Oktober 10th, 2018

NEW DIRECTION FESTIVAL # 170/02-2015

Posted in interview by Jan

Das NEW DIRECTION FESTIVAL in Herrenberg (in der nähe von Stuttgart) läuft seit 2010, jeden Juni über die Bühne. 2014 war ich und mein Freund Manne Manson selbst dort anwesend und wir waren von der ersten bis zur letzten Minute einfach nur begeistert von der friedlichen und freundlichen Atmosphäre und überwältigt von den vielen guten Bands die dort spielten. Fernab von dem üblichen Gedöns der großen Punk-Festivals, auf denen oftmals entweder die immer gleichen bekannten Bands spielen, von denen die meisten nicht mal besonders gut sind, weil sie mit ihren Funpunk/Stimmungskappellen oder in die Jahre gekommenen Oldiebands lediglich eine Massenunterhaltung/Entertainment an Punkrock abliefern.

So sticht das NDF hingegen hervor, mit all seinen jungen und relativ unbekannten Bands, die auch noch im Jahre 2014 aufzeigen das Punk/Hardcore noch lange nicht am verrosten ist und immer noch genug Lebendigkeit, Energie, Authentizität und Enthusiasmus besitzt um meist interessanter zu sein, wie die vielen überbewerteten Bestseller und Publikumsmagneten nach denen die Masse hinterher eifert. Sehr Geil waren auch die exzessiven Aftershowpartys mit exzellenten DJ´s, die meinen Körper bis zum Morgengrauen in Bewegung hielten.

Aber ich halte große Festivals eh für überbewertet, wo sich ein Verkaufs, Fress und Saufstand nach dem anderen reiht und die Masse an Leuten eher verdeutlicht, wie viele geistige Schwachmaten und Idioten sich nur in dieser Szene aufhalten. Das NDF mit seinen rund 500 Besuchern, bietet hierfür keinen Platz und Raum und gerade das macht das Festival für so erfrischend und unterstützenswert – so das es eigentlich selbstverständlich ist, das ich mit den Veranstaltern ein Interview führte.


Was war für euch der ausschlaggebende Grund, das NDF ins Leben zu rufen? Wann fand das erste New Direction Festival statt und was hat sich seit den Anfangstagen geändert?

Wir waren frustiert, enttäuscht und gelangweilt von dem, was in Süddeutschland so geboten war und wie die DIY Szene dort zum Teil organisiert war. Daraufhin haben wir uns zusammen getan, um was Neues, Besseres auf die Beine zu stellen. Ein Jahr später, 2010, gab´s dann das erste New Direction Festival. Geändert, puh… wir haben wahrscheinlich sehr viel gelernt, was Orga-Stuff angeht, sind eventuell gelassener, routinierter, professioneller geworden (was Infrastruktur und Logistik angeht). Auch weil das Ding ja mit den Jahren ein gewisser Selbstläufer geworden ist (z.B. in Bezug aufs Booking). Gleichzeitig ist das Festival aber jedes Jahr aufs Neue ein mega Event in jeglicher Hinsicht für uns und unsere Freunde von Nah und Fern. Das bleibt wohl auch immer so.

Wie viele Leute stemmen und organisieren eigentlich das Festival?

Angefangen haben wir 2010 zu viert. Über die Jahre ist die Crew auf aktuell zwölf Leute gewachsen, die dann auch bei allen Vorbereitungstreffen etc. zusammen kommen. Tatsächlich gibt’s vor allem im Vorfeld schon relativ klar abgesteckte Bereiche und Zuständigkeiten. Da wäre zum Beispiel das Band Booking, Theke, Security & Awareness, Kasse & Einlass oder Cocktailbar, Finanzkram, Logistik, also Zelte und Regenschutz, Camping-Platz, Strom, … alles, was vielleicht erst mal als „vorhanden“ wahrgenommen wird, aber nen riesen Berg Arbeit bedeutet. Dann noch das ganze Rahmenprogramm, Workshops, Lesungen, DJ`s und Essen und Catering-Zeugs, Fahrsklavenfahrten und „Stagemanager“… Das lässt sich aber beim Festival selbst alles nicht mehr so klar voneinander abgrenzen, d.h. wenn´s um Auf- und Abbau und überhaupt die Durchführung geht, sind alle voll eingebunden und machen halt was ansteht! Dazu kommen noch ca. 80 Helferinnen und Helfer ausm Freundes- und Bekanntenkreis – ganz tolle Menschen!

