Dezember 31st, 2024

Fabsi vom Weserlabel Teil 1 (#224/Februar/März 2024)

Posted in interview by Jan

„Oh Eyleen, warum tust du dir das an? Oh Eyleen, jeden Abend einen anderen Mann! Oh Eyleen, wieso gehst du diesen Weg? Oh Eyleen, erzähl mir nicht es wär das Größte für dich!
Ich seh es dir doch an, du bist am Ende, jeden Abend Parties, wo du eingeladen bist. Und du glaubst auch noch, das sind deine Freunde, sie warten doch nur darauf, dich ganz unten zu sehen. Oh Eyleen, du hast was besseres verdient!
Das gleiche Spiel und das schon seit Jahren. Wie lange noch soll es so weitergehen? Wach doch endlich auf, morgen ist es vielleicht schon zu spät, treib‘s nicht zu weit, ich will dich nicht ganz unten sehn.
Was ich von dir will, denk doch einmal nach, ich liebe dich und das seit Ewigkeiten. Für ein Abenteuer warst du mir zu schade, doch ich glaube für uns ist die Zeit schon zu weit.“
(Die Mimmi‘s – Oh Eyleen, von der „Alles zuscheißen“-LP, Weserlabel 1989)

Interview mit Fabsi vom Weserlabel
(Teil I)

Die Geschichte vom mächtigen Weserlabel beginnt 1982 mit dem Release der Platte der Mimmi‘s und es folg(t)en bis heute viele tolle Scheiben von u.a. Stunde X, Abstürzenden Brieftauben, Bela B., Chelsea, Goldenen Zitronen, Die Suurbiers, Dimple Minds, Hostages of Ayatollah, Los Banditos, Ludwig von 88 („Hulala!“), Negu Gorriak, Panhandle Alks, Rumble on the Beach (Wer liebt nicht ihr Prince-Cover?!), The Busters (Wer liebt nicht ihr „Don´t worry be happy“-Cover?!), Go Faster Nuns, Lurkers und den Trashmonkeys.

„Blaue Augen und ein Motorrad und was Conni für Muskeln hat“
Doch es gibt natürlich eine Vorgeschichte bezüglich dem Gründer und Betreiber des Labels, denn Claus „Fabsi“ Fabian war Ende der 70er in Düsseldorf der Schlagzeuger von ZK. Er zog dann nach Bremen, dort entstanden sowohl das Label als auch die genialen Mimmi‘s. Er arbeitet heute immer noch im Festival-Konzerte-Umfeld und sowohl die Mimmi‘s als auch das Weserlabel gibt es noch. Nur ist es seit einigen Jahren im schönen hessischen Butzbach, circa eine dreiviertel Stunde nördlich von Frankfurt am Main (meinem Wohnort seit 2006), situiert. Lass dahin fahren und Kumpel und auch Fabsi-Fan Obnoxious vom mächtigem PUNKROCK!-Fanzine für Fotos, Korrektur später und mehr Fun mitnehmen!

„Wem is dat Moped vor der Tür!?“
Sicherlich runzelt sich bei einigen von euch die Stirn, so nach dem Motto „Weserlabel im Trust? Dat passt doch nicht!!!“ und wisst ihr was: Ihr habt auf den ersten Blick sogar recht, denn was hat das Label, das die Fun Punk-Flagge immer noch fröhlich schwenkt, mit dem „ernsten HC-Trust-Zine“ zu tun? (Anm. Obnoxious: Ja, genau. Bitte sag’s uns!) Ich kann hier nur für mich sprechen, aber es verhält sich so, dass ich einerseits denke, dass es – auch und gerade früher – zwischen den vermeintlich konträren Fraktionen und Subszenen im Punk viele Missverständnisse gab und andererseits ich diesen oben aufgeführten vermeintlichen Widerspruch schon sehe, aber er ist für mich als Jahrgang 1978 nie einer gewesen! Ich hatte immer schon ein Herz für die Mimmi‘s und ZK und die Toy Dolls und ich habe immer schon gerne Black Flag, Minor Threat und Fugazi gehört und empfand das nie als Widerspruch. Kann man nicht die Beach Boys gut finden und Black Flag nicht auch lieben? Und oft ist man gar nicht so weit voneinander entfernt, gutes Beispiel: Bettina, die Frau von Trust-Chef Dolf, arbeitete sogar mal vor genau 100 Jahren eine Zeitlang im Lager vom Weserlabel in Bremen! (Anm. Obnoxious: Danke!)

„Meine Mutter hatte immer gesagt, du bist nicht das richtige für mich! Die Sauberkeit in der ganzen Wohnung, als wenn man vom Teppich isst!“
Well, meine Geschichte mit den Mimmi‘s und dem Weserlabel begann 1991 mit 13 Jahren. 1990 öffneten die Toten Hosen für mich die Tür zu Punk und HC in meiner Heimatstadt Leverkusen, ich entdeckte dann schnell ZK und dann spielten mir die damaligen Altpunks in Leverkusen „Die Mimmi‘s“ vor. Ich verliebte mich sofort in ihre alten Platten. 1992 sah ich sie auf einem Open Air vor der Uni Bonn. Zur „Dosenbier“-ZK-Zugabe wurde eine Palette Hansa verschenkt, göttlich. 2003 heuerte ich beim Trust an und die größtenteils 80er Hosen- und die 80er-Mimmi‘s-Zeit bleibt weiterhin Soundtrack zu heiteren und nicht so glorreichen Stunden in meinem Leben. Aber auch viele Platten vom Weserlabel sind konstant auf dem Teller. Vor einigen Jahren sah ich die Mimmi‘s noch mal live in Frankfurt, 1a. Dort zugange war auch Kollege Obnoxious.

„Gebt dem Faschismus keine neue Chance!“
Ich bin einfach Fan von Fabsis kreativem Schaffen – ZK, Mimmi‘s, Label – und ich hab die alten Bands nie vergessen, weil sie damals für mich so wichtig waren, Stichwort „Türöffner zur weiten Welt von Punk und HC“. Und noch was, denn bevor ihr eure Kritiker*innen-Bleistifte spitzt nach dem Motto „Nee Alter, schon wieder ‘nen Interview mit so einem alten Sack?“: Ich sehe und höre andauernd neue junge Bands auf Gigs in unseren autonomen Gebilden und interessiere mich immer für neue Sounds! Für Interviews hat sich für mich in 20 Jahren Trust als Erkenntnis herausgestellt, dass oft Gespräche mit alten Säcken und Säckinnen (wie vor einiger Zeit bei meinem Interview mit Penelope Houston von The Avengers) interessanter sind: Ich bilde mir ein, viel über diese zu wissen, zudem haben die naturgemäß mehr erlebt, es gibt mehr zu fragen und zu erzählen und solche Interviews empfinde ich rein für mich als fruchtbarer. Zudem bin ich selbst mit 45 auch nicht mehr so begeisterungsfähig für ganz junge neue Bands, das müssen heutige Teenager für sich entdecken und so war es ja auch bei mir: Als ich 1992 mit 14 die damals ganz neue angesagte HC-Band Yuppicide aus New York entdeckte, ja Mensch, war das geil, neu und aufregend, aber für die damals schon zehn bis fuffzehn Jahre älteren Punks war es eben nur ein „eher okayer Aufguss von früh 80er NYHC“.

