August 19th, 2007

SEEIN RED (#121, 12-2006)

Posted in interview by jörg

Seein Red aus Holland machen seit über 20 Jahren Hardcore-Punk Musik und sind als eine sehr politische Band bekannt. Aber lachen sie denn auch mal? Stimmt es wirklich, dass einer von denen als Müllmann in Holland arbeitet? Wie war das noch mal mit Seein Red und Lärm? Sind sie wichtig, weil sie gute Musik machen und inhaltsvolle Sachen zu sagen haben oder werden sie mehr so als die Rolling Stones des HC-Punks mitgeschleppt?

Und: warum der Minor Threat Song „Seeing Red“ nicht zu dem Bandnamen führte Peinlich, dass ich die Band kontinuierlich im Interview und in den E-Mail-Anfragen für dieses Interview als Seeing Red bezeichnete das muss doch nun wirklich nicht sein!

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Liebe Seein Red, danke, dass ihr euch die Zeit für dieses E-Mail Interview mit dem TRUST Fanzine nehmt. Ich denke einfach, dass Seein Red irgendwie ein Interview im TRUST „verdienen“, weil es euch schon so lange gibt und es ist auch gut, dass es im TRUST erscheint, weil es das TRUST ja auch schon so lange gibt. und dann kommt noch dazu, dass auch wenn Seein Red eine sehr aktive Band ist, es mir manchmal so vorkommt, also ob ihr aus einer anderen ära kommt, dieser Euro HC Sache, als HC vielleicht etwas mehr auf Meinungen, auf Inhalte konzentriert war als auf Musik aber das ist nur das, was ich denke und ich war 1988 vielleicht 10 Jahre alt, so das alles, was ich von da weiss, nicht erste Hand Erfahrung ist. und TRUST scheint auch von einer anderen ära zukommen, wen man sich die Fanzine-Situation heute anschaut, mehr Webzines, weniger Print Zines, mehr Musik-Inhalte als alles andere, mehr „das gute äussere eines Zines zählt als die Inhalte“, mehr Anzeigen für Interviews als Interviews weil der Schreiber die Band mag was ist eure Meinung dazu? War die Vergangenheit besser als heute, war es damals wirklich politischer mit diesem Euro HC Teil oder war es einfach anderes als heute und eben einfach „nur“ eine wirklich sehr kleine Szene im Vergleich zu heute?

Paul: Bevor ich die Fragen beantworte, will ich klarstellen, dass unser Bandname immer SEEIN RED geschrieben wurde (Anm: siehe Einleitung). Du siehst, ich werde jetzt schon ernst. Die Vergangenheit war nicht wirklich besser als jetzt, aber es war natürlich anders und wie du selber gesagt hast, es war politischer, oder hatte mehr politischen Inhalt und deshalb war Punk/HC tatsächlich mehr auf Meinungen fokussiert.

Als wir unsere erste Band gestartet haben, hatten wir im wahrsten Sinne des Wortes zu kämpfen und zu kämpfen, um alles zu regeln, die Szene war in ihren frühen Phase und es gab einfach nicht so eine Sache wie dieses Punk-Netzwerk wie wir es heute kennen, es musste einfach eine Menge Pionier-Arbeit getan werden.

Es gab kaum Orte zum proben, so dass wir in unserer Anfangszeit unsere Bandproben in einem Schlafzimmer eines Bandmitgliedes oder in einer Scheune machten. Wenn wir Punk Konzerte machen wollten oder einen Platz haben wollten, wo sich Punks in unser Stadt Amersfoort treffen können, mussten wir einen Platz dafür besetzen (Anm: „To squat“), was wir mehrere Male gemacht haben. Also, bis zu einem gewissen Grad musstest du politisch sein, um Sachen hinzubekommen, z.B. aktiver Teil in dem Squatters-Movement sein, was definitiv linksradikal war. Und das ist nur ein Beispiel wie Sachen gemacht wurden in den frühen Tagen.

Und die ganze DIY Ethik ist einfach aus dem Fakt heraus geboren worden, dass jeder es WIRKLICH selber machen musste, um Sachen hinzubekommen. Wir mussten unsere eigenen Platten veröffentlichen, unsere eigenen Zines machen, unsere eigenen Plätze besetzen, unsere eigenen Konzerte und Touren buchen, unsere eigenen Szene und ihre Netzwerke schaffen etc. Und weil du dafür kämpfen musstest, musstest du deiner Meinung Gehör verschaffen und einen Standpunkt ein nehmen und politisch sein, weil in der alltäglichen Mainstream-Gesellschaft die Ideen von Punk/HC abgelehnt wurden. Heute gibt es eine existierende Szene mit einem weltweitem Netzwerk, was echt so gross ist wie niemals zuvor.

Das Leben im Computer-Zeitalter ist viel einfacher geworden und ES SCHEINT SO, dass Punk/HC mehr vom Mainstream und der Gesellschaft akzeptiert wird. Und weil das so ist, denke ich, ist die Szene weniger politisch und mehr inhaltsloser geworden wie nie zuvor. Und, lass uns das einfach einsehen, ein Teil des Punk/HC-Netzwerkes ist wie zu einem Business geworden, die Szene ist gross dieser Tage und da gibt`s eine Menge Geld zu machen. Und einige Bands, Labels, Fanzines, Distributions, Booking Firmen etc haben ihre kleines Punk/HC-Business auf ein neues Level eines big Business hin verändert.

Und für mich scheint es so, dass wenn Sachen grösser werden, dass dann die Wörter, Meinungen und die Politik weniger wichtig werden. Aber dass ist jetzt gesagt, und es gibt immer noch eine grossartige Underground DIY Punk Szene dieser Tage, mit grossartigen (politischen) Bands, Labels, Zines etc die immer noch für eine Alternative kämpfen und die die big Business Tendenzen in Punk/HC zurückwiesen…also, es ist nicht alles Schwarz- Weiss.

Jos: Ich hasse diese Leute, die immer sagen „Damals da waren die Sachen noch besser“. Fuck that attitude! Wenn dir die Sachen nicht passen, hör auf, dich zu beschweren und ändere es.

