Februar 26th, 2020

ARCTIC RODEO (#147, 2011)

Posted in interview by Thorsten

Erstmal unbeliebtes Name-Dropping: Small Brown Bike, Texas Is The Reason, Samiam, The Get Up Kids, Elliott, Chamberlain, Far, Bold, Gorilla Biscuits, Jets To Brazil, Rival Schools. Alles große Namen von Bands, die in irgendeiner Art und Weise mindestens einmal Musikgeschichte geschrieben haben, was natürlich eine Aussage rein subjektiver Natur ist. Was aber niemand bestreiten kann: Jeder hat die Namen bereits mindestens einmal gehört. Zwar gibt es von erwähnten Bands die Meisten nicht mehr, aber ihre Musiker sind natürlich nicht untätig. Wie das eben bei Punk/Hardcore/Emo so ist, retten die wütenden Seelen sich meist in ein harmonisch anmutendes Neben- oder Nachfolgeprojekt und berühren damit ihre alten Fans. Ein mögliches Zuhause für solche Projekte bietet Arctic Rodeo Recordings, ein ziemlich spannendes Label aus Hamburg, welches von oben genannten Bands irgendetwas in den letzten Jahren veröffentlicht hat – zumindest von den Mitgliedern jener Bands. Einer der Labelmacher, Frederic, beantwortete gerne meine Fragen zu seinem Label und bestätigte dabei den Eindruck, den man als Begleiter und Fan des Labels eben bekommt: Gute Menschen, veröffentlichen auf einem guten Label, von guten Menschen.

Hallo Frederic, stell Dich und Arctic Rodeo doch erstmal vor.

Ich bin Frederic und betreibe ein kleines Label namens Arctic Rodeo Recordings. Zunächst einmal sei gesagt, dass ich das nicht alleine mache. Mit Frank habe ich einen Partner, mit dem mich eine langjährige Freundschaft und die gleiche Passion für Musik verbinden. Wir haben im selben Plattenladen gearbeitet, zusammen in einer Band gespielt und gemeinsam Arctic Rodeo gestartet, weil wir beide ein bisschen was bewegen wollen, wenn auch nur im Kleinen.

Seit wann betreibst Du Arctic Rodeo und wie fing das Ganze für Dich an und vor allem, was hat dich dazu bewegt, ein eigenes Label zu gründen. Ich glaube, Du arbeitest eigentlich in einer Promoagentur, richtig? Hat Dich das vll. ein bisschen gereizt?

Wir haben 2006 angefangen und im Januar 2007 unsere erste Veröffentlichung gehabt. Seit vielen Jahren kaufe ich von überall auf der Welt Platten mit toller Musik, die hier schwer zu bekommen ist oder ich stoße auf tolle Künstler, die offenbar niemand veröffentlichen will. Schon lange hatte es in mir gebrodelt, das Gefühl, dass ich da was tun muss und dass mir das sehr viel Spaß machen würde, das mal anzupacken. Mit der Ambition, mit der wir das getan haben, also nicht Profit als übergeordneter Motivation, ist es heutzutage sehr schwierig, ein Label zu betreiben. Einen Beruf aus der Sache zu machen, halte ich heutzutage für nahezu unmöglich. Frank und ich haben beide Jobs, unabhängig von Arctic Rodeo. Ich bin Geschäftsführer einer Promotionagentur, und es war vor allem die Freiheit der Selbstständigkeit und die Idee der Selbstverwirklichung, die mich dazu bewogen haben, ein Label zu gründen. Ich sehe beide Tätigkeiten – meinen Beruf einerseits und das Label andererseits – vollkommen unabhängig und getrennt voneinander, und das fällt nicht schwer, denn die Funktionsweisen sind sehr unterschiedlich und meine diesbezüglichen Sichtweisen und Ziele sind es auch.

So richtig aufmerksam wurde ich auf Arctic Rodeo durch Jonah Matranga’s „And“. Kürzlich hast Du mit „At Night We Live“ das neuste Album seiner Band Far veröffentlicht, quasi den Kreis geschlossen. Wie fühlt es sich an, dass ein Künstler wie Jonah soviel Vertrauen in Dein Label legt und demnach auch damit zufrieden ist?