„Ich freue mich den ganzen Tag auf dich und ich weiß, du freust dich auf mich.“
Es ist schade, dass die Mimmi‘s bei manchen etwas in Vergessenheit geraten sind, sooo viele tolle Bands mit Frauenbeteiligung (Elke Gitarre und Sylke Bass plus Gesang) gab es nicht in den 80ern! Das Etikett „Fun Punk“ verdeckte wahrscheinlich, dass auch immer ernste Lyrics am Start sind. Es hängen für mich einfach schöne Erinnerungen an den Mimmi‘s und ich kann auch nicht immer Crass, GBH oder Slayer hören. (Anm. Obnoxious: Was ist mit Anthrax?) Besonders die „Alles zuscheißen“-LP halte ich für einen echten 80-Jahre-Punkrock-Klassiker, ich bekomme immer noch jedes Mal Gänsehaut bei „Oh Eyleen“, „7 Jahre doof“, „Op de Eck“ und „Hör mal haste mal ‘ne Mark“. On a side note: wie ich von so manch älterem HC-Veteran*in nach dem achten Pils hörte, gab es durchaus damals „amouröse Begeisterung von Teilen des Publikums für die weibliche Abteilung von den Mimmi‘s“, aber das ist eine Geschichte, die euch die Beteiligten am besten selber erzählen.

„Und wenn ich mal vorbei fahre – Op de Eck! Dann denke ich an die Freunde…“
Ich schrieb 2017 Fabsi eine E-Mail, weil ich mir auf Kurzbesuch in der alten Rheinland-Heimat das „Okie Dokie“ in Neuss als ZK-Abschiedsgig-Location 1981 anschauen wollte. Doch die Adresse des Ladens fand ich nirgends auf den Flyern oder im Booklet in der ZK-Doppel-CD auf Weserlabel, auch im Netz wurde ich nicht fündig (es gibt das „Okie Dokie“ zwar heute wieder, aber an anderer Stelle). Fabsi antwortete dann total nett – „Cool, dass du dich für die Vergangenheit interessierst“ –, gab mir die Adresse und wies mich noch auf die damals laufende „Oh yeah! Popkultur aus BRD“-Ausstellung im Museum für Kommunikation in Frankfurt hin. Da wäre in einem Schaukasten die ZK-Banner-Fahne ausgestellt. Sodann Neuss und die Ausstellung besucht. Ich sah vor Ort, dass links unten auf der Fahne „EA80“ drauf gekritzelt war. Häh, wie kann das sein? 2019 fragte ich EA80-Martin beim EA80-Gig im AJZ Bielefeld deswegen, er meinte „Klar, das war ich, uns gab‘s ja damals schon!“. Fabsi und der damalige Teenie Martin kannten sich also Ende der 70er bzw. Anfang der 80er schon durch ZK-Gigs im Ratinger Hof und durch diese Connection kam es auch Jahrzehnte später zu einem der seltenen Festival-Gigs von EA80 auf dem von Fabsi organisierten Helgoland-Piraten-Festival!

„Das alles ist uns scheißegal, wir leben nicht zum letzten Mal“
Die Labelgeschichte fasse ich jetzt kurz von der Weser-Page zusammen: 1982 suchten Die Mimmi‘s für ihre Single „Deutscher Meister wird der SVW“ eine Plattenfirma. Kein Interesse, Werder auf Platz 12. Sänger Fabsi brachte die Platte dann selber raus, das Werderstadion liegt an der Weser, fertig! Befreundete Bands aus Fabsis Vorgängerband ZK (aus ihnen entstanden ja Die Toten Hosen und Panhandle Alks) meldeten sich, ob sie nicht auch über das Weserlabel ihre Platten in den EfA-Katalog („Energie für Alle“, der damals große Indie-Vertrieb) platzieren könnten und die ersten Platten erschienen, von u.a. Hostages of Ayatollah, Die Suurbiers, Rumble on the Beach und natürlich den Goldenen Zitronen und The Busters. Todesfälle in der Familie hinterließen bei Fabsi und Elli (Mimmi‘s-Gitarristin) tiefe Wunden, die einen Bruch in der Firma sowie Mimmi´s-Geschichte nach sich zog. Fabsis und Ellis Nachwuchs Gina gab den Startschuss zum Weitermachen. 1999 wurde das Zweitlabel Superrock Records gegründet, neue Platten erschienen wie u.a. von Schwarz auf Weiss (tolle Bremer Skapunk-Band mit Trust-Personal) und Go Faster Nuns.

Die Mimmi‘s veröffentlichten 2004 die schöne „Du bist Deutschland“-CD, Elf von Slime stieg in die Band ein (zusammen mit Nici, der Slime-Bassistin, die die tolle Bremer Punkkneipe „Rum Bumpers“ betreibt), 2003 entstand das „Rock‘n‘Roll Butterfahrt-Festival“ auf Helgoland von Fabsi (mehr dazu im Interview). Nach dem Hessen-Umzug 2011 und der Reunion der Abstürzenden Brieftauben gab es wieder die „Festival der Volxmusik-Tournee“, 2014 kam das siebte Mimmi‘s-Album, „Fun Punks Not Dead“ und neulich landete man mit den Rereleases von ZK und Goldenen Zitronen in den Charts. Und es gibt sie weiterhin, die guten Nachrichten: Die Mimmi‘s rocken live immer noch, wie ich mich im April 2023 im Lagerhaus Bremen anlässlich 66 Jahre Fabsi und 40 + 1 Jahren Weserlabel überzeugen konnte. Dort spielte sowohl die alte 80er-, als auch die aktuelle Mimmi‘s-Besetzung.

Es war auch der Abschied von der Konzertbühne für Gründungsmitglied Elli T. Sex (Mimmi‘s-Gitarristin und Fabsis Ex-Frau) und absolut toll für mich, dieses Old School-Lineup nochmal live sehen zu können. Denn es war halt das letzte Mal, dass die Mimmi‘s-Besetzung mit Elli, Sylke, Lars (Knipp Gumbo) und Fabsi aus der „Alles zuscheißen“-LP bzw. aus dem Zeitraum 1986 bis 1990 zusammen auf der Bühne standen. Elli war mit ihrer Band Echoschleife die Vorgruppe, dort stand sie dann auch das letzte Mal vor dem Mikrophon, die Bassistin von Echoschleife ist übrigens Sylke, die auch früher bei den Mimmi‘s spielte. Echoschleife-Trommler Lars ist die dritte Überschneidung.

Vielleicht hätte man sich Mimmi‘s-Echo nennen sollen! Sorry, kleiner Witz. Im Oktober 2023 in Frankfurt am Main auf der „Enkeltrick“-Tour zusammen mit Elfmorgen waren Mimmi‘s auch klasse, Helgoland 2023 war leider schon ausverkauft. 2024 wollen die Mimmi‘s eine neue LP machen, im Oktober nach Argentinien mit ihren Freunden von Zona 84 auf Tour gehen, um dann Ende 2024 die neue Platte zu präsentieren, aber dazu mehr im zweiten Teil des Interviews. Schaut doch ab und an mal auf die Facebook-Seite der Band unter facebook.com/DieMimmis vorbei, Fabsi haut da immer gut einen raus und dort ist die Lage natürlich immer auf dem neuesten Stand.