Es ist ja das zweite Mal, dass ihr im TRUST drin seid, es gab mal ein Interview in der Ausgabe # 5 von März 1987 mir eurer früheren Band LäRM ok ok, wir sind ein bisschen spät.gab es da nicht ein LäRM Konzert in der letzte Zeit?

Olav: Ja, ein Reunion Gig.

Paul: Letztes Jahr haben wir einen Reunion-Gig mit dem originalem Line-Up gemacht, mit Menno am Gesang, was wirklich grossartig war, es war wahrscheinlich besser als zu der Zeit, wo es uns gab. Vor diesem Reunion-Auftritt haben wir auch einige Lärm-Konzerte gemacht, aber mit anderen Sängern. So einfach aus Spass heraus machen wir Lärm-Konzerte oder spielen Lärm Songs.

Mehr als 15 Jahre haben wir wirklich nicht den alten Kram angefasst, aber als Coalition Records mit der Idee der Lärm-Discography aufkamen, mussten wir uns wieder in die alten Aufnahmen hineinversetzen und das alles hat uns realisieren lassen, dass Lärm eine wirklich gute Band waren und das viele der Songs heute immer noch relevant sind.

Und nicht lange danach hat uns Menno, der originale Lärm Sänger, nach 15 Jahren per Email kontaktiert. Und als die Idee aufkam, eine Reunion Show zu machen, sind wir alle zusammen gekommen, um die alten Lärm Songs zu proben und es fühlte sich an wie gestern und nicht wie 17 Jahre her.es hat wirklich grossen Spass gemacht!

Jos: Ja, es gab ein echtes Reunion-Konzert letztes Jahr im Mai mit dem Original Line-Up und wir wollen das jetzt jedes Jahr machen. Ganz nebenbei, es heisst SEEIN RED und nicht SEEING RED (Anm: siehe Einleitung).

Seid ihr eigentlich die gleichen Typen, die in Lärm gespielt haben? Warum habt ihr dann euren Namen gewechselt, weil Lärm aus meiner Sicht eine sehr erfolgreiche für die damalige Zeit Band waren?

Olav: Ja, wir sind die gleichen Typen. Nur Menno, der Lärm Sänger, ist nicht bei Seein Red. Das ist auch der Grund, warum wir unseren Namen zu Seein Red gewechselt haben. Es gab keinen Grund, als Lärm weiterzumachen, wenn einer der Mitglieder die Band verlässt. Menno verliess die Band, weil er mehr Zeit brauchte für sein Jura-Studium.

Paul: Also, das Seein Red line-up ist fast das gleiche wie das Lärm line-up aber ohne Menno. Wir haben unseren Namen geändert, weil Menno die Band verlassen hat und ohne ihn war es nicht wirklich mehr Lärm.

Und natürlich, wir könnten weitermachen als Lärm und von dem Bekanntheitsgrad des Namens „profitieren“, aber das wäre sehr einfach für die völlig falschen Gründe. Lärm war die zusammenaddierte Summe von 4 Leuten, so dass es vorbei ist, wenn einer die Band verlässt!

Und wir wollten uns auch musikalisch verändern, weil wir zu dieser Zeit einfach müde worden, immer nur kurze und schnelle Lieder zu spielen. Und auf der ersten Seein Red Platte kannst du definitiv einen Sound hören, dass anders ist im Vergleich zu dem, was wir mit Lärm gemacht haben.

Jos: Ja, Paul, Olav und ich waren auch in Lärm. Wir haben aufgehört, weil unser Sänger uns verlassen hat und warum unter dem gleichen Namen weitermachen, wenn es nicht die gleiche Besetzung ist? Und wir wollten musikalisch was neues ausprobieren und ich denke, der frühe Seein Red Kram ist überhaupt nicht wie Lärm. Erfolg ist etwas, wonach wir nie abgezielt haben, in keiner der Bands, in denen wir jemals drin waren.

Lest ihr Zines? Habt ihr irgendwelche Favoriten?

Olav: MRR, Heartattack.

Paul: MRR, Heartattack, Re/fuse, Razorcake, Punkplanet, Trust, Short, fast & loud, Value of strength etc. Maximum Rock„n`Roll bleibt mein Favorit für alle Zeiten!

Jos: Nicht so viel, wie ich es mal gemacht habe. Ich greife hin und wieder zu dem MRR und zu denen, die auf Konzerten verkauft werden. „Remains of a caveman“ is mein aktuelles Lieblingsheft, es ist aus Brighton, UK.

Wo lebt ihr in den Niederlanden? Würdet ihr sagen, dass Seein Red in erster Linie Leute sind, die Musik zusammen machen wollen oder dass in erster Linie alle Leute in der Band Freunde sind, die zusammen Musik machen wollen?

Olav: In Amersfoort, was in der Mitte in den Niederlanden liegt, neben Utrecht. Wir haben uns kennen gelernt durch Graffiti an den Wänden in unserer Stadt, wir haben bescheuerten Kram geschrieben wie „Amersfoort Punx greets Achterveld punx. (Achterveld ist ein kleines Dorf neben Amersfoort, wo Jos zu dieser Zeit gelebt hatte). Wir haben uns später „live“ in einer Snackbar getroffen. Jos hatte einen Freund namens Alex, der auch mit Punk zu tun hatte, so dass wir uns mehr oder weniger dazu entschieden haben, eine Band zu machen.

Paul: Direkt in der Mitte der Niederlanden, um eine Vorstellung zu bekommen: etwa 40 Km von Utrecht und 60 Km von Amsterdam. Und ich denke, dass alle Leute in der Band Freunde sind, die zusammen Musik machen wollten. Ich meine, wir waren schon Freunde, bevor wir unsere allererste Band, THE SEXTONS, gemacht haben. Und in den folgenden Bands war Freundschaft immer der wichtigste Faktor, um zusammenzuspielen.