Wie definiert ihr für euch persönlich den Erfolg bzw. wie muss das Festival ablaufen, das ihr es als gelungen oder erfolgreich empfindet? Oder anders gefragt, was ist eure Ambition für den ganzen Aufwand, jedes Jahr das NDF wieder erneut aus der Taufe zu erheben?

Da hat jede und jeder sicher seine individuellen Ambitionen. Ursprünglich sicher die Liebe zu Punk und DIY und der Hass auf die Gesamtscheisse oder die Lust was Eigenes zu machen bei gleichzeitiger Ablehnung und Verachtung des großen, ganzen Falschen. Aber das jetzt alles in das Festival rein zu interpretieren… Schwierig. Sind ja eher so die Punk-Basics, die man in der Jugend für sich entdeckt… Kennt Ihr ja. Daher mittlerweile vielleicht – wir sind ja auch alle nicht mehr die Jüngsten – einfach die Möglichkeit, einmal im Jahr ne fette Party zusammen zu schmeissen, alle einzuladen und zu treffen, die wir kennen und mögen und mal dazu die Bands und Musik zu präsentieren, die wir für geil halten!

Erfolgreich ist es, wenn wir positives Feedback von Bands und Gästen bekommen, wenn alle (auch von Orgaseite) ihren Spass hatten, die Stimmung für alle cool war, nix Schlimmes passiert und wir die Sache auch finanziell gut rumkriegen (Trotz Einnahmen aus verschiedenen Quellen von fast 15.000.-€ geht mehr als die Hälfte, ca. 8.000.-€, nur in die Infrastruktur, also Van-Miete und Sprit, Bandessen und -getränke, Dixies, Technik und Zelte, Bauzäune, Mischer usw. 2014 gingen etwa 7.000.-€ an die ca. 25 Bands, DJ`s und Workshops. Trotzdem ham wir rund 1.000.-€ Miese gemacht. (Dank Rücklagen kein Todesurteil!). Intern ist Erfolg sicher, wenn Absprachen und Planungen gut funktionieren und alles halbwegs reibungslos läuft. Jedes Jahr aufs Neue eine unlösbare Herausforderung, haha.

Was haltet ihr von den größeren, gängigen Punk und Hardcore Festivals, wie z.B. das Punk im Pott, Punk & Disorderly, Rebellion Festival usw. und in welcher Weise unterscheidet sich das New Direction Festival von diesen Events?

Sowas interessiert uns voll nicht. Öder Scheiss, dazu noch ohne jeden ernst zu nehmenden politischen Anspruch… Nicht unser Punk. Ich denke alles unterscheidet uns davon: Die Art unserer Organisation, unser Selbstverständnis, unsere Ambitionen, die Location, die Bands und Labels mit denen wir „zusammen arbeiten“ (so reden doch die Booker Dudes von diesen Scheiss Festen bestimmt!?), die Preise… könnte man jetzt zu Allem super viel sagen… Und wir sind halt keine Grauzonen-Oi!-Sexisten-Dumm-Punks. Wir vertreten politisch klare Ansichten, sind aber undogmatisch, locker, nehmen uns selber nicht so ernst und feiern gern und hart, sind aber auch entschlossen, belesen, verantwortungsvoll und verlässlich – halt ne richtig tighte Clique, mit der man gerne mal unterwegs sein will! Nee, Spass beiseite: Wir sind DIY, die sind Business. Kann man von halten was man will. Wir hätten keine Motivation für ne andere Art von Festival als im NDF-Style.

Und welche Festivals könnt ihr den TRUST-Leser, neben dem NDF sonst noch ans Herz legen?

Mal von Nah nach Fern gelistet: Das Hardcore Winterfest und das Heimat-To-Hell Fest in Tübingen (gab´s früher auch mal personelle Überschneidungen), Pfingstfest in Mannheim, Keep-It-Evil in Nürnberg, Zoro-Fest in Leipzig, Fluff in Pilsen, K-Town in Kopenhagen, …

In dem Veranstaltungsort, dem Jugendhaus Herrenberg finden ansonsten ja eher weniger Punk und Hardcore-Konzerte statt, wie kommt es dazu, das trotzdem genau an jenem Ort, jedes Jahr so eine große Sause stattfindet? Bzw. was macht das Juze Herrenberg eurer Meinung nach, zu solch einem geeigneten Veranstaltungsort?

