März 21st, 2020

SANDY DILLON aus #82, 2000

Posted in interview by Jan

SANDY DILLON
Unsafe Music

In ihrer offiziellen Biographie stehen Dinge über Sandy Dillon, die mich fragen ließen, wie alt denn diese Frau sein müsste, damit all das wirklich in einem einzigen Leben Platz haben kann. Einst zog sie von einem kleinen Kaff in der Nähe von Boston („ein Ort der so klein ist, dass jeder die Farbe deiner Unterwäsche kennt“ – Sandy Dillon) nach New York, wo sie sich als Pianistin in zwielichtigen Clubs in New York die Miete zusammenspielte, sich erfolgreich auf die Rolle der Janis Joplin in einem Musical bewarb und schließlich von einem Manager ‚entdeckt‘ wurde.

Mit schweineteuren Produzenten der ersten Liga nahm sie schließlich zwei Alben auf, die bis heute nicht veröffentlicht wurden, eines davon mit Mick Ronson, ehedem bei Mott The Hoople. Später ging sie nach London, um schließlich im letzten Jahr ihr Debüt-Album ‚Electric Chair‘ zu veröffentlichen, auf dem sie eine Sorte abstrakten Blues spielt, wie sie mit einem ähnlichen Ansatz von Käuzen wie Tom Waits und Captain Beefheart gepflegt wird, rsp. wurde. Manipulierte Gitarren, selbstgebaute Percussion und eine bizarre Stimme, die von elektrischen Stühlen in der Hölle singt. Diese schillernde Vita jedenfalls, in Verbindung mit dem schwarz-weißen Cover und ihrer Erscheinung darauf, blass geschminkt, die Augen geschlossen und auf dem Kopf eine Frisur von Vidal Sassoon, scheint recht wenig von der Person Dillons preiszugeben, wirkt stilisiert und rätselhaft.

„Hahaha, aber es ist alles wahr. Es liest sich vielleicht seltsam, denn wenn du normalerweise eine Biographie von einem 20-jährigen liest, dann ist alles zusammengewürfelt und auch noch erfunden. Es klang artifiziell für dich, weil es NICHT erfunden ist. Das Artwork habe ich gewählt, weil ich ein großer Fan des Schwarz-Weiß-Photographen Wynn Bullock aus den 40ern bin. Er hat wundervolle Photos von Bäumen gemacht, nackten Bäumen und so weiter. Ich wollte so etwas, weil das Album ganz akustisch ist. Holz. Es ist ein Instrument. Ich wollte Bäume auf dem Cover haben und dann taten sie mich nach vorne und es hat eine etwas geisterhafte Erscheinung. Wir haben die Photos gemacht, lange bevor ‚Blair Witch Project‘ herauskam und alle sagen, ‚es sieht aus wie aus Blair Witch Project‘, aber es ist viel älter. Das Photo innen mit dem kleinen Holzhaus nahmen wir, weil wir in meinem Haus aufgenommen haben, und das ist sehr klein. Es ist nicht das Haus auf dem Cover, aber es repräsentiert diese Klaustrophobie, die Abgeschlossenheit.

Auf dem Album ist sehr viel Raum und Leere. Wir benutzen kein Schlagzeug sondern Percussion, leere Bierdosen und solche Sachen. Und wenn du in einem kleinen Raum zusammengepfercht bist, kriegst du einen ganz anderen Sound, als wenn du in ein teures Studio gehst, wo jeder in seinem Kämmerlein spielt. Leute spielen ganz anders, wenn du dich verrenken musst, damit du nicht mit dem Bassisten zusammenstößt. Du wirst wesentlich wählerischer mit den Tönen die du spielst. Naja, deswegen sieht die Platte so aus. Ich fand dass es sehr gut zusammenpasst, aber ich glaube, ich verstehe, was du meinst, wenn du die Platte siehst und die Biographie liest und so weiter. Dass du dich fragst, wie kann jemand von hier nach dort und nach dort gekommen sein.“

Aber die Frau, die bei unserem nachmittäglichen Date gerade ihr erstes Bier trinkt und sich eine Kippe anzündet, um ihre Stimme langsam in Form zu bringen, macht wirklich nicht den Eindruck, als hätte sie sich all das ausgedacht. Und sie gibt sich alles andere als unnahbar. Etwas verhuscht vielleicht, ein bisschen kaputt, aber mit einem herzlichen, etwas raubeinigen Humor.

