März 31st, 2016

SUPERSUCKERS (#55, 12-1995)

Posted in interview by Jan

Na, haben wir uns jetzt ausverkauft? Haben uns zahlreiche Promotionmänner den Hintern abgeputzt? Oder haben wir nur einen Grund gesucht, um ab 10.30 morgens Bier zu trinken? Na, das lassen wir mal beiseite: Die Supersuckers sind all das, was Du haßt: Politisch unkorrekter, betrunkener Yankee mit Cowboy Hut Punk Rock, und das schon lange genug, ohne daß ich hier das böse Wort mit 4 Buchtsaben (P***) weiter zerbröseln möchte. Waren sie früher auf Labels wie Sympathy ftri zu finden, haben sie sich irgendwann zu Sub Pop begeben, und fröhnen dort eigentlich keiner besonderen Aufmerksamkeit, weil zu un-pop-ulär die Musik, und zu un-korrekt das Auftreten. Nun, jetzt sind sie also quasi auf einem Major Label, naja, das ist ihnen wohl ziemlich egal, ergo sollte es dann auch uns nicht anders gehen. Die neue LP äh CD heißt „Sacrilicious“ und liegt irgendwo zwischen ihren frühen Platten, den Didjits (abwarte…), und den in letzter Zeit mit so viel Fanzinelob überschütteten Bands aus dem Crypt Rec. Umfeld. Also: Auf zum Interview, hossa hop! Dan-drms, Eddie-voc/bs

Also, das Tape läuft jetzt.

D: Wir rollen auch. Das macht das Trust-Bier.

Ihr seht anders aus, als das letzte Mal, so vom Styling. Es fehlen Sonnenbrillen.

E: Oh, die sind genau hier (und schwupp! auf der Nase)

Aber der Sub Pop Look fehlt! Die Jacken!

E: Die Tankstellenjacken, jaja.

D: Das war einmal. In den USA betreibt der Name Sub Pop ja Warner, so könnte man fast meinen, weil Warner eh’ nie etwas auf den Plan kriegen würde. Hier in Europa ist es anders… Glitterhouse ist weg (die Sub Pop Europe machten Anm.)…

Also wurdet ihr am Airport von einem schleimigen Vertreter euerer Plattenfirma begrüßt. Wie ist das Hotel?

E: Wesentlich besser als das letzte Mal. Die Dusche ist klasse. Was denkst Du, welche Note?

D: Auf einer Skala von 1 bis 10 bekommt diese Dusche eine 7.

E: Da würde ich noch etwas höher gehen, wegen dem abnehmbaren Duschkopf. Eine 8, eigentlich sogar eine 8 1/2.

Die Massageleistung?

D: Ist nicht so gut. Daher ist es auch keine 10.

E: Außerdem bewegt sich der Kopf ein wenig zur Seite.

Und die Mini Bar?

E: Ist o.k, heute morgen getestet.

D: Aber nicht so gut wie die eine in Holland, meine Güte.

E: Es sind keine Snacks drin, das ist scheiße.

D: Doch, eine Toblerone.

E: Na gut, übersehen.

D: Gut sind, die, wo die ganzen Süßigkeiten sind, wenn man nachts nach Hause kommt und stoned ist.

Welche Richtung zieht ihr da vor: Die süßen Sachen oder Salzgebäck o.ä.?

D: Da gibt es sicherlich zweierlei Schulen. Aber im Normalfall süß, bei Alkohol salzig, oder? Der Standard halt. E: Oder du gehst den Mittelweg: Choccolate Chip Plätzchen.

Und Deine Ballaststoffe, die sind da auch dabei.

D: Sehr richtig. Die Ballaststoffe.

Gerade für morgens, auf’m Klo.

E: Ja. Willie Nelson sagte uns, `you need some grease to make it turn’.

Ah, da wollten wir ja hin. Auch wenn man sich die Antwort fast schon denkt, was ist denn nun mit diesem, ganzen neuen Country – Kram?

