach Bands geschaut und mich sehr für Thrash-Metal interessiert. Dabei habe ich dann auch so Bands wie Dio, MSG etc. entdeckt. Bei Konzerten habe ich mir meistens die Drummer angeschaut und wollte das auch irgendwann versuchen, das hat aber recht lange gedauert. Ich glaube, mein erstes Drumset habe ich mir dann mit 18 gekauft und dann einer Art Punkband gestartet. Das ging nicht lange. Später habe ich mit Freunden meine erste Band „Leviathan“ gemacht, die aber nur ein Demo schaffte.

Die wahrscheinlich unvollständige Liste deiner früheren Bands umfasst Hellström, My Own Lies, Prone, Osaka und eben die erwähnten Leviathan. Lehnte man sich bei denen damals musikalisch-ideologisch an die “local heros” Spermbirds an oder waren die schon „zu alt“ und euer Blick mehr auf die prosperierende USA-Japan-UK-Baller-Szene gerichtet?
Ja, wie schon erwähnt war Spermbirds schon beeindruckend und natürlich beeinflussend. Da ich aber erst spät anfing, Schlagzeug zu spielen, waren schon eher die End-80er USA-Hardcore-Sachen wegbereitend. RKL waren für mich mega und die SxE-Welle mit Youth of today und Judge waren auch wichtig. Natürlich konnte bei Leviathan noch keiner ein Instrument spielen und wir waren froh, es so geschafft zu haben, wie es dann letztendlich war. Trotzdem waren die ersten Shows natürlich eine Erfahrung. Als ich dann nach einer Zeit anfing, mehr und intensiver Musik zu machen, waren Capitalist Casualities, Dropdead oder der schnelle Japankram das Vorbild. Was mensch dann auch bei Stack gehört hat, wie ich finde.

Well, die Biene kann den Honig doch nicht lassen, haha, also du zockst ja noch bei The Gentle Art of Chokin` und We Sleep, richtig?
Ja, aktuell liegt The Gentle Art auch etwas auf Eis. Zwei von uns haben gerade Kinder bekommen und wir wohnen inzwischen auf vier verschiedenen Städte verteilt. Gefühlt spielen wir mehr Shows als das wir proben. Dadurch entstehen derzeit wenige neue Songs und wir müssen immer schauen, was wir im Jahr schaffen. Aktuell gibt es noch Aufnahmen aus der Session von der „Germany Will Be Worse“-Box, welche jetzt mit dem neuen Sänger nochmal eingesungen werden sollen und dann als Split-EP rauskommen soll. Aber das ist noch weit weg, da wir uns, wie erwähnt, sehr selten sehen. We Sleep war eigentlich als ein gemütliches Projekt gedacht, um einfach regelmäßig wieder Drums zu spielen. Aktuell ist das jetzt das produktivste. Wir waren gerade zehn Tage auf Tour und im November gehen wir ins Studio für eine neue Scheibe. Das Format ist allerdings noch nicht klar.

Stack waren bzw. sind immer noch echt eine sehr tolle und extrem wichtige HC-Band. Ihr wart sehr umtriebig und auch relativ langlebig, somit vermutlich lange ein wichtiger Teil von deinem (Szene-)Leben. Was taucht spontan als erste Erinnerungen in deinem Kopf auf, wenn du an Stack denkst? Verdrängt man unangenehmes und behält wirklich nur das schöne in Erinnerung?
Ja, auf jeden Fall. Klar gab es da auch nervige und doofe Zeiten, aber die sind heute egal. Die coolen Sachen sind das, was im Kopf bleibt und auch gerne erzählt werden. Natürlich hat mich das wegbereitend beeinflusst. Dabei habe ich wichtige Menschen kennengelernt, wo ich mich heute noch freue, sie wiederzutreffen.