„Wir hatten viel Spaß beim Aufnehmen. Das ist lustig, weil wir auch Presse hatten, die sagte: Es ist sehr arty und prätentiös. Darüber haben wir uns kaputt gelacht, weil wir nie so darüber gedacht haben. Wir haben uns nur gesagt, wir schreiben ein paar Songs und stellen sie zusammen. Wir hatten nicht mal einen Deal. Wir haben die Platte einfach gemacht und hatten Glück, dass der Typ von One Little Indian es phantastisch fand. Ansonsten hätten wir wohl einfach noch ein weiteres Album in unserem Haus mit einer anderen Idee gemacht. Wir haben nicht überlegt, was der Markt braucht oder so. Auch die Idee, dass wir diese Sorte Aufnahme gestellt hätten ist völliger Schwachsinn. Wir spielen eben so. Du hast uns ja gestern Abend gesehen, wir klingen einfach so.

Das Meiste ist beim ersten Take aufgenommen. Bei mir ist es nicht wie bei wirklich guten professionellen Sängern, die bei jedem Take besser werden können, ich werde definitiv schlechter (lacht). Wenn ich etwas nicht beim ersten oder zweiten Mal schaffe, dann soll es nicht sein. Entweder etwas stimmt nicht mit meinem Schreiben an dieser speziellen Stelle oder ich sollte es an einem anderen Tag versuchen und besser in den Pub gehen. Mein Körper sagt mir: Tu das nicht! (…) Ich denke, das ist der Fehler bei vielen modernen Platten. Kennst du homogenisierte Milch? Die gibt es überall in Europa und sie ist überall genau gleich. Absolut geschmacklos. So ist auch die Musik. Wenn du alte Autos siehst, die haben Ärsche, Hüften, Körper. Heute sehen alle Autos gleich aus und sie werden immer kleiner. Als ich jung war, konnte man in Autos Sex haben. Versuch das jetzt mal. Verstehst du? Autos haben etwas bedeutet. Und wir wollten eine Platte machen wie zu der Zeit, als Plattenmachen Spaß war und nicht eine klinische Operation mit Maschinen. Ich liebe Tanzmusik und Musik mit Maschinen, aber das ist nicht das, was ich tue.“

Tatsächlich klingt Sandy Dillon mit Band auf der Bühne so, wie auf ‚Electric Chair‘, allerdings alles andere als eine Ton für Ton festgeschriebene Version zu reproduzierend. Die Instrumentierung, die Spielweisen ihrer Musiker prägen den eigenwilligen Klang, die Musik ergibt sich also eher aus der speziellen Kombination ihrer Musiker, mit denen sie zum Teil schon seit Jahren Musik macht.

„Ich traf Ray (Majors, dobro et al.) bei Blues-Gigs. Er war in MOTT THE HOOPLE und das ist wirklich verrückt, denn bevor ich Ray traf, arbeitete ich mit Mick Ronson zusammen und Mick starb an Krebs. Ich und Ray spielten also ein halbes Jahr lang Blues-Gigs in London und Umgebung, und irgendwann sagt er zu mir: ‚Ich wusste gar nicht, dass du Mick kanntest‘. Ich kam ursprünglich nach England, um mit Mick zu spielen. Ray hatte Mick damals bei MOTT THE HOOPLE ersetzt. Und es ist unglaublich: 25 Jahre später spielen wir zusammen, kurz nachdem Mick gestorben war! Wir hatten es nichtmal für nötig gehalten uns unsere musikalische Geschichte zu erzählen. Wir wussten es nichtmal. Ich hatte eine so gute Zeit, mit Mick zu spielen, und jemanden aus derselben Ära und demselben Genre zu treffen… Dann ist da noch George (Hadjineophytou, perkussion, mandoline), der Grieche. Er spielt jedes Instrument, wirklich alles. Auf dem neuen Album spielt er auf einem Gitarrenslide ohne Mundstück irgendwelche Melodien. Er spielt ein Solo auf dem Bottleneck mit seinem Mund.