D: Es ist kein Country, es ist Heavy Metal! In den Mittachzigern gab es einen Haufen schlechte H/M Bands. In den Neunzigern sind es schlechte Country Bands. Es sieht bei den Shows aus wie bei H/M Konzerten. Die zer-hauen ihre Gitarren, es gibt Explosionen und Laser. Van Halen 10 Jahre früher.

E: Dwight Yokham (sp?)

D: Der nicht. Der gehört eher zu älteren Coun-try Performer Schule.

Und, welche Schublade öffnet ihr für Euch? Los, sagt was schlechtes.

E: Oh, wir sind in der Kick – Ass R’n’R Katego-rie! (Danke)

Und warum spielt ihr heute bei einer von Marlboro gesponserten Nummer? Kippen umsonst?

D: Na hoffentlich. Ich bin der neue Marlboro Mann.

E: Wenn du in einer Band spielst, kriegst du viele Sachen nicht mit, z.B., daß wir hier direkt auf Warner Brothers sind. Von Marlboro habe ich vor 10 Minuten gehört. Ich habe auch noch nie was von der Pop Komm gehört – und es ist fett!

D: Sie (Marl.) bezahlen es halt, was soll’s.

E: In den USA machen sie zur Zeit so Werbung: Das Budweiser Spotlight, und dann zeigen sie irgendeine Band, aber natürlich sollst du nur mehr Bier trinken. Im Normalfall mußt du das bei den von ihnen ausgesuchten Bands auch, um’s zu ertragen.

Mit der Punk Rock in den Charts Nummer, was verändert sich da für euch?

D: Naja, bei unserer letzten Show in San Francisco – früher kamen halt hauptsächlich Typen, die ihre Faust schwingen wollten – und jetzt.

E: Nichts dagegen!

D: Und jetzt kommen sehr viel mehr Frauen und Mädchen. Und die grapschen dann nach deinem Bein und so’n Scheiß.

Sagt euer Promoter nicht: Los, weg mit den Hüten, schneidet euch’n Iro?

D: Jedesmal, wenn ich in den letzten Jahren nach Berkeley kam, dachte ich mir: welches Jahr soll das sein? London `78 oder wie? Ich meine, letztendlich gibt es nichts besseres im Leben als eine gute Punkrockband. Aber ich habe uns nie als so etwas gesehen. Wir haben immer R’n’R gespielt.

Im Moment kriegt artverwandtes Zeug (zu den Supersuckers.) hier in Deutschland das größte Fanzine – Medien – Interesse, insbesondere die Bands, die auf Crypt sind.

D: Die sind auch alle ziemlich gut, New Bomb Turks, Gories, Blues Explosion…

Alle 20 Sekunden bei `nem Gig brüllt der (Sänger Jon Spencer): The Blues Explosion.

D: Wenn du nicht weißt, was du brüllen sollst, brüllst du einfach den Namen deiner Band. Eigentlich genial. Das versuche ich heute Nacht auch.(…)

D: Das Schöne an Sub Pop ist die Distribution. Jeder, der möchte, kann unsere Platte kaufen. Wären wir jetzt eine Band, die um ihren Status bez. Indie / Street Credibility besorgt wäre, dann ist das natürlich nichts. Aber das war uns schon immer egal.

E: Heute morgen haben wir das erste Mal jemandem von Warner getroffen. Auch im Studio oder so kam noch nie einer vorbei.

D: Wenn die sich da reinhängen, würden wir auch sicherlich Ärger machen.

E: Sicherlich. Manchmal passieren aber auch Sachen, wo du nicht weißt, wie du dazu stehen sollst: Wir spielen diese Riesenshow vor 20.000 Leuten in Colorado namens `Red Rock’ u.a. mit den Violent Femmes.

Brr. Naja, dürft ihr halt nicht Ice Cube covern, oder so.