Ich könnte nicht in einer Band mit einem spielen, der nicht wirklich ein Freund ist.zum Beispiel: ich und mein Bruder spielten auch in Bands wie MANLIFTINGBANNER, PROFOUND und COLT TURKEY, alle diese Bands bestanden aus einem Haufen von Freunden. Freundschaft ist ein Bindeglied, mit Sicherheit.

Jos: Alle drei von uns leben in Amersfoort, was in der Mitte des Landes liegt. Seein Red (und alle Vorgängerbands) wurden gestartet als etwas, was wir zusammen als Freunde tun wollten. Nicht nur deshalb, weil wir Musik machen wollten. Es war so ziemlich in der Richtung des Punkspirits von wegen „jeder kann in einer Band sein; als wir angefangen haben, keiner von uns konnte natürlich seine Instrumente spielen.

Wie sieht ein normaler Tag für euch aus? Wie sieht ein guter Tag aus?

Olav: Wir arbeiten alle. So sieht es dann normalerweise aus: Arbeit, Arbeit, Arbeit! Ein guter Tag ist ein Tag, wo du nicht arbeiten gehen musst. Oder wie letztens, als wir in der tschechischen Republik waren, um bei dem Fluff Fest mitzuspielen und das waren einige gute Tage.

Paul: Ich arbeite 4 Tage die Woche, das heisst, dass jeden verdammten Morgen der Wecker um 6.00 morgens angeht und ich meine Arbeit als Müllmann mache, den Müll rausnehmen und ihn in den Müllwagen tue, was mich für ungefähr 8 Stunden beschäftigt. Nach der Arbeit gehe ich nach Haus, dusche und esse mein Abendbrot.

Abends höre ich Musik, lese die Zeitung, Bücher und Zines, schaue TV-Nachrichten und bevor ich schlafen gehe, gucke ich mir öfters einen Film oder eine DVD an. An meinen freien Tagen beantworte ich die Band-E-Mails, arbeite an Lyrcis und der Musik, d.h. Gitarre spielen, wenn es möglich ist, fahre ich Mountainbike, konsumiere Musik / Filme (ich bin ein verdammter DVD- und Platten-Sammler), probe mit meiner Band, spiele ein Konzert oder besuche eins etc den Rest meiner Zeit und meiner Energie versuche ich, in politische Aktivitäten zu stecken.

Ein guter Tag ist ein Tag, wo ich die Sachen machen kann, die ich wirklich machen will und an einem solchen Tag kann ich entweder total beschäftigt sein oder wirklich faul sein aber egal welchen Weg immer „enjoying myself“.

Jos: Ein normaler Wochentag? Also, ich arbeite vier Tage die Woche als Direktor einer Grundschule, das bedeutet um 6.30 aufstehen, duschen, Frühstück und Zeitung lesen. Dann auf mein Fahrrad hüpfen, um zur Arbeit zu fahren, es kommt aber auch auf den Tag an. Ich muss nicht viel Verwaltungsarbeit machen, meistens habe ich Meetings und berate Lehrer und Kinder.

An den Tagen, wo ich arbeite, komme ich so gegen 18-19:00 abends nach Hause, esse zu Abend und dann hängt es vom jeweiligen Tag ab, was ich dann jeweils tue. Manchmal mag ich es, einen Film zu schauen oder einfach nur fern zu sehen, ein Buch zu lesen, Internet Kram zu machen oder solche Sachen.

Ein guter Tag wäre ein Tag, wo ich nach Hause komme und immer noch die Energie habe, die ich hatte, als ich den Tag begonnen hatte. Es gibt so viele verschiedene Aspekte, die einen Tag zu einem guten Tag machen. Sei es das Wetter, mein Gefühlszustand, Freunde, Familie, irgendwas.

Habt ihr eueren Namen von diesem Minor Threat Song genommen? Als ich im Internet nach euer Homepage surfte, sah ich, dass es da wohl einen sehr bekannten Film mit dem gleichen Titel gibt

Olav: Nein, haben wir nicht. Wir haben den Namen genommen, nachdem wir den Film bzw. die Dokumentation über Kommunismus in den USA gesehen haben.

Paul: Wir haben unseren Namen von einem Dokumentarfilm von James Klein und Julia Reichert genommen, der hiess Seeing Red. Er ist ein Portrait von 50 Jahren amerikanischer Kommunismus, von seiner glanzvollen Anfangszeiten in den 1930er Jahren bis hin zu der bitteren McCarthy Hexenjagd ära in den 50er Jahren. Nach dem wir den Film gesehen haben, habe ich seinen Titel als unseren neuen Bandnamen vorgeschlagen.

Und obwohl wir Minor Threat Fans sind, haben wir unseren Bandnamen nicht von diesem Minor Threat Song genommen. Aber die gute Sache bei unserem Bandnamen ist: er hat verschiedene Bedeutungen die alle perfekt in die Ideologie der Band hineinpassen.

Jos: Der Bandname wurde von diesem Film genommen, ja. Und es ist ja auch ein Ausdruck dafür, angry zu sein, was wir ja auch sind.

Ok, jetzt würde ich euch gerne mit 4 typischen Statements konfrontieren, die man über Seein Red so hört, die gute alte Sache Gerüchte… was würdet ihr antworten? „Seein Red sind so verdammt ernst, dass sie zum Lachen in den Keller gehen und ich bezweifele, dass sie überhaupt lachen.“

Paul: Wir sind so ernst wie ein Herzanfall, wenn es darum geht, was wir als Band tun und was wir politisch repräsentieren. Wir leben in harten und ernsten Zeiten und Seein Red ist eine Reflexion davon, ein Outlet für all unseren ärger, Frustration und Wut über die Welt, in der wir leben, so das wir wahrscheinlich als total todesernst rüberkommen.

Und fuck yeah, die meisten unserer Texte sind ernst oder behandeln ernste Themen und wenn du das mit unserer roten Politik kombinierst, dann ist das Ergebnis verdammt ernst! Aber zur gleichen Zeit hätten wir NICHT die ganzen 26 Jahren zusammen als Band und Freunde ohne UNSEREN Sinn für Humor überlebt, eigentlich lachen wir ziemlich viel. Und jede Band, die mit uns auf Tour war, war immer überrascht davon, wie lustig es war, mit Seein Red zu touren trotz unserem ernsten Ruf.