Das ist natürlich eine große Ehre, aber ich empfinde die gleiche Verpflichtung gegenüber allen Künstlern, mit denen wir arbeiten, mein Bestmögliches und ihnen ein gutes Zuhause zu geben. Wir machen stets klar, was wir anbieten können und wo unsere Grenzen sind. Ich glaube die Künstler merken bei uns: Wir lieben das, was wir tun, und wir lieben die Musik, die wir veröffentlichen. Dafür hängen wir uns rein. Jonah Matranga und Far sind für uns natürlich große Namen, aber ich arbeite an einem anderen Album von einem anderen Künstler nicht weniger intensiv, nur weil er vergleichsweise oder sogar total unbekannt ist. Das Entdecken neuer toller Musik von bisher unbekannten Künstlern und das Bedürfnis, diese allen Interessierten mitzuteilen, ist ebenso schön und spannend wie die Arbeit mit einem Künstler, der schon einen gewissen Bekanntheitsgrad hat.

Auf der Homepage von Arctic Rodeo steht: „Tasty Sounds Grown With Love“. Dieses „Grown“ erinnert mich stark daran, dass Dein Label-Rooster so wirkt, als würdest Du all die alten Helden deiner Jugend auf Deinem Label versammeln und ihre aktuellen Projekte featuren. Kann man sagen, dass Arctic Rodeo so ein Nostalgie-Ding für Dich ist?

Nostalgie ist denke ich nicht der richtige Ausdruck. Das ist eher aus einer Feststellung heraus so gekommen: Es gibt viele Künstler, die mir viel bedeuten und deren Musik mir schon sehr lange sehr wichtig ist, auch wenn sie derzeit nicht mehr angesagt ist – die Szene, der viele dieser Musiker entstammen, habe ich immer für zeitlos gehalten, das war einfach wichtig. Ich dachte immer: Es muss doch Leute geben, die sich dafür interessieren, was die Musiker von Texas Is The Reason, Rival Schools, Garrison, Mind Over Matter und den Get Up Kids jetzt so machen. Insofern stimmt es schon, dass ich es mir bis zum gewissen Grad zum Ziel gesetzt habe, diesen Künstlern ein Forum zu bieten, das dem ursprünglichen Independentgedanken folgt. Es ist für mich erschreckend, wie wenig sich genau die Leute dafür interessieren, die heute den ganzen neumodischen Kajal-Emo-Kram anhören, dabei aber gar nicht wissen, woher all diese Bands ihre Einflüsse nehmen und genommen haben. Andererseits veröffentlichen wir ja auch vollkommen unbekannte Bands. Der Szene-Background ist also nicht das zwingende Kriterium. Aber in gewissen Kreisen hat sich denke ich auch einfach herumgesprochen, was wir da machen. Jonah bspw. ist damals auf uns zugekommen und meinte: „Hey, ich bin gerade bei Ian Love im Studio und nehme mein Album auf. Ian meinte ich soll mich mal bei Euch melden wegen der Veröffentlichung meiner Platte. Habt Ihr Lust?“. Das war natürlich cool. Ich bin wahnsinnig glücklich darüber und sehr stolz darauf, mit all den Künstlern zusammenarbeiten zu dürfen. Wir arbeiten gemeinsam aus Überzeugung an den Alben, weil wir daran glauben. Das verbindet uns mit den Künstlern – gegenseitiger Respekt, gegenseitige Dankbarkeit für den Einsatz des anderen und das gemeinsame Ziel. Daher auch der Slogan: Tasty sounds grown with love. Gewachsen oder eben auch gehegt und gepflegt im Sinne des Pflänzchens, das liebevoll hochgezogen wird. Es geht um die Liebe und die Passion für eine Sache, die langfristig gut munden soll.

Ich muss sagen, ich habe bis auf 3-4 Platten glaube ich alle aus Deinem Programm. Wirklich schlecht fand ich keines, habe auch nie etwas Schlechtes gelesen. Das Album von JUTA fand ich etwas langweilig, aber ansonsten alles toll. Wie wichtig ist für Dich das Feedback von Fans, Bands und Presse?