D: Wir spielen nicht so viele alte Lieder im Moment, weil wir unseren Neuling anlernen müssen. Rick Simms von den Didjits.

(Verblüffung, erstaunen, sprachlos)

Und die Didjits?

D: Gibt’s nicht mehr. Wir sind die neuen Didjits, ha! … das ist im Moment auch noch ein Problem, denn er wohnt in Chicago, daher haben wir nur einen sehr begrenzten Spielraum, wenn es um’s Proben geht. Im Moment reicht es gerade für ein Set.

Er war ja der Kopf der Didjits, wie soll das funktionieren? Kann er sich da so einfach problemlos einordnen? Immerhin waren die Didjits ja mehr oder weniger `er’.

D: Er sagt, daß es für ihn sehr angenehm sei, nicht der Bandleader zu sein. Ich denke, daß es sehr sehr schwer für ihn ist.

Meinst du, er bleibt für längere Zeit?

D: Ich weiß es nicht; es gibt aber ja auch keinen Druck `Du mußt dabeibleiben…’.Wir hatten ihn angerufen, ob er uns bei der neuen Platte helfen möchte. Und es klappte sehr gut, jetzt gehen wir zusammen auf Tour.

Man sagt, er sei ein grandioser Kartenzocker..

D: Nein, nein, er ist ein Poker – Weichling…

E: Wir schaffen ihn schon.

D: Und wir spielen viel Poker.

Wenn ich an die Didjits denke, fallen meine Gedanken immer auf dicke, häßliche, fette Autos. Ist das auch etwas für Euch? Hot Rod Cars?

D: Ich liebe sie (voller Inbrunst) – aber ich habe keine Ahnung von ihnen. Ich würde mir gerne einen klassischen amerikanischen Straßen-kreuzer kaufen. Ein `65 Impala. Vielleicht könnte da die Plattenfirma etwas für mich tun. (und Johl!)

.E Wenn die dich mal fragen sollten, was sie für dich tun sollen: Einen 65’ Impala.

Wenn du so ein Auto hättest, würdest du es reastaurieren Marke Originalzustand oder eher aufmotzen Richtung Hot Rod?

D: Ich würde ihn wahrscheinlich so lassen, wie er ist, und langsam reifen lassen.

E: Ich nicht! Ich mag Low Riders, so was würde ich gerne damit machen. (d.h. die Federung asynchron hüpfen lassen, was dazu führt, das (auf Knopfdruck) das ganze Auto `hüpft’).

Ein Low Rider ist aber das klassische Gangster Fahrzeug. Du bist kein Gangster. Also laß’ es sein!

E: Da hat er recht.

Du bist oder willst ein Cowboy sein. Also mußt du einen dicken Pick Up fahren.

E: In Arizona, füher, hatte ich einige. Ich hätte sie behalten sollen. (Rick S. kommt vorbei)

D: Man sollte nicht unerwähnt lassen, daß sich die Didjits auflösten, bevor wir mit Rick telephonierten. Es wäre eine Unverschämtheit, uns auf die gleiche Stufe zu stellen.

Angeblich sollen Offspring die Didjits covern. Heißt das eine Explosion der Plattenverkäufe bei Touch & Go?

D: Man würde meinen. Das interessiert die Kids doch nicht.

R: Leider.(Mädchen vom Label kommt, bittet uns, die Jungs danach am Schalter wieder abzugeben. Gelächter.)

Na also, siehts du, beim Major Label sagen sie dir sogar, wo du stehen sollst.

D: Hmm. Warum geht die eigentlich davon aus, daß ihr und sagt, wo ihr wegen ihr sein sollen?

Achselzucken. Wie sieht das tägliche Leben eines Supersuckers aus?

E: Platzt der Kopf, oder muß ich kotzen? Welche Seite gewinnt?

D: Dann kommt das Jagen und Sammeln. Zuerst jagst du das Wasser, sammelst das Aspirin, dann kommt der Pot. Erst die Kloschüssel, dann das Kraut. Da stehe ich im Moment gerade.