Jos: Ja, wir sind ernst, aber nicht zu jeder Sache. Ich denke mal, das Leben ist es, dass dich ernst „macht“, du wirst einfach ernster bestimmten Sachen gegenüber. Ich meine, schau dich um und sieh, was passiert. Das ist einfach etwas, was nach einer ernsthaften Herangehensweise verlangt. Auf der anderen Seite wissen wir auch, dass man nicht 24 Stunden ernst sein kann. Wir lachen viel, aber vielleicht nicht wenn andere gucken .

„Seein Red macht gute HC-Punk Musik, aber sie können doch nicht ein Minute Songs spielen und dann 20 Minuten Kommentare machen, warum geben sie denn nicht Textblätter mit Erklärungen ihre Texte raus? Ich meine, ich will ein HC Konzert sehen und keine Uni-Vorlesung. Manchmal muss ich an Fugazi denken und die teilweise lehrerhafte Attitüde von Ian McKaye denken, wenn er zu dem Publikum sprich.“

Paul: Na ja, Leute mögen es immer, zu übertreiben, unsere Erklärungen sind niemals so lang. Wir geben Textblätter nicht mehr raus, weil wir es nicht mögen, wenn am Ende eines Konzertes die meisten Blätter auf dem Boden liegen das ist eine Papierverschwendung und wenn Leute interessiert an Textblättern sind, dann sollten sie unsere Platten kaufen. Aber was ich wirklich nicht verstehe, ist, dass die Leuten so eine Aufstand machen über Bands, die auf der Bühne reden, Ansagen machen und ihre Meinung sagen, seit dem ich Teil der Punkszene bin, war es niemals nur die Musik, damals haben die meisten Bands auf der Bühne Ansagen und Erklärungen gemacht.

Ok, ein Punk/HC Konzert kann auch nur Musik sein, heute ist es die meiste Zeit so, aber wenn das deine EINZIGE Erwartung an einen HC Gig ist, dann denke ich, dass du am falschen Platz bist. Wir sind keine verdammte menschliche Jukebox, die nur ihr Set spielt, die ganze „Vorlesungssache“ ist Teil eines Seein Red Konzertes und wenn du das nicht magst, dann gibt es immer noch die Toiletten Und wenn unsere Band die Leute an Fugazi erinnert, dann ist das ein Kompliment, weil wir diese Band lieben. Ansagen zu dem Publikum zu machen wird immer ein wenig lehrerhaft rüberkommen, aber ist das ein Grund, es nicht zu machen?

Um es noch mal zu sagen, für mich ist das Teil der Punk Tradition, es hat immer Bands gegeben wie The Clash, Dead Kennedys, Torches To Rome, Los Crudos, Born Against, MDC, Fugazi, Rondos, Bread and Circuits, Rambo, etc etc, die während ihres Sets geredet haben. und wenn Leute damit nicht klar kommen und die nur einen HC Gig ohne das „blablabla sehen wollen, dann komm nicht zu einem Seein Red Gig!

Jos: Hardcore is more than music. Wir sind keine Jukebox, tut uns echt leid. Seein Red ist unser Mittel, unsere Meinungen zu transportieren und das ist das, was wir machen. Du stimmst dann zu oder stimmst nicht zu, das ist völlig in Ordnung für uns. Und die Leute wissen, was sie erwartet, wenn Seein Red spielt oder?

„Macht Seein Red nicht das Reden zu den längst Eingeweihten, das preaching to the converted?

Paul: Well, es hat sich nie so angefühlt, weil ich ziemlich sicher bin, dass ein grosser Teil der Leute, die zu unseren Konzerten kommen, nicht Eingeweihte unserer roten Politik sind. Ich meine, die Szene ist politisch sehr verschieden, so dass das ganze überlegen über das ‚preaching to the converted‘ nicht viel Sinn für mich macht, es ist nicht so objektiv. Und selbst wenn wir zu den Eingeweihten reden würden, es ist nichts falsches daran, dass Feuer am brennen zu halten und die Leute politische neu mit Energie zu füllen.

Jos: Ich denke nicht. Wenn Leute immer noch zu uns kommen und uns Fragen stellen oder eine Diskussion wollen, ist es auf keinen Fall ein „preaching to the converted“. Ich sehe eine Menge Leute auf hardcore Konzerten, die einen Scheiss auf Politik geben. Sind diese „converted“? Und in was „converted“?

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Band weiss, dass es im Leben mehr als Politik gibt. Sicher ist es richtig, mehr Politik in die Musik zu bringen, aber gibt es im Leben nicht mehr als Politik?“

Paul: Natürlich wissen wir, dass es mehr im Leben gibt als Politik, aber wie ich schon früher in dem Interview sagte: Seein Red, genauso wie die meisten Bands, in denen wir gespielt haben, ist ein Outlet für unseren ärger, Frustration und Wut über das aktuelle politische System und die Welt, in der wir leben, und es passiert einfach, dass das Ergebnis davon hauptsächlich politisch ist.

Deshalb, JA, es gibt im Leben mehr als Politik, nur Seein Red mag es, sich mit den politischen Mechanismen auseinanderzusetzen, die unser alltägliches Leben und das von so vielen anderen so elendig machen. Das ist der Grund, warum unsere Musik so schnell, angry und noisy ist, das ist, warum unsere Texte so angry und politisch sind „it’s pure fucking rage“!

Jos: Natürlich gibt es im Leben mehr als Politik und ich denke, du hast in den vorhergehenden Antworten gesehen, dass wir nicht die ganze Zeit 100% politisch sind. Ich persönliche schätze sehr Beziehungen zu anderen Menschen. Wenn du nicht einen Aufwand da rein steckst, entfremdest du dich.

Ihr habt eine neue Platte auf Ebullition herausgebracht, wie kamt ihr mit denen in Kontakt? Seid ihr glücklich, da zu sein?