Zu behaupten, dass mir das Feedback der Presse egal wäre, wäre gelogen. Es ist vor allem oft interessant zu sehen, wie manche Veröffentlichungen aufgenommen bzw. eingeordnet und eingeschätzt werden. Ich liege mit meiner Einschätzung oft ganz woanders bzw. beurteile die Musik oft anhand anderer Kriterien, als es die Presse tut. Das Album von House & Parish bspw. ist für mich eine zeitlose, zurückgelehnte Indierock-Platte. Viele haben die Platte als relativ langweilig bzw. als unspektakulär angesehen. Letzterem stimme ich sogar zu, komme nur zu einem anderen Schluss: Was müssen denn Musiker noch beweisen, die schon in Bands wie Texas Is The Reason, The Gloria Record und The Promise Ring gespielt haben? Die haben doch schon mal Berge versetzt, die müssen das nicht zwingend nochmal tun, im Gegenteil. Die Platte ist super entspannt und zwanglos. Dasselbe gilt für God Fires Man – da hieß es immer wieder: Belangloser Breitbein-Rock. Kann ich nicht nachvollziehen. Mein Gott, die sind alle sowas von Anti-Breitbein-Rock – die haben bei Bad Trip, Mind Over Matter, Garrison, Bold, Into Another, Errortype:11 und Walking Concert gespielt…. Manchmal kann man sich nur wundern. Aber auch bei unbekannteren Acts wundert man sich manchmal. Person L sind auch ganz anders aufgenommen worden, als ich erwartet hatte. Andere, wie bspw. Jonatan Inc. aus Kanada, haben quasi überhaupt keine Aufmerksamkeit genossen. Das tut dann auch ein bisschen weh. Dass andererseits Able Baker Fox so gut ankommen würde, hätte ich auch nicht gedacht. Die Platten lieben nicht nur wir, sondern offenbar wirklich alle, die sich für Rockmusik interessieren. Da waren wir wirklich überwältigt.
Unsere Künstler waren glaube ich bisher immer recht zufrieden mit dem, was wir geleistet haben, und hier ist mir das Feedback sehr sehr wichtig. Wie schon gesagt bedeutet mir dieser gemeinsame Spirit sehr viel. Wenn der Künstler der Eindruck hat, wir haben unter unseren Möglichkeiten gearbeitet, dann ist irgendwas schief gelaufen. Wir sind ein kleines Label ohne großen finanziellen Spielraum, das ist klar – aber wir tun, was wir können und arbeiten hart für unsere Künstler und unsere Veröffentlichungen.
Feedback von Fans gibt es gelegentlich. Wir haben einige Leute, die uns mit Begeisterung unterstützen. Hier und da gibt es auch Kritik, die wir uns auch zu Herzen nehmen, solange sie nicht realitätsfern ist. Viele glauben aber tatsächlich, dass wir von dem Label leben, ohne Ende Geld scheffeln und dies und das machen sollten, was einfach nicht finanzierbar ist. Wir haben bisher nur investiert und noch nie was verdient. Aber viele unterstützen uns und lassen uns spüren, dass das gut ist, was wir da machen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Aber nur stilprägende Bands in der Vergangenheit rechtfertigen doch kein Nachfolgeprojekt, welches eben vlt. langweiliger ist? House & Parish stimme ich Dir irgendwie zu, das Album gefällt mir sehr gut. Aber God Fires Man und Person L empfand ich irgendwie auch als sehr langatmig und, entschuldige das Wort, belanglos. Verstehe ich also richtig, dass ein schlechtes Album einer Band evtl. gerechtfertigt oder doch ganz ok ist, wenn die Mitglieder der Band früher mal in bedeutenden Bands gespielt haben?

