März 17th, 2007

THE NOW DENIAL (#118, 06-2006)

Posted in interview by jörg

Es hat ein wenig gedauert aber nun gibt es endlich einmal etwas von The Now-Denial im TRUST zu lesen. Die Bandmitglieder sind auf Bremen, Münster und Bielefeld verteilt und alle sind schon seit einigen Jahren musikalisch aktiv in Bands, wie Buouancy, Enfold, Hypris, Durango 95, Surf Nazis Must Die und Force Of Change. Hardcore-Punk der Marke From Ashes Rise, Tragedy, His Hero Is Gone usw. wären nahe liegende Vergleiche, um die Band etwas eher einzuordnen – wenn man denn einordnen möchte.

The Now-Denial sind: Chris am Schlagzeug, Robin und Jens an den Gitarren, Sören am Gesang und Phillip am Bass. Das Interview gab Sänger Sören.

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Hallo Sören. Eigentlich wollten wir uns ja auf dem Fanziner-Treffen sehen und ein Interview machen, doch leider war ich an diesem Tag etwas zu krank für so eine Reise. Wie war es denn dort?

Sören: Ehrlich gesagt war es ein komisches Konzert für uns. Es ist schon immer seltsam nicht gemeinsam zur Show zu fahren und dann waren fast alle in, sagen wir mal, etwas gedrückter Stimmung. Warum auch immer. Herbst. Winter. Das Spielen hat aber Spass gemacht. Das ist für mich immer wieder beeindruckend, dass beim ersten Ton eine Parallelwelt entsteht. Nicht immer, aber nach all den Jahren überraschend oft.

Von dem eigentlichen Anlass, dem Fanziner-Treffen, haben wir nichts mitbekommen. Ich habe einen kurzen Blick in den “Ausstellungsraum” geworfen, aber mir dann diverse Hefte und Zines anzuschauen, hatte ich keine Lust. Das ist kein Medium mehr, welches mich wirklich interessiert, obwohl natürlich ein diffuses “cool, dass es das gibt” nach wie vor besteht.

Siehst du denn da noch mal eine Chance, dass Fanzines für dich wieder irgendwie interessant/lesbar oder sogar halbwegs relevant werden könnten?

Sören: Eigentlich glaube ich das nicht wirklich. Natürlich lese ich auch immer mal wieder in Zines, aber das ist dann eher eine sehr oberflächliche Sache, weil mich mal ein Interview interessiert oder ich Zeit unkompliziert überbrücken will, z.B. auf Konzerten. Was meine Leseaktivitäten angeht, bin ich so fixiert auf Bücher oder Zeitungen, dass mich schon der Schreibstil der meisten Zines nicht kickt.

Das war auch ein Grund, warum ich es selbst eingestellt habe ein Zine zu machen. Weil ich mit der Form unzufrieden war und darunter für mich auch der Inhalt sehr gelitten hat. Deshalb denke ich, dass für mich Zines eine zeitlang wichtig waren, aber ihre Aufgabe damit auch erfüllt ist. Obwohl ich ehrlicherweise zugeben muss, dass, für uns als Band, Zines nicht unwichtig sind. Reviews, Interviews, Fotos helfen uns auf jeden Fall weiter.

Verstehe. Sören, du hast mal in einem Interview mit Beatpunk gesagt, dass ganz viel Identitätssuche dahinter steckt, wenn man so eine Subkultur für sich entdeckt. Mit der Subkultur ist wohl Punk/Hardcore etc. gemeint und das mit der Identitätssuche finde ich interessant. Sag doch bitte mal mehr dazu! Findest du, es ist schwer für einen Jugendlichen mit dieser Subkultur und ihrer Musik in Kontakt zu kommen?

Sören: Erst mal zur pubertären Identitätssuche. Da will ich eigentlich gar nicht so ins Detail gehen. Da gibt es bestimmt irgendwelche wissenschaftlichen Abarbeitungen zu, die dieses Phänomen ganz gut treffen. Bei mir kann ich im Rückblick ganz klar sagen, dass ich auf der Suche nach so etwas wie Zugehörigkeit war. Irgendwann war die “Zugehörigkeit” im Handballverein nicht mehr ausreichend befriedigend, da es schwierig ist ein Lebensgefühl, eine Identität des Handballers auch nach aussen darzustellen.