Paul: Na ja, wir haben ja schon eine EP namens „Marinus auf Ebulliton 1996 herausgebracht, so das der Kontakt vor einer langen Zeit kam. Wir kannten Kent schon seit einiger Zeit, weil wir immer den Ebullition Kram und das Heartattack Zine direkt von Ebullition per Post geordert haben.

Und als wir diesen Plan mit der USA-Tour hatten, hat uns Kent angeboten, diese Tour zu organisieren und uns mit TORCHES TO ROME zusammengebracht. Und zur gleichen Zeit hat er gesagt, lasst uns eine Seein Red Platten auf Ebullition als Tourunterstützung machen.

Noch mal, dass war alles damals 1996, aber von da an sind Kent und wir gute Freunde. Ich denke, er war zufrieden mit unserer Band, weil, wenn wir wollten, konnten wir immer eine neue Platte auf Ebullition machen fast 10 Jahre später haben wir dann die neue Platte gemacht.

Und wir sind wirklich glücklich, hier zu sein, Ebullition ist ein tolles Label und mit ihnen zu arbeiten war und ist grossartig. Ebullition hat einen wirklich guten Job im Herausbringen unserer Platten gemacht und wir haben das nie als „for granted“ genommen, Kent rules!

Jos: Ebullition hat eine EP vor einer langen Zeit herausgebracht und Kent hat uns gefragt, ob wir auch ein Album machen wollten. Und weil wir ihn kennen, und weil wir ihn als eine sehr bewusste Person kennen, haben wir sofort zugestimmt. Unglücklicherweise hat es sehr lange gedauert, dass Album fertig zustellen.

Die Platte heisst ja „We must do more than just music“, ich stimme mit euch überein, dass HC mehr als nur Musik sein sollte, auf der anderen Seite kannst du heute ja fast ironisch sagen, dass manchmal HC aber auch nicht weniger sein soll als gute Musi Ihr Typen seid politisch aktiv, was macht ihr?

Paul: Wir müssen mehr tun als nur Musik beinhaltet nicht, dass HC weniger sein soll als Musik. Es sagt ja nur: WENN Punk/HC mehr als Musik ist, dann MüssEN wir auch mehr als Musik machen. Weil wir hatten das Gefühl, dass der Inhalt von HC halt mehr über Musik heutzutage läuft als über Ideen und Politik (siehe erste Frage). Deshalb ruft der Plattentitel die Leute dazu auf, mehr als nur Musik zu machen.

Und was machen wir? Wir machen diese Band, und so lange es mich betrifft, ist das Teil unseres politischen Aktivismus, weil Seein Red mehr als nur Musik ist. Ich meine damit, dass wir viele Benefiz-Konzerte gespielt und zu Benefiz-Platten beigetragen haben, dass wir für Aufmerksamkeit und Geld für alle möglichen politischen Organisationen gesorgt haben. Und für mich ist das politisch. Daneben sind wir aktiv innerhalb der anti-faschistischen Bewegung, wir unterstützen die Hausbesetzer Szene, einige von uns sind aktive Gewerkschaftsmitglieder, einige von uns waren aktiv in der VCN und NCPN (beides kommunistische Parteien), aber nach jahrelangem Engagement haben wir die verlassen.

Wir unterstützen viele Organisationen, die gegen Unterdrückung kämpfen etc. Wir machen politische street-posters/stickers/stencils und verteilen die in der ganzen Stadt. Wir gehen zu Demonstrationen wann immer wir können und vielleicht noch wichtiger, wir sagen immer unsere Meinung und sprechen diese auch aus, nicht nur als eine Band, sondern auch auf unserer Arbeit, auf Familienfeiern, wo immer auch. Ich bin nicht eine Person, die seine Augen und Ohren schliessen kann bei all diesem ganzen ungerechten Bullshit, der in unserer Gesellschaft und im Rest der Welt abgeht. Für mich ist das Leben Kampf und Kampf ist Leben!

Jos: Ich sehe mich selber nicht als Aktivist, der auf Demonstrationen geht oder Mitglied in einer politischen Partei ist. Ich unterstütze Aktivismus, aber habe mich dafür entscheiden, es auf meine eigene Art und Weise zu tun. Ich muss zugeben, dass ich oft nicht mehr die Energie habe, raus zugehen und zu demonstrieren. Ich engagiere mich ehrenamtlich in einem (politischen) Laden in Utrecht und helfe anderen mit dem Konzerte organisieren.

Vielleicht ist das überhaupt nicht politisch, aber das ist mir völlig egal. Ich glaube auch, dass einer der grössten Sache, die du machen kannst, die ist, dass du mit Leuten, die andere überzeugungen als du haben, über deine eigene überzeugungen redest.

Kürzlich habe ich mit Freunden über diese ganze Situation im Nahen Osten gesprochen und der Konsens war, dass niemand wirklich diesen ganzen Konflikt versteht, aber das beide Seiten irgendwie scheisse sind, wenn zivile Wohnungen und so weiter zerbombt werden dann wiederum habe ich von einer stalinistischen Gruppe in Deutschland die Meinung gelesen, dass sie denken, das der ganze Konflikt nur oberflächlich dieses Palästina-Israel-Teil ist, und das es in Wahrheit darum geht, dass die USA eine gute strategische Position in dieser Gegend bekommen will, um Zugang zu den iranischen ölfeldern zu haben was ist deine Meinung zu dem Konflikt im Nahen Osten? Denkst du, dass der ironische Song von S.O.D., „Fuck the middle east, there are too many problems, stimmt ?

Paul: Wenn du wirklich über die ganze Situation im Nahen Osten reden willst, dann denke ich, dass du alle Seiten vom TRUST damit füllen kannst, weil es so eine komplexe Situation ist. Deshalb würde jede kurze Antwort in diesem Interview wahrscheinlich ein wenig idiotisch aussehen.

Egal, meine Meinung über den Konflikt im Nahen Osten kommt der von der stalinistischen Gruppe in Deutschland sehr nahe Ich meine, der unmittelbare Grund scheint die Gefangennahme von zwei israelischen Soldaten zu sein, aber ich wundere mich wirklich, ob das wirklich auch der ultimative Grund war, diesen Krieg zu beginnen.

