November 27th, 2018

Jäger, Hirten, Kritiker – Eine Utopie für die digitale Gesellschaft, Richard David Precht

Posted in bücher by Dolf

Goldmann/Randomhouse, Neumarker Str. 29, 81673 München, www.randomhouse.de

Es wäre interessant mal eine Debatte zwischen dem Autor und Bernd Vowinkel (dem Autor von “Wissen statt Glauben” welches auch in diesem Heft rezensiert ist) zu verfolgen. Beide beschäftigen sich im Grunde mit der gleichen Thematik, kommen aber zu ziemlich unterschiedlichen Ergebnissen. Während Vowinkel Anhänger des Transhumanismus ist, will Precht von einer Zukunft in der die menschliche Intelligenz und auch die Emotionen auf Maschinen übertragen wird nichts wissen, bzw. stellt dies für ihn eben keine logische evolutionäre Entwicklung dar und ist auch nicht wünschenswert. Aber bleiben wir bei Prechts neuestem Buch. Kleine Randnotiz, das erste Buch welches auf relevanten Bestsellerlisten auf Platz 1 ist und auch hier besprochen wird.

Es geht um nicht weniger als die Zukunft der Gesellschaft und wie sie durch die Digitalisierung verändert wird. Precht sagt – zurecht – das nicht wirtschaftliche Interessen dies kontrollieren dürfen. Und das die Frage nicht ist: “ Wie werden wir leben? Sondern: Wie wollen wir leben?” Also das es in unserer (wer soll das sein?) Hand liegt die Weichen richtig zu stellen um eine wünschenwerte Zukunft für den Menschen zu schaffen in der er erfüllt und selbstbestimmt leben kann. Was hierzu nötig ist, steht teilweise in diesem Buch. Im Prinzip sind es oftmals die “alten Feinde”, nämlich der Kapitalismus und die damit einhergehende Resourcenverschwendung um nichts als Wachstum zu generieren, die einer vernünftigen Enwicklung im Wege stehen. Der Mensch bleibt auf der Strecke. Laut Precht – und auch hier ist ihm zuzustimmen – werden in Zukunft sehr, sehr viele Menschen ihre Arbeit verlieren. Diese gilt es zum einen finanziell zu Versorgen (Grundeinkommen für jeden) und auch darauf vorzubereiten wie man ein erfülltes Leben meistern kann, wenn man nicht täglich acht Stunden auf einem Bürostuhl sitzt. Das wird eine der größten Herausforderungen. Eine andere, nämlich unser Recht auf Privatsphäre und informelle Selbstbestimmung, ist schon nicht mehr nur zu schützen, sondern muss erstmal wieder zurückerobert werden, damit jeder durch entsprechende Gesetze geschützt werden kann. Gut auch die Forderung nach einer digitalen Grundversorgung für jeden ohne kommerzielle Interessen. Die Reglementierung der künstlichen Intelligenz wäre wahrscheinlich wünschenswert, zumindest dann wenn es um ethisch sensibele Bereiche geht. Natürlich wird hier auch viel spekuliert, aber das ist nun mal eben notwendig wenn es um die Zukunft geht. Zum einen entwirft er hier mal ein sehr schlimme Version (Dystopie) – wie es werden könnte und wie es eigentlich kein Mensch haben will. Zum anderen gibt es aber auch positive Lösungsvorschläge wie es auch sein könnte. Precht ist sicher kein Gegner der Digitalisierung, sagt aber das eben nicht alles digital werden muss, vieles davon ist mehr als entbehrlich – anderes wünschenswert und eine große Hilfe für die Menscheit. Ansonsten vertritt Precht gute und richtige Ansichten außerdem hat er einen gut lesbaren Schreibstil und tolle Gedanken die viele Probleme auf den Punkt bringen – so wußten die Menschen Tausende Jahre nicht was sie glauben sollen, jetzt wissen sie es und glauben es nicht – brilliant! Bleibt zu hoffen das durch die weite Verbreitung des Buchs dazu beigetragen wird das wir (gleiche Frage…) unsere Zukunft bestimmen und nicht der Silicon-Valley Kapitalismus. Gebunden, 288 Seiten, 20,00 Euro (dolf)

Isbn 978-3442315017

[Trust # 192 Oktober 2018]

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