Und dann wurden verschiedenste Sachen ausprobiert. Vom Jonglieren bis zum Skateboard fahren. Und nach Musik gesucht die cooler war als Bryan Adams oder Bon Jovi. Ob die ärzte und die Toten Hosen wirklich cooler sind, bleibt natürlich die Frage, aber für mich damals schon. Und da komme ich zu deiner Frage, ob es leicht ist in Kontakt mit “Subkultur” zu kommen. Bei mir hat das noch ewig gedauert bis ich jenseits des Graubereichs noch unabhängigeres und alternativeres gefunden habe. Da gehört natürlich zu, dass mensch mal die Leute trifft, die einen dann an die Hand nehmen. Nen Tape aufnehmen, auf ne Demo schleppen oder zu nem Konzert.

Ich hatte das Glück in eine Antifa-Jugendgruppe mitgeschleppt zu werden, wo dann eine gehörige Portion an politischer und musikalischer Sozialisation stattgefunden hat. Aber so eine Suche nach dem “wer bin ich”, “wo will ich hin” etc. ist dann ja mit einer sehr auf äusserlichkeiten beschränkten Zugehörigkeit zu einer “Szene” (und da passt Hardcore/Punk ausgezeichnet) meinem Empfinden nach nicht abgeschlossen. Und das ist für mich auch Hauptkritikpunkt daran, dass viele sich mit dieser Zugehörigkeit zufrieden geben.

Ich meine, ich weiss wie wichtig dieses Gefühl ist irgendwo zu Hause zu sein, aber kann das wirklich befriedigend mit den richtigen Frisuren, T-Shirts und Schallplatten bewerkstelligt werden? Und diese ganzen Unterschubladen dienen auch nicht dazu sich klarer zu definieren. Es ist letztendlich eben ein Kulturangebot. Ob nun sub- oder alternativ-, kommt die Funktion dann doch wieder irgendwo beim Handballverein an. Abgesehen von den Möglichkeiten, die es definitiv in diesen Sub-Geschichten mehr gibt.

Und damit meine ich nicht nur politische Möglichkeiten sich auseinanderzusetzen, zu engagieren, etc. sondern auch ganz individuelle, kreative, persönliche,… Und was das angeht ist es für Jugendliche, die mit den Graubereichen, besonders der Musik, von subkulturellen Erscheinungen recht gut in Kontakt kommen können, bestimmt eher schwierig dieses Potenzial zu durchschauen. Und manche, wohl die meisten, begnügen sich mit dem offensichtlichen Angebot. Soll heissen, dass es recht einfach ist von den Toten Hosen auf Slime zu kommen und von Slime zu sagen wir mal den Dead Kennedys und dann Minor Threat.

Aber dann irgendwann mal z.B. die ganze Deutschland-In-Decline-Klitsche schätzen zu lernen ist schwerer, und dann vielleicht mal ne Band zu machen, auf Tour zu gehen, ne Platte selbst raus zu bringen, selbst zu gestalten, zu schreiben, ein Fanzine zu machen, etc. pp. ist am Punkt Dead Kennedys oder Minor Threat überhaupt noch nicht abzuschätzen. Und vielen reicht das dann eben. Von einem kritischen, emanzipatorischen Denk- und Lebenskonzept ist das natürlich Lichtjahre entfernt, bietet aber Möglichkeiten des Entdeckens und der Entwicklung.

Gefällt mir gut, was du da sagst. Auch gut gefallen mir eure Texte. Glaubst du, viele Leute, die sich eure Musik anhören, gucken sich auch eure Texte an und machen sich Gedanken darüber?