Die meisten, wenn nicht alle, Konflikte im Nahen Osten gehen darum: Wer kontrolliert diese ölreiche Region? Die USA und alle ihre Alliierten oder verschiedene lokale Eliten? Und ich bin ziemlich sicher, dass in der aktuellen Situation im Nahen Osten der zukünftige Zugang zu den ölfeldern eine sehr wichtige Rolle spielt.

Und die Tatsache, dass USA Israel freie Hand in diesem Konflikt gewährt und nur ritualisierte Ansprachen hält, sagt genug. Damit ist nicht gesagt, dass Israel unter direkter Kontrolle der USA ist, die Herrscher von Israel haben ihre eigene Agenda und agieren unabhängig von USA, aber du kannst einfach nicht verneinen, dass die USA nicht nur Israels grösster und loyalster Alliierter und auch noch der grösste Financier und Waffen-Händler von bzw. mit Israel ist.

Das Gleiche kann über die Hisbollah gesagt werden, diese schiitische Militia ist bewaffnet und finanziert durch Iran und Syrien (zwei Staaten, deren Regime die USA ändern will). Es ist auch wahrscheinlich, dass die aktuelle Krise durch den Iran provoziert wurde, der Ambitionen hat, die dominante lokale Kraft in der Region zu werden.

Von einem fortschrittlichen politischen Standpunkt her sind ALLE Parteien, die in dieses Konflikt beteiligt sind, verdammte Reaktionäre, was es wiederum sehr schwierig macht, sich in diesem Konflikt auf eine Seite zu stellen. Ich bin komplett gegen die Unterdrücker-Mentalität (= massiver Gebrauch von unermesslicher militärischer Kraft) und der zionistischen Politik des Staates Israel und der Unterstützung, die er kriegt von den USA.

Dann jedoch die Hisbollah zu unterstützen ist ein politischer Fehler, weil sie eine reaktionäre Organisation sind, die ihre Befehle von iranischen öl- Milliardären bekommt, und sie wollen ein dem iranischen System ähnliches fundamentalistisches System in der Region etablieren. Deshalb, ja, wenn du sehr ironisch bist, könntest du sagen: there are too many problems, fuck the middle east…..,

aber dann wiederum: ironisch sein ist nicht die Lösung (und zu einem gewissen Grad ist es ein Privileg von westlichen weissen Kids, ironisch zu sein in Bezug auf solche Sachen, weil wir verdammt noch mal nicht wissen, wie es ist, in solchen Teilen der Welt zu leben mit all diesen horrormässigen Problemen und Konflikten), viel zu viel Tod und Schaden hat diese Region bis jetzt schon verletzt. Gerade jetzt besteht ja so ein Friedens-Waffenstillstand zwischen der Hisbollah und Israel, aber die vielen Probleme im Nahen Osten werden so lange bleiben, so lange es Staaten und Regime mit der Ambition gibt, diese ölreiche Region zu kontrollieren.

Und so lange wie die meisten Ländern im Nahen Osten an ihren theokratischen Gesellschaften anstelle von säkularisierten hängen bleiben, werden sich Dinge nicht für die Armen und die arbeitenden Menschen in dieser Region verändern.

Jos: Die Situation im Nahen Osten ist sehr komplex und ich verweigere, mich da auf eine Seite zu schlagen. Ich unterstütze kein totalitäres Regime und genauso wenig irgendeine Religion oder Gewalt an Zivilisten. Und diese drei Sachen sind Inhalte der Situation da, füge Geld / öl hinzu und da hast du das Rezept für einen Konflikt, der niemals enden wird. Die westlichen Länder haben alle gehofft, dass eine Invasion im Irak der Gegend Frieden und Demokratie bringen wird. Ich denke, wir alle wissen, dass die Situation nicht besser geworden ist.

Hey, was hat dich in der letzten Zeit zum lachen gebracht? Irgendwelche guten Witze, die du uns erzählen willst? (Anm: SUPER überleitung)

Paul: Bei meiner Arbeit als Müllmann gibt es immer verrückte Situationen, die mich zum lachen bringen, und wie ich es schon vorher in diesem Interview gesagt habe, wenn wir als Band, als Freunde zusammen sind, haben wir immer Spass zusammen. Und diese englische TV-Show, „The Office“, die finde ich witzig. Gute Witze shit, ich weiss eine Menge so genannter dirty jokes, die sich aber nicht soo toll anhören, wenn du die niederschreibst, hahaha.

Jos: Die Hammerhead DVD „Sterbt alle hat mich gestern zum Lachen gebracht, wirklich ein Meisterstück von einer der besten deutschen Bands, die es jemals gegeben hat, auf jeden Fall. Witzige Tourgeschichten? Meistens sind sie witzig, wenn du da bist und sie hören sich bescheuert an, wenn du sie nachher erzählst, so dass ich da keine habe. Paul hat die meiste Zeit über einige evil jokes.

Hast du das Cover dieser No Means No Platte, „The people`s choice, gesehen, wo ein Graffiti darauf abgebildet war „No Means No is too old. Give it up, grand dads oder so was in de Richtung und dann war unter diesem Graffiti die Antwort hingesprüht „That`s great grand dads for you, fucker“ was würdest du antworten, wenn jemand sagt, Seein Red ist zu alt, hört auf Leute!

Paul: Ich habe dieses Cover nicht gesehen, ich bin ein Vinyl Freak und ich habe eine Vinyl Version davon bis jetzt noch nicht gefunden. Aber yeah, dieses Graffiti ist verdammt richtig! Seein Red ist sicherlich alt, aber mit Sicherheit nicht zu alt.

Und so lange wie wir immer noch die meisten jungen Bands, mit denen wir zusammenspielen, wegpusten, ist der Krach bzw. die Musik von Seein Red immer noch unsere beste Antwort, es wird jeden zum Schweigen bringen, der uns zu alt nennt. Aber ich kann verstehen, dass eine Menge von neuen jungen Punk Kids uns eine Menge von grand Dads siehst es ist der alte „generation gap“!