„In jeder Stadt an jeder Eck, da steht der kleine Bürgerschreck, Hände in der Hosentasche und immer noch den selben Satz, Hör mal, haste mal ne Mark, hör mal, haste mal nen Bier, hör mal zu den ganzen Tag, da tun Dir auch die Ohren weh“
Die Idee für das Interview war also nun: Ich fahr mit Obnoxious zu Fabsi nach Butzbach ins Weserlabel-Headquarter, wir trinken Bier und ich stelle meine Nerd-Fragen zu früher und heute. Es war einfach ein genialer Tag. Fabsi holte uns vom Bahnhof mit der Karre ab, wir kauften Bier, redeten gute zwei Stunden und da er abends zu Slime in Wiesbaden wollte, setzte er uns auf dem Weg dahin in der neuen Punkkneipe „New Rose“ in Frankfurt-Dornbusch ab, Obnoxious legte da später auf. Fabsi kam sogar nach Slime nochmal ausführlich im „New Rose“ (dem „Backstage“-Nachfolger von Wirtin Silke) vorbei. Es ist also ein reines Fan-Interview geworden und das machte ich ja auch zum Beispiel mit Campino für die Trust #203 von 2020. Das war ursprünglich live in Düsseldorf geplant, lief dann per Telefon und dieses Interview findet ihr auch online bei uns. Das Lustige bei diesem Interview war: Die Pressefrau von JKP, mit der ich die ganze Zeit mailte, war auch Gina.

Ich raffte es erst nach dem Campino-Interview, dass sie die Tochter von Fabsi und Elli ist und sie rief sogar während unserem Interview Fabsi an! Und ja, es gibt sie noch weiter, die guten Nachrichten: Vor dem Interview erzählte Fabsi, dass er den „Eddie‘s Salon“-Besitzer ausfindig machte, wo das Cover der gleichnamigen ZK-LP entstand. Der lebt noch, wunderbar! Im zweiten Teil in der nächsten Trust wird es viel um die Mimmi‘s, die Comeback-Fun Punk-Tour 2014, das Ding mit „Auf der Bühne den Clown zu spielen, wenn das Leben einem übel mitspielt“ und eben zukünftige Pläne 2024 für Label, Band, das Helgoland-Festival 2023, 40+1 Jahre Weserlabel und 66 Jahre Fabsi 2023 gehen. Wir gratulieren zu letzteren drei Ereignissen 2023 nochmal und nun: Viel Vergnügen mit Fabsi!

Fabsi, mein Lieber, willkommen zum Interview und erst mal danke für deine Zeit. Glückwunsch zur Chartplatzierung von „Eddie‘s Salon“, der ZK- Wiederveröffentlichung. Ist das für dich jetzt so ein zweiter Frühling für das Label?
Nein, weil – sagen wir mal so – die Charts, die sind ja ein Witz heutzutage. Also, wenn man bedenkt, dass du mit 3000 verkauften Platten auf Platz drei landest in der ersten Woche und mit 1500 auf Platz sieben! Also, das ist ja kein zweiter Frühling, sondern das ist nur schön, dass so ein Werk nach 40 Jahren rauskommt und viele Menschen begeistert, die das dann kaufen und heilfroh sind, dass es die Platte wieder gibt. Durch den Trick mit den verschiedenen Farben… Ich finde so was ja geil, ich sammle ja auch so einen Mist. Das kam ja in der Weihnachtszeit raus, am dritten Dezember, wenn wir das Mitte Januar veröffentlicht hätten, dann wären wir in den Top Ten damit gelandet. Aber Platz 13 ist wunderbar, eigentlich besonders Platz 13, weil einen Platz vor der „Best Of“ von den Amigos, mehr geht einfach nicht. (lacht)

Es gab auf MTV 2004 so eine ZK-Reunion im Proberaum von den Toten Hosen, also mit denen selber, wo die ZK-Lieder gespielt haben. 2017 standest du mit Isi von ZK auf der Bühne mit den Hosen (d.h. den beiden ex-ZK‘lern Kuddel und Campino) für das „Altbierlied“. Eine Reunion wird es aber nie geben?
Das war Zufall. Mit ZK sind wir immer mal wieder spontan auf die Bühne gegangen. Das war ja damals schon, als die Ärzte bei der Booking-Agentur von den Hosen angedockt sind. Dann haben die Hosen in Berlin gespielt, als Support von den Ärzten und andersrum Die Ärzte in Düsseldorf im Tor 3. Und dann waren wir da und jemand sagte damals irgendwie „Sag mal, kommt Isi auch?“, „Ja, Isi kommt auch“, „Könnten wir ein ZK-Stück spielen?“. Und dann sind wir auf die Bühne und haben „Dosenbier“ gespielt. Und dann kamen Die Ärzte und sagten: „Könnt ihr nicht auch „Conrad“ spielen?“. Keiner konnte mehr den Text. Und dann haben wir das Stück auch noch gespielt, obwohl wir den Text wirklich nicht mehr konnten und noch in der Weltgeschichte herumtelefonierten, so „Wer hat den Text? Wer hat die Platte?“. Zum Glück erwischten wir Rocko Schamoni in Hamburg. „Rocko, ich brauch den Text!“. Er hat gar nicht gefragt warum und hat mir den dann vorgelesen und ich habe den direkt aufgeschrieben. Am Ende fragte er „Wofür brauchst du das eigentlich?“, „Ja, ZK spielt gleich“.

Da ist er ein bisschen durchgedreht in Hamburg am Telefon. (lacht) Das kann man aber nicht als Reunion bezeichnen, sondern das war immer halt mal so, da waren auch die fünf oder sechs Weihnachtskonzerte von den Hosen 2012 im ISS-Dom und da kam die Idee, dass wir mit den Mimmi‘s da spielen sollten. Booker Kiki sagte „Ja, aber nur, wenn ZK spielt“. Also habe ich die Jungs angerufen und sie haben gesagt „Machen wir, wir sagen es aber keinem“. Es wusste wirklich bis zum Ende, bis wir dort den Soundcheck gemacht haben… Also, das wussten fünf Leute. Es wusste nicht mal Hosen-Manager Jochen. Wir haben wirklich die Fresse gehalten.

Als die Hosen den Soundcheck zu Ende hatten, Mimmi‘s aufbauten und Kuddel zum Bühnentechniker sagte, „Hör mal, kannst du bitte mein Fußbrett auf die rechte Seite der Bühne stellen?“, „Wieso, du stehst doch links, ihr habt doch gerade Soundcheck gemacht“, „Nein, wir machen jetzt einen Soundcheck“, „Wie, ihr habt doch gerade Soundcheck gemacht?“, „Nein, ZK macht jetzt einen Soundcheck“, „Wer macht Soundcheck?“, „ZK“. Und da war in der Halle ein Riesentheater. Draußen standen 13.000 Leute im Schneegestöber, der Einlass musste verzögert werden, alle wurden nervös, die Techniker liefen rum „Wer macht jetzt Soundcheck? Wir blicken überhaupt nicht mehr durch“. Und dann haben wir schnell Soundcheck gemacht, wir waren gut drauf, wir hatten ja geprobt, wir hatten uns das vorgenommen. ZK hatte vier Wochen vor dem Gig im Proberaum der Toten Hosen einmal geprobt, das war auch, wo ich das erste Mal hinter einem Elektroschlagzeug saß. Das finde ich genial bei den Hosen, die haben ein Elektroschlagzeug, Vom kloppt ja rein wie ein Wilder. Und dann haben die ein Elektroschlagzeug gekauft, so dass die dadurch wirklich total leise und viel konzentrierter spielen. Und man so den oder die Sänger auch hört. Beim Soundcheck sagte Campi: „Ihr habt doch nicht auch noch Zuhause geprobt?“ – „Doch, natürlich haben wir Zuhause geprobt“.