Habt ihr euch in den 90er irgendwie inspiriert von u.a. Ebullition, Verniform, ABC NO RIO und Profane Existence als “Gegenbewegung” zu diesem mega-trendy Melodic-Core, NY-HC bzw. Chaostage-Punk-Revival verstanden, wobei ich vermute, dass du einige dieser Bands wie NOFX oder Sick Of It All auf ihren frühen JUZ-Touren auch live gesehen habt?
Na ja, auf jeden Fall. Viele dieser Bands hatten ja in Homburg und Bad Dürkheim gespielt. Rorschach war wahrscheinlich für mich eines der wichtigsten Konzerte, das ich je gesehen habe. Aber auch Disrupt, Born Against oder ManLiftingBanner haben zu der Zeit meinen Musikgeschmack geprägt. Ich glaube, das dass auch der Mix von Stack ist und so wie es dann klang, war es die Summe aus diesen Bands.

Die obligatorische Frage nach dem Verbleib der Stack/Dropdead Split-7″ muss natürlich auch gestellt werden, das weißt du ja, haha, kommt da noch was, Smiley?
Ich denke nein. Die Dropdead-Aufnahmen sind inzwischen ja auf einer der ersten Split-EPs benutzt worden (siehe Anmerkung 8). Die Stack-Aufnahmen haben leider nie Gesang bekommen und alle Versuche, da noch Gesang von Bernd drauf zu bekommen, haben nicht geklappt.

Wird es eine Stack-Reunion geben, schön mit 55 nochmal?
Es gab in der Tat schon zwei Mal den Versuch, aber wir kommen aus verschiedenen Gründen nicht zusammen. Ich rechne nicht mehr damit.

Eine Frage zu Flower Violence: warum hast du das eigentlich kürzlich als „richtiges“ Label reaktiviert? Ich frage deshalb so blöd, weil zwischen 2004 und 2007 hast du es ja als Veröffentlichungsplattform für deine eigenen Bands (oft als Co-Releases mit anderen Labels) genutzt und von 1998 bis 2003 hast du ja über dreißig Platten raus gehauen.
Ich wollte vor fünfzehn Jahren mal eine deutsche Version von dem „Tomorrow will be Worse“- Sampler machen (siehe Anmerkung 9). Hatte aber nicht genügend Bands, auf die ich Lust hatte. Derzeit gibt es so viele geile deutsche Powerviolence- und Fastcore-Bands, so dass ich diese Idee einfach endlich umsetzten wollte und ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Das hat sehr viel Spaß gemacht und somit ist die Labelsache für mich eine schöne Sache. Da ich aber nicht tausche und keinen Distro habe, gehen die Sachen etwas weniger raus und der Vertrieb ist etwas schleppend, aber das ist OK. Ich habe nicht mehr die finanzielle Abhängigkeit wie damals. Heute mache ich eine Platte, wenn ich es mir leisten kann. Es ist eine Art Hobby.

Du organisierst weiterhin das tolle „Dräschfeschd“, das mit dir von Mannheim nach Hamburg gezogen ist. Ist das nicht megastressig, das zu veranstalten? Du warst du in den 90er auch an dem Pfingstfest in Mannheim beteiligt oder?
Ja, das Dräschfeschd war ein Ausgleich für mich, da das Pfingstfest eine große Crew hatte und da auch viele Bands spielten, welche ich nicht so gut fand. Irgendwann habe ich dann einfach das Dräschfeschd gemacht, wo nur schnelle Bands spielten. Als ich schon eine Weile in Hamburg wohnte und einen coolen Laden vor der Nase hatte, habe ich die Idee verfolgt, es wieder aufleben zu lassen. In erster Line ging es darum, Bands, die ich mag oder deren Leute ich mag, auf dem Festival spielen zu lassen.

Ich hatte dann erstmal vorsichtig bei den Bands angefragt, ob sie auf so etwas und auch auf das „15 Minuten-Konzept“ Lust haben. Verrückter Weise waren alle angefragte Bands sofort mit dabei! Also habe ich es einfach gemacht und es „Dräschfeschd Reloaded“ genannt. Es macht super Spaß und inzwischen haben wir 2020 schon das zehnjährige Dräschfeschd Reloaded-Jubiläum. Auch jetzt spielen vorrangig Bands, auf die ich Lust habe oder bei denen ich die Leute kenne. Dazu kommen immer noch andere Bands, die auf Tour sind oder inzwischen sogar extra dafür einfliegen. Das Ganze ist ein großes „Familienfest“ und die meisten Bandmitglieder und Besucher sind jedes Jahr da. Alles ist klein und überschaubar und durch ein gutes und eingespieltes Team ist der Stressfaktor nicht so hoch.

