Dezember 31st, 2023

LA-Reisebericht II (#213, 2022)

Posted in artikel by Jan

„I’d be safe and warm. If I was in L.A. California Dreaming“: Non-Punkrock Los Angeles Sightseeing 2022

Als Nachschlag zu meinem „Punkrock-Sightseeing in Los Angeles 2022“-Artikel in der Trust #212 Februar/März-Ausgabe 2022 finally Hinweise zu „Nicht-Punk-Musik- und Film-Locations“ in meiner Lieblingsstadt L.A.

Zur Erinnerung: ich wollte 2020 und 2021 längst wieder dort sein und sammele seit Jahren diesbezüglich Adressen aus Büchern und Reiseführern, eine Fernreise nach L.A. wird jedoch sehr schwer bzw. gar nicht mehr möglich sein in den nächsten Jahren, denn (Stand Januar 2022): in der „ZEIT“ hieß es neulich, dass man auch die strukturellen Missstände, die zu Corona führten, lösen muss: „Etwas zugespitzt könnte man auch sagen: Wir nehmen Tote in Kauf und geben Freiheits- und Grundrechte preis, weil wir die Krankenhäuser und die Altenpflege einer aggressiven Marktlogik überlassen und letztlich kaputtgespart haben“.

Das ist richtig, aber eigentlich auch zu kurz gedacht, denn das alle Bereiche unseres Lebens der Marktlogik unterworfen sind, das eben alles zur Ware geworden ist, das eigentlich eine sehr alte Erkenntnis, die natürlich jetzt am Beispiel der Gesundheitspolitik nochmal sehr sichtbar wird. Das Problem ist doch eben nicht nur, dass die Gesundheitspolitik eine Ware ist, sondern eben ALLES – und das hat dramatische Folgen, weil auch vieles miteinander zusammenhängt: Corona ist ja eben auch entstanden durch knallharte menschengemachte profitgetriebene Landwirtschaft, die sich auch noch in die entferntesten Gebiete von Wildtieren ausbreitet, so kam der Fuck von denen zu uns.

Corona beenden wird nur gehen, wenn alle Länder geimpft sind, aber das würde nicht mehr und nicht weniger als ein neues System verlangen. Die armen Länder haben ja keine Kohlen (was eben auch damit zusammenhängt, wie reiche Länder sich dort Jahrzehnte bedient und diese Länder ruinierten haben). Was sie bräuchten, wäre eine Freigabe der Impfpatente. Aber das kann eben nie passieren (es sei denn…), weil eine Marktwirtschaft sich ja genau darüber definiert, dass Privatiers Privat-Eigentum an solchen Dingen.

Und mit diesen Folgen dieses Systems werden wir nun noch viele Jahre leben müssen, mit dieser menschengemachten internen Krise des marktwirtschaftlichen Systems: so lange Menschen ungeimpft sind, so lange entstehen unter diesen immer neue Mutationen, die dann wieder die längst xmalgeboosterten treffen werden, das wird nie aufhören ohne Systemänderung und – ja, Luxusproblem der ersten Welt – wir können nur ängstlich oder leichtsinnig in die Ferne reisen, mit der Angst im Nacken, doch plötzlich durch eine aggressive Mutation positiv zu sein, gar ins Krankenhaus zu müssen und dann eventuell doch draufzugehen, weil die dort ganz andere Probleme haben als leichtsinnige Touristen.

Wirklich Bock auf Quarantäne bzw. Krankenhaus in L.A. bei positiv-Test und dann scheiss Verlauf? Ich war mal einen Tag in L.A. für 10 Stunden im Cedars Sina Krankenhaus (wo 1995 Eazy-E von NWA an HIV starb), aus einer Lappalie (9 Stunden und 45 Minuten waren nur Wartezeit für einen relativ harmlosen aber sehr „die Weiterreise behindernden“ Eingriff) entstand eine Rechnung von 4000 Dollar. Ja gut, auslandskrankenversichert und später sehr aufwendig komplett zurückbekommen, aber anzahlen musstest du vor Ort 1000 Dollar.

Rechne mal aus, wie viel dort dann drei Tage künstliches Koma inkl. Beatmung kostet. Will ich das wirklich in Kauf nehmen, um ein paar Häuser zu sehen? Sicher, vielleicht sieht es bald wieder anders aus, aber machen wir erst mal weiter mit „Trockenschwimmen“ und stellen uns nur vor, dass wir virtuell in Los Angeles sind. Kommt mit auf den Trip, es wird euch bestimmt Spaß machen. Wie sagten es The Lewd: „(Go to) Hell in Hollywood“!

„All the leaves are brown and the sky is grey…”
Vielleicht fallen einem The Mamas and the Papas nicht direkt als erstes ein, wenn man an nicht-Punk-Musik aus L.A. denkt und wir kommen noch zu den “big names”, Fakt ist aber: Sängerin Mama Cass Elliot wurde auf dem 5950 Forest Lawn Dr-Friedhof der Mount Sinai Memorial Parks and Mortuaries-Gesellschaft begraben, die größte jüdische Friedhofsorganisation in Kalifornien. Die Geschichte dieser Folk-Band ist verwickelt, tragisch, dunkel, Missbrauch und Inzest, Tod, Drogen, aber auch voller großer Songs und Sonne, quasi die ganze verwirrende Ambivalenz von L.A. zwischen Sonne, Palmen, Paradies und Tod, Horror, Gewalt in einer Band verdichtet. Mr. Brett sagte mal, dass Bad Religion und Adolenscents ihre Chöre ausschliesslich von „Mamas“ hätten. Vielleicht stimmt das ja.

Ok, an THE DOORS und Kollege Jim denkt man wohl sofort und die Band aus Santa Monica hat natürlich (zu) viele Spuren in L.A. Lustig: es gab das „Morrison Hotel” an der 1246 South Hope Street schon sehr lange, bevor es dann zum Cover der gleichnamigen (aus meiner Sicht auch besten Doors-) LP wurde (und später zum ersten Hardrock-Cafe, aber das ist eine andere Geschichte). Das Büro der Doors befand sich mitten in Hollywood auf dem 8512 Santa Monica Blvd., Jim feierte Ende der 60er im Alta Cienga Motel auf dem 1005 N La Cienga Blvd, bevor er nach Paris ging, wo er ja auch auf dem guten alten Cimetière du Père-Lachaise begraben ist. Zweimal dagewesen, nie kiffende Rotwein-saufende Hippies getroffen, gibt’s die nicht mehr? Nur als Randnoitz: berühmte Musikerinnengräber sind nie so wichtig gewesen. It´s a fucking shame! Ich war 2003 in Berlin-Wannsee bei dem Grab von Velvet Underground´s Chanteuse NICO, hat sie nicht mindestens genauso viel geile Songs (auch solo) gemacht wie die Doors? Die Welt ist ein Arschloch, ihr winziges Grab ist auf einem No-Name-Selbstmörderfriedhof, als ich da war, erzählte mir der Friedhofsgärtner (das Grab war ohne Nachfrage „damals“ unmöglich zu finden), dass „keine Sau wegen der kommt, wieso auch, war die berühmt?“.

Nun, ich komme leider um traurige „Dark Tourism“-Aspekte nicht herum, für mich „Kult“ ist das Landmark Hotel (7047 Franklin Ave), dort setzte sich Janis Joplin, die ich wirklich weiterhin vergöttere, leider ihren letzten Schuss. Sie stammte aus Texas, wurde in San Francisco dann berühmt und lebte am Ende in L.A. Einer der bekanntesten Figuren auch schon damals war der Radio-DJ Rodney Bingenheimer, der schon die Glitter-Zeit mit Kim Fowley prägte und dann Ende der 70er Punk in L.A. via seiner Sendung auf KROQ populär machte, sicher neben John Peel der bekannteste Radio-Moderator der Welt. Er empfängt seine Gäste wohl immer noch in „seinem“ Rodney Bingenheimers Dennys auf dem 7373 Sunset Blvd. Von dort könnt ihr zur Kreuzung Sunset Blvd at Evans Rd. fahren, aber Vorsicht, dort ist die berühmte Dead Man´s Curve (Vgl. den Song von „Jan & Dean”, einer von ihnen verunglückte da ja dann später wirklich).

Lasst uns jetzt in den Süden der Stadt nach Hawthrone fahren und was essen. Hawthrone ist der Stadtteil, aus dem die Beach Boys kommen. Vielleicht erinnert ihr euch an ihrem Song „Fun Fun Fun“ und dort an die Textzeile „Well she got her daddy’s car and she cruised through the hamburger stand now“. Gemeint war die immer noch existierende Pommesbude „Foosters Freeze“ auf dem 11969 Hawthorne Blvd. Heute wohnt Brian Wilson in Bel Air auf der 10452 Bellagio Road. Echte Rocknroll-Geschichte könntet ihr auf der 2727 Menlo Ave in University Park in der Nähe der UCLA schnuppern, dort verbrachte die aus Oklahoma City stammende Wanda Jackson ihre Kindheit.

Kaufen wir uns ein Warsteiner und fahren zum Utility Muffin Research Kitchen-Komplex auf dem 7885 Woodrow Wilson Drive. Dort hatte Frank Zappa sein Anwesen und Studio, das Gelände ist nun im Besitz von Lady Gaga. Wir rauchen nun erstmal einige Zappa-Gedenk-Zigaretten und überlegen uns ferner gut, ob wir die zwei folgende Ziele wirklich ansteuern wollen und entscheiden uns zumindest hier virtuell für ein „Ja“. An dem 10050 Cielo Drive fanden die Sharon-Tate-Manson-Family Morde statt und Phil Spector wohnte vor seinem Gefängnis-Aufenthalt im Pyrenees Castle in dem Stadtteil Alhalmbra (Pyrenees Dr.). Spector ist schwierig, er produzierte die schönsten Girl-Group-Hits aller Zeiten in den 60ern („Be my Baby“ bzw. für mich „Da doo ran ran“), war aber laut allen Büchern über ihn auch immer ein totaler Wahnsinniger und dann eben am Ende auch ein verurteilter Mörder. Ist das diese berühmt-berüchtigte „dünne Linie zwischen Genie und Wahnsinn“, ich werde das demnächst wohl Neil Young fragen, falls ich ihn zum Tee in seiner Hüte auf dem 611 Sky Line Trail im Topanga Canyon antreffe.

„Hollywood Babylon“
Neulich verstand ich erst, dass das Haus aus „Halloween I“ ein ganz normales Haus in Hollywood ist, es steht in der 1537 Orange Grove Ave – um die Ecke davon ist das Haus, was in „Nightmare on Elm Street“ auftauchte. Es sind also keine Kulissen in den Universal Studios, sondern tatsächlich echte Gebäude (zu dem „Halloween“-Haus steht alles hier: priceypads.com/then-now-the-homes-of-john-carpenters-1978-film-halloween-photos/).

Die Konzertläden in Hollywood wie der Stardust Ballroom (5612 Sunset) oder das Starwood (8151 Santa Monica Blvd) waren alte Läden aus den 60er, in denen sich dann aber auch zu Punk-Beginn Ende der 70er viel abspielte. Eddie Nash war der Besitzer vom Starwood-Club und ihr kennt möglicherweise die sogenannten „Wonderland Murders“ von 1981, in die neben Nash auch Porno-Darsteller John Holmes verwickelt gewesen war (was auch im Film „Boogie Nights“ thematisiert wurde). Dieses berüchtigte Haus befand sich auf der 8763 Wonderland Avenue („Wonderland“ heißt auch ein sehr guter Spielfilm dazu) im Laurel Canyon, alles weitere hier: laghosttour.com/the-wonderland-house.

Ein Buch, was den ganzen Wahnsinn in der Hollywood-Showbiz-Welt ziemlich gut, aber auch ekelhaft abbildet, ist natürlich Kenneth Angers „Hollywood Babylon“ (2 Teile, 1959). Wahrscheinlich haben The Misfits ihren Song danach benannt (ihr Bandname ist ja der Titel des allerletzten Marilyn Monroe-Films (tatsächlich nicht guter Western), Glens Hüte in L.A. ist aber sehr schön!). Begebt euch nun vom Laurel Canyon zu einem wirklich schönem Ziel in Malibu, aber macht kurz einen Halt so ziemlich in der Mitte an dem 13524 D’este Drive in Pacific Palisades. Dort befand sich der Exilbungalow von dem Frankfurter Schule Philosophen Max Horkheimer – wenn jemand mit „Kulturindustrie“ auch nur irgendwas zu tun hatte, dann ja wohl er oder (Vgl. das „Kulturindustrie“-Kapitel in der „Dialektik der Aufklärung“ von ihm und Adorno, das Buch wurde von 1939 bis 1944 dort geschrieben)!

In Malibu könnt ihr dann die Strand-Endszene von „Planet der Affen 1“ am Point Dume State Beach (vor Pirate´ s Cove Beach) „sehen“. Der Weg dorthin ist tricky, d.h. wenn ihr, wie ich immer vor Ort, keine Karre habt (man darf nicht vergessen, dass man für einen sicheren Parkplatz gut Geld braucht, ja nach Stadtteil-Hotel-Lage). Denn per Taxi ginge es zwar, es sind aber von zum Beispiel Hollywood nach Malibu hin und zurück mit dem LA City Cab schlappe 140 Dollar, klar, mit Uber geht’s natürlich für die Hälfte, aber will man die supporten? Der ÖPNV zeigt einem unfassbare Direkt-Wege von Downtown nach Malibu mit 2 Stunden für einen Weg, aber es gibt eine coole Variante: schlagt euch nach Santa Monica durch und von da dann mit dem 534 Malibu Express Bus seid ihr total schön via dem wunderschönem Pacific Highway Nummer 1 in 30 Minuten in Malibu (Vgl. media.metro.net/documents/5948bbb4-34ac-4e8d-8a37-455502df5e2d.pdf, mehr zum Film auf neon-zombie.net/das-twist-ende-von-planet-der-affen).

Es ist vielleicht von untergeordneter Bedeutung, aber „FYI“: James Dean starb 1955 bei einem Autounfall in Kalifornien circa vier Stunden nördlich von L.A., konkret an der Kreuzung der heutigen Highways 46 und 41 in Shandon (1 Stunde mit Karre östlich vom am Pazifik gelegenen wunderschönen San Luis Obispo); heute ist da die „James Dean Memorial Junction“. Es ist makaber, aber halt „wichtige prominente Info“ bezüglich des Restaurants Villa Capri in der 6735 Yucca Street in Heiligholz: „This is actually the last place Jimmy was seen having dinner“ (Vgl. martinostimemachine.blogspot.com/2021/04/the-villa-capri-in-hollywood.html).

Erwähnenswert ist noch das legendäre Künstler-Hotel Chateau Marmont auf dem 8221 Sunset Blvd, vielleicht das „New Yorker Chelsea Hotel“ von L.A., in dem allerlei Showbiz-Prominenz nächtigt(e) und wo sich John „Blues Brothers“ Belushi 1982 zu Tode drogte, angeblich verbrachte er seine Tage in L.A. gerne mit den Jungs von FEAR. Doch es ist ja jetzt mittlerweile schon spät bzw. früh, deshalb lasst uns frühstücken gehen. Wie wäre es in Glendale in dem „Pat & Lorraines Coffee Shop“ auf dem 4720 Eagle Rock Boulevard? Trinkgeld geben nicht vergessen, wir erinnern uns an die „Reservoir Dogs“-Szene, die in dem Laden spielte, es gibt ihn noch.

„Alles klar, Kleiner?“: The Lonely Stuntman
Prinzipiell ist es so, dass alle Filmeziele natürlich tausendmal genauer und besser im Netz beschrieben sind als jetzt zum Beispiel Musik-Locations wie das Grab von Mama Cass Elliot. Das die Abschiedsszene von „Nackte Kanone 1“ mit dem „I love L.A.“-Song von Randy Newman im Anaheim Angeles Baseball-Stadion gedreht wurde, war mir nicht bewusst (es gibt ja 2 Stadien, von den LA Dodgers noch), aber es existiert ein „Heiliger Gral“ in der Film-Locations-Szene, der auch mit Musik zu tun hat und bei dem auch das Netz nur spekuliert.

Es geht um nicht weniger als die verdammte Außen-Badewanne vom Colt Seavers Haus. Ihr wisst schon, Lee Majors, der uns den Song „The unknown Stuntmen“ schenkte und zu dem unerwarteten Erfolg des Songs in der BRD lapidar kommentierte: „I don’t know why but everybody has a hit in Germany. You know, David Hasselhoff had a hit in Germany, a number one. I had a number one in Germany. I guess they just don’t know much about music over there.” Jedenfalls „weiß“ ich bislang auch nur, dass das „Colt-Haus“ irgendwo am Woodrow Wilson Drive ist.

Tja, wie heißt es so schön in der alten südkalifornischen Volksweise: „But the hardest thing I ever do is watch my leading ladies. Kiss some other guy while I’m bandaging my knee.” 1L

 

Both comments and pings are currently closed. RSS 2.0