Und da war er dann nicht so ganz textsicher. Wurde auch nervös. Das Geile ist natürlich, wir gehen auf die Bühne, also die Mimmi‘s hatten gespielt, wir gehen von der Bühne und die Backline wird dann normalerweise komplett ganz schnell weggeräumt. Aber die Backline ist stehen geblieben. Dann wussten schon einige vorne, „Da stimmt doch was nicht, wieso wird das Zeug nicht weggeräumt?“. Und dann sind wir auf die Bühne und Andi Meurer kündigte uns an: „Es kommt eine Nachwuchsband aus Düsseldorf. Der wollen wir eine Chance geben, ZK“. Wir kommen rein, Licht aus, vorne im Graben fünf Securitys und Campi dreht komplett durch, springt da rein, mit allem Drum und Dran. Also eigentlich wie früher, komplettes Chaos, keiner wusste Bescheid. Und manch einer, den ich kenne, der dann schon Bier holen und pinkeln war, der kam in die Halle und kriegte dann Tränen. „Wir haben ZK gesehen“. „Wie, ihr habt ZK gesehen?“, „ZK hat gespielt, hast du das nicht mitbekommen?“. (lacht)

Genial! Habt ihr euch nicht auch mal 1986 beim Benefiz für den Wahren Heino zusammengetan?
Das haben wir auch schon gemacht, aber es war auch keine Reunion. 1981 hat ZK sich aufgelöst, uns gab es also seitdem eigentlich nicht mehr. Dann war es aber so, dass Heino ja Geld brauchte aufgrund seines Prozesses. Und da haben wir gesagt: „Gut, dann spielen wir für ihn“. Dass eben einmal ZK noch spielt. Und das war nur halt so: Der Konzertabend gestaltete sich aufgrund der vielen Bands immer länger, das verzögerte sich immer mehr. Und wir waren aufgrund des Alkoholkonsums und der langen Wartezeit schon ziemlich voll und wollten eigentlich nicht mehr spielen. Dann aber kam einer von den Technikern und sagte: „Ihr geht jetzt auf die Bühne. Ich habe so die Schnauze voll. Ich kann den Elektro-Dreck nicht mehr hören“. Ich meine „Caspar Brötzmann“ war auf der Bühne (auf dem Poster steht DADAVINCI) und die hatten eine Doppelbühne. Also sind wir einfach auf die Bühne und fingen an. Da waren im Tempodrom nur noch 400 Leute, da passten ja fast 3000 rein. Das sind so die Schmankerl von ZK, wir erscheinen eben plötzlich irgendwo, keiner weiß etwas. Das ist doch viel schöner als ein angekündigter Gig, oder?

Stimmt! Du hast auch die erste Goldenen Zitrone auf Weserlabel wiederveröffentlicht und hattest damit auch Chartserfolg, dazu natürlich auch wieder Glückwunsch.
Also, das war sensationell, muss ich schon sagen. Da kannst du die Unterschiede sehen. Damals haben wir ja von dem Ding, ich weiß nicht… Das ist so stetig gewesen, da verkaufst du 30.000 Stück davon oder mehr und warst null in den Charts, da passierte gar nichts. Oder als die „Am Tag als Thomas Anders starb“ 7“-Vinyl Single rauskam (1000 Erstpressung) und sich zu einem Riesenskandal entwickelte. Die Platte dümpelte zwei Monate so rum und wir waren auf einer der „We are the champions“-Tourneen mit vier Bands, da habe ich gesagt „Gut, wenn die Tour jetzt vorbei ist, dann bin ich pleite, aus und vorbei“. Das war so. Wir haben in Aachen auf dieser Tour gespielt und da stand einer von der Bild-Zeitung vor der Bühne und wollte irgendwie Fotos und ein Interview mit den Goldenen Zitronen machen. Interview wurde verweigert und dann hat Ted von den Goldies ihm von der Bühne eine reingehauen, als er Fotos machen wollte. Der Bild-Reporter schrieb einen kompletten Verriss und der Artikel erschien in der „Bild am Sonntag“, halbe Seite, mittendrin, das ganze Ding. Dezember 1986 war das und wir hatten den nächsten Gig in Münster und hatten wirklich im Vorverkauf nur so hundert Leute. Und jetzt saßen wir in einem Café in Münster, rausgefallen aus dem Nightliner, alle fix und fertig.

Und dann kam Morro von den Zitronen rein und sagte „Ich habe hier die Bild-Zeitung, guckt mal hier!“. Wir sind dann zum Club und der Konzertveranstalter sagt „Was ist eigentlich los? Seit heute Morgen geht das Telefon. Das bimmelt hier die ganze Zeit, ob es noch Tickets gibt“. Da habe ich gedacht, „Die wollen die Zitronen sehen, das ist wegen dem Artikel!“. Der Schuppen war bis oben hin voll und dann ging das ab mit einem Mal. Der EfA-Vertrieb rief mich an: „Kannst du bitte mal 1000 nachpressen“, kurze Zeit später „Kannst du bitte auf 5000 erhöhen?“ und dann „Kannst du bitte auf 10.000, nein, auf 15.000 erhöhen?“. Totaler Wahnsinn und dann wurde auch noch eine Maxi veröffentlicht, aber die Platte kam damals nicht in die Charts, weil die Radios sich weigerten, das Stück zu spielen. Das Schöne dabei, muss ich sagen, ist ja: Da bringst du jetzt nach 35 Jahren das Goldenen Zitronen-Album „Porsche Genscher Hallo HSV“ als Vinylplatte sowie auf digitalen Plattformen raus und alle wundern sich, was ist denn da los? Die Zitronen waren ja nie auf digitalen Plattformen mit den Sachen vom Weserlabel. Dann habe ich das mit Ted von Goldies besprochen und alle davon unterrichtet.

Spotify und den ganzen Scheiß, das gab es ja damals ja noch nicht und dementsprechend auch nicht in den Akten. Das war ja immer illegal, also die Musik irgendwie auf YouTube, da hat ein Typ zum Beispiel mit einem Clip von „Für immer Punk“ schon eine Millionen Klicks gehabt. Das ärgert uns natürlich, das wäre unser Geld! (lacht) Ich habe aber auch gesagt, wenn wir das jetzt nochmal wieder veröffentlichen, dann machen wir es wirklich mit Finetuning, dann gehe ich ran und wir digitalisieren das richtig, nochmal neu, richtig schön und werten das auch auf, mit den Singles und so weiter. Wir haben ein bisschen was investiert, das war auch gut so. Dann sind wir mit der Vinylplatte auf Platz 86 gelandet, das fanden wir so geil, mit 800 Stück. Also, das ist eigentlich so für mich als Weserlabel viel mehr so der Grunderfolg, als mit ZK auf Platz 13. ZK ist so ein bisschen vorprogrammiert durch die Verbindung Toten Hosen oder auch die Abstürzenden Brieftauben, da ist eine gute Community hinter. Aber auf 86 mit der Platte, wo du wirklich über 40.000 vor 35 Jahren verkauft hast, also, das fand ich ganz groß. (lacht)

Es gab diese „Material“-Dokumentation über die Goldenen Zitronen, da wirst du auch interviewt, so im Tourbus.
Ist das diese DVD?