Sören: Nun, Texte sind und bleiben wichtiger Bestandteil von The Now-Denial, aber sie sind und bleiben auch nur ein Angebot. Ich glaube schon, dass sich viele Leute die Texte anschauen. Wir versuchen ja auch diesen Kreis zu vergrössern, indem wir auf Konzerten unsere Texte in Form von Textblättern zugänglich machen. Aber in wie weit sich Menschen wirklich damit auseinandersetzen ist ganz schwer zu beurteilen. Wohl eher wenige. Letztendlich verbreiten wir auch keine grossen Neuigkeiten und es ist allemal spannender ein Buch zu lesen. Oft habe ich den Eindruck, dass Texte nur dazu dienen, diese oder jene Band zuordnen zu können.

Wir haben irgendwie den Stempel politische Hardcore-Band weg, womit ich im Prinzip Leben kann. Aber das beruht doch auch nur auf einem recht oberflächlichen Bezug auf die Texte und dem entstandenen Image. Fast jede x-beliebige Hardcore/Punk-Band hat schon aus traditionalistischen Gründen irgendwie politische oder zumindest sozialkritische Texte und die wenigsten haben den Stempel Polit-Band weg.

Was ist überhaupt eine politische Band? Reicht da ein Anarchie-Patch und ein “Fuck George Bush”-T-Shirt? Oder muss ich im Bauwagen leben und vegan sein? Muss ich an den richtigen Stellen mit Foucault-Zitaten um mich werfen? Wahlweise auch Adorno? Oder muss ich kadermässig in Parteien oder Polit-Gruppen organisiert sein? Es scheint auszureichen persönliche und ehrliche Texte zu schreiben und schon ein bisschen länger dabei zu sein und live auch mal eine Ansage zu machen. Dann ist es schon fast egal, was du wirklich in den Texten stehen hast, der Stempel bleibt. Deshalb finde ich den Stempel auch etwas seltsam, denn knallharte Polit-Texte haben wir gar nicht.

Erst einmal: wie sollte es denn deiner Meinung nach im – nennen wir es mal Idealfall – sein? Dann noch finde ich das gut, dass ihr öfter mal eure Texte in Form von Textblättern verteilt. Die liegen aber wahrscheinlich trotzdem nach dem Konzert fast alle auf dem Boden rum oder?

Sören: Haha, im Idealfall würde die ganzen Hardcore/Punk-Bands ihre Texte 100% leben. Dann sähe die Landschaft etwas anders aus. Wenn ich mir das Potential für u.a. auch militanteren Widerstand in hc/p-Texten anschaue, dann ginge es hier ständig total ab und auch über sexistische und rassistische Strukturen in dem Bereich müssten wir uns kaum noch Gedanken machen. Ganz abgesehen davon, dass Nazis sich vor der übermacht an aktiven AntifaschistInnen die Hosen voll machten (und nicht umgekehrt, wie in zu vielen Regionen).

Aber Verbalradikalismus gehört seit jeher dazu und da nehme ich The Now-Denial auf keinen Fall raus. Was den Umgang mit Texten sonst angeht, bin ich sehr ambivalent. Natürlich wäre es wünschenswert, dass sich die HöhrerInnen ernsthaft mit den Texten beschäftigen, aber wie ich schon oben angedeutet habe, sind hc/p-Texte nicht so spannend und neu. Mir selbst dienen sie ja auch eher als emotionaler Output, denn als geistreicher Beitrag zu diesem oder jenem Diskurs. Und genau so ambivalent ist die Sache mit den Textblättern.

Ich kann nicht sagen, was ich mir davon erhoffe. Das ist auch eher was Nostalgisches. Für mich gehören Texte dazu, sie sind wichtiger Bestandteil des Ganzen. Deshalb sollen sie auch auf Konzerten zugänglich sein. Es ist auch nicht mal so, dass sie nach der Show auf dem Boden liegen. Aber ob sie eingesteckt werden, weil eine Erwartungshaltung, die mit dem Verteilen natürlich einhergeht, befriedigt werden muss oder aus echtem Interesse, das weiss ich nicht.