Er ist einfach phantastisch. Er produziert auch. Er und Steve sind Engineers, weshalb wir niemanden von außen brauchen, der uns sagt, was wir tun sollen. Meistens beginnt es bei Klavierstücken wie ‚Float‘ oder ‚Powder Lady‘ nur mit mir und dem Fender Rhodes. Und dann denke ich, hier könnten wir vielleicht einen gestrichenen Kontrabass nehmen und dann kommt Danny (Manners, kontrabass) rein, hört es sich an und wir spielen es. (…) Jedenfalls ist bei uns alles sehr unmittelbar, wir proben nicht. Das tötet es. Die Musiker, mit denen ich arbeite, sind außerdem sehr gut, und sie würden sich sehr langweilen, wenn sie wüssten, sie müssten jeden Abend das gleich spielen. Die Struktur des Songs ist da, aber es ist mir egal, ob der Bassist an einem Abend dieses oder jenes tut. Nicht: ‚Du spielst vier Takte a und dann acht Takte e…‘, blaaah. Das wäre wie in einem dieser modernen Studios, wo du dich fragst: Mache ich Musik oder mache ich homogenisierte Milch für die EG?“

Lebhaft erzählt sie über ihre Musik, von den ‚Jungs‘ in der Band, die mit hochgeschlagenen Kragen in Plattenläden gehen und die Platten von Sandy Dillon, die im Regal dem Alphabet entsprechend oft vor Celine Dion stehen, gegen die von Celine austauschen. Wie sie dabei assoziativ von einem Thema auf das andere kommt, erinnert sie an Mike Watt, den du gar nicht erst irgendetwas fragen musst, damit er ins Erzählen kommt. Was machen deine Musiker, wenn sie nicht mit dir spielen?

„Sie sind alle sehr beschäftigt. Unser jetziger Perkussionist, der nicht auf dem Album ist, spielt bei Heather Nova. Wir haben ihn nur, wenn er nicht bei ihr ist. Wir können nicht jeden Percussion-Part live spielen. Wir brauchen immer eine Extraperson. Auf der nächsten Platte haben wir David Coulter, der mal bei den Pogues war. Ich fragte ihn, wie es war mit ihnen unterwegs zu sein. Er sagte, es habe 18 Monate gedauert, sich davon zu erholen. Ich sagte: Und jetzt kommst du zu uns?“

Und sie lacht.

„Er ist ein sehr talentierter Typ. Er spielt auf Fächern mit Bleistiften durch ein Mikrophon, so dass sie wie Timpani klingen. Er spielt auch die singende Säge, er trägt die Zehnägel von Lamas an Armbändern. Er wird mit uns spielen, und auch Lorie (besagter Perkussionist), wenn er Zeit hat. Ich muss es anerkennen, dass sie, wenn wir nicht unterwegs sind, an verschiedenen anderen Projekten arbeiten müssen. Steve (Bywater, präparierte Gitarre) ist an verschiedenen Filmprojekten beteiligt. Nigel Holland aus Köln, der das Sounddesign in Filmen wie ‚Candyman‘ oder ‚Braveheart‘ gemacht hat, arbeitet mit Steve zusammen, wenn er diesen speziellen Gitarren-Sound will. Und George spielt mit verschiedenen griechischen Bands, aber das hier ist seine Hauptband. Ich habe übrigens auch ein Nebenprojekt mit einem Typen namens Hector Zazou. Er ist Franzose, hat eine Menge Alben mit John Cale, Laurie Anderson, Jane Siberry und Björk gemacht. Er ist so ein avantgardistischer Produzent, Keyboarder, Komponist, und er mochte ‚Electric Chair‘, rief bei meinem Management an und bot mir an, ein Album mit ihm zu schreiben. Ich machte das, während ich an unserem nächsten Album arbeitete. Das war gut, es hält dich frisch, anstatt dass du dich in dein eigenes Album verbeisst.“

Was ist mit den beiden Alben, die nie veröffentlicht wurden?

„Sie sind vor allem aus vertraglichen Gründen nicht erschienen. Das zweite, das ich mit Mick Ronson aufgenommen habe, wird vielleicht erscheinen. Mein altes Management, dem die Rechte gehören, hat das Album wohl an jemanden verkauft. Manche Fans von Mick Ronson wollen alles haben, was er je gemacht hat, und ich war eines der Projekte, oder sie bringen es heraus, weil ich jetzt mein Album draußen habe.

Ich habe gesagt: Wenn es heraus kommt, soll mein Anteil an die Krebsforschung gehen, weil Mick an Krebs gestorben ist. Das war meine Forderung. Seitdem haben sie sich seltsamerweise nicht mehr gemeldet. Hahaha. Das sagt uns was, oder?! Ich weiß also nicht, ob es passiert. Das erste Album wird wohl nicht erscheinen. Es war keine sehr gute Platte, die Zweite ist gut, aber die Erste… Die Songs waren nicht schlecht, aber der Sound war nicht gut. Viele Synthesizer und Drums, denn das war damals, 1983 in new york, Mode.