Ja, genau, wo auch Diedrichsen dabei ist, da sagst du, dass die Weiterentwicklung, als die Zitronen sich dann mehr für Hip-Hop interessiert haben, dass du das eigentlich nicht so super fandest, aber euer Verhältnis ist ja noch weiter gut?
Wir haben am Anfang einen Vertrag gemacht, einen Plattenvertrag und wir haben den unterschrieben, die wollten Verträge haben. Dann war natürlich der Spruch „Ihr habt für eine Waschmaschine unterschrieben“. (lacht) Das musste ich aber auch deshalb so machen, weil es am Anfang so war: Ted Geier war als Komponist und Textdichter eingeschrieben. Und ich habe denen immer gesagt „Jungs, wenn irgendeiner von euch stirbt, wenn Ted Geier gegen die Leitplanke fährt, dann erbt das irgendeiner, aber nicht ihr. Euch gehört nichts. Sollten wir das nicht ändern?“. Auch diese Punktewertung bei der GEMA. Und dann war das früher so, weißt du, früher, Geld, also, bei den Zitronen ging es nie um Geld, aber trotzdem wollte ich das ändern. Ich habe gesagt „Lasst uns das bitte ändern. Auch mit der GEMA. Das ist für euch gut“. Und dann haben wir das alles umgeschrieben. Mühsam war das, hat ein Jahr gedauert, vier Leute für eine Unterschrift zu bewegen. Das war irre. (lacht)

Dann kam die „Punkrock“-Platte und noch mehr. Ich war da immer mit dabei, machte Werbung, ich habe den Musikverlag immer bekommen, obwohl die schon mit einem anderen Label liebäugelten bzw. woanders auch waren, trotzdem war es immer „Du machst die Werbung und den Musikverlag. Wir stehen dazu“. Bei der nächsten Platte waren sie in München bei Sub-Up Records und mit dem Label konnte ich nicht. Und ich habe auch nicht verstanden, was die Goldies auf der Platte machten, ich habe meine Zitronen nicht mehr verstanden. Dann habe ich gesagt „Jungs, ich kann nur ehrliche Arbeit machen, wenn ich es auch verstehe. Ich muss Anzeigen schalten, ich muss was bewerten, ich muss es anpreisen“. Weil früher konntest du mit Radiostationen noch reden, dann bist du in den Sender reingegangen, du hast gesagt „Hey, ich habe hier Die Goldene Zitronen“. Das war damals wichtig, aber ich konnte es nicht mehr! Wie soll ich diese Platte erklären? Ich kann es nicht.

Und dann sagte ich zur Band: „Wisst ihr was? Ihr macht den Musikverlag mit denen, wenn was ist, kommt zurück zu mir. Und so weiter, das können wir jederzeit machen“. Dann sind die Goldies ihren eigenen Weg mit den zukünftigen Platten gegangen. Mit den letzten beiden Platten kommen sie nach meiner Meinung zum Ursprung wieder etwas zurück. Natürlich nicht im musikalischen „Porsche, Genscher, Hallo HSV“-Bereich aber ich nenne es mal: Neuzeitlichen Porsche-Stil. Ich bin dann extra vor Jahren nach Frankfurt am Main gefahren, ich wollte sie nach langer Zeit mal wiedersehen. Da haben sie in, ich weiß gar nicht, in irgend so einem Alternativzentrum gespielt, wo oben die Kronleuchter runterhängen.

Ach, im ExZess.
Genau, da bin ich hingefahren und dann komme ich da an, lauwarmes Bier, eine Toilette für alle, ich wurde angemacht, dass ich auf der Gästeliste stehe. Sagte ich, „Kann ich doch nichts dafür, ok, ich würde gerne zahlen“. „Ja, geh rein“. Da dachte ich schon „Herrlich, wie früher“. (lacht) Und das Konzert verlief wie folgt und Schorsch sagte nach dem Konzert zu mir: „Da kommst du nach fünf oder sechs Jahren zu einem Konzert zu uns und dann stehen das erste Mal nach den ganzen Jahren wieder Iro-Punks vor die Bühne und brüllen die ganze Zeit `Für immer Punk`“. Es gab dann Ausschreitungen, Schorsch ist runtergegangen, hat paar Ohrfeigen ausgeteilt, Band danach geschlossen hinter die Bühne, dann wieder raus, dann gab es wieder Unterbrechungen, zwanzig Minuten Pause. Dann ist die Band wieder auf die Bühne gegangen und dann sagte Ted Geier – ich werde es nie vergessen – „Wir spielen das Konzert jetzt zu Ende. Die anderen Leute haben bezahlt. Scheiß Punks da unten“.

Und dann haben die ein brachiales Konzert gegeben im Anschluss. Ich stand da wie angewurzelt und habe gedacht „Das sind meine Jungs. Das ist unfassbar“. Die Gitarre war nicht ganz gestimmt, schräg, das mochte ich. Das war für mich wieder „back to the roots“, auch wenn sie heute andere Musik machen. Sie spielen nicht „Für immer Punk“ und für mich sind sie die konsequenteste Band, die es, meiner Meinung nach, auf diesem Erdball gibt.

EA80?
EA80 haben ja nie den musikalischen Pfad verlassen.

Auch wieder wahr.
Aber die Zitronen ihren ja komplett und gegen ihre Zeit.

Es ist sehr sehr schwierig, auf der Zitronen-Debütplatte einen besten Song hervorzuheben, weil einfach alle Songs megagenial sind. Mein Lieblingssong wäre trotzdem „Der Brief“ hast du da so deinen Lieblingssong?
Die Platte ist so ein geniales Gesamtwerk. „Porsche, Genscher, Hallo HSV“ ist entstanden, weil einer besoffen in der Ecke lag, der wurde angepinselt mit dem HSV-Zeichen, Porsche, Genscher. Und der ist dann so rumgelaufen und alle haben den angeguckt, „Was ist das für ein Assi?“. Ob da Rocko Schamoni lag oder irgendeiner, das war damals so, der wurde angemalt. Genial auch, wie „I love Marihuana“ entstanden ist. In diesem Bunker, wo das Studio war, wo Joschi (am Mischpult) gesagt hat, „Wir müssen Atmosphäre schaffen“. Sofa, Sessel, kiffen, mit mir als Antiraucher, wir kiffen jetzt alle. Der ganze Raum war irgendwie komplett zugequalmt, alle stoned bis zum geht nicht mehr.

Und dann entwickelten sie dieses Stück. Als die CD als Format auftauchte damals… Ich habe gewusst, das ist der Untergang des Independents, auch des Punkrocks eigentlich. Die CD hat die Independent-Musik so gekillt über drei, vier, fünf Jahre, bis sie sich wieder erholt hat. Zu der Zeit hatte ich drei Platten am Start auf Weserlabel. Von der ersten The Busters zum Beispiel, da hattest du 35.000 verkauft, dann hast du wieder vom zweiten Album „Couch Potatoes“ an die 30.000 verkauft. Und dann kommt die dritte, „Dead or Alive“. und ich so zum Vertrieb: „Erstpressung 10.000 Vinyl und – wie heißt das neue Format? – 1000 CDs.“ Und dann Indigo: „Nein, stopp. Nein, mach mal 1000 Vinyl und mach mal 4000 CDs“. Ich sage „Was? Ich habe doch Vinylkäufer“. Saturn und alle diese Läden hatten komplett das Vinyl herausgenommen und all ihre Independent-Vertreter rausgeworfen. Dann sagte ich „Moment mal. Ich habe irgendwie so viel Geld ausgegeben, die hatten damals einen Produzenten gehabt, der mit Grönemeyer gearbeitet hat.