Jos: Meine Antwort wäre: FUCK YOU!

Wie ist die Szene zurzeit in den Niederlanden? Für mich scheint es, dass Seein Red die aktuelle Version von Bands wie Nations on Fire ist, aber dass die Band wirklich ziemlich alleine da steht wenn ich mir so neue Zines aus den Niederlanden anschaue, habe ich oft den Eindruck, dass da eine starke Macho tough guy Szene ist mit all diesem beschertem violent dancing aber vielleicht lese ich auch die falschen Zines ach so, hast du eigentlich eine Definition dafür, was ein Macho ist?

Paul: Die Szene in den Niederlanden ist grösser und lebendiger als je zuvor, denke ich. Du liest die falschen Zines, Kumpel, ich meine, neben der mainstream Punk Szene und der Tough guy hardcore Szene gibt es eine wirklich gute diy (politische) Punk-Szene, mit Bands wie Mihoen, Staathaat, Casgoine, Barnhouse, Smash The Statues, Sangre, Anti-dote, The Shining, Makiladoras, Betercore, Cathode, Gewapend beton, Iron Cage, Histeria, Mistake, SAF, Shikari etc etc etc. Und es gründen sich dauernd neue Bands, so dass es wirklich zurzeit am blühen ist.

Und nicht nur auf der Band-Seite, es gibt eine gute Menge von Zines, Labels, punkplaces/squats Message-boards etc. Aber du hast natürlich Recht mit der Macho Tough Guy Szene, sie ist sehr gross und steht für sich selber, aber hat nichts damit zu tun, wo wir herkommen. Meine Definition eines Machos ist: dass sie mit ihren Muskeln und ihren Schwänzen denken anstelle ihre Gehirne oder Herzen zu benutzen.

Jos: Es gibt viele Bands, die so wie Seein Red sind, wenn es um den inhaltlichen Gehalt und auch um die Musik geht. Wir sind nicht wirklich Teil einer bestimmten Szene zur Zeit. Es gibt eine tough guy Szene und vor kurzem habe ich einige Leute kennen gelernt, die darin involviert sind, und sie haben sich als super nette Menschen herausgestellt (ok, sie hören natürlich die falsche Musik, hahahahaha). Am Ende hat sich herausgestellt, dass wir mehr gemeinsam haben, als wir zuerst gedacht haben. Meine Definition eines Machos: zu viel Testosteron und zu wenig Respekt.

Wo wir gerade beim Thema Machos sind, ich habe eine Frage: Ende der 90iger Jahre habe ich Seein Red in einem Jugendzentrum in Leverkusen gesehen und ein Punk hat während dem Konzert (ich hasse dass, den Begriff Show für ein HC-Punk Konzert oder Gig) „AC/DC“ gerufen und einer der Bandmitglieder hat dann geantwortet „Hör auf, nach faschistischer Musik zu rufen“. well, ok, vielleicht wart ihr einfach nur angepisst, aber, come on, AC/DC gleich faschistische Musik? Beim nächsten Mal, wenn ich einen Seein Red Auftritt sehe, werde ich „Madonna“ rufen und was würdet ihr antworten?

Paul: …hört sich ein bisschen idiotisch für mich an. Ich meine, wir mögen Metal nicht besonders, aber zu einem gewissen Grad lieben wir einige der alten Hardrock Bands wie AC/DC, Alice Cooper, Status Quo, Motorhead, Thin Lizzy etc, deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass wir irgendwas wie das gesagt haben. Oder wir waren wirklich schlecht drauf und haben das nur gesagt, um den Punk zu provozieren. Um ehrlich zu sein, weiss ich es nicht. Madonna? Ach, den Song haben wir vor Jahren rausgeschmissen.

Jos: Ich kann mir nicht vorstellen, dass einer von uns das gesagt hat, da wir alle die alten AC/DC mögen. Du kannst natürlich rein rufen was du willst, Madonna sucks big time anyway.

Ok, einige kurze Fragen und kurze Kommentare am Ende bitte Du hast all die Zeit und all das Geld, was du brauchst, was würdest du machen?

Paul: Mmm, das ist schwierig zu sagen. Geld würde mir keine reale Freiheit kaufen, aber es würde mir wahrscheinlich die finanzielle Freiheit geben, dass zu tun, was ich willdeshalb, wahrscheinlich könnte ich mich wirklich darauf konzentrieren, alle meine Aufmerksamkeit der Musik und der Botschaft zu widmen, ohne mich um die Rechnungen, die bezahlt werden müssen, zu kümmern, also, es auf ein neues Level zu bringen, um es mal so zu sagen.

Jos: Ich würde einen Laden starten, wo es gratis Proberäume für Bands gibt und auch einen Platz für Konzerte. Eine Art Food not Boms/Suppenküche für die Obdachlosen und die Leute, die zu arm sind, gut zu essen, gründen. Ich glaube, ich würde hauptsächlich den Wohlstand, den ich habe, teilen.

Hast du eine Traumstadt, wo du mal gerne für eine längere Zeit bleiben möchtest?

Paul: Ich würde wahrscheinlich Barcelona wählen (und nahe dran wären San Francisco, Berlin, Stockholm & London).

Jos: Das wäre Barcelona oder Prag für mich.

Wo siehst du die Band in 20 Jahren? Wo siehst du dich selber?

Paul: In 20 Jahren bin ich 66, hahaha, um ehrlich zu sein, sehe ich da gar keine Band mehr in dieser Zeit. Und mich selber? Wahrscheinlich meine Pension „geniessen“ und verbittert sein über die Tatsache, dass ich keine Revolution in meiner Lebenszeit gesehen habe.

Jos: Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, wo die Band in 20 Jahren ist, vielleicht immer noch zusammen, vielleicht auch nicht. Wir werden dann alle über 60 sein. Wir werden so lange weitermachen, so lange es Spass macht. Ich hoffe, ich werde dann schön im Land leben „with my partner“ oder vielleicht die Sache machen, von der ich eben gesprochen habe.