In der Quadrate-Stadt ist ja Ende der 90er/Anfang 2000er unheimlich viel passiert, neben den erwähnten Festivals denke ich an dein aktives (Tour-) Booking, dann deine Bands und natürlich das Mafia-Forum, haha. Warum gab’s eigentlich in den 90er im Juz Mannheim immer so eine Trennung bei den Konzerten, ihr habt unten im Keller die HC-Gigs gemacht und die Punks oben ihre Veranstaltungen, warum nicht zusammen? Ging das damals nicht, weil ihr für die zu „PC“ und die für euch zu „assig“ oder war´s einfach wirklich nur eine (Musik-) ästhetische Differenz?
Das kann ich gar nicht so sagen. Wir hatten, glaube ich, nicht so den Zugang zu diesen Leuten. Uns war es wichtig, HC-Konzerte klein zu halten und wir waren froh, diese im Keller machen zu können. Das passte in unserer HC-Welt und die meisten Bands fanden das super. Oben war es einfach zu groß für Shows unter der Woche. Ich kann mich an keinen Versuch erinnern, das wir eine HC- und Punk-Show zusammenlegen wollten. Kann aber echt nicht sagen, woran das gelegen hat.

Warum war eigentlich das JUZ Bad Dürkheim in den 90er so legendär? Gibt’s das heute noch?
Weil die Shows einfach super waren. Der Raum hatte die perfekte Größe und Bernd und Corey, die die Shows dort gemacht haben, haben sich super viel Mühe gegeben. Das es ein öffentliches Jugendzentrum war, gab es keinen Alkohol, was in der SxE-Zeit natürlich zum einen cool war, aber andere natürlich doof fanden. Somit haben diese Shows etwas polarisiert. Ob es das heute noch gibt, kann ich nicht sagen, keine Ahnung…

Bernd hatte ja sein Scorched Earth Policy Label und ihr beide habt gemeinsam den Let Bullets Rain Distro gemacht und auch zusammen Gigs veranstaltet. Bei seinen Fanzines Amok bzw. Confrontation warst du aber nicht beteiligt oder?
Nein, das Amok war, bevor ich Bernd kannte und das letzte Confrontation kam dann raus, als wir mit Stack anfänglich aktiv waren. Die Zines waren hauptsächlich das Projekt von Bernd und Corey (die erste Stack-Bassistin).

Etwas komplexe Abschlussfrage: Wie blickst heute auf die 90er zurück, war früher alles besser, auch weil man selber noch jung und idealistisch war, oder war es nur anders und irgendwie wiederholt sich alles (nur mit anderen Vorzeichen)? Manche sagen, dass „damals“ der Underground noch „real/true“ war. Bernd hat sich ins Private zurückgezogen, das erlebt man ja manchmal, dass aktive Leute, die total viel machten im DIY, also viel tourende Band, viele Konzerte veranstalten, releasefreudiges Label, regelmäßig erscheinendes Fanzine, oft als Tourfahrer noch dabei… dann später komplett mit allem aufhören und nicht etwa weniger machen. Woran liegt das generell deiner Meinung, dass Leute dann ganz verschwinden? Und warum tust du dir den non-profit-DIY-Szene-Aktivismus noch an?
Ich glaube, heute ist es einfach anders; Internet, Smartphones und Facebook haben es verändert. Alles vernetzt sich einfacher. Trotzdem merke ich immer noch, wie wichtig persönliche und über die Jahre entstandene Kontakte sind. Die sind mir lieber und vor allem verlässlicher, weil es einen privaten Bezug zu den Menschen gibt. Das sich die Leute aus der „Szene“ zurückziehen, hat meiner Meinung oft gar nichts mit der Szene als solches zu tun. Ich denke, dass viele einfach neue Interessen entwickeln oder finden. Jemand, der/die früher viel auf Konzerte ging und Platten gesammelt hat, macht das selbe jetzt mit Kino und DVDs/BlueRays oder eben anderen Sachen; Familienkram, Haus, Bauernhof, Sport, X-Box zocken, was weiß ich. Die Frage ist doch meistens die: was gibt mir mein Hobby und welche Kraft und welchen Nutzen ziehe ich daraus?