Saxophonist, ein geiler Typ, da haben wir Geld auf den Tisch gelegt“. Und mit Müh und Not hatten wir dann irgendwann mal, nach zwei Jahren, 10.000 Stück verkauft. Und das war nur, weil die CD rauskam, weil die sich keiner leisten konnte. Das hat mich damals so angekotzt. Und dann kam der Vertrieb und sagte: „Wir müssen eine CD machen von den Goldenen Zitronen“. Und ich zu den Goldies „Die wollen eine CD machen, dann wäre das die erste auf dem Weserlabel“. Und dann haben wir uns zusammengesetzt und das Ergebnis war: „Wir machen eine Anti-CD“.

Noch heute bin ich froh drüber, dass wir es so gemacht haben. Wir haben 5000 Anti-CDs mit Verfallsdatum gepresst. Wir haben bei der Anti-CD im Studio dagesessen, stundenlang, wir haben wirklich nur Scheiße gebaut, uns alles rein gepfiffen und die Musik noch durch den Fleischwolf rückwärts laufen lassen, die ganzen Bänder… und mit Presslufthammergeräuschen. Und dann saßen wir so wie ihr beiden jetzt auf dem Sofa, da hinten war die Anlage. Und da haben wir gesagt, „Was können wir machen, um einen zu ärgern?“. „Ja, die linke Box fällt aus“. So, dann haben wir die linke Box ausfallen lassen. Dann haben wir uns wirklich ein Sofa aufgebaut und dann hinten die Anlage so verändert, so „Wann würdest du nach vorne gehen und den Kanal drehen?“ … „Ja, jetzt“. Dann ist einer nach vorne gegangen und hat das so gemacht, linken Kanal weggedreht.

Und du hier, du gehst jetzt auch nach vorne zur Anlage und drehst jetzt den anderen so rüber, dass der Kanal laut wird. Und in dem Moment kommt brüllend lauter Krach auf dem einen Kanal. (lacht) Halt so ein Quatsch war da drauf. Und dann kam das Zeug natürlich zurück von dem Plattengeschäften als Reklamation, wir haben uns kaputt gelacht. Da gab es ja früher immer… Ich weiß nicht, da war ein Zettel draufgeklebt, da stand vorne immer drauf „Fehler“, weil linker Kanal geht nicht, anderer Kanal zu laut, voller Kratzer, Presslufthammer, lief rückwärts, Rauschen, Knistern. So, da kamen ungefähr mindestens 1000 Stück zurück, weil natürlich immer mit demselben Rauschen und Knistern, aber das war ja klar, dass waren keine Fehler, sondern wir hatten es ja extra so aufgenommen.

Also haben wir die Rückläufer genommen und sagten „Lass 1000 Hüllen bestellen“. Dann haben wir neue Plastikhüllen bestellt. Was haben wir damit gemacht? Alle zu mir geschickt, CD raus, Booklet raus, Inlay rein, neue Hülle, zugemacht, eingeschweißt, wieder rein in den Handel. 5000 Anti-CDs fertig, so krank war das. Mit einem dicken Sticker auch noch drauf. „Dies ist eine Anti-CD“. Das war großartig. (lacht)

Sauber! (lacht) Mitte der 80er, wo auch die erste Goldenen Zitrone rauskam, da war es dann auch so, dass amerikanischer Hardcore in Deutschland explodierte. Das ist ja auch der Ursprung vom Trust, diese Ami Hardcore-Adaption in Europa. Und das Lustige ist ja tatsächlich: Du hast das ja nicht nur live mitbekommen, sondern auch mitgemacht, weil du ja auch auf dem Weserlabel die Hostages of Ayatollah-Single veröffentlicht hast. Das haben nicht so viele auf dem Schirm! Du wurdest als junger Mensch in den 70ern durch die Lurkers angefixt, wie nahmst du das dann mit HC Mitte der 80er wahr? Standest du dem Ganzen distanziert gegenüber? Du warst ja auch älter als die meisten, andererseits hast du eben auch diese Platte von einer der damaligen neuen HC-Ami-auf-BRD-Speerspitzenbands gemacht…
Mit der Platte war es so: Ich hatte 1982 die erste Mimmi‘s Single herausgebracht, dann kam 1984 das erste Mimmi‘s Album „Was‘n hier los“ und 1985 die Mini-LP „Nur für Dich“.

Die „Was‘n hier los“ ist auch so genial, mit den Spitzenstücken „Mc Donald“ und „Oh Baby“!
Ja! (lacht). Und dann fragte mich zum Beispiel Wölli (Anm. Jan: späterer Hosen-Trommler), der damals bei den Suubiers spielte, der meinte „Wir machen eine Platte und ich habe einen, der finanziert die Platte“. Das ist ja auch die ganze Verbindung. Also, die Geschichte ist ja so, dass ich Wölli ja schon seit 1979 kenne. Da haben wir mit ZK in Berlin das erste Mal gespielt, dann kamen wir dort hin, da haben wir in einer der ersten besetzten Fabriketagen oder sagen wir mal, einer der ersten Fabriketagen-WGs, gewohnt. Da musste vorher erst ein Antrag gestellt werden, dann wurde ein Plenum in der Küche gemacht, ob wir dort schlafen können. Die: „Das geht doch gar nicht“.

Wie wir da reinkamen, so eine total bekloppte Horde, und dann war das schon eine Gefahr für die. Wölli war mit Beate, mit der Schwester von Campino, zusammen. So war die große Geschichte eigentlich, so kannte ich Wölli schon von Anfang an. Ich habe ihn total gemocht. Erstens ist er ja auch ein paar Jahre älter gewesen wie die anderen, so wie ich eben auch. Dann hatte er bei Teller Bunte Knete gespielt. Das war eine Musik, die ich verstand, die anderen aber nicht. Teller Bunte Knete war der Gegensatz von Ton Steine Scherben, die haben also Musik gemacht, teilweise ohne Gesang und so weiter, da gibt es nur ganz wenig Platten auf dem Markt. Ich habe durch Zufall irgendwo eine entdeckt. Und da hat Wölli eben mitgespielt. Weil er total die Erfahrung hatte aus der Hippie-Zeit, aus der ich ja eigentlich auch herkomme, so Small Faces, Steve Marriott und Humble Pie.

Du warst 1978 21, Campino war 15?
22 war ich, Campino noch 15 und Wölli hatte natürlich mit 28 diesen Vorsprung auf den Rock’n‘Roll. Ich hatte den Einstieg mit zwölf Jahren bei meinem ersten Live-Konzert. Small Faces spielten damals in der Düsseldorfer Rheinhalle, die aufgrund der aufgeheizten Stimmung etwas zu Bruch ging. Was will man mehr als genauso den Einstieg in den Rock’n‘Roll zu bekommen! Und dadurch hatten Wölli und ich immer eine kleine Verbindung und Respekt zueinander, weil er genauso diese Art von Konzerten liebte. Er kam eines Tages an und sagte: „Hör mal, willst du auf dem Weserlabel nicht die Suurbier-Platte veröffentlichen, du bist doch im EfA-Vertrieb?“. Ich sagte: „Mmmhh, was kosten die Aufnahmen“, Wölli: „Da ist einer, der zahlt alles, frag mich nicht, woher die Kohle kommt, du brauchst sie nur rausbringen“. Ja und so kam die Platte auf dem Weserlabel raus. Ich bin natürlich jetzt glücklich, dass ich die einzige offizielle vernünftige Platte von den Suurbiers herausgebracht habe. Leider nur eine Maxi. Und daraufhin ging das eben so los, dass mich mehr Leute fragten.