In Deinem Einwand setzt Du langatmig gleich mit belanglos, und das wiederum gleich mit schlecht. Das verstehe ich schon mal nicht, denn all diese Beurteilungen sind a) sehr unterschiedlich und b) sehr subjektiv. Was ist schon schlecht? Und was ist gut? Wie ich schon sagte, ein Album, das uns nicht gefällt, möchten wir natürlich nicht veröffentlichen, auch wenn die Leute, die es geschrieben und eingespielt haben, früher bei anderen, wie Du sagst „bedeutenden“ Bands waren. Es ist wie gesagt auch schon vorgekommen, dass wir in diesem Fall gesagt haben: Nee, das ist es nicht. Die Platten, die wir von alten Helden von uns veröffentlicht haben, gefallen uns auch – allerdings stehe ich der Musik dieser Leute von mir wohlwollend gegenüber. Das gebe ich zu, denn ich liebe ja das, was sie machen bzw. gemacht haben. Andere Menschen müssen das nicht genauso empfinden. Ist ja auch teilweise so. Bei Person L liegt der Sachverhalt allerdings ohnehin anders – ich kannte die Band vorher nicht, auch The Starting Line waren uns vorher vollkommen unbekannt. Die Platte finden wir einfach klasse, ohne vorheriges Hintergrundwissen oder so. Wir veröffentlichen unsere Platten nicht mit irgendeinem Kalkül.

Nur als Beispiel: Ein Label wie Warp Records hat so seine Anhänger, die blind kaufen, was dort veröffentlicht wird. Weißt Du, ob es solche Fans auch von Arctic Rodeo gibt, die einfach blind zulangen?

Ja, die gibt es, aber ich weiß nur von wenigen. Es gibt ein paar Plattenläden, die uns unterstützen und Stammkunden haben, die unsere Platten quasi lückenlos kaufen. Ebenso gibt es einige Leute, die bei uns direkt bestellen und nahezu jede Veröffentlichung haben wollen. Das ist der Hammer. Dafür bin ich unendlich dankbar, das kann man kaum in Worte fassen. Der Branche geht es nicht gut, und jeder, der heute noch Platten kauft, tut damit ein gutes Werk – ich denke so muss man es heutzutage sehen. Wir bemühen uns auch sehr um unsere Kunden, die bei uns bestellen. Ohne diese Leute würde es Arctic Rodeo schließlich schon lange nicht mehr geben, wir hätten keinerlei Existenzberechtigung als Label. Das vergessen wir nicht.

Ich muss gestehen, von allen Arctic Rodeo Platten die ich besitze, habe ich selbst gekauft nur ca. 3 oder 4. Den Rest habe ich als Rezensionsexemplar erhalten und die sind bei Dir ja meist direkt die Finished Products. Wieviel Geld geht bei Dir für die Promo drauf? Ist das schmerzlich oder ist es ein kleiner Teil einer nötigen Sache?

Geld geht da wenig drauf, dafür aber viel Zeit. Ich mache die Promo komplett selbst, und abgesehen von den Material- und Fertigungskosten müssen wir hierfür zum Glück nicht viel aufbringen. Ich fürchte das könnten wir auch gar nicht. Zum einen könnten wir es uns nicht leisten, drum packe ich gerne an möglichst vielen Stellen selbst an – ich nummeriere ja auch unsere limitierten Vinylauflagen von Hand und tüte alles selbst von Hand ein. Alle bei uns eingehenden Bestellungen werden individuell von mir persönlich beantwortet. Ich mag das DIY-Prinzip und den direkten Kontakt zu den Leuten, die in irgendeiner Form mit unseren Veröffentlichungen zu tun haben.

Mit der Alive AG hast Du ja einen ziemlich großen Vertriebspartner. Inwiefern ist der wichtig für Dich? Ich könnte mir vorstellen, dass die Platten zum Großteil vlt. bei den Künstlern oder Deiner Homepage bestellt werden. Oder liege ich falsch?

Es gibt schon einige Fans, die bei uns direkt bestellen. Das ist klasse, und deren Anzahl darf gern wachsen. Aber natürlich müssen der Handel und die Mailorders auch bedient werden, das ist nach wie vor sehr wichtig unmd unverzichtbar. Das können wir selbst nicht bewerkstelligen, daher ist es wichtig, hierfür einen guten Partner zu haben. Mit Alive arbeiten wir von Anfang an zusammen, sie haben sofort verstanden, was wir mit Arctic Rodeo machen wollen.