Und nun noch einmal zu den Texten, genauer zu “The Long Way”, wo es, wenn ich das richtig verstanden habe, um den natürlichen Wunsch nach Selbstverwirklichung geht und die Steine, die einem da in den Weg gelegt werden. Ich glaube da eine Ohnmacht gegenüber dieser Sache heraus zu lesen. Erst einmal: liege ich da richtig und wenn ja, dann: gab es eine auslösende Erfahrung für das Schreiben dieses Textes.

Sören: Du liegst da nicht ganz richtig. Bei dem Text ging es mir eher darum zu beschreiben, wie privilegiert wir sind etwas wie Selbstverwirklichung als natürlichen Wunsch zu verstehen. Wenn wir nur ein bisschen die Augen aufmachen, wimmelt es von Menschen, die gar keine Wahlmöglichkeiten haben. Ich habe das Gefühl gar nicht oft genug beschreiben zu können, dass “wir” mal die Selbstverständlichkeiten unseres weissen, westlichen, gut gebildeten Mittelklasselebens als etwas überaus Privilegiertes wahrzunehmen beginnen müssen.

Das schliesst natürlich ein grösseres Bewusstsein über Menschen mit ein, für die Selbstverwirklichung nur ein ferner Traum ist, falls sie von so etwas überhaupt schon mal gehört haben. Muss ich da jetzt eine Aufzählung anhängen? Ich hoffe nicht. Aber vor allem geht es mir in dem Text darum auszudrücken, wie viel mehr ich aus meiner Position machen könnte. Klar sind die im Wege liegenden Steine immer so gross, wie sie die Ausgangsposition macht. Ich werde nicht anfangen einen Vergleich mit einem zur Sexarbeit gezwungenen Kind auf den Philippinen einzufordern oder einem 13 jährigen Soldaten in einem der unzähligen Bürgerkriege.

Und ich weiss auch wie lähmend und brutal die Erwartungshaltung hier von Eltern oder diesem wenig greifbaren Komplex kapitalistische Gesellschaft sein kann. Auch da muss ich nur die Augen aufmachen und sehe täglich daran zerbrechende oder bereits zerbrochene Menschen. Aber was begreifen wir als Selbstverwirklichung? Einen coolen, befriedigenden Job? Fände ich auch super. Eine abgefahrene Reise nach Timbuktu? Fände ich auch spannend. Ein Haus bauen? Eine Familie gründen? Kein Kommentar meinerseits, aber diese Scheisse so auf einen Sockel zu heben, finde ich zum Kotzen. Wie sieht es denn damit aus sich selbst zu verändern? Wie sieht es damit aus die bestehenden Grenzen in sich auszuweiten, zu durchbrechen? Verhaltensmuster zu ändern, etc. pp.

Oder sich nicht mehr in den von uns/ der Gesellschaft abgesteckten Rahmen zu bewegen. Eine Identität entwickeln, die sich durch sich selbst definiert und nicht an äusserlichkeiten orientiert. Hm, es ist schwer so etwas konkret zu formulieren. Aber vielleicht wird deutlich worauf ich abziele. Sich einfach nicht mit dem Angebotenen zufrieden stellen und das erst recht nicht als Selbstverwirklichung abzufeiern. Wenn wir unbedingt bei dem Begriff Selbstverwirklichung bleiben wollen, kann das doch so wie so nur ein Prozess sein und niemals etwas Abgeschlossenes.

Das meinte ich mit den Textzeilen “I`m realizing more and more what i could be, where i should go, what we should do…. Ach so, es gab sogar einen Auslöser für den Text und das war auf einem Yage-Konzert, wo diverse Kids inbrünstig die Textzeile “mach die Selbstverwirklichung zum Ziel” mitgesungen haben. Natürlich ist das sehr oberflächlich, aber in dem Moment fand ich es nur zum Kotzen.