Isi von ZK hatte ne neue Band, die Panhandle Alks, und so ging das weiter, die kamen jetzt alle zu mir, weil ich die Connections schon hatte. Und so erschien auch, neben den Suurbiers, 1985 die erste Fremdsingle, die von Hostages of Ayatollah. Die kommen ja aus Velbert im Rheinland, über zwei, drei Ecken kam das dann an bei mir. Die hatten die Platte schon fertig, aber keinen Vertrieb. Und hatten gesagt „Wir haben hier noch ein paar Exemplare“ und dann haben die sie mir gegeben und ich habe die erst mal so in den Vertrieb genommen, hier Aufkleber drauf, EfA-Vertrieb und Weserlabel. Danach konnte ich erst welche selber pressen. Ich glaube, das erste Cover war grün, das andere war dann rot, „Hallo Nachbar“, was für ein Stück! Das war dann so die HC-Verbindung, wenn du so willst. Einer landete dann bei der Terrorgruppe, Jacho war das.

Das war dann Mitte der 80er, du hattest es mitbekommen, dass da so eine andere jüngere Szene entsteht, Ami-Hardcore in der BRD etc.?
Ja, aber Hostages waren ja deutschsprachig. Ich war ja erst sehr auf deutschsprachig fixiert, das mochte ich ja. Da kam ja auch viel zu uns. Wir bekamen ja zig Demo-Tapes jeden Monat, wo deutsche Bands anfragten, ob ich da irgendwas herausbringen will. Und da waren viele, wo ich sagte, „Mensch, ich brauche doch irgendwie nicht die dritte Bad Religion raus zubringen oder was weiß ich“. Ich sprach mit so vielen Bands und sagte: „Bringt diese verdammte Scheißplatte in Deutsch raus. Ihr seid ganz weit vorne. Besser geht nicht“, dann „Wir können nicht auf Deutsch. Ich kann nicht auf Deutsch texten“, „Dann werdet ihr nicht größer werden. Es gibt eine Million Bands, die so singen wie ihr, auf der ganzen Welt“. Ich fand es oft schade und ärgerte mich damals öfters, wenn ein Demotape eigentlich genial war.

Ich muss aber auch sagen, dass ich kein großer Freund vom Ami Hardcore war, sondern von Anfang an immer komplett vom England-Punk infiziert war. 1975 bin ich nach London gekommen und wusste von nichts. Und ich stand da verloren am Piccadilly Circus und man wusste ein bisschen was aus irgendwelchen Zeitungen, du hast ja erst in England den „Melody Maker“ kaufen können. Als Punk losging, war es so, dass der „New Music Express“ freitags in Düsseldorf ankam. Das war die Ausgabe von der Woche davor. Das bedeutet, wenn die donnerstags immer rauskam, hast du nicht diese Ausgabe bekommen am Freitag, sondern ne Woche später. Das bedeutet, die Engländer haben den ganzen alten Müll nach Europa geschickt, in die Weltgeschichte verteilt und den verkauft. Trotzdem warst du aber schon süchtig und bevor du irgendwie zur Arbeit gingst, fuhrst du direkt zum Hauptbahnhof, hast dir den „New Musical Express“ von der vergangenen Woche gekauft und es war scheißegal.

Hauptsache, du warst frisch am Start „Was gibt es an neuen Bands? Was ist an neuen Platten raus?“. Bis das dann endlich begriffen wurde, dass die Leute heiß auf das Zeug waren, dann wurden die aktuellen Ausgaben endlich per Express im Zug geliefert. So, dann hast du dir freitagmorgens das Ding geholt und was war? Abends saßt du schon im Zug nach England. Und dachtest dir „Boah, geil, Siouxsie and the Banshees spielen, Clash haben nen Gig und ich jetzt im Zug dahin!“. Dann warst du da, kommst hin, Clash ausgefallen, irgendwer festgenommen wegen Drogen. Siouxsie and the Banshees spielen irgendwie im Club am Arsch der Welt, da kam man überhaupt nicht hin. Da bist du eben in London, stehst da, Riesenartikel gelesen über die Stray Cats. Erste Band in London, auf Titelblatt, sind noch ohne Vertrag und noch keine Platte draußen, das gab es noch nie in England, ok, ich will zum Konzert, Ticket, wo bekomme ich eins?

Dann wurde wieder jemand verhaftet von der Band, weil er irgendein paar Gramm bei sich hatte, dann war es nix mit Stray Cats-Gig in London! Ich habe die später dann vor 300 Leuten in Köln gesehen. Das sind so Sachen die haben einen damals geprägt. So, wo sind wir hängen geblieben? (lacht)

Passt! (lacht) Weserlabel steht ja auch für so eine gewisse Ausprägung von Punk, Stichwort Fun Punk – damals der Hardcore, gerade von der amerikanischen Westküste, Dead Kennedys und so, die waren alle ein bisschen ernster und Fun Punk wurde dann nicht mehr so groß geschrieben wie in der chaotischen Frühphase, wieso hast du weitergemacht bzw. bist dran geblieben?
Den englischen Melodie-Punk mochte ich, sagte ich gerade schon, und ich brauche den Rhythmus, ich mochte The Jam, diese ganzen englischen Bands. Wenn du die Killjoys live gesehen hättest, das war total brachial. Das war für mich zum Beispiel das einschneidende Erlebnis. Killjoys, Bassistin mit nem Bass mit nur zwei Seiten, Gitarristin, Schlagzeuger, Sänger, der später Dexy‘s Midnight Runners gegründet hat. Dann siehst du diese Band und sagst „Das will ich auch. Ich will mit zwei Frauen auf die Bühne“. Als ich während der ZK-Zeit Elli kennengelernt hatte, da spielte sie erst seit sechs Monaten Gitarre und die Gründung einer Band lag da schon in der Luft. Das erinnerte mich auch an meine Anfangszeit, denn eigentlich wollte ich mir irgendwie eine Bassgitarre anschaffen und dachte „Die zwei Saiten schaffst du auch“. Bis dann meine damalige Freundin aus Düsseldorf kam und sagte „Hör mal, der Freund meiner Freundin spielt Gitarre in einer Band“. Und der Schlagzeuger ist nicht mehr da oder im Knast gelandet oder was weiß ich, „Willst du da nicht hingehen?“.

Dann bin ich zum Kittelbacher Gartenvereinshaus in Düsseldorf gefahren. Und dann waren diese Rotzlöffel da, Dieter, Ingo, Ralf, Andreas. Ja, wo früher Campino Andreas hieß und Isi Ralf. (lacht) Und mit mir als absoluten Antidrummer, ich hatte noch nie Sticks vorher in der Hand, da war ZK vollständig. Ich habe mir in der Zeit aber auch alles an neuer Musik reingezogen was kam, natürlich auch Hardcorebands und Dead Kennedys waren live absolute Pflicht. Gerne erinnere ich mich an das legendäre Rheinterrassen-Konzert Anfang der 80er in Bonn, wo alles auseinandergenommen wurde. Ebenfalls in Hamburg-Harburg habe ich Dead Kennedys gesehen, wo ebenfalls ne Menge zu Bruch ging.

Mein Problem mit Hardcore war aber auch vielleicht das Auseinandersetzen mit unverständlichen Texten. Ich komme aus der Generation, die spät Englisch gelernt hat und mit dem damals grottenschlechten Fremdsprachen-Schulsystem groß geworden ist. Meinen Englischlehrer habe ich unter ein Handballtor begraben, weil er zu uns Schülern nur Scheiße war und wir wollten eigentlich Englisch lernen. Ich hatte einen Englischlehrer-Verschleiß in der Richtung „fliegender Wechsel“. Das bedeutete für mich in der Musik, es war mir nicht so wichtig, für mich kam es auf die Melodie an und da war ich halt dem englischen Beat wesentlich näher als dem Hardcore. Mein Englisch ist immer noch grottenschlecht, muss ich sagen.