Wenn einem diese DIY-Sache nichts mehr bringt, dann braucht diese Person etwas neues. Ich bin immer noch zufrieden mit dieser Szene. Die Menschen, die ich treffe und auf die ich mich freue, eine gute Show zu sehen oder noch besser selbst zu spielen, das gibt mir Kraft für den bürgerlichen Alltag. Mehr erwarte ich aber auch nicht. Viele Menschen, die ich kenne/kannte, haben sich weiter entwickelt und wollten plötzlich mehr von der Szene, als diese geben kann. Sachen wie Erfolg, genügend Geld oder ähnliches, das kann es nur kurz geben. Der Rest ist einfach DIY, d.h. ich mach etwas, um andere zu unterstützen und andere unterstützen mich. Mehr ist nicht zu erwarten.

Wer mehr sucht, braucht irgendwann ein anderes Umfeld, das sein Bedürfnis stützt. Ich brauche das nicht. Wie erwähnt ist das Dräschfeschd meine Art, all diesen Leute, die mich unterstützen und mir helfen, danke zu sagen. Das reicht mir. Einmal im Jahr kommen viele Freunde zusammen, dafür mache ich das und habe so viele Leute, die aus dem selben Grund mithelfen, dass es jedes Jahr entspannter und besser wird. Das ist für mich DIY (siehe Anmerkung 10.)

Vorletzte Frage: manche sagen, dass dein Gorilla Bisquits-Tattoo auf deinem Oberarm immer weiter wird, haha. Die Band war und ist für dich immer noch wichtig?
Nicht nur mein Arm wird breiter, hahaha. Kann gar nicht sagen, was die Band so besonders gemacht hat. Ich fand die „Start Today“ einfach zu dieser Zeit eine perfekte Platte. Also wollte ich den Affen auf den Arm. Heute würde ich das nicht mehr machen, aber wat solls.

Und die gute alte Standard-Frage zum Abschluss: KISS oder AC/DC?
Klar, AC/DC! Dieser Scheiß mit dem Verkleiden und dem Schminken hab ich bei KISS nie verstanden und lehne so ein Quatsch auch heute immer noch komplett ab!

Danke für deine Zeit und bis bald!

Anmerkungen:

1. Stack-Sänger Bernd Bormann veröffentlichte damals auch die Fanzines Amok bzw. später Confrontation, die sicher einige von euch noch kennen. Und Corey, seine damalige Freundin, machte übrigens das Equality Records Label in Ludwigshafen, auf dem u.a. die Leverkusener Malva (ex-Despise, yeah!) eine Single veröffentlichten und natürlich erschien dort auch klasse Zeug von Stack wie zum Beispiel ihre Split mit Capitalist Casualities.

Übrigens erfuhr diese laut Discogs bemerkenswerte Auflagen: „1st press of 2000 copies, with Insert. 2nd press of 1000 black vinyl had reverse image cover, no insert. 3rd press (2000 black vinyl) has 6W Cotati Address and insert. 4th press of 2000 copies. Split release with Dampfmachine in 2001“. Well, die Geschichte von Stack wird auf der Memorial-Page des belgischen AJZs VortnVis (90svortnvis.wordpress.com, da nach Stack suchen, Stack ist übrigens ein Effektgerät bei Saiteninstrumenten) sehr schön bündig wiedergegeben (mit geilen Fotos von Stack´s Gig 1998 dort):

„Stack, the powerviolence band from Ludwigshafen, had been at the V.V already (28.04.1995). They recorded for the Mondonervaktion 7” in September `96 (their former bassist Corey released it on Equality recs in `97) with Bernd Bohrmann on vocals, Chris(tophe) Klimmer & Marcel `Croissant’ Hanneman playing guitars, Ralf Bock on drums and Michael Bergweiler on bass. This resulted in “deranged pissed-off blasts of total mayhem that threaten to split the ear”… The same sessions served for the Selbstfindungsgruppe 6” (Coalition recs), the split-7” with `Carol’ (on Holger Ohst’s label Summersault) and the two songs for the A Tradition Of 7? compilation (on the US label Fall recs). In January 1998 they entered the studio again to record the songs for the split-7” with `Narsaak’ (released by Per Koro).