Und das große Ding war damals AFRICA BAMBAATAA, SUGARHILL GANG und so. Meine Songs waren schon ein wenig so, wie sie immer noch sind, und ich mochte diese Art von Gesang, aber sie wollten Pop-Songs daraus machen. Die Artifizialität fand also damals statt, genau andersherum als du dachtest. Ich war sehr jung und beeindruckt und spielte das Spiel mit. Ich habe viel gelernt. Mir ging es absolut miserabel. Ich hatte ein großes Managament und einen fetten Plattenvertrag, alles was du willst, und mir ging es schlecht. Jetzt stehe ich auf, mache mir Kaffee, steig in die Puschen, stelle das Mischpult an, niemand sagt mir, was ich mit meinem Haar machen soll, was ich anzuziehen habe.

Das hat einfach nicht funktioniert für mich. Ich denke es funktioniert für Leute, die eine Pop-Karriere machen wollen. Wenn meine Plattenfirma morgen sagt, ‚wir wollen dich nicht mehr auf dem Label‘, dann ist das okay. Das verändert mein Leben überhaupt nicht. Damals war das eine große Sache, auch, das alles zu verlieren. Ich hatte vorher eine Menge regelmäßiger Gigs als Pianist in New York, und als ich bei Elektra war, verlor ich ziemlich schnell die entsprechenden Kontakte, denn du wirst einfach durch irgendwen anderen ersetzt, wie alles andere.

Als ich zurückging zu den Bars, war es hart. Ich bin jetzt 39 und kann sagen, das ist eine Menge Leben für meine Songs. Und ich denke, wahrscheinlich musste meine Persönlichkeit, mein Stil warten. Vielleicht musste es so sein. Ich fühle mich nicht schlecht deswegen. Und es ist mir auch nicht peinlich, wenn die Platten herauskommen sollten. Es ist mir egal. Ich will nicht das Geld dafür, deshalb sollte es gespendet werden. Ich will Geld mit der Musik verdienen, die ich jetzt mache und die niemand kontrolliert. Das ist fair, du spielst, du verdienst Geld, es ist ein Job. Ein sehr gutes Beispiel: Wir waren eben draußen und haben Photos gemacht. In den Achtzigern bei meinem alten Managment wäre das nicht erlaubt gewesen. Jemand hätte dich daran gehindert und dir die Kamera weggenommen. Das bin nicht ich. Ich kümmere mich nicht darum, ob ich Ringe unter den Augen habe. Ich gebe einen Scheiß darauf. Fuck off! Weißt du?!“ (lacht)

Nun lebt sie also in London und spielt ihre Musik in dem kleinen Haus, in dem sie mit ihrem Ehemann Steve Bywater lebt, zwischen Instrumenten und Equipment.

„Wir haben nie eine Couch oder so gekauft. Wenn du in unser Haus kommst, kannst du nirgendwo sitzen, weil alles voller Ausrüstung ist. Wenn du ins Bett gehst… Ich traf in einer Kneipe diesen Typen, der meinte, er hätte ein Keyboard zu verkaufen. Wir gingen zu seiner Garage und ich sah, dass es eine Hammond war. Ich sagte: Ich gebe ihnen 50 Pfund. Sie war kaputt, aber ich wusste, dass sie 3000 Pfund wert wäre, wenn ich sie restaurieren würde. So kam ich an meine Hammond. Ich habe sie im Schlafzimmer, und wenn ich aus dem Bett will, muss ich über die Orgel klettern. Manchmal denke ich, ich sollte einen Raum mieten, um einen Ort zu haben, an dem ich arbeiten kann. Aber ich bin einfach zu faul. Wenn wir meinen Gesang aufnehmen wollen, ziehe ich nur Socken und einen Bademantel an und singe. Manchmal stehe ich nicht mal dafür auf (lacht). Aber im Sitzen bin ich besser. Es hat wohl mit der Lunge zu tun…“

Es gibt da diese Geschichte von Black Sabbath, dass sie gegen Ende ihrer Zeit mt Ozzy manche Sachen im Studio liegend eingesungen haben, weil sie zuviel gekifft haben…

„Das glaube ich. Ray hat ein paar gute Geschichten dieser Art aus den 70ern auf Lager. Einige sind unglaublich. Sie haben damals den Bands unglaublich viel Geld hinterher geworfen. So ist das nicht mehr. Es ist gesünder. Ich denke, Leute halten länger durch.“

Ozzy Osbourne zu sehen, ist jedenfalls schon ein bisschen seltsam.