Naja, das JuHa hat schon ne gewissen Punk Tradition und ist ja auch nah bei Stuttgart. Und diese Suburb-Jugendhäuser wiederum haben um Stuttgart auch ne lange Tradition was Hardcore-Punk Konzerte angeht… Aber der eigentliche Grund ist, dass 2,3 Leute aus der Crew in Herrenberg aufgewachsen sind und einfach seit ihrer Jugend im JuHa aktiv waren. Sind jetzt natürlich alle weggezogen, aber die Connection ist halt einfach da. Die Räumlichkeit an sich und die abgeschieden-zentrale Lage mit Wiese, Fussballplatz und Skatepark bietet halt ideale Bedingungen. Außerdem sind die (haupt- sowie ehrenamtlichen) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sau locker und ham auch Bock auf das Festival und supporten es in jeglicher Hinsicht. Ohne die Sozpäds, namentlich allen voran Holger, wäre das alles überhaupt nicht möglich.

Auch finanziell kommen die uns super entgegen und zahlen zum Beispiel Flyer oder kümmern sich um Biertischgarnituren, Kühlschränke etc. Also ist schon special dort. Man muss ja auch sehen, dass das NDF nicht in nem klassischen AZ stattfindet, wo über nen langen Zeitraum und durch das Engagement vieler Leute so ne Basis entstanden ist, von wo aus man dann man startet, sondern in einem normalen städtischen Jugendhaus, ohne nennenswerte Szenerelevanz. Das ist eh schon krass, dass das überhaupt läuft! Das bedeutet aber eben auch, dass da wirklich Jahr für Jahr alles eingekauft, angekarrt, auf- und wieder abgebaut werden muss, was fürs NDF benötigt wird.

Nun liegt Herrenberg zwischen Nagold und Tübingen, also genau der Landstrich der Mitte/Ende der 80er bekannt war für zahlreiche Hardcorekonzerte. Wie sieht es in dieser Region heute aus? Ist dort noch was geboten, gibt es dort noch eine größere Szene? Oder um das Spektrum auf Süddeutschland zu erweitern, hast du ein paar Tipps auf Lager zwecks guten Locations und Festivals im süddeutschen Raum?

Also was Ende der 80er ging, wissen wir auch nur aus Geschichtsbüchern und von YouTube. Aber stimmt wohl schon… Jemand aus der Crew hat früher auch mal in Tübingen gewohnt und dort Shows und die o.g. Festivals (mit)gemacht. Tübingen bietet halt im Grunde alles, was es braucht: Läden, ne Uni ergo Leute, offenes Klima. Aber wie das in Kleinstädten eben so ist, hängt das alles immer von ner Handvoll aktiven Leuten ab und kann sich daher immer schnell ändern. Gibt zur Zeit n paar ganz nette Bands dort, die sehr aktiv sind und sich den Arsch abspielen und durch ihre Popularität vielleicht auch wieder im besten Sinne Öl ins süddeutsche Punk-Feuer gießen… Joa, gibt schon ne Szene, „groß“ ist da sicher relativ zu sehen… Nagold, uff! – Shows gibt’s da keine.

Außer X-Mist Rec. wohl ziemlich tot. Aber genau genommen wohnt die Hälfte von uns ja mittlerweile auch in Leipzig und Berlin, in Stuttgart oder Frankfurt oder richtig in der Pampa… wir sind daher eigentlich nicht die geeignetsten Ansprechpartner für diese Region/Frage, hehe. Was Locations angeht: In Stuttgart gibt’s das „Contain`t“, was ganz cool ist und die Waggons am Nordbahnhof. Konzerte gibt’s schon, linke Läden weniger. In Kreuzlingen gibt´s der/die/das „Horst“. Mannheim halt das Juz, klar, Karlsruhe, Freiburg, … Kein Plan, was da noch so alles geht! Es gibt überall kleine Venues: Schopfheim, Villingen-Schwenningen, Balingen, Schwäbisch Gmünd, Konstanz, Rastatt, Nürtingen, Schwäbisch Hall, … so richtig auf der überregionalen Szene-Landkarte sind die aber z.Z. nicht.

Nach welchen Kriterien sucht ihr die Bands aus? Oder welche No-Go´s existieren für euch, eine Band erst gar nicht auftreten zu lassen?