After a 3 weeks tour in the summer of 1998 Marcel left the band and they became a four-piece for a few months before they split up for the first time in November 1998 (due to personal difficulties). In June 1999 they reformed with a new bass-player called Steffen Hinkel (the guitarist of `Fear Is The Path To The Dark Side’), Ralf on drums, Chris on guitar and Bernd on vocals. In March 2000 Chris decided to leave the band due to personal reasons. Steffen took over the guitar and Michael returned to bass again. In 2001 The Konkret Lichtgeschwindigkeit 10” – fast blasting manic HC – came out on Bernd’s label Scorched Earth Policy and Ralf’s label Flowerviolence recs. This was recorded with Chris doing the guitar-tracks“.

2. Die „Grundidee des Grindballspiels“ wird vom Dreschfeschd online nun also so ausgeführt: „verwandt mit dem amerikanischen Baseball“, „spielerisches Wurf-, Lauf-, und Fangtraining für Mensch und Tier und naja, eigentlich Alle!“ und sehr gut werden die Bases erklärt: „Base 1 – Tourfeeling: Hier gilt als save, wer im Bus sitzt und angeschnallt ist. Base 2 – Theke: Hier gilt als save, wer sein Getränk, welches bereit steht, in der Hand hat. Base 3 – Pennplatz: Hier gilt als save, wer im Bett liegt und zugedeckt ist. (Decke / Schlafsack). Base 4 – Recordstore: Hier gilt als save, wer eine Hand in der Plattenkiste hat“.

3. Ich wollte hier etwas „angeberisch“ auf bereits online zu findende Gespräche mit einigen Grind-Bands im Trust verweisen, das hat damit zu tun, dass unserem Heft sehr gerne (besonders von Leuten, die das letzte Mal 1989 ein Trust in der Hand hatten) vorgeworfen wird, das wir die „DIY-Grind“-Szene nie berücksichtigen, sondern „nur große „Indie“-Bands drin haben. Und das stimmt(e) einfach nicht, da gibt’s eine Kontinuität an Berichterstattung über schnellen HC. Ja, Grind war und ist nie unser Schwerpunkt, aber es ist einfach nicht wahr, dass wir das „nie“ drin hatten. Deshalb schaut euch doch mal unsere Backissues-Rubrik online an, da ist seit Trust #1 von 1986 immer ne „extreme DIY-Band“ dabei, weil hey, ohne uns wären doch Heresy, D.R.I. und Napalm Death nie so groß geworden!!! (Joke!).

4. So heißt es im Schenker-Song u.a.: „Sneaking round the back streets. Don’t stay out to late. Cause he’s got something he want’s to give to you. He calls in his dreams, with his phantom screams. Hide from the shadows in the night. Only day will save you. Gotta watch the attack of the mad axeman“.

5. An dieser Stelle nur der Hinweis, dass auf Wikipedia als Protagonisten für diese zwei Genres andere Bands als die zwei von mir erwähnten genannt werden.

6. Es kann man ja heute nicht mehr fassen, wie groß Biohazard 1993 waren! Mein erstes Mal Stage Diving war bei ihrem Gig 1993 in der Kölner Live Music Hall, ich war 15 und man musste tatsächlich sich auf der Bühne durch freundliche Roadcrew-Hinweis ganz links anstellen, um dann nacheinander n die Menge zu jumpen. Es waren einfach so unglaublich viele Leute auf der Bühne! Und weil Biohzard noch nie als Fußnote im Trust auftauchten und dann auch noch mit ihrem hervorragendem Text „Wrong Side of the Tracks“ – na, da „muss“ hier natürlich ein Zitat kommen, damit ihr beim nächsten AOTM-Gig mitmachen könnt, ok?! „Escalation, war in the streets. Catch one sucker and he gets beat. What you see is what you get. Soft motherfuckers will soon meet their end. On the wrong side of the tracks. And when you’re in fuckin‘ Brooklyn… You best watch your back!“. Unvergessen diesbezüglich die Anekdote eines Trustlers, der in 90ern zum ersten Mal in New York war und sich in Brookyln abends orientierungslos auf dem Weg zum Gig dachte „Cool, da gehe ich doch mal diesem Typen da vorne mit seinem Biohazard-Shirt einfach nach, der wird mich schon zu dem coolen Platz führen“. Stellte sich heraus, dass der Shirt-Träger ebenfalls Deutscher war, har har!!!