Was ist der Sinn des Lebens für dich gerade jetzt?

Paul: Die Realität des Lebens, die, traurig genug, auch meine ist, bestimmt, dass ich ein Lohnsklave bin, der seine Miete bezahlen muss und all die anderen scheiss Rechnungen, um in dieser Gesellschaft zu überleben. Und in meiner freien Zeit, da versuche ich mein Leben so viel es geht, zu geniessen (das Leben zu geniessen sollte der Sinn des Lebens sein), und was zu tun, was wichtig ist und was hoffentlich einen Unterschied macht.

Jos: Jeden Morgen, wenn ich aufwache, will ich dazu in der Lage sein, mir selber im Spiegel in die Augen zuschauen und das Gefühl zu haben, dass ich mein Leben in einer guten Weise lebe. Ich will ein Einfluss für andere sein, aber nicht in indoktrinierenden Art und Weise.

Hast du irgendwelche Fragen, die du mir stellen willst?

Paul: Denkst du, dass eine Band wie unsere immer noch relevant ist oder sind wir nur eine fucking punk-Version der Rolling Stones?

Ja. Nein. Ich denke, wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich auch gerne eine Band mit dem Anspruch wie Seein Red machen – und da ich es mir ja auch aussuchen kann, mache ich das nicht, weil ich lieber eine Band mache, die die dilletantische, spassig-amateurhafte, die unprofessionelle Seite von Punk betont. Ich schätze Seein Red als sehr wichtige Band, gerade heute in Zeiten von Idioten-Metal-HC-Bands, die genau das auf ihren „Shows“ praktizieren, was eigentlich für mich Gründe waren, in HC einzusteigen und eben nicht zum macho-Metal-Deppen zu werden. Das mit den Ansagen auf der Bühne habe ich bei den drei SR Konzerten, die ich gesehen habe, als nervig empfunden, so wie du es hier gesagt und erklärt hast, ist das natürlich richtig und tatsächlich Teil der Punktradition, mit der ich Anfang der 90iger auch aufgewachsen bin. Nur, alles was alt ist, ist ja auch nicht richtig, man kann es mit allem übertreiben, was aber auch jetzt nicht soo die Erkenntnis ist .

Jos: Warum machst du beim TRUST mit? Was ist der Sinn des Lebens für dich?

Ich mache beim TRUST mit, weil es mir sehr grossen Spass macht, da mit zu machen, Kolumnen, Zine- und Buch- Reviews zu schreiben, Interviews zu machen, die Ad Army zu machen, mit Leuten in Kontakt zu kommen, was neues sehen, Leute kennenlernen, die manchmal 10 Jahre älter als ich sind – vielleicht auch ein wenig „politischer Aktivismus“. Vielleicht auch ein wenig „Ego steicheln“, weil so viele das TRUST kennen? Nein, eigentlich nicht, dafür finden von den vielen das TRUST wiederum nicht „cool genug“, was ich ziemlich cool finde, ha! Ausserdem ist mir selber unklar, was besser sein soll: ich habe mal bei der Antifa für zwei Jahre mitgemacht, war ein Jahr lang bei Amnesty International, keine Ahnung, war alles irgendwie nicht so toll. Wenn ich was Besseres als TRUST wüsste, hätte ich da wahrscheinlich mitgemacht. Der Sinn des Lebens liegt für mich darin, die Sachen zu machen, die ich machen will: generell kann man sagen, dass Musik, Filme, Literatur und Sport das Leben sehr lebenswert machen. Und Freunde. Ich denke, der Sinn ist eigentlich immer der gleiche: sei du selbst. Dazu musst du dich selber erkennen. Und wie soll das gehen ausser, dass man rausgeht, in die Welt hinein? Dazu musst du mit Menschen in Kontakt treten, dich auf den Weg machen, dich ausprobieren, Fehler machen, daraus lernen.und vielleicht wirst du es nie schaffen, aber da gilt dann wieder der Hauptsinn, Brecht hat das mal gesagt: wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren. Dann gibt`s noch viele Musikstücke, wo ich oft das Gefühl habe, dass die sowohl musikalisch als auch teilweise textlich für mich irgendeinen Lebenssinn ergeben, z.B. RKL – alone inside, AC/DC – let there be rock, Yuppicide – Difference oder Byrds – i wasn`t born to follow. Was und warum die Lieder irgendwie etwas für mich in der Sinnsuche bedeuten, weiss ich nicht, aber das ich da irgendwas fühle, irgendwie das Gefühl habe, auf dem richtigen Weg zu sein, wenn ich so was höre, weiss ich. Hey, ok, ihr könnt zwischen aufgelösten und aktuellen Bands aus allen Musik-Stilen wählen, gibt es da eine Band, mit denen ihr touren wollt?

Paul: Da würde ich wahrscheinlich auswählen: Minutemen, The Who (old line-up with Keith Moon), The Clash.

Jos: Das wären entweder die MINUTEMEN oder TORCHES TO ROME/BREAD AND CIRCUITS oder STACK (wir sind mit den letzten drei Bands getourt und diese Touren waren wirklich grossartig).

Irgendwelche Grüsse an die TRUST Leser?

Paul: …. clenched fist greetings to the TRUST readers, because life is struggle and struggle is life – Keep fighting oppressive conditions!

Jos: Hi.

Irgendwelche Pläne, in Deutschland zu spielen in naher Zukunft?

Paul: Wir spielen ziemlich regelmässig in Deutschland…..

Jos: Wir hatten gerade zwei Konzerte in den letzten zwei Wochenenden (Heartcoretage und Bielefeld). Die andere Band, wo ich mitmache (STAATHAAT) wird diesen Freitag (Oktober 2005) in Berlin spielen und in Mannheim am 29.10. Ich würde gerne mit Seein Red mal in Berlin spielen. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.

Vielen Dank für eure Zeit, take care!

Jos: You are more than welcome.

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Interview: Jan Röhlk

Kontakt: http://home.wxs.nl/~seeinred/SeeinRed.htm

Links (2015):
Lärm Wikipedia
Homepage Seein Red
Discogs

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