Got Me? – Hardcore-Punk als Lebensentwurf – Dolf Hermannstaedter

Mox und Maritz Verlag, PO Box 101021, 28010 Bremen / www.moxundmaritz.de

Ich weiss noch genau als ich zum erstenmal ein TRUST erstanden habe. Ich war wohl ca 14 Jahre alt und der Comic/Plattenladen Angry Red Planet in Regensburg hatte eine kleine Auswahl an Punkzines, darunter auch das damals noch in Augsburg ansässige Heft.Und als erstes las ich natürlich die ‚i got my power‘ betitelte Kolumne von Herausgeber Dolf. Und fast 16 Jahre später hat dieser sich entschieden seine Kolumnen aus den Jahren 1986 bis 2007 in einem Buch zusammen zu fassen.

Warum wird sich so mancher Fragen und was soll an zwanzig Jahren alten Kolumnen interessant sein? Dolfs Kolumnen sind meist kein Szene Tratsch gewesen, prekäre Insider Informationen über seine Lieblingsband sucht man vergebens und auch über die ‚history of hardcore‘ wird man vordergründlich nur wenig erfahren. Statt dessen sind es höchst subjektive Eindrücke aus Dolfs Leben, seinen Ideen und Idealen. Das Thema Punk und Hardcore ist dabei ein nicht uninteressanter aber doch relativ unwichtiger Rahmen.

Klar, manches von dem was Dolf schreibt bezieht sich auf Entwicklungen und Probleme in unserer Subkultur. ABER da eben ‚Sub‘ einer viel grösseren ‚Kultur‘ betrifft das nicht nur unseren Mikrokosmos, sondern ist die Chronik eines Freidenkers in Deutschland und seine Sichtweise auf die Welt und die Entwicklungen der letzten 20 Jahre. Die Kolumnen und darin geäusserten Meinungen sind zutreffend, ärgerlich, naiv, auf den Punkt, amüsant, spannend, verbittert, kämpferisch, langweilig – wie das Leben an sich.

Und Dolf verfügt anscheinend des öfteren über eine schier prophetische Gabe. Zum Beispiel wenn er sich im Juni 1991 (!!!) schon fragt wer denn bitte „all diese Platten noch kaufen soll“ und die nicht absehbare Veröffentlichungsschwemme des digitalen Zeitalters voraus sagt. Im selben Jahr beginnt das TRUST auch einen Computer sowie dazugehörige EDV Programme zu benutzen. Auch schön wie gesellschaftliche Entwicklungen und technische Revolutionen anhand seiner sehr persönlichen Beiträge wieder ins Gedächtnis gerufen werden.

So berichtet er 1995 von seiner ersten Email Adresse und stellt die Frage ‚Ja,ja, wo das noch hinführen wird. TRUST bald im Internet?‘ Und das schon 1986 die Frage im Raum stand ob man von etwas wie dem TRUST leben kann und darf und wie eine selbstverwirklichte Zukunft als Selbstständiger Verleger aussehen kann zeigt doch: ‚the more things change the more they stay the same‘.

Wer eine weitere nostalgische Anekdoten Sammlung über Punk und Hardcore sucht sollte von ‚got me‘ die Finger lassen. Jeder der einen höchst persönlichen Rückblick auf zwanzig Jahre gelebte Underground Kultur zu schätzen weiss darf gerne zugreifen. Mich persönlich hat das Buch sehr gut unterhalten und inspiriert. Denn: ‚Wir sind nicht viele, aber die paar wenigen, auf die wir uns verlassen können, die sind auch wirklich was wert.‘ (oise)

Isbn: 978-3-934790-12-4

[Trust # 132 Oktober 2008]