Ihr habt diese Benefit Split Inch EP mit Seein` Red namens “Hope Vs. Disillusion” veröffentlicht, um den Opfern und Gefangenen des G8 Treffens 2001 in Genua zu helfen bzw. um die Leute hier darauf aufmerksam zu machen, sie für das Thema zu sensibilisieren. Liegen dir da irgendwelche Informationen vor, was ihr mit dem Geld und der Veröffentlichung selbst bewirken konntet? Der Song “I don`t care about friendly cops” von der “Truth Is On Fire LP hätte da auch gut auf die EP gepasst…

Sören: Es ist immer schwer wirklich zu beurteilen, was solch ein Release bewirkt. Aber das ist ja auch nicht so wichtig gewesen. Mir ging es vor allem darum etwas zu machen. Da es eine persönliche Verbindung zu Betroffenen gibt, lag die Idee schon sehr nahe. Und da geht es nur zweitrangig um Geld oder einen Aufklärungserfolg. Da geht es vor allem darum Unterstützungswillen zu zeigen. In allen Bereichen.

Also auch mit der verkackten Band oder dem Label. Zu zeigen, dass hier Leute sind, die sich bemühen, die auf dem Schirm haben, dass schockiert sein nicht ausreicht. Und natürlich ist dabei auch Geld rumgekommen, denn Seein Red verkaufen sich immer noch ganz gut. Wofür das Geld jetzt genau ausgegeben wurde weiss ich nicht. Ich habe es vertrauensvoll in andere Hände gelegt. Aber bei den Kosten, die im schlimmsten Fall noch auf die Betroffenen zukommen, ist das natürlich nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Was das Sensibilisieren für das Thema angeht, hoffe ich eigentlich, dass das nicht nötig war, denn in den Medien ist das ganze Genua-Ding ausführlich behandelt worden. Und wer bei den Bildern nicht zwischen den Zeilen lesen kann, dem/ der hilft auch keine Punk-Platte mehr.

Gerne hätte ich in der Platte noch Berichte von den Menschen gehabt, die ganz real Erfahrungen mit italienischen Knästen machen mussten. Doch alle die ich gefragt habe, konnten das zu dem Zeitpunkt nicht in Worte fassen und für so etwas wie eine Schallplatte aufschreiben. Das Lied “I don`t care about friendly cops ist natürlich direkt in dem Zusammenhang und unter dem Eindruck des Todes von Carlo Giuliani, des überfalls auf die Diaz-Schule, etc. entstanden. Ich weiss gar nicht, ob das Lied zu dem Zeitpunkt der Aufnahmen schon fertig war. Aber das ist ja auch egal. Es bleibt weiter, vor allem emotional, ein sehr berechtigter Text und das egal auf welcher Platte der nun drauf ist.

Auf dieser Benefit Split steht “Tomte tumme tott a.k.a. the one-man-love-peace-&-harmony-society. Ist das einfach der von dir dafür erdachte Name für das Projekt “Hope Vs. Disillusion” oder ist da noch mehr, von dem ich ja nichts weiss? Deine E-Mail Adresse klingt ja ähnlich und es ist ein 1-Mann Ding…

Sören: Ja, da ist noch mehr. Tomte Tumme Tott ist der Name von dem Label, welches ich sporadisch seit gut 10 Jahren mache. Der Zusatz “one-man-love-peace-&-harmony-society” ist auch schon ein bisschen älter. Das ist ein kleiner Seitenhieb auf den sozialdemokratischen, linksliberalen Glauben an das Gute und eine etwas zynische (und etwas alberne) Glorifikation der Soziopathie, welcher den Namen Tomte Tumme Tott etwas modernisieren sollte. Namen aus Kinderbüchern waren mal unglaublich modern, hahaha.

Die letzte Veröffentlichung war wohl der Heartfirst Sampler – “Deutschland in Decline” bedeutet für euch?

Sören: Ein cooler, mit der Punk-Nostalgie spielender Titel für eine ziemlich dufte Compilation 7″.

Auf der ihr ja auch vertreten seid. Was hört ihr euch an, wenn ihr mal weder Hardcore noch Punk hört?

Sören: Zurzeit höre ich ziemlich wenig Hardcore/Punk. Das sind immer mal so Phasen und derzeit höre ich fast ausschliesslich Hip-Hop. Aesop Rock, Atoms Family, Illogic, Sole…um nur ein paar verdammt gute Sachen zu nennen. Auch sonst höre ich viel jenseits von Hardcore/Punk. Viel Indie-Kram und so. Hauptsache, es trifft meinen Nerv. Das ist bei den anderen ähnlich. Unser Musikgeschmack ist sehr weit gefächert.