7. Der Text von Lagwagon anbei und es ist wohl so, dass das ambivalente Verhältnis zum touren bei einer Grindpunk- und einer Melodic-HC-Band eben ähnlich ist: „It’s time to get up and stress out. We’re heading for another town. We’re never gonna make sound check. And I can’t even take a shit. No shower, shaving or coffee. I can’t fuckin brush my teeth, c’mon. We’re already late, man, let’s go. Hurry up and wait“.

8. Dropdead beantworteten in meinem Interview aus Trust #192 die entsprechende Frage wie folgt (siehe trust-zine.de/dropdead-192-2018): „Ihr habt eine Reihe exzellenter Split-Singles veröffentlicht, wann wird die mit Stack erscheinen, haha? Werdet ihr die Aufnahmen für diese dann für ein anderes Release verwenden, wenn die Split nicht erscheint?“, die Antwort von Brian war „Ah, die Stack-Split, nachdem wir über ein Jahr gewartet haben, haben wir diese Songs für die Split 7? mit Look Back And Laugh verwendet“ und die von Ben lautete „Wir liebten diese Typen und hatten eine gute Zeit auf Tour und hingen gerne mit ihnen ab. Wir haben lange gewartet, dann haben wir Look Back And Laugh gefragt, ob sie es tun würden und sind dann mit ihnen an die Westküste gefahren“.

9. Der „Tomorrow will be worse“-Sampler war eine vier Singles-Box auf dem legendärem Sound Pollution Records Label von 1997, die Bands waren Charles Bronson (!), Real Reggae (!), Fuck on the Beach (!), Spazz (!!), Hellnation (!!!!!!!!), Nice View und Capitalist Casualities (!!!!!), siehe Discogs. Den Sampler gibt es auf Youtube und lohnt unbedingt für einen Einblick in den (damals wie heute populären) Power Violence-Sound. Sound Pollution war ein sehr beliebtes Label und die Band des Labelmachers Ken, Hellnation, spielte auch in Leverkusen, unfassbarer Auftritte!

10. Damit hier nicht der Eindruck entsteht, als würde ich den immer noch sehr geschätzten Bernd irgendwie „dissen“, so von wegen „der ist voll raus aus der Szene“ etc.: letztendlich kreierte Bernd das hier auch erwähnte Mafia-Forum-Online-Messageboard stark mit, danke, I fucking love it und was habe ich da schon für tolle Infos und Leute drüber kennengelernt! Und Bernd ist dort noch immer als Administrator aktiv, man sieht sich auf dem Pfingstfest im JUZ Mannheim und ich interviewte Bernd zu dem Mafia-Forum auch in meinem „Print vs. Internet: HC-Punk-Fanzines vs. HC-Punk-Message-Boards“-Special (aus Trust #131 und #132, 2008), das Interview findet ihr auch online!

11. Seit November 2020 gibt es ihre sehr geniale Tourdokumentation “Mudcrawl” finally online, die Band teilte dazu mit:  “In spring 2013 the grindcorebands Attack of the mad Axeman and Wojczech made their ways to conquer the stages of south-east europe. In 19 days they played 18 shows in 12 countries.  Along the way they tested more than 50 different kinds of beer in their very own professional way. Meticulously they documented every stupid shit that happened to them during their trip.  The result is an impresive look behind the scenes of a DIY grindcoretour. A movie about thirst, boredom and of course grindcore“. Checkt den Shit aus, er ist verdammt grossartig: youtube.com/watch?v=zadnXU9jRxs&feature=youtu.be

Interview: Jan Röhlk
Fotos: Archiv Honey Bee
Kontakte: animalgrind.org, facebook.com/attackofthemadaxeman, flowerviolence.de

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