Du hast aber doch die Lurkers-Platte herausgebracht?
Ja, aber mit den Lurkers, das war anders und die Band war sehr nett und lachte freundlich, wenn du ein falsches Wort nimmst, wo du im Kopf denkst, das heißt so, ist aber total falsch. Aber dadurch, dass ich mich da nie so rein bewegt habe… Ich war auch nie einer, der sich hingesetzt und alle Texte übersetzt hat. Ich hatte auch nie die Zeit dazu. Auch heute bewundere ich immer Zuschauer auf Konzerten, die alle Texte auswendig können! (lacht) Ich liebe halt Melodien, die treiben mich einfach. Das war immer schon so. Mit Corona ist auch noch mein Kurzzeitgedächtnis angeknackst und die Zettelwirtschaft auf der Bühne wird wohl größer werden.

Und HC-Bands mit ein bisschen mehr Melodie, zum Beispiel Fugazi, waren es dann auch nie? Das ist die Frage für unseren Dolf! (lacht)
Doch, die erste Fugazi mochte ich total, als die rauskam. So „Was ist das denn? Wahnsinn“. Natürlich. Der totale Hammer. Das ist das Ding, wo man sich fragte, was das denn für Töne überhaupt sind und der rollende Rhythmus, die plötzlich auftauchenden Breaks, das mochte ich, ja. Durchgedreht. Klar, Dead Kennedys, irgendwie hast du das alles mitgenommen damals. Und dann war es natürlich schön, wenn da so eine Band wie Schwarz auf Weiß, also der Sänger Malte von Schwarz auf Weiß, dann zu Jello ging und fragte: „Willst du nicht ein paar Worte auf der Platte sagen?“. Als die Platte dann bei Weserlabel mit dem Jello drauf fertig war, meinte Malte zu mir „Fabsi, wir haben Jello auf der Platte“. Ich sagte „Was haben wir?“, „Wir haben Jello auf der Platte“, ich sagte „Wie?“. Der Malte hatte das echt genial angeleiert. Biafra hat irgendwo gespielt, Malte ist dann einfach hingegangen und sagte: „Kannst du folgende Worte für die Platte auf Band sprechen?“. Und Jello sprach die paar Worte ins Mikro. Großartig. So was Spontanes habe ich immer gemocht.

Wegen HC und Kalifornien fällt mir noch was ein. War nicht Hosen-Basser Andi auch ganz früh in L.A. und hat Black Flag live gesehen? Ich fragte ihn das ganz kurz mal live, als ich ihn bei einer Hosen-Aftershow-Party deswegen ansprach.
Ja, stimmt, Andi von den Hosen war interessanterweise für ein Jahr im Schüleraustausch dort. Während der ZK-Zeit. Dann hat er auch hier zurück für das Flipside geschrieben. Es gab dann natürlich auch das Maximum Rock’n’Roll, aber ich glaube, Flipside war‘s (Anm. Jan: Es gibt auch ein altes Andi-Bild Anfang 80er mit Flipside-Shirt). Und dann hatte er da wirklich über die Düsseldorfer Szene geschrieben. Total geil. Andi hatte damals das große Glück gehabt, dass er an die Westküste gekommen ist und bei einer Familie lebte, deren Sohn auch so auf Punk war und wo er ziemlich viele Freiheiten hatte. L.A. war es nicht, irgendwo da im Westen, wo aber auch die Punkszene zu Hause war. (Anm. Jan: Ich traf 2019 in L.A. Hudley, die damalige Flipside-Chefin. Im Flipside damals in ihrer Jahrescharts 1978 unter den Top 3: ZK!) Dann kam so ein Päckchen Platten aus USA von ihm. Erste B 52s, ich bin komplett ausgerastet, als ich die Single hatte. Was ist das denn für Musik? Dann hatte er mir die GG Allin-Single geschickt, die ist sehr viel wert heute. Ich schaute neulich mal nach. Dann kam die erste Misfits als Maxi, all so was.

Wow, das sind ja schon Schätzchen, die du bekommen hast.
Ja, und ich habe ihm dann immer andere Sachen, ZK und das und das, nach Amerika geschickt, so im Austausch. Es war halt eh ne geile Zeit. Irgendeiner fragte mich mal „Fabsi, wie viele Konzerte hast du gesehen?“. Heute bzw. die letzten Jahrzehnte bin ich ja jobmäßig offiziell im Gastrobereich bei „Rock im Park“ und so, dann siehst du dir ja die Bands nicht eine Stunde an, sondern da gehst du hin, dann musst du gucken, ob die Wasserleitungen und die ganze Infrastruktur stimmt, da blicke ich so zehn Minuten aufs Konzert und fertig aus. Aber wenn ich nachdenke, so in den 70er Jahren, was ich mir da reingezogen habe an Bands wie das grandiose Konzert in der Phillipshalle von Slade, als Support Funny, einer der ersten nur mit Frauen bestückte Band. Weißt du, zum Beispiel Genesis mit Peter Gabriel, was das für ein Konzert war! Das habe ich heute noch vor Augen.

Also Genesis, aber mit Peter Gabriel, Hammer. Hammer! Die erste Live-Platte von Genesis, die hat mich so umgehauen. Die haben in Düsseldorf in der Rheinhalle gespielt vor 2000 Leuten, das war was komplett Neues. Die Stimme von Peter Gabriel liebe ich ja heute noch. Der macht ja heute unglaubliche Sachen mit afrikanischen Bands, Weltmusik, der ist so durchgedreht. Und deswegen habe ich dann, als Gabriel rausgegangen ist, wirklich auch komplett als Fan der Band aufgehört. Für mich war zum Beispiel die „The Lamb lies down on the Broadway“, das Doppelalbum, die Bühnenshow… das hat mich umgehauen. Da hatten die Dias gezeigt, drei Dia-Projektoren und dann haben die keinen Film gezeigt, wie jetzt heute diese ganze Videowallscheiße. (lacht) Sondern da war dann eine Straße, alles in schwarz-weiß, das ganze Ding. Und dann fuhr ein Auto die Straße entlang, die Bilder wurden hintereinander auf die Leinwand projiziert, zack, zack, zack. Und das mit der Musik zusammen, das wurde wie so ein Film abgespielt, nur eben in Fotoform. Wie gesagt, das war eh ne tolle Zeit: Erst kam Genesis vorbei, eine Woche später Roxy Music. Und da habe ich mich so rein geschmuggelt.

Ich habe ja früher Karten gefälscht, weil das konntest du ja alles nicht mehr bezahlen. Damals ging es ja plötzlich aufwärts mit den Preisen. Als dann Roxy Music kam, da musste ich hin, ich bin bis heute Brian Eno-Fan ohne Ende. Das war schon eine aufregende Zeit. War natürlich auch viel Scheiße mit bei, klar, aber ich hab mir auch Grateful Dead fünf Stunden reingezogen oder die Doobie Brothers, alles, was so kam, das habe ich mir angesehen. Ich war einfach total musikbegeistert und wollte das einfach alles sehen. (lacht)

Sehr geil! (lacht) Fabsi, lass uns hier nen Break machen, ich muss kurz aufs Klo und eine rauchen.

Interview: Jan
Fotos und moralischer Support: Obnoxious
Kontakt: weserlabel.de

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