Es gibt sicherlich viele Fans Deiner Platten, für die interessant ist, inwiefern Du in Kontakt mit den Künstlern stehst, ob das freundschaftliche Verhältnisse sind oder ob man nach einer fertigen Veröffentlichung nie wieder etwas voneinander hört. Wie sieht das aus?

Das ist mir sehr wichtig. Ich mag es, den persönlichen Draht zu den Künstlern zu haben und zu pflegen. Ich denke es vereinfacht vieles, wenn alle auf der gleichen Welle funken. Es funktioniert nicht immer gleich gut, aber meistens ist das klasse. Frank und ich sind schon mit Künstlern gemeinsam auf Tour gewesen, ich habe auch schon mein eigenes Musik-Equipment an unsere Künstler für eine Tour verliehen oder ihnen gehlofen, was organisieren. Teilweise helfen mir dabei auch andere alte Freunde, die das Label mögen. Es ist toll, solche Menschen zu kennen, die sich mit reinhängen und helfen. So wünsche ich mir das, und nur so klappt es.
Frank und ich sind letztes Jahr auch gemeinsam nach Brooklyn gereist und haben einige Künstler besucht und getroffen, mit denen wir arbeiten. Zufälligerweise sind einige Acts, deren Alben wir veröffentlicht haben, von dort. Viele übernachten auch bei mir zuhause, wenn sie in Hamburg spielen – ich biete ihnen das gerne an und freue mich, wenn sie auch meine Familie kennenlernen. In einigen Fällen entwickeln sich Freundschaften daraus, wie bspw. zu Walter Schreifels, den ich schon lange kenne. Generell weiß ich deren Vertrauen sehr zu schätzen und versuche im Umkehrschluss, sie zu unterstützen, wo es nur geht. Das funktioniert alles am besten, wenn man sich persönlich kennt.
Auch nach einer Veröffentlichung oder einer Tour bemühe ich mich, in Kontakt zu bleiben – selbst wenn sich eine Band aufgelöst hat. Ich bin als Fan und auch als Bekannter der Künstler sehr interessiert daran zu erfahren, wie es den Künstlern geht und was sie so treiben. Oft entstehen ja auch tolle neue Bands oder Projekte, wie bspw. Atlantic/Pacific.

Was mich interessiert ist, wie stellst Du den Kontakt zu all den Leuten her? Einfach mal eben Mitglieder von FAR, TEXAS IS THE REASON, ELLIOTT etc. anrufen ist ja sicherlich keine leichte Aufgabe.

Wie es bspw. mit Jonah gelaufen ist, habe ich ja vorhin schon umrissen. Ähnlich war es mit House & Parish: Ian Love, dessen Soloalbum wir ja auch veröffentlicht haben, erzählte mir, dass die Band gerade bei ihm im Studio aufnimmt und hat den Kontakt hergestellt. Hin und wieder empfiehlt uns der eine Künstler auch an einen anderen, oder ich frage einfach rum. Manchmal sind es auch Booking-Agenten oder auch Journalisten, die uns was nahelegen. Oder die Künstler melden sich bei uns. Arty Shepherd hatte mich damals wegen God Fires Man angeschrieben. Ich bin fast umgefallen vor Schreck – ich verehre den Mann. Insgesamt gefällt es mir sehr gut, dass es so abläuft. Das ist alles sehr persönlich und sehr direkt, und ich bin immer wieder begeistert, wie unkompliziert die Leute oft sind. Die wollen einfach Musik machen und freuen sich über jeden, der das unterstützt. Das ist toll.

Wonach wählst Du die Veröffentlichungen aus? Kommen die Bands/Künstler auf Dich mit ihren Demos zu oder gehst Du da ganz offensiv auf die Bands zu, sobald du weißt, dass sie planen etwas zu veröffentlichen?