Du bist also der Stoner?

D: Oh ja. Und Warner könnte jetzt eigentlich ein `Bunny’ mit dem Pot vorbeikommen lassen.

E: Wir machen nicht viel. Wir gehen zum Bowling, wir rufen uns an und fragen uns, was wir an diesem oder jenem Tag tragen.

D: Warner hat uns ein neues Videospiel ge-schenkt. Virtuelle Fetzereien und so etwas. Ziemlich genial. Den ganzen Tag stoned Videospielen.

Der Chef unseres Fanzines sollte vielleicht ein Videospiel machen, bei dem du Sänger von Bands erschießen mußt. Und für GG brauchst du das große Kaliber!

D: Du kämpfst dich durch alle Level durch, weißt, daß du ein großer Schlachter bist, und dann kommst du in den GG – Level.

Alle: Prost GG, du bist in einer besseren Welt (und kling)

Wenn ihr auf Tour seid, inwieweit paßt ihr da auf eueren Speiseplan auf, wie bleibt man auf Tour eigentlich fit?

D: Tja, man sollte wohl besser drauf aufpassen, als wir es tun. Wir sind ja immer noch einigermaßen jung, aber…die Tours werden länger und länger, es ist schon ein Punkt, dem man Beachtung zukommen lassen sollte. Nimm deine Vitamine!

Jerry A. von Poison Idea konnte bei der letzten Tour oft nur noch auf der Bühne sitzen...

D: Tja, aber so Marke Henry Rollins Wasser trinken und Hanteln stemmen..gut für ihn. Aber ich muß auch leben!

E: Wir werden noch unser Fett abkriegen.

Welche Band hört ihr zur Zeit am liebsten?

D: Blacktop. Der Sänger von den Gories. Ich kann kaum beschreiben, wie gut sie sind.

Irgendwelche Superstars in euerer Hall of Fame?

D: Die Didjits. Aber das geht ja jetzt nicht mehr, weil sie bei uns in der Band sind.

E: Ich würde mal gerne mit Jon Spencer touren.

R: Oder mit Johnny Cash.

D: Wir haben ihn mal getroffen. Er ist ein höflicher, älterer Mann. Yes, Thanks, That’s great. See you later. Wir haben aber neulich mit Willie Nelson (noch `ne Country Legende) Bloody irgendwas morning mit ihm zusammen aufgenommen. Er hat gesungen. Es ist für ein Tribute-Album für ihn selbst! Der Erlös ist für Farm-Aid, diese Organisation, die die ganzen kleinen Farmer untersützt. L7, Breeders, X, Gas Huffer, Tenderloin, eine neue Band mit dem Drummer von Rev. Horton Heat…werden drauf sein.

Ist das auch eine Erinnerung an euere Jugend in Arizona?

D: Unsere Liebe für die Musik von Willie Nelson auf jeden Fall. Rodeo, all diese Sachen. 22 Jahre lang.

Und dies auf einer Farm, bei einer kaputten Tankstelle, 2 Häuser, sonst nichts…

D: Nicht ganz, aber fast. Tuscon, wo wir herkommen, ist die größte Kleinstadt der Welt, weil da nirgendwo etwas ist, streckt sich alles aus, es ist keine hochgezogene Stadt, sondern eine herausgezogene Stadt.

Auch Tumbleweed (diese Büsche, die vom Wind gerollt werden)?

D: Die ganze, klassiche Wüstenummer.

Kann man mit dem Zeug was machen? Anzünden zumindest?

D: Das geht. Aber man macht nix damit. Es rollt einfach vorbei. Der Busch wächst, verdorrt, bricht ab, und rollt die Straße herunter.

Und wenn du nicht weißt, was du machen sollst, schaust du dir das Tumbleweed in deinem Garten an.

E: Wie es da so rollt.

 

Interview: Daniel Röhnert & Al Schulha

Foto: Dominik Schenk

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