„Er lebt jetzt ziemlich gesund, oder?“

Naja, er scheint geistig nicht mehr ganz in Ordnung zu sein. Ich habe ihn mit Sabbath in Roskilde gesehen. Er war wie ein 70jähriger, der debil herumhüpft…

„Es gibt einen hübschen Ausdruck im Englischen für sowas: He’s not playing with the full deck (of cards).“

Noch eine Frage: Es gibt immer drei Namen in den Rezensionen zu ‚Electric Chair als Referenzpunkte: Captain Beefheart, von dem du gestern auch einen Song gespielt hast, der zweite ist Tom Waits, wahrscheinlich wegen der Instrumententierung…

„Das denke ich auch, aber du könntest auch sagen, Tom Waits ist wie Beefheart, dann könntest du sagen, Beefheart war wie Screamin‘ Jay Hawkins, wo hört das auf?“

Der dritte Name war P.J. Harvey…

„Vielleicht ist es wegen meiner Texte, dass Leute an P.J. Harvey denken. Stimmlich haben wir überhaupt keine Ähnlichkeit, denke ich. Aber sie müssen etwas sagen und sie können kaum sagen, dass ich wie Celine Dion klinge (lacht). Allerdings weiß ich, dass Celine versucht zu klingen wie ich (lacht noch lauter). Sie arbeitet seit Monaten daran…“

Nicht sehr erfolgreich, offensichtlich. Vielleicht sollte sie mal mit euch auf Tour gehen…

„Ja. (lacht)“

Doch noch etwas: Du spielst ja jetzt auf diesem Festival namens ‚Woman in (E)Motion’…

„Es gab ein Interview im Vorfeld, am Telephon, was immer schwierig ist, und die Interviewerin war anscheinend eine Feministin. Sie fragte: ‚Befürwortest du in ‚Powder Lady‘ Gewalt gegen eine andere Frau?‘ Ich singe in dem Song: ‚you took away my boyfriend, i’m going to make your life end‘. Wenn du dir den Song anhörst, merkst du dass er wie ein Abzählreim geschrieben ist. In der Musik ist die Ironie schon enthalten. Ich habe ihr das nicht erklärt, ich war so gelangweilt von der Frage, ob ich wirklich eine Frau mit einer AK-47 erschießen würde, dass ich nach kurzem Nachdenken sagte: ‚Ja‘. Nächste Frage bitte.“

Als ob jemand wegen ‚Electric Chair‘ fragen würde, ob du die Todesstrafe befürwortest…

„Genau. Der Song hat damit nichts zu tun. Der Song handelt davon, dass jemand sagt: Ich hab es getan, es war ein Verbrechen aus Leidenschaft und ich will nicht 90 Jahre im Gefängnis sitzen. Und dann sagt jemand: Oh sie sind für die Todesstrafe, soso. Als nächstes tun sie auf mein Album einen Aufkleber: ‚Eltern, seid vorsichtig, hier gibt es beängstigende, subversive Gedanken!‘ Bei ‚See You In Hell‘ wage ich nicht, Steve anzuschauen, weil ich sonst in Gelächter ausbrechen würde. Es ist so komisch. Die Tatsache, dass ein Song Ironie haben und gleichzeitig bewegend sein kann, was soll daran falsch sein? Leute wollen es anscheinend entweder so oder so haben, und das kriegen sie nicht von mir. (…)“

Sandy Dillon macht es eben so, wie sie es für richtig hält, egal, ob die Leute es verstehen. Egal, ob die Leute es mögen. Auch wenn dabei dieser kaputte Blues entsteht. Auch wenn das Ergebnis nicht zu planen ist.

„Es ist, als würdest du beim Sex alle fünf Minuten in ein Buch schauen, um zu sehen, wie du weiter vorgehst. Das macht keinen Sinn. Ich mache sozusagen ‚unsafe music‘.“

In diesem Herbst soll ihr nächstes Album erscheinen. Ich halte euch auf dem Laufenden.

interview/photos: stone

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