Sowohl als auch. Im Falle Frontier(s) hatte ich nur mitbekommen: Chris von Elliott und Matt von Enkindels machen was Neues. Da hatte ich natürlich großes Interesse. Dann haber ich die Initiative ergriffen. Ähnlich war es auch bei Solea und bei House & Parish. Jonah Matranga ist dagegen auf uns zugegangen, wegen seines Soloalbums und später auch wegen Far. God Fires Man haben, wie gesagt, mich kontaktiert.

Kam es bereits vor, dass Du eine Veröffentlichung von einem ähnlich „namhaften“ Künstler wie den restlichen auf Deinem Label ausgeschlagen hast, weil sie Dir einfach zu schwach vorkam?

Ja, das kam auch schon vor. Aber die meisten haben mich nicht enttäuscht. Das liegt aber auch daran, dass ich sehr große Bereitschaft dafür entwickelt habe, den jeweiligen Weg mit den Künstlern mitzugehen und daher ihren Werdegang nachvollziehen zu können. Ich liebe deren Musik und mag keine zu hoch geschraubten Erwartungen. Und ich gehöre bestimmt nicht zu den Leuten, die sich oft insgeheim schon vorher darauf festlegen, dass das alte Album oder die vorherige Band sowieso besser war. Ich bin hier sehr aufgeschlossen und gehe erstmal davon aus, dass das gut wird. Gorilla Biscuits, Quicksand, Rival Schools oder Walter Schreifels solo – ich liebe sie alle. Denn Walter ist einfach ein begnadeter Songwriter. Dasselbe gilt für Ian Love, Garrett Klahn, Sergie Loobkoff und Chris Higdon, und ich liebe auch alle Bands, in denen Arty Shepherd gespielt hat. Ich denke ich bin ein sehr loyaler Fan.

Da ich Dein Label als Liebhaber-Label ansehe, denke ich, dass Deine private Plattensammlung aus ähnlichen Platten besteht wie denen in Deinem Rooster. Was rotiert bei Dir aktuell so und was gehört zu Deinen All-Time-Favs?

Ich höre nahezu ausschließlich Vinyl, schon immer und mein Leben lang. Was ich höre, wechselt quasi täglich und ist stilistisch sehr vielfältig. Momentan rotiert auf meine Plattenteller „Orphans, Brawlers & Bastards“ von Tom Waits. Eine sensationelle Vinyl Box. Ich lege derzeit gerne die aktuelle Platte von Clouds auf, die ist super. Dann höre ich zurzeit gerne die Braid Re-Issues auf LP. Ich habe zwar alle LP-Originalpressungen, aber die Neuauflagen sind echt schick…. Dann gibt es die neue Isis/Melvins Split 12“, die gerade eingetroffen ist. Ich liebe auch bspw. Ben Harper, aber danach muss es wieder rumpeln…. Dann kommt Pg.99 oder so. Es ist echt irre viel Zeug. Ich liebe auch die erste Postrock-Generation – Bands wie Tortoise, Don Caballero und June Of 44. Und ich krame natürlich immer wieder gerne Klassiker raus. Alte Sonic Youth oder so…. Meistens mische ich ziemlich extrem durcheinander beim Hören. Es gibt so unglaublich viele Bands, die ich mag….. aber meine Alltime-Favourite Bands sind jene, bei denen es mir unmöglich ist, ein spezielles Album zu nennen, weil sich sie alle weltklasse finde. Dazu gehören Jawbox, Girls Against Boys, Drive Like Jehu, Chamberlain, Stanford Prison Experiment, Unsane, Fugazi, Bluetip, Barkmarket, Shudder To Think, Clutch und natürlich AC/DC, die größte und wichtigste Band alles Zeiten. Es gibt bzw. gab natürlich auch deutsche Bands, die mir viel bedeuten, bspw. Craving, Mink Stole, Sometree oder Boiler bzw. viele Sachen aus dem bluNoise Umfeld.

Okay Frederic. Danke, dass Du Dir Zeit genommen hast. Gibt es letzte Worte die Du gerne loswerden möchtest?

Herzlichen Dank für Eure Aufmerksamkeit und Zeit.

Interview: Raphael Schmid

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