Würdet ihr euch eine Band, die zwar Live spielerisch und soundtechnisch euren Geschmack trifft, jedoch wie angewurzelt auf der Bühne steht und bei der die Kommunikation zu den anwesenden Hörern vollends auf der Strecke bleibt, ein weiteres Mal Live ansehen?

Sören: Das kommt ziemlich darauf an, wie gut ich die finde und auch, was es für Musik ist. Kann ja durchaus auch ein Statement sein. Bei Hardcore/Punk-Bands ist die Vorstellung etwas ulkig, obwohl sich Enthusiasmus und eine emotionale Performance nicht nur durch Bewegung ausdrücken muss. Mir selbst würde das einfach keinen Spass machen, aber bei ruhigerer Musik oder besonders komplizierter Musik wäre das überhaupt kein Problem.

Gut, soweit hatte ich nun gar nicht gedacht und war nur bei den etwas schnelleren und lauteren Bands. Ich habe gefragt, weil ich so oft Bands sehe, bei denen nichts rüber kommt. Vielleicht sehe ich aber auch zu oft die falschen Bands. Was haltet ihr von Violent-Dancing/hartem Moshen/Windmilling und diesen ganzen Kartekicks usw.? Werdet ihr, auch wenn das wohl eher unüblich ist auf Konzerten eurer Musikrichtung, auch schon einmal auf solche “Tänzer” aufmerksam?

Sören: Da muss ich mir zum Glück keine Gedanken drüber machen. Ich habe das bislang noch fast nie erlebt und es interessiert mich auch nicht. So etwas hat nichts mit mir und meinem Leben zu tun. Oder mit The Now-Denial. Unsereins macht sich Gedanken, wenn es ein bisschen mehr Pogo gibt, und wenn alle Jubeljahre wer bei uns dived, ob das noch cool ist und nicht zu viele Leute einschränkt.

Das dachte ich mir schon und das finde ich auch gut so von euch. Besucht ihr oft selbst Konzerte oder habt ihr mit denen, auf denen ihr Spielt, genug?

Sören: Die Motivation auf Konzerte zu gehen hängt tatsächlich etwas mit der Häufigkeit der eigenen zusammen. Eigentlich gehe ich nach wie vor saugerne auf Konzerte. Live-Musik ist halt das Beste, aber die Ansprüche ändern sich eben auch. Oft ist es hier vor Ort in Bremen mehr ein soziales Event, um mit netten Leuten was zu unternehmen, als unbedingt die Band sehen zu wollen.

Dass mich eine Band, die ich nicht sowieso schon mag, live total kickt, ist sehr selten geworden. Und dann stellt sich die Frage, ob ich nun aufs Konzert gehe definitiv häufiger als vor 10 Jahren. Aber ein paar Sachen in nächster Zeit wecken doch etwas Vorfreude, wie das erste Konzert von Lowbot (ex-zeroid), Coliseum oder auch das Interesse wie die Avengers im Jahre 2006 ihre Legende demontieren (oder eben nicht). (Nicht demontiert, war echt unpeinlich und nett…) Danke für das Interview und deine Mühen/Geduld!

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Bandhomepage: thenowdenial.de
E-Mail: thenowdenial@gmx.de

2001 “Hope Vs Disillusion EP Benefit Split 7″ mit Seein’ Red (Tomte Tumme Tott)

2002 “Truth Is On Fire LP (Scorched Eath Policy/Flowerviolence/Damaged)

2003 “Hope Vs. Disillusion EP Benefit Split 7mit Highscore (Tomte Tumme
Tott/Repulsive Force (Japan))

2004 “Viva Viva Threatening (Sabotage/Scorched Earth Policy)

2006 “Discgraphy” CD mit vinyl-only Kram, Unveröffentlichtem, Hits und Videos
(Sabotage/Too Circle (Japan))

Interview: Andreas Lehnertz

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