Illegal – Street Art Graffiti 1960 – 1995, Ulrich Blanché
Hirmer Verlag, Bayernstraße 57-59, 80335 München, www.hirmer.de
Hier handelt es sich um eine Art Katalog oder zumindest eines begleitenden Buchs zu einer Ausstellung zum Thema im Historischen Museum Saar. Wobei sich auf den im Untertitel genannten Zeitraum konzentriert wird. Sowieso geht es hier viel um die Frühgeschichte beziehungsweise Anfänge der Street Art und Graffiti – die es in unterschiedlichsten Formen schon sehr lang gibt. Es ist ein wilder Ritt durch die Vergangenheit, viele der nur durch Fotos dokumentierten Werke existieren schon längst nicht mehr und werden hier erstmals öffentlich vorgestellt.
Wer jetzt hier ein klassisches Street Art oder Graffiti Buch erwartet, das mit großen Fotos von stylischer Straßenkunst aufwartet, wird das so nicht vorfinden. Stattdessen sehr viel Geschichte zum Thema, teilweise unglaublich verkopft und akademisiert und dann wieder so nerdig das es eine Freude ist. Aber man erfährt tatsächlich viele interessante Fakten aus der Geschichte, so war es im Jahre 1960 wo Brassai Graffiti in die Mainstream Kunst führte. Man muss bedenken das früher alle Werke illegal geschaffen wurden, weil es aussichtslos und wahrscheinlich auch nicht gewollt war sich für die Straßenkunst Genehmigungen zu holen. Hier werden ca. 100 KünstlerInnen aus verschiedenen Ländern mit Fokus auf Europa vorgestellt. Unter anderem: Barbara 62, Eva 62, Blek le Rat, Christo, Harald Naegli, Guerilla Girls, Keith Haring, Crass und viele mehr. Es geht also nicht nur um „klassische“ Graffiti und Street Art sondern natürlich auch um Kunst. Ich bin so ein wenig hin und her gerissen da mich einige der zu akademischen Texte schon nervten, andererseits ist das Thema so vielfältig und interessant aufgebaut das es wirklich fesselnd war zu lesen. Grade die sehr nerdigen Geschichten, mit viel Rechercheaufwand sind wirklich cool. Aber auch die Dokumentation wie Keith Haring in New York City von dem deutschen Klaus Wittmann entdeckt wird – wirklich spannend. Es gibt neben einem Vorwort, noch eine Einleitung, dann wird die Geschichte der Aufwertung von früher Street Art zur Kunst (1952-74) erzählt. Es geht um Style, Handschrift, Style Writing, Graffiti- und Street Art PionierInnen, Whole Cover, Marketing, politische Graffiti… neben dem Herausgeber sind die Texte noch von Simon Matzerath, Johannes Stahl, Myriama Idir, Jacob Kimwall und Sven Niemann. Ich denke das, auch angesichts des relativ hohen Preises, dieses Buch nur für wirkliche Fans von Graffiti ist, beziehungsweise für Menschen die ein großes historisches Interesse an Street Art haben. Für alle anderen gibt es andere Bücher, die viel mehr an Graffiti Kunst zu bieten haben und deutlich weniger akademisch sind. Dennoch, ich bin ganz froh das Buch gelesen zu haben, weil man einfach Dinge erfährt die man bisher noch nicht wusste und es eben auch gut gemacht ist. Teilweise sind die Abbildungen ziemlich klein, aber kann sein das dies den alten Aufnahmen geschuldet ist und, hätte man sie größer gezogen, sehr viel an Qualität verloren gegangen wäre. Das Buch ist auf deutsch und englisch. 240 Seiten, Softcover, 45,00 Euro (dolf)
Isbn 978-3777443591
[Trust # 232 Juni 2025]