In erster Linie müssen wir Bock auf die Mucke und die Leute haben. Wir machen einfach ne Liste mit Bands, auf die wir Bock hätten und schreiben die dann an. Dazu kommen natürlich die ganzen Anfragen und die Tour-Bands, die sowieso unterwegs sind und die wir dann halt „abgreifen“. Sonst sind halt jedes Jahr Bands von Freundinnen und Freunden dabei und meist noch irgendwas was Frisches aus der Region. Kriterien in dem Sinn wurden da nie festgelegt, da die Festival Standards natürlich auch fürs Booking gelten.

D.h. wenn das Artwork oder die Lyrics oder irgendwelche halbwegs belegbaren Stories über die Bands darauf hin deuten, dass das Idioten sind (sexistisch, mackrig, Burzum-Fans, antisemitisch/antizionistisch etc.), läuft das bei uns nicht. So wie wir das auch beim Festival selbst gegenüber allen Anwesenden handhaben. Wir drehen da jetzt nicht jeden Stein um, aber wir setzen uns schon mit den Bands auseinander und überlegen, was geht und was nicht. Aber an sich hat das NDF glaub das Glück, einen gewissen Ruf zu haben, der uns bisher vor bösen Überraschungen bewahrt hat. Eigentlich war´s immer easy mit den Bands.

Ist die „Frauenquote“ der Festivalbesucher und die Quote an Bands mit weiblichen Mitgliedern eigentlich immer so hoch wie beim NDF 2014? War das eher ein Zufall oder legt ihr einen besonderen Wert darauf, das nicht wie es sonst leider oft üblich ist, hauptsächlich von Männern dominierte Bands spielen?

Ganz ehrlich: Zufall. Wir sind uns zwar der Tatsache bewusst, dass die Hardcore/Punk Szene männlich dominiert ist und hier z.T. ebenso patriarchale Strukturen und sexistische Verhaltensweisen zu finden sind und reproduziert werden. Unsere Antwort darauf ist aber keine Quotenregelung oder so. Wir gehen bei der Bandauswahl in erster Linie nach Qualität oder Geschmack, nach freundschaftlichen Beziehungen und praktischen Überlegungen. Trotzdem ist das jetzt auch nicht komplett ausgeblendet, da es definitiv cool ist, Bands mit Frauen im Line Up zu haben.

Is halt unserer Ansicht nach ne Gratwanderung, ob man jetzt extra betont, dass hier – oh wow! – Frauen spielen (dieses unsägliche „female fronted“…) und aber gleichzeitig auch nicht die Augen davor verschließt, dass die Szene eben männlich dominiert ist und wir als Veranstaltende auch die Möglichkeit haben, daran was zu ändern und das explizit zu kritisieren… Aber jetzt extra ne Band einzuladen, auf die niemand von uns Bock hat, nur weil da Frauen spielen – nicht unser Weg. 2014 hat es sich tatsächlich einfach ergeben, dass wirklich sehr viele Frauen auf der Bühne standen, was natürlich cool und wünschenswert ist. Was das Publikum angeht ist es schon immer so wie 2014, ja. Die ganze Awareness Geschichte und wie wir uns ne relaxde Party für alle vorstellen, haben wir auch intern sehr intensiv diskutiert und ja auch nach außen kommuniziert. Vielleicht hat das was damit zu tun. Aber vielleicht finden weibliche Hardcore/Punk Hörerinnen halt auch einfach nur das Line Up und den Event an sich geil – wie die Typen eben auch.

Was waren für dich persönlich die Highlights eures Events (egal ob in musikalischer, menschlicher oder politischer Hinsicht)?

Hui, in Anbetracht von 12 Leuten in der Crew würde das jetzt ne sehr lange Antwort geben… Die Party rund um die Cocktailbar fanden glaub alle sehr geil, obwohl finanziell desaströs. Bandmäßig? Wäre jetzt uncool hier einzelne (nicht) zu nennen. Wählen das Line Up ja mit Bedacht, daher sollten alle ne Erwähnung finden, hehe: Torso (US) / Halshug (DK) / Nakam (D) / Static Means (D) / Blank Pages (D) / Hard Skin (UK) / Sect (E) / Catholic Guilt (AT) / Svffer (D) / Slöa Knivar (S) / Hysterese (D) / Suicidas (E/AT) / Geraniüm (F) / Fluffers (D) / The Mob (UK) / Belgrado (E) / Ruidosa Inmundicia (AT) / The Love Triangle (UK) / Short Days (F) / Left In Ruins (I) / The Splits (FIN) / Midnight Crisis (D) / Human Abfall (D)!

Aber oft sehen wir ja von den Bands auch gar nicht so viel, weil wir halt nonstop irgendwas zu tun haben… Cool, dass es dieses Jahr so viele YouTube Videos gibt, hehe. Wenn die Leute Spaß haben und dabei rücksichtsvoll miteinander umgehen, ist das definitiv ein Highlight. Und das war im Großen und Ganzen so. Cool war auch, dass es keinen Stress gab obwohl alle mega gefeiert haben und trotz Exzess und Eskalation alles auf nem friedlichen und angenehmen Level blieb. Naja, und es ist halt immer ne Familienfeier im besten Sinne: Man freut sich halt, all die lieben Leute da zu haben und das eben auch mal drei Tage am Stück. Das NDF ist wie so ein kleiner, extrem anstrengender Urlaub.

Und wenn wir das Ying und Yang Spielchen umdrehen – was waren hingegen die bisher derbsten Enttäuschungen hinsichtlich der Bands oder dem Publikum etc.? Gab es bisher Bands die z.B. besonders den Rock´n´Roll-Star heraushängen ließen etc.?

Mit manchen Bands versteht man sich halt auf Anhieb und hat sich was zu sagen, mit manchen eher nicht. Manche findens arschgeil, da spielen zu können und bedanken sich überschwänglich, andere sind halt auf Tour und spielen halt ihr Set. Is aber normal und da spielen so viele Faktoren rein – würde da jetzt keiner der Bands irgendwas Schlechtes nachsagen. Rockstargehabe lassen wir einfach abprallen bzw. hängen dann halt im Gegenzug die arroganten Szene-Checker-Festival-Dudes raus. Kein Problem – unser Festival, unsere Regeln. Gab’s aber eigentlich auch nie.

Und das Publikum: Es gab 2010 z.B. mal Stress, so zwischen Leuten im Pit und Angegrabsche später auf der Aftershow Sause, das war scheisse und hat uns allen vor Augen geführt, dass wir da dran arbeiten müssen. Andererseits: Wenn du das wieder auf die Menge an Leuten und ihr Alk-Level hochrechnest – easy. Trotzdem haben wir seitdem immer Leute, die „Schutz“ machen und v.a. bei den Aftershow Parties und in den frühen Morgenstunden am Start sind und n Auge aufs Geschehen haben. Das ist uns auch wichtig und signalisiert den Gästen vielleicht auch nochmal, dass hier zwar Punk und Eskalation angesagt ist, aber es trotzdem nen Rahmen gibt und Standards, die auch durchgesetzt werden.

Was ich persönlich im positiven Sinne überraschend empfand, war das so wenig Cops anwesend waren. Ich meine, hätte die gleiche Veranstaltung im tiefen Bayern stattgefunden, hätte es wahrscheinlich vor Polizisten in Uniformen, sowie in Zivil nur so gewimmelt. Und selbst in Stuttgart wurden wir früher (Mitte/Ende der 90er) ständig durchfilzt. Der traurige Höhepunkt jener Schikanen war dann, als ein Kumpel wegen seines KISS-Aufnähers bzw. wegen des vermeintlichen SS-Runen eine Anzeige bekam, wegen dem vermeintlichen tragen Verfassungsfeindlicher Symbole. War die Polizeipräsenz schon immer so gering oder liegt das vor allem daran (wie man es mir sagte), das die Grünen und die SPD anstatt der CDU im Stadtrat sitzen?

Also das kommt Dir vielleicht aufm Festival selbst so vor. Aber die Bullen sind schon spitz und ziehen z.B. jedes Jahr massig Autos raus. Und Zivibullen schlappen schon auch mal mittags um die Zelte rum. Aber es stimmt schon: Repression und totale Schikane sehen anders aus. Im ersten Jahr hatten die noch mega Muffe und sind aufs JuHa zugegangen, „Gefahrenansprache“ und wollten, dass das nicht im schönen Herrenberg stattfindet (Man muss dazu sagen, dass das Be-Part Fest 2007 mal in Herrenberg stattfand und zu der Zeit die ganze Ungdomshuset Geschichte in Kopenhagen ziemlich am Brennen war und dann gab´s halt ne Spontandemo mit 500 Leuten durch Herrenberg… Das hatten die Cops vielleicht noch in Erinnerung und waren daher u.U. etwas „besorgt“…). Aber das JuHa hat zu uns gehalten, es gab Gespräche und nach dem Festival ham sogar die Cops geschnallt, dass das NDF wesentlich friedlicher als jedes Dorffest ist und wir ganz gut allein zu Recht kommen, wenn man uns lässt. Seither beschränken sie sich verstärkt auf Verkehrskontrollen bzw. rufen an, wenn sie was wollen.

Auf dem Festivalgelände hing ein Banner unter dem Motto „Freiheit für Josef“, kannst du uns darüber berichten, was es damit auf sich hat?

Josef hat im Januar 2014 gegen den Wiener Opernball, ein Treffen rechtsradikaler Burschenschafter und Neonazis, demonstriert und wurde im Anschluss an die Demo festgenommen und mit fadenscheinigsten Begründungen sechs Monate inhaftiert. Josef als Mensch hat unsere Solidarität und Josef ist ein Symbol für den Umgang des Staates mit unliebsamen Kritikern. Daher finden wir die ganze Geschichte zum Kotzen. Angefangen bei den Burschis und Neonazis, gegen die Josef berechtigterweise demonstriert hat, über ihre Bullenfreunde, die den ganzen Scheiss schützen bis hin zu den Richtern und Staatsanwälten, die lügen und manipulieren und versuchen, die legitime und wichtige Kritik der antifaschistischen Bewegung mundtot zu machen und zu kriminalisieren. Josef ist einer von uns. Gut, dass er jetzt draußen ist. Gut, dass er noch immer die Kraft hat, jetzt in Revision zu gehen und für die komplette Aufhebung des Urteils zu kämpfen und dem Staat die Sache nicht durchgehen zu lassen. Mehr Infos hier: http://freiheit-fuer-josef.familientagebuch.de/

Sehr unterstützenswert fand ich auch die vegane Verköstigung der VoKü-Crew Maulwürfe, die beinahe 24 Stunden lang, also fast rund um die Uhr für einen freiwilligen Beitrag leckere, vegane Spiesen zubereiteten und bereitstellten. Wer steht hinter der Maulwürfe-Crew und ist diese Crew auch für andere Feste, Konzerte etc. buchbar?

Ja, die Crew ist super! Die Maulwürfe sind ne Mitmach-Vokü-Gruppe aus Freiburg, die sich jedes Jahr komplett eigenständig ums Essen kümmern, dazu alles ankarren was nötig ist und noch dazu mit dem Gewinn coole Projekte unterstützen. Tiptop. Fettes Danke dafür! Sicher sind die auch für andere Events zu haben. http://volxkuechefreiburg.blogsport.de/maulwuerfe/

Was macht ihr sonst noch außer das NDF zu organisieren?

Manche spielen in Bands, manche organisieren Shows, leben in großen Städten oder kleinen Dörfern, manche studieren oder arbeiten, manche künstlern vor sich hin, manche geniessen einfach nur das Leben. Das Übliche halt. Namedropping oder so sparen wir uns jetzt; da geht schon was, aber wir ham kein Bock auf dieses Szenegetue von wegen, wer wo spielt, welche Band fährt, was rausbringt… Politisch waren oder sind wir auch engagiert. Dazu gibt’s jetzt aber auch keine Details.

Welche Bands sind für nächstes Jahr in Planung?

Seit wir das Date für 2015 fix gemacht haben (11. – 13. Juni), bekommen wir wieder viele Mails und hauen auch unsere Anfragen schon raus. Fix ist im Moment aber noch gar nix. Auf newdirectionfestival.de.vu und facebook geben wir das Line-Up irgendwann bekannt. Ein paar Monate vorm Festival stellen wir auch wieder nen Sampler mit allen Bands zum kostenlosen Download auf newdirectionfestival.bandcamp.com – Haltet die Augen offen!

An wen sollte man sich wenden, wenn wer bei euch spielen möchte oder sich anderweitig beteiligen möchte auf eurem Festival?

Bands können sich jederzeit schon über new-direction-festival@gmx.de an uns wenden und alle anderen im Grunde auch. Wenn Leute, die das hier lesen, Bock auf kochen haben, empfehlen wir, sich da im Vorfeld eigenständig an die „Maulwürfe“ zu wenden. Die sind da offen und freuen sich – Mitmach-Vokü, wie gesagt. Sonst einfach mit allen Belangen an obige Email-Adresse!  Dann mal Danke für das Interview. Und erzählt es nicht so rum, dass es bei uns so nice ist. Geheimtip forever!

Interview/Text: bela

Fotos: K.H. Stille

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