White Sparrows (#219, 2023)
Je dunkler die Nacht ist, desto heller muss das Licht scheinen, an dem wir uns orientieren. So in etwa haben wohl auch die White Sparrows gedacht, als sie sich an die Arbeit zu ihrer dritten Langspielplatte „Zwischen Liebe, Hass & Suff“ setzten. Auch abseits des neuen Albums macht die Band aus Hessen deutlich, dass Antifaschismus weitaus mehr ist als ein Gimmick, und dass die wichtigste Tradtition innerhalb der Subkultur die stetige Erneuerung ist.
Hallo und danke für eure Zeit! Beginnen wir doch gleich mit der schwierigsten Frage: Wie geht es euch?
Hallo, aber immer gerne. Danke für eure Zeit 🙂 Ich denke, jeder hat aktuell sein Päckchen zu tragen und die Zeiten sind unruhig. Aber der Optimismus sagt: Alles wird gut! Daher: Wir können uns nicht beklagen, uns geht es gut. Danke der Nachfrage.
Auf eurem dritten Album „Zwischen Liebe, Hass & Suff“ tanzt ihr konstant im teuflischen Dreieck zwischen antifaschistischem Widerstand, Sehnsucht nach einer besseren Zukunft und Betäubung hin und her. Wie viel autobiographischer Inhalt steckt in diesem Tanz?
Ui. Mal mehr mal weniger. Das Album ist auf jedenfall persönlicher und selbstreflektierter als alle vorherigen Veröffentlichungen. Also es stecken doch ganz viele eigene Erlebnisse, Erfahrungen, usw. in den Songs. Alles doch sehr persönlich.
Blicken wir mal mit dem Fernglas in die Vergangenheit. Hätte ein Album wie „Zwischen Liebe, Hass & Suff“ schon früher in eurer Bandhistorie entstehen können?
Das glaube ich nicht. Viele der Texte sind erst durch den ganzen Mist aber auch die ganzen wunderbaren Dinge die man zum einen als Mensch im Laufe seines Lebens erlebt, aber auch durch die vielen Jahre innerhalb dieser Band entstanden. Daher denke ich dass das Album genau zur richtigen Zeit erscheint, da es uns als Menschen sowie die Band der letzten 10 Jahre sehr gut widerspiegelt.
Eure Botschaft ist von einer klaren antifaschistischen Haltung geprägt. Vor allem betont ihr, dass die neue Rechte kaum beachtet zu neuer Stärke wachsen konnte. Haben wir die Wiederkehr des Faschismus zu lange nicht ernst genommen?
Der Faschismus konnte wieder wachsen. Er kam wieder aus dem finsteren Kellerloch wo er hätte bleiben sollen und sitzt nun gemütlich wieder bei den Spießbürgern am Tisch und wurde wieder gesellschaftsfähig. Getarnt als „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“, irgendeine kranke „Alternative“ oder als „besorgter Bürger“. Damals brannten Flüchtlingsheime. Sie brennen wieder. Sie brennen immernoch.
Beängstigend. Umso wichtiger ist es nun weiterhin die Klappe aufzumachen und diesen Individuen die Stirn zu bieten und zu zeigen dass nirgends auf dieser Welt platz für solch krankes Gedankengut ist. Nie wieder Faschismus!
Vor über 40 Jahren haben A + P gesungen „Polaroid, Polaroid, keine Zeit für Menschlichkeit“; heute ist (nicht nur auf eurem neuen Album) die Sofortbildkamera zu einem Stück lebendiger Nostalgie geworden. Zunächst: ist der Song als kleine Deutschpunk-Referenz gedacht?
Und wenn wir vor allem an die Subkultur denken: welche Rolle spielen für euch Nostalgie einerseits oder festgefahrene Strukturen? Der Song soll auf jedenfall, auch durch seine Uptempo-Strophen, an klassische Deutschpunk-Hymnen anknüpfen. Auch das Thema mit der Nostalgie, dem Blick in die Vergangenheit ist natürlich darauf gemünzt. Ein Song der quasi die Vergangenheit durch ein Polaroid mit der Gegenwart verbindet. Ein wenig Herzschmerz und Verzweiflung. Alles was übrig bleibt ist eben das alte Polaroid. Tragisch und süß. Deutschpunk, quasi! 😉
Die Szenefrage ist da natürlich so eine Sache. Auf der einen Seite ist Nostalgie natürlich wichtig. Immer wieder finden wir uns in Situationen wieder, in denen wir Bier trinkend durchs Zimmer oder den Tourbus tanzend die alten Hits zelebrieren. Das ist auch wichtig. Nur sollte dies nicht mit einer gewissen festgefahrenheit einhergehen sondern viel mehr die guten alten Zeiten mit den guten neuen Zeiten verbinden. Die jungen Bands und die alten auf einen Sampler packen. Zusammenhalten, die alten und die neuen Sachen feiern. Das ist Subkultur.
Wir sind am Ende angelangt, und kommen damit zur zweitschwierigsten Frage: Gibt es etwas, dass ihr den TRUST-Leser*innen mit auf den Weg geben möchtet?
Gebt aufeinander acht, unterstütz die Szene und geht auf kleine Konzerte. Wir wollen auch in vielen Jahren gemeinsam in den schönsten Clubs der Welt feiern also lasst sie nicht untergehen! Bleibt optimistisch und hört die neue Sparrows-Platte. 😀 😉 Habt eine geile Zeit! Danke für das feine Interview, Trust! <3
Text/Interview